Nach § 37 Abs. 1 lnfektionsschutzgesetz darf durch Trinkwasser eine Schädigung der menschlichen Gesundheit nicht „zu besorgen“ sein. Danach ist eine Gesundheitsschädigung nur dann nicht „zu besorgen“, wenn hierfür keine, auch noch so wenig naheliegende Wahrscheinlichkeit besteht (VG Würzburg W6/S 14.485, 2014). Eine Gesundheitsschädigung muss nach menschlicher Erfahrung unwahrscheinlich sein. Durch diesen Präventionsgedanken soll gerade auch abstrakten Gefahren vorgebeugt werden. Präventive Maßnahmen sind deshalb schon in einem sehr frühen Verdachtsstadium zu ergreifen.
Anzeichen beachten
Werden in einer Trinkwasserinstallation auch nur an einer einzigen Stelle Legionellen in einer Konzentration über dem technischen Maßnahmenwert nach TrinkwV festgestellt (100 koloniebildende Einheiten – KBE/100 ml), hat diese Kontamination grundsätzlich immer technische oder betriebstechnische Mängel als Ursachen. Der Betreiber der Installation (der Unternehmer oder sonstige Inhaber gem. TrinkwV) hat dann verpflichtend und unverzüglich eine Gefährdungsanalyse durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen (§ 16 Abs. 7 TrinkwV).
Bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes als generellem Indikator für Mängel an einer Trinkwasserinstallation ist damit immer eine vollständige Überprüfung der Installation erforderlich, um technische oder betriebstechnische Mängel, die zu einer vermeidbaren Gesundheitsgefährdung führen können, zu identifizieren und ggf. zu beseitigen. Die Gefährdungsanalyse ist damit ein Instrument zur Abwehr von Gesundheitsgefährdungen, denn auch bei niedrigeren Konzentrationen von Legionellen kann eine mögliche Gefährdung für Nutzer nicht ausgeschlossen werden.
Beispiel aus der Praxis
In einem größeren Hotel mit hoher Auslastung in Süddeutschland wurden im Rahmen einer systemischen Untersuchung nach § 14b TrinkwV insgesamt 20 Proben aus dem Trinkwasser entnommen und analysiert. Im Ergebnis zeigte sich bei einer einzigen Probe eine Kontamination im unteren, mittleren Bereich mit 300 KBE/100 ml an einer endständigen Stelle im fünften Obergeschoss.
Die Bewertung positiver Befunde einer systemischen (orientierenden) Untersuchung hat nach Tabelle 1a des DVGW-Arbeitsblatts W 551 zu erfolgen. Hier werden die Konzentrationen von Legionellen in vier logarithmische Stufen eingeteilt und entsprechende Maßnahmen definiert. Bei einer Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts (> 100 KBE/100 ml), jedoch unter 1000 KBE/100 ml handelt es sich folglich um eine mittlere Kontamination (Bild 1).
Der Begriff „systemische (oder orientierende) Untersuchung“ verdeutlicht, dass es dabei nicht um die Feststellung der Legionellenfreiheit an allen Entnahmestellen geht, sondern lediglich um die Überwachung der Trinkwasserinstallation in der Gesamtheit. Den rechtlichen Anforderungen folgend und da auch einzelne, niedrige Überschreitungen des technischen Maßnahmenwerts durchaus Anzeichen für ein größeres Problem sein können, wurde eine entsprechende Gefährdungsanalyse im Hotel veranlasst.
Klare Spielregeln
Mit der Richtlinie zur Gefährdungsanalyse VDI/BTGA/ZVSHK 6023-2 wurde das „Drehbuch“ einer Gefährdungsanalyse festgelegt. Eine Gefährdungsanalyse selbst ist die systematische Ermittlung von Mängeln in einer Trinkwasserinstallation, die zu einer chemischen oder mikrobiologischen Auffälligkeit geführt haben, und stellt somit eine genaue Dokumentation des Ist-Zustandes einer Trinkwasserinstallation dar. Aus den hierbei festgestellten Mängeln (alle Abweichungen von den Anforderungen der allgemein anerkannten Regeln der Technik) resultieren in der Folge die abzuleitenden Gefährdungen für die Nutzer. Als Grundlage zur Bewertung von Mängeln und Gefährdungen dienen die allgemein anerkannten Regeln der Technik.
Temperaturverteilung PWC und PWH
Um die Verteilung von Trinkwasser warm (PWH) und kalt (PWC) bewerten zu können, wird im Rahmen der Ortsbesichtigung zur Gefährdungsanalyse durch Temperaturmessungen an allen jeweils am weitesten entfernten, endständigen Entnahmestellen ein Temperaturprotokoll des Systems aufgenommen. Diese Temperaturmessungen können sowohl durch Direktmessungen im Messbecher mit einem geeigneten Thermometer jeweils nach 1 l, 3 l und 5 l Ablaufwasservolumen erstellt werden oder mittels moderner Durchfluss-Datenlogger, die gleichzeitig Volumenströme und Temperaturverläufe an den Entnahmestellen aufzeichnen.
Für eine hygienisch-technische Bewertung völlig ungeeignet sind dagegen Temperaturmessungen nach 30 Sekunden, die ohne Bezug zu einem konkreten Ausstoß-Volumenstrom der jeweiligen Armatur völlig wertlos sind. Nach Anforderung der nationalen Trinkwasserhygiene-Richtlinie VDI/DVGW 6023 Blatt 1 sollen Einzelzuleitungen auch im Hinblick auf Ausstoßzeiten so kurz wie möglich sein. Ein Wasservolumen von max. 3 l in der Einzelzuleitung zur Entnahmestelle darf nicht überschritten werden. Zur fachgerechten Bewertung einer Auskühlung nicht zirkulierender Einzelanschlussleitungen im Warmwasser oder einer möglichen Angleichung der Kaltwassertemperatur an die Raum- oder Umgebungstemperatur ist es daher sinnvoll, Temperaturmessungen zur Überprüfung einer Installation an den entsprechenden Stellen innerhalb der Leitungen zu ermitteln.
Hierbei sollten die jeweiligen Temperaturen im Trinkwasser (jeweils warm und kalt) in den drei wesentlichen Abschnitten kontrolliert werden, das heißt jeweils eine Messung nach 1 l Ablaufwasservolumen (Einzelzuleitung zur Entnahmestelle), nach 3 l (Verteilleitung Etage bzw. Strang) und nach 5 l (Strang).
Insbesondere in größeren Liegenschaften kommt es zwangsläufig zu sehr vielen, zeitaufwendigen Messungen. Um das Verhältnis von Temperaturverlauf und Volumenstrom an Entnahmestellen darstellen zu können (sog. Ausstoßzeiten), eignen sich ebenfalls entsprechende Datenlogger, bei denen das Wasser aus der Armatur durch das Messgerät fließt, wobei annähernd in Echtzeit Temperaturen und Volumenströme erfasst werden können (Bild 2).
„Hotspot“ Einzelzuleitung
In vielen Trinkwasserinstallationen ist festzustellen, dass die Kaltwassertemperatur, nach 1 l gemessen, tatsächlich unter 25 °C liegt, in der Regel werden hier Temperaturen analog zur Umgebungstemperatur gemessen. Nach 3 l gemessen ist eine Temperatur von 25 °C oft überschritten und nach 5 l ist dann bereits ein oft deutlicher Anstieg der Temperatur zu verzeichnen. Dieses Phänomen begründet sich meist damit, dass die Steigleitungen für Zirkulation, Trinkwasser (warm) und (kalt) im gleichen Schacht verlegt wurden, nicht selten zusammen mit den Leitungen für Heizungsvor- und -rücklauf. Liegen diese Leitungen zu eng aneinander, möglicherweise auch noch ohne ausreichende Dämmung, findet die Aufwärmung des Trinkwassers (kalt) in der Steigleitung statt; ein sogenannter „Hotspot“ entsteht. Die Temperaturmessung nach 1 l erfasst dann das bereits wieder abgekühlte Wasser aus der Einzelanschlussleitung, die Temperaturmessung nach 3 l misst die Temperatur der Verteilleitung bzw. am Anfang der Einzelzuleitung am Strang und nach 5 l wird dann die deutlich erhöhte Temperatur aus der Steigleitung erfasst (Bild 3).
Die DIN 1988-200 verweist in Hygienefragen auf die VDI/DVGW 6023 Blatt 1. Diese sagt aus, dass die Temperatur des Trinkwassers (kalt) immer < 25 °C sein muss (für Hygienefragen des Trinkwassers (warm) ist das DVGW-Arbeitsblatt W 551 heranzuziehen). Nach VDI/DVGW 6023 Blatt 1 muss Trinkwasser also möglichst kalt sein. Die zulässige maximale Temperatur ist, auch unter Beachtung von unvermeidbaren Stagnationszeiten, auf 25 °C begrenzt, empfohlen wird sogar eine Temperatur von ≤ 20 °C. Trinkwasserleitungen kalt (PWC) müssen dazu so geplant und gebaut werden, dass sie von Wärmequellen thermisch entkoppelt sind („Hotspots“), um einen Wärmeübergang und damit unzulässige Erwärmung zu verhindern. Wenn sich PWC durch hohe Umgebungstemperaturen oder daneben liegende, warmgehende Leitungen (PWH, Heizung) erwärmt, besteht auch dort das Risiko einer Vermehrung von pathogenen Keimen, wie z. B. Legionellen. Leitungen für Trinkwasser (kalt) müssen daher ausreichend gegen Aufwärmungen aus der Umgebung geschützt werden (auch eine ordnungsgemäße Dämmung kann eine Aufwärmung nur verzögern).
Im gegenständlichen Hotel zeigte sich jedoch ein ganz anderes Bild bei der Auswertung der Temperaturmessungen. Im Rahmen des Temperaturprofils zeigte sich an den endständigen Entnahmestellen im Kaltwasser nach 1 l Ablaufwasservolumen in den Einzelzuleitungen eine sehr hohe Kaltwassertemperatur von > 25 °C bis zu maximal 32 °C, während die Messungen nach Ablauf von 3 l bereits wieder Temperaturen von 20 °C und niedriger zeigten. Hier lag also der Verdacht nahe, dass es in der Einzelanschlussleitung
zu den Entnahmestellen zu einer unzulässigen Erhöhung der Kaltwassertemperatur kommt.
Differenzierte Untersuchung
Nach Tabelle 1a des DVGW W 551 (A) sind bei einer Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts, neben oder im Rahmen der obligatorischen Gefährdungsanalyse, weitergehende Untersuchungen erforderlich. Die weitergehende Untersuchung soll Erkenntnisse über das System liefern und eine Aussage über das Ausmaß der Kontamination mit Legionellen, die dann in die Gefährdungsanalyse mit einfließen. Da es sich bei der weitergehenden Untersuchung nicht nur um einen allgemeinen Überblick handelt, sondern um eine Maßnahme zur Ursachenermittlung, richten sich die Anzahl und Auswahl der erforderlichen Proben bei der weitergehenden Untersuchung nach den bereits festgestellten Mängeln, nach Größe, Ausdehnung und Verzweigung des Systems. Zusätzlich zu den Probenahmestellen der systemischen (orientierenden) Untersuchung werden bei der weitergehenden Untersuchung daher auch Proben aus der PWC-Zuleitung zum Trinkwassererwärmer entnommen, an Stagnationsleitungen und ungenutzten Entnahmestellen oder aus jedem Zirkulationsrücklauf. Bei Hinweisen auf Erwärmung der Kaltwasserleitung sind auch an Kaltwasserentnahmestellen Proben zu entnehmen.
Die TrinkwV schreibt für eine systemische Untersuchung eine Probennahme nach DIN EN ISO 19 458, Tab. 1, Zweck b) vor. Bei der Probennahme nach DIN EN ISO 19 458, Zweck b) wird der Einfluss der Entnahmearmatur so gering wie möglich gehalten (Strahlregler entfernen, Stelle desinfizieren, 1 l Ablauf vor der Probenahme). Bei einer weitergehenden Untersuchung zur Feststellung einer Kontaminationsquelle kann auch eine Untersuchung zur Feststellung der Trinkwasserqualität an Entnahmestellen, „so, wie das Wasser verwendet wird“, notwendig sein. In diesem Fall ist eine Beprobung gemäß DIN EN ISO 19 458, Tab. 1, Zweck c) durchzuführen (mit Strahlregler, ohne Desinfektion oder vorherigem Ablaufwasser). Mit dieser Probenahmetechnik können lokale Kontaminationen an der untersuchten Entnahmearmatur festgestellt werden. Diese Untersuchungen gehen über die Untersuchung zur Feststellung einer systemischen Kontamination hinaus, sie können allerdings im Rahmen von weitergehenden Untersuchungen erforderlich sein.
Extrem hohe Ergebnisse
In diesem Hotel, in dem ursprünglich nur eine einzige Probe aus dem Warmwasser im mittleren Bereich mit 300 KBE/100 ml positiv auf Legionellen analysiert wurde, wurden nach der Ortsbesichtigung zur Gefährdungsanalyse entsprechende Probenahmestellen für eine weitergehende Untersuchung festgelegt, sowohl im Warmwasser/Zirkulation (zwölf Proben inkl. Speicher) als auch im Kaltwasser (36 Proben inkl. Hauswassereingang und Löschwasser). Insbesondere im Kaltwasser wurden aufgrund der bereits festgestellten Aufwärmung im Kaltwasser innerhalb der ersten 3 l auch Proben nach Zweck c) entnommen, ohne vorheriges Ablaufenlassen.
Die Ergebnisse dieser weitergehenden Untersuchung offenbarten, dass bei 51 Proben an insgesamt 19 Stellen Legionellen über dem technischen Maßnahmenwert festgestellt wurden. Alle kontaminierten Proben wurden aus dem Kaltwasser entnommen mit Maximalwerten im extrem hohen Bereich (Bewertung nach DVGW W 551 (A), Tab. 1b) von bis zu 15 000 KBE/100 ml. Aufgrund dieser extrem hohen Befunde mussten nach der Bewertung in Tabelle 1b des DVGW W 551 (A) unverzüglich Sofortmaßnahmen zum Gesundheitsschutz der Nutzer getroffen und sämtliche aerosolbildenden Entnahmestellen mit endständigen, bakteriendichten Sterilfiltern ausgestattet werden.
Konstruktive Mängel
Das Hotel verfügt über sieben Etagen und 18 Schächte mit Strängen für Trinkwasser (kalt, warm, Zirkulation), Heizung (Vor- und Rücklauf), Lüftung und Elektroinstallation. Aus brandschutztechnischen Gründen waren die Schächte zwischen den Etagen mit Dämmstoffen ausgefüllt und jeweils nur vom Flur aus über Revisionstüren zugänglich. Jeder Trinkwasserstrang versorgte in jeder Etage zwei nebeneinander liegende Bäder der Hotelzimmer. Die Steig- und Verteilleitungen in den Schächten sind einsehbar. Die sichtbaren Leitungen waren in den Schächten mit Mineralwolle gedämmt. Das Rohrleitungssystem wurde in den Kellerverteilungen und den Steigesträngen in Edelstahlrohr installiert. Die Bäder in den Gästezimmern waren jedoch vorgefertigte Kabinen, die werkseitig in Mehrschicht-Verbundrohr vorgefertigt und nur noch bauseits angeschlossen wurden. Der Ausführungszeichnung des Kabinen-Erstellers war zu entnehmen, dass die Leitungen in den Sanitärkabinen im Auslieferungszustand mit einem Flexrohr installiert wurden, das mit einer 4-mm-Umhüllung versehen wurde. Nach der Ausführungszeichnung der Kabinen liegen die Leitungen für Trinkwasser (kalt), (warm) und (Zirkulation) in Bodennähe ohne Abstand unmittelbar aneinander. Durch eine Bauteilöffnung war auch zweifelsfrei zu ermitteln, dass die Zirkulationsleitung innerhalb der vorgefertigten Kabinen angebunden wurde (Bild 4).
Der „Technical Report“ des europäischen Normungskomitees (CEN/TR 16 355 „Empfehlungen zur Verhinderung des Legionellenwachstums in Trinkwasser-Installationen“, DIN SPEC 19 810) besagt bereits seit 2012, dass wenn Rohrleitungen in Wänden parallel zu Leitungen für den Transport von Warmwasser (Zentralheizungsanlage oder Warmwasserzirkulationssystem) verlaufen, die Trinkwasserleitung (kalt) von dem Einfluss beliebiger Wärmequellen ferngehalten werden sollte. Die Mindestabstände zwischen den Leitungen sollten 125 mm bzw. 200 mm betragen. Trinkwasserleitungen (kalt) müssen so geplant und gebaut werden, dass sie von Wärmequellen (Hotspots) thermisch entkoppelt sind, um einen Wärmeübergang und unzulässige Erwärmung zu verhindern.
Detaillierte Ursachenforschung
Die folgenden Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen für die aufgedeckte, gesundheitsgefährdende Kontamination mit Legionellen beinhalteten detaillierte Bewertungen der Trinkwasserinstallation auf der Grundlage von umfangreichen Temperaturmessungen, um die Wärmequelle (den Hotspot) zu ermitteln (Bild 5).
Um die mangelhafte Verlegung der Trinkwasserleitungen innerhalb der Kabinen als Ursache für die Aufwärmung im Kaltwasser belegen zu können, wurde eine repräsentative Messstelle in einem Zimmer im vierten Obergeschoss eingerichtet. Hierzu wurden zunächst die Anbindeleitungen zwischen Eckregulierventilen und Waschtisch-Einhebelmischer mit Temperaturfühlern und einem Datenlogger zur kontinuierlichen Temperaturmessung ausgestattet. Parallel zur kontinuierlichen Temperaturmessung an den Anbindeleitungen der Armatur wurden in festgelegten Zeitabständen Temperaturmessungen der Ausstoßtemperaturen mit einem Volumenstrom-/Temperatur-Durchflussdatenlogger durchgeführt (Bild 6).
Aufgrund der Kabinenzeichnung sowie der Augenscheinnahme bei der Ortsbesichtigung konnte die Leitungslänge zwischen Strang und der am weitesten entfernten Entnahmestelle am Waschtisch mit etwa 10 m bestimmt werden. Bei einem Leitungsvolumen von 0,113 l/m betrug der Leitungsinhalt dieser Anschlussleitung demnach etwa 1 l.
Eine erste Messung der Ausstoßtemperaturen in Warm- und Kaltwasser ergab bereits Hinweise auf eine Aufwärmung innerhalb der Anschlussleitung in der Kabine. Die Messung zeigte bei einem Volumenstrom von
8,5 l/min an der Armatur zunächst, dass auch in üblichen Zeiten ohne Nutzung im Warmwasser bereits nach < 0,5 l (0,275 l = ~2 m) hohe Temperaturen an der Entnahmestelle anstehen, was auf den Anschluss der Zirkulation nahe an der Entnahmestelle zurückzuführen ist.
Innerhalb eines halben Liters (Leitung zwischen dem Anschlusspunkt der Zirkulation an die Warmwasserleitung in der Kabine und der Armatur) stieg die Temperatur der nebenliegenden Kaltwasserleitung jedoch bereits auf 30,0 °C, nach Ablauf des Leitungsvolumens von 1 l sogar bis auf > 30 °C. Nach Ablauf des Leitungsvolumens in der Kabine sank die Kaltwassertemperatur stetig (Wasser aus dem Strang im Schacht) auf < 25 °C bis zu 17,0 °C nach Ablauf von 5 l (Bild 7).
Das Log-Profil des an den Anbindeleitungen der Armatur angebrachten Datenloggers wurde mit dem beschriebenen Messaufbau von 19:45 bis 23:13 Uhr aufgezeichnet, um die Dauer bis Temperaturangleichung an die Umgebung feststellen zu können. Dazu wurden im Vorfeld Kalt- und Warmwasser bis zur Temperaturkonstanz gespült. Die an der Messstelle festgestellte minimale Temperatur im Warmwasser sank bis 21:33 Uhr auf 30,2 °C. Durch die räumliche Nähe zum Anschlusspunkt der Zirkulation konnte eine weitere Temperaturabsenkung auf die Umgebungstemperatur nicht festgestellt werden.
Die Temperatur im PWC erhöhte sich an der Messstelle zunächst bis 20:11 Uhr auf durchschnittlich 25,4 bis 25,6 °C (Raumtemperatur) und blieb dann konstant. Um 21:41 Uhr wurde PWH bis zu einer Entnahmetemperatur von 60,5 °C max. gespült. Parallel hierzu konnte mit geringer zeitlicher Verzögerung auch eine Erhöhung der PWC-Temperatur für die Dauer von ~45 min festgestellt werden bis auf eine Temperatur von max. 26,3 °C Oberflächentemperatur an der Messstelle (~29 bis 32 °C Wassertemperatur). Um 22:29 Uhr wurde die Temperatur PWC durch Direktmessung nach 150 ml mit 32,8 °C festgestellt, was zudem auf eine direkte Wärmeübertragung über die Armatur zurückzuführen ist.
Resultate durch Temperaturmessung
Aufgrund der Analysebefunde der weitergehenden Untersuchung in Kombination mit den mehrfach und wiederholt durchgeführten kontinuierlichen Temperaturmessungen konnte nachgewiesen werden, dass es innerhalb der Einzelanschlussleitungen der Kabine durch den zu geringen Abstand der Trinkwasserleitungen (warm/Zirkulation) zur Kaltwasserleitung mit unzureichender Dämmung zu einer unzulässigen Aufwärmung des Kaltwassers auf Temperaturen > 25 °C kam, was die Ursache für die extrem hohe Kontamination mit Legionellen war.
Um den festgestellten Mangel der Installation und damit die Mangelfolgen (unzulässige Aufwärmung im Kaltwasser mit Legionellenwachstum) nachhaltig zu beseitigen, mussten umfangreiche bauliche Maßnahmen ergriffen werden. Innerhalb der Schächte wurden in allen 250 Hotelzimmern die vorhandenen Kaltwasserleitungen abgetrennt und jeweils unter der Decke der Badezimmer in räumlichem Abstand zu den warmgehenden Leitungen unter den Waschtischen neu verlegt und angebunden (Bild 8).
Sind 3 l ungefährlich?
Eine Mitteilung des DIN-Normenausschusses NA119-07-07AA (DIN EN 806/DIN 1988) aus Januar 2018 sagt hierzu, „dass sich aufgrund verschiedener Einflüsse oftmals eine Temperaturüberschreitung des Trinkwassers kalt (PWC) auf über 25 °C angeblich nicht vermeiden lassen würde und dass hinsichtlich der Betriebstemperaturen die Anforderungen gemäß Trinkwasserverordnung an eine Trinkwasser-Installation als erfüllt gelten, wenn die normativen Anforderungen aus der DIN EN 806-2 und der DIN 1988-200 (maximal 30 s nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle darf die Kaltwassertemperatur 25 °C nicht übersteigen) eingehalten werden“. Eine ergänzende DIN-Mitteilung des Normungsausschusses besitzt jedoch keinerlei Verbindlichkeit (LG München I, Az. 3 HK 0 9066/20) und die Annahme, dass bei Einzelanschlussleitungen die erforderlichen Trinkwassertemperaturen von < 25 °C (PWC) und > 55 °C (PWH) bis zu einem Ablauf von 3 l oder 30 Sekunden unberücksichtigt bleiben könnten, ist also nachweislich falsch, da sich Legionellen auch in Wasservolumen kleiner 3 l durchaus wohlfühlen und vermehren.
Auch kurzzeitige Überschreitungen der Kaltwassertemperatur können zu einer extrem hohen Legionellen-Kontamination mit Gesundheitsgefährdungen für die Nutzer und erheblichen Kosten für den Anlagenbetreiber führen. Deshalb müssen auch Trinkwasserinstallationen für Trinkwasser (kalt) so betrieben werden, dass unter Beachtung von Stagnationszeiten die Wassertemperaturen nicht in einen für die Legionellenvermehrung günstigen Temperaturbereich ansteigen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei Erhöhung der Temperatur des Trinkwassers (warm) auch die Temperatur des Trinkwassers (kalt) z. B. durch mangelhafte Dämmung oder unzureichenden Wasseraustausch in einen kritischen Bereich kommen kann. In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei Trinkwassertemperaturen unter 20 °C nur sehr selten Legionellen nachgewiesen werden (DVGW-Informationen Wasser Nr. 74 und Nr. 90).
Die Annahme, die ersten 30 Sekunden oder 3 l könnten unberücksichtigt bleiben, ist ebenso falsch wie die Annahme, dass Legionellenwerte unter 100 KBE/100 ml nicht auch zu einer Erkrankung führen könnten.
Eine Temperaturmessung an einer Entnahmestelle nach Ablauf von 30 Sekunden kann lediglich Komfort-Anforderungen definieren. Wie bereits beschrieben, lässt sich allein mit einer Temperaturmessung nach Ablauf von 30 Sekunden, wie derzeit in der DIN EN 806 Teil 2 mit DIN 1988 Teil 200 geschrieben, eine Trinkwasserinstallation jedoch niemals hygienisch/technisch bewerten, da hierzu grundsätzlich eine Information über das Ausstoßvolumen oder zumindest den Volumenstrom der Armatur notwendig ist (eine Entnahmearmatur am Handwaschbecken im Gäste-WC stößt innerhalb von 30 Sekunden erheblich weniger Wasser aus als die voluminöse Tropenbrause im Elternbad).
Fazit
Unzulässige Erwärmungen der Kaltwassertemperatur lassen sich durchaus vermeiden, z. B. durch einen räumlichen Abstand zwischen warm- und kaltgehenden Leitungen im Schacht/in der Vorwand, durch ausreichende Dämmung und durch einen bestimmungsgemäßen Betrieb mit häufigem Wasseraustausch.
Auch kurzzeitige Überschreitungen der Kaltwassertemperatur von 25 °C nach VDI/DVGW 6023 Blatt 1 können zu einer mikrobiologischen Verkeimung mit ernsten Folgen führen, die sich jedoch im Rahmen von Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen nur durch differenzierte Temperaturmessungen feststellen lassen. Kontinuierliche Temperaturmessungen oder automatische Temperaturfeststellungen jeweils nach 1 l, 3 l und 5 l mit Durchfluss-Datenloggern führen hierbei gegenüber der früher herkömmlichen Methode mit Temperaturmessgerät und Messbecher zu einer wesentlichen Verbesserung der Messergebnisse und zu erheblichen Erleichterungen bei der Erstellung von Temperaturprofilen.