Auf den Schäden, die durch eindringendes Wasser aus der Kanalisation entstehen (Bild 1), bleiben Grundstückseigentümer meist sitzen. Die Gemeinde als Betreiber der öffentlichen Kanalisation muss für Rückstauschäden nämlich nicht haften. Auch sind die Schäden weder durch die klassische Hausrat- noch durch die Wohngebäudeversicherung abgedeckt. Für beide Versicherungen muss zusätzlich jeweils eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen werden, in der das Risiko eines Rückstaus gesondert mit eingeschlossen werden muss. Um die Leistungen zu erhalten, muss allerdings eine funktionierende Rückstausicherung installiert sein. Hier sind der Sanitärinstallateur und auch der Planer gefordert.
Was ist Rückstau?
Ist die Kanalisation überlastet, kann das Wasser nicht mehr über die bestehenden Abwasserrohre abgeleitet werden und die Kanäle laufen voll. Steigt der Wasserpegel dann über die Straßenoberkante – die so genannte Rückstauebene – drückt das Wasser über offene Abwasserstellen, die unterhalb der Ebene liegen, zurück ins Haus (Bild 2). Das kann der Bodenablauf im Waschkeller, der Waschmaschinenablauf, eine Toilette, eine Dusche oder das Waschbecken sein.
Wie entsteht Rückstau?
Trotz Bemessung der Kanäle nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik und eines sorgfältigen Betriebs kann Rückstau jederzeit vorkommen. Aus wirtschaftlichen Gründen können öffentliche Misch- und Regenwasserkanäle nicht so dimensioniert werden, dass sie jeden außergewöhnlichen Niederschlag einwandfrei ableiten können. Darüber hinaus können Rohrbrüche, Kanalschäden, Querschnittsverengungen (Verstopfung) im Kanalsystem, Betriebsausfälle in Pumpwerken des Kanalsystems sowie Hochwasser, wenn das Wasser vom Vorfluter in die Kanäle drückt, zu Rückstau führen.
Wie kann man sich vor Rückstau schützen?
Nach DIN EN 12056 erfolgt der Schutz gegen Rückstau durch Abwasserhebeanlagen (Bild 3). Diese sammeln unterhalb der Rückstauebene anfallendes Abwasser in einem Behälter. Ab einem bestimmten Wasserstand im Behälter wird das Abwasser durch eine Pumpe über die Rückstauebene befördert, sodass es mit natürlichem Gefälle dem Kanal zufließen kann. Alternativ zur Hebeanlage können auch Rückstauverschlüsse (Bild 4) eingesetzt werden. Die Einsatzvoraussetzungen nach DIN EN 12056-4 sind:
- Es muss ein Gefälle zum Kanal gegeben sein.
- Es muss sich um Räume mit untergeordneter Nutzung handeln. Das bedeutet, dass bei Rückstau keine wesentlichen Sachwerte beschädigt oder die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigt werden.
- Der Benutzerkreis muss klein sein.
- Es muss ein weiteres WC oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung stehen.
- Bei Rückstau muss auf die Benutzung der Ablaufstelle verzichtet werden können.
Ein Rückstauverschluss wirkt wie ein Rückflussverhinderer. Er lässt Abwasser in Strömungsrichtung ungehindert durchfließen, sperrt aber den Rückweg ab.
Wie wählt man die richtige Rückstaulösung aus?
Welche Lösung zum Einsatz kommt, hängt immer von den Gegebenheiten vor Ort und der Abwasserart ab, welche in Fließrichtung über die Rückstausicherung in Richtung Kanal abläuft. Sobald das Wasser in der abzusichernden Leitung Fäkalien beinhaltet, muss ein Fäkalien-Rückstauautomat beziehungsweise eine Fäkalien-Rückstaupumpanlage eingebaut werden.
Auch sollte das Wasser immer mit Gefälle zum Kanal entsorgt werden (Grundsatz der Freispiegelentwässerung). Dann kann ein einfacher Rückstauverschluss eingesetzt werden. Insgesamt werden in der DIN EN 13564-1 sechs Typen von Rückstauverschlüssen unterschieden (Bild 5). In Deutschland sind die Typen 0,1 und 4 allerdings für die Kellerentwässerung nicht zulässig und daher auch für die Praxis nicht relevant. Nur wenn die Ablaufstelle unterhalb des Kanalniveaus liegt, muss auf eine Hebeanlage zurück gegriffen werden, die das Wasser zum Kanal pumpt (Bild 6).
Warum wird oftmals unnötig eine Hebeanlage eingebaut?
In vielen Fällen, bei denen freies Gefälle zum Kanal besteht, wird eine Hebeanlage statt eines Rückstauverschlusses eingebaut, obwohl sie dort gar nicht nötig ist. Das liegt vor allem daran, dass die Bewohner bei Rückstau sonst keine Toilette oder Waschmaschine unterhalb der Rückstauebene benutzen können, da das Abwasser bei geschlossener Rückstauklappe nicht abfließen kann. Aus diesem Grund hat der Entwässerungsspezialist Kessel nun eine Alternative zur klassischen Fäkalienhebeanlage entwickelt: Ecolift (Bild 7). Die neue Anlage nutzt im Normalbetrieb das Gefälle zum Kanal (Bild 8) und pumpt nur bei Rückstau, wenn die Rückstauklappe geschlossen ist und gleichzeitig Abwasser aus dem Haus entsorgt werden muss (Bild 9) – das minimiert den Energieverbrauch und damit die Kosten erheblich. Eine klassische Hebeanlage pumpt nämlich auch dann, wenn kein Rückstau vorliegt und das Abwasser eigentlich frei in den Kanal ablaufen könnte. Ein weiterer Vorteil – vor allem für Gewerbetreibende – ist, dass die Abwasserentsorgung auch bei Stromausfall nicht unterbrochen wird, da Ecolift das Gefälle zum Kanal nutzt.
Für Bewohner von Souterrainwohnungen bedeutet die neue Anlage mehr Wohnkomfort. Zum einen wird kein Pumpensumpf beziehungsweise Arbeitsraum benötigt wie bei einer klassischen Hebeanlage – der Wohnraum wird somit nicht eingeschränkt. Zum anderen pumpt die Anlage wirklich nur im Ernstfall. Störende und dauerhafte Pumpgeräusche bleiben aus.
Was ist beim Einbau von Rückstauverschlüssen zu beachten?
Wichtig ist, dass der Verschluss niemals zentral in die Hauptgrundleitung eingebaut wird. Denn bei dieser Variante würden auch Ablaufstellen über den Verschluss entwässert, die über der Rückstauebene liegen. Bei einem Rückstau schließt das Rückstauaggregat und verhindert das Eindringen von Abwasser in das Gebäude. Nutzen die Bewohner aber während des Rückstaus die Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene, füllt sich die Grundleitung. Dann tritt das Abwasser über die Anschlüsse im Keller aus. In diesem Fall droht eine Überflutung „von innen“. Damit das nicht passiert, dürfen nur solche Ablaufstellen über einen Rückstauverschluss entwässert werden, die unterhalb der Rückstauebene liegen. Alle anderen Ablaufstellen werden getrennt davon entwässert.
Was ist beim Einbau von Hebeanlagen zu beachten?
Die Druckleitung der Anlage muss mit der Sohle der Rückstauschleife über die Rückstauebene geführt werden. Nur so ist ein effektiver Schutz vor Rückstau aus der Kanalisation garantiert. Fehlt die Schleife, kann das Wasser ungehindert in den Keller zurückdrücken und erhebliche Schäden anrichten. Darüber hinaus muss die Druckleitung so ausgelegt sein, dass sie mindestens dem 1,5-fachen des maximalen Pumpendrucks der Anlage standhält. Andere Ablaufstellen dürfen nicht an die Druckleitung angeschlossen werden. Auch ist der Druckleitungsanschluss an der belüfteten Grund- oder Sammelleitung vorzunehmen, nicht an der Abwasserfallleitung.
Beim Anschluss der Entwässerungsleitungen ist besonders darauf zu achten, dass sie spannungsfrei an die Hebeanlage angeschlossen werden und das Gewicht der Leitungen bauseits entsprechend abgefangen wird. Alle Leitungsanschlüsse müssen schalldämmend und flexibel ausgeführt sein.
Gibt es Produkte für den nachträglichen Einbau?
Es gibt die Möglichkeit Rückstauverschlüsse und Hebeanlagen in einem speziellen Hausanschlussschacht vor dem Haus unterzubringen. Die Grundleitung, über die ausschließlich rückstaugefährdete Ablaufstellen entwässert werden, wird dann über diese im Schacht untergebrachten Rückstauprodukte gesichert (Bild 10). Üblicherweise bietet so ein Schacht auch noch weitere Leitungsanschlussmöglichkeiten, die nicht über den Rückstauverschluss führen. An diese kann der Installateur die Grundleitungen anschließen, die die nicht rückstaugefährdeten Abläufe entwässern.
Wie wird dauerhafter und sicherer Betrieb gewährleistet?
Ein dauerhafter und sicherer Betrieb kann nur durch eine regelmäßige Wartung gewährleistet werden (Bild 11). Bei Rückstauverschlüssen ist diese nach DIN EN 13664-1 und DIN EN 1986-1 zweimal im Jahr von einem Fachmann durchzuführen. Im Rahmen der Wartung werden Schmutz und Ablagerungen entfernt, die Mechanik der beweglichen Abdichtorgane kontrolliert sowie die Dichtheit der Betriebsverschlüsse und alle Dichtungen und Dichtflächen auf einwandfreien Zustand hin überprüft. Bei Hebeanlagen hängt die Anzahl der Wartungen von der Gebäudeart ab, in der die Anlage eingebaut ist: In Einfamilienhäusern ist sie einmal jährlich, in Mehrfamilienhäusern zweimal und in gewerblichen Betrieben viermal vorgesehen. Unter anderem muss der Fachmann dabei folgende Arbeiten durchführen:
- Verbindungsstellen auf Dichtheit überprüfen,
- Schieber betätigen und auf leichten Gang und Dichtheit prüfen. Gegebenenfalls den Schieber nachfetten und einstellen,
- Rückflussverhinderer öffnen, reinigen und Funktion überprüfen,
- Fördereinrichtung und unmittelbar angeschlossenen Leistungsbereich reinigen,
- Behälter innen reinigen,
- elektrischen Teil der Anlage und den Zustand des Sammelbehälters visuell kontrollieren,
- alle zwei Jahre die Anlage mit Wasser durchspülen.
Nach den Wartungsarbeiten sollte der Fachkundige einen Probelauf durchführen und die Anlage erst danach wieder in Betrieb nehmen. Darüber hinaus muss er ein Protokoll über die Wartung anfertigen, in dem alle durchgeführten Arbeiten und die wesentlichen Daten protokolliert werden.
Fazit
Wenn es um Rückstauschutz geht, ist vieles zu beachten. Daher ist dieses Thema auf jeden Fall eine Sache für den Profi und nichts für den Selbermacher. Und da sintflutartige Regenfälle in Deutschland immer weiter zunehmen, sollten Installateure das Thema Rückstauschutz auf jeden Fall bei ihren Kunden thematisieren und diese bei der Auswahl einer geeigneten Lösung unterstützen – denn Rückstau kann jeden treffen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema auch im nachstehenden Interview.
Checkliste
Darauf sollte der Fachmann achten
Gebäudeart?
=> Einfamilienhaus, Schule, etc.
Lage der Ablaufstelle?
=> Unterhalb oder oberhalb des Kanalanschlusses.
Art der Ablaufstelle bzw. Entwässerungsgegenstand?
=> Dusche, Toilette, Bodenablauf, Fettabscheider, etc.
Ablaufstelle innerhalb oder außerhalb von Gebäuden?
=> Bei Einbauten außerhalb von Gebäuden ist die frostfreie Tiefe zu beachten, der Schacht muss für Wartungs- und Inspektionsarbeiten begehbar sein.
Rückstausicherung für einzelne oder mehrere Ablaufstellen?
=> Einzelabsicherungen einer Ablaufstelle mit Rückstauverschlusseinsatz oder zentrale Absicherung über Hebeanlage bzw. Rückstauverschluss für durchgehende Rohrleitung.
Gefahrenpotenzial bei Rückstau?
=> Hoch/Niedrig
Abwasserart?
=> Regenwasser oder Schmutzwasser/ Grauwasser oder Schwarzwasser
Gibt es Norm-Vorschriften?
=> Beispielsweise muss nach Fettabscheideranlagen eine kontinuierliche Abwasserentsorgung möglich sein, das heißt Entwässerung prinzipiell über eine Hebeanlage.
Abwasserentsorgung während der Rückstauzeit erforderlich?
=> Ja/Nein
Kommunale Vorschriften?
=> Beispielsweise prinzipielle Forderung einer Hebeanlage.
Autor
Franz Xaver Leibinger ist Produktmanager für Rückstauverschlüsse bei der Kessel AG
85101 Lenting
Telefon (0 84 56) 27-1 06