Am Zapfhahn des Verbrauchers muss Trinkwasser entsprechend den allgemeinen Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes (§ 37) und der Trinkwasserverordnung 2001 gesundheitlich unbedenklich, genusstauglich und rein sein. Diese Anforderungen werden spezifiziert, indem Krankheitserreger nicht in solchen Konzentrationen vorhanden sein dürfen, die das Risiko einer Erkrankung besorgen können, Fäkalbakterien wie Escherichia coli, und Enterokokken dürfen in je 100-ml-Proben nicht nachweisbar sein, gleiches gilt für Vertreter der coliformen Bakterien und schließlich darf die allgemeine Koloniezahl nicht auffällig verändert sein, was im allgemeinen bei einem Wert von kleiner 100 pro Milliliter angenommen wird. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass vom Wasserversorger Trinkwasser in einwandfreier Qualität geliefert wird und dass innerhalb der Hausinstallation bei Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, wozu im übrigen auch der Verbrauch oder Austausch des Trinkwassers zählt, der Verbraucher ein einwandfreies Trinkwasser nutzen kann. Die Unkenntnis und teils die Missachtung technischer Regeln wie auch darüber hinaus teils die Unkenntnis über Faktoren, die Bakterienwachstum begünstigen, führen allerdings immer wieder zu auffälligen Befunden. So berichtete der WDR in seinem Wirtschaftsmagazin Markt am 1.7.2007 über verkeimte Mischdüsen in Wasserhähnen von Haushalten (Bild 1 und 2). Den Gründen für die Bildung dieses unzweifelhaft auffälligen und unästhetischen Schleims und Schmiers wurde nicht nachgegangen und die u.a. gegebene Empfehlung diese Strahlregler doch einfach fortzulassen kann ebenfalls nicht als hilfreich angesehen werden. Völlig offen blieb auch wie häufig derart auffälliges Wachstum ist.
Begrenzte Haltbarkeit
Planern, Installateuren und Verbrauchern muss klar sein, dass Trinkwasser wie viele andere Lebensmittel auch verderblich und damit seine Güte nur begrenzt haltbar ist. Stagnation führt im allgemeinen zu Qualitätsverschlechterungen (erhöhte Keimzahlen und eventuell Metallgehalte). Betriebsunterbrechungen ab drei Tagen erfordern nach den einschlägigen Regeln der Technik (DIN 1988, VDI 6023) besondere Maßnahmen, die etwas ausführlicher auch in der Broschüre des UBA „Trink was – Trinkwasser aus dem Hahn. Gesundheitliche Aspekte der Trinkwasser-Installation“ dargestellt sind. Ähnlich wie bei Konserven kann man die Haltbarkeit von Trinkwasser mittels Desinfektion etwas verlängern, aber da im Unterschied zur abgeschlossenen Konservenbüchse die Trinkwasserinstallation mehr oder weniger ein offenes (Zulauf, Ablauf, Belüftung) und meist verwinkeltes System ist, kann die Desinfektion im Allgemeinen nur einen vorübergehenden und partiellen Schutz liefern. Die Desinfektion kann auch in der Hausinstallation ein wirksames und nützliches Verfahren sein, wenn die Einsatz- und Randbedingungen wie auch die Einschränkungen klar sind (siehe hierzu auch Mitteilungen des DVGW).
Eindringende Mikroorganismen
Vom Grundsatz her sollte den Verkeimungsgefahren im Trinkwasser dadurch vorgebeugt werden, indem das Eindringen von Mikroorganismen in diesen Bereich weitgehend verhindert wird und darüber hinaus ihnen ihre Lebensgrundlagen in der Trinkwasserinstallation weitestgehend entzogen werden. Bereits beim Bau, bei der Druckprobe und der Inbetriebnahme können aus hygienischer Sicht eklatante Fehler gemacht werden, indem verkeimtes Wasser aus unsicheren Bauwasseranschlüssen, oder über unsaubere Druckprüfgeräte (Anschlussschläuche und Vorratsgefäß) in die neue Installation geleitet werden. Der Installateur hat sich nicht nur als Bauhandwerker, sondern auch als Mitarbeiter in einem Lebensmittelbetrieb zu verstehen, da er die Verpackung für das Lebensmittel Trinkwasser erstellt. Wichtige Hinweise zur Druckprüfung und Inbetriebnahme sind in dem Merkblatt des ZVSHK zusammengestellt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Bakterien und Schmutz, die einmal in ein System hineingelangt sind nicht mehr vollständig herausgespült werden können. Ein weiterer Weg des Eindringens von Bakterien in ein Trinkwasserinstallationssystem wurde von Pleischl kürzlich dargestellt. Trotz weitreichender, über das normale Maß hinausgehender Vorkehrungen konnte die fakultativ pathogene und besonders im Krankenhaus sehr gefürchtete Bakterienart Pseudomonas aeruginosa unmittelbar nach Inbetriebnahme im Trinkwasser gefunden werden. Nach seinen aufwendigen Untersuchungen war diese Bakterienart über kontaminierte Bauteile eingeschleppt worden. In den Fällen, in denen Bauteile vor Verwendung mit Hilfe von Wasser auf Funktion und Dichtigkeit geprüft werden, muss sichergestellt werden, dass nicht etwa Restwasser zu unkontrolliertem Bakterienwachstum führt und dieses später in die Installation eingebaut wird. Die Fertigung und Prüfung von Bauteilen ist daher bereits auch an hygienischen Kriterien ihrer späteren Verwendung auszurichten. Selbstverständlich müssen Rücksaugung und Rückdrücken sicher vorbeugend unterbunden werden (EN 1717). Die Verbindung mancher Geräte über hochgradig mikrobiell kontaminierte Bauteile wird von hygienischer Seite sehr kritisch gesehen.
Wachstum und Vermehrung
Wachstum und Vermehrung von Bakterien sind ganz entscheidend auch von Nährstoffen abhängig. Diesbezüglich wichtigstes Kriterium an Werkstoffe und Materialien mit Kontakt zum Trinkwasser ist daher die geringe Nährstoffverfügbarkeit über ihre vorgesehene Einsatzdauer. Während metallene und die meisten thermoplastischen Werkstoffe keine, bzw. kaum Nährstoffe abgeben, enthalten manche elastomere Werkstoffe Inhaltsstoffe, die bei Kontakt mit Trinkwasser nach Tagen oder Wochen bis hin zu Monaten teilweise zu massivem und auffälligem Bakterienwachstum führen. Pilze und Protozoen wie Amöben bieten diese Bakterienrasen eine ideale Nahrungsgrundlage. In derartigen Biofilmen sind Mikroorganismen sogar vor der Wirkung der im Trinkwasser üblichen Desinfektionsmittelkonzentrationen geschützt. Dies gilt umso mehr, wenn Amöben Bakterien wie Legionellen und Pseudomonas aeruginosa aufnehmen. Auffällige bakteriologische Befunde in Trinkwasserproben und Verbraucherbeschwerden sind bekannt geworden. In den letzten Jahren waren mehrfach Armaturenanschlussschläuche, sonstige Trinkwasserschläuche wie auch Membranen in Ausdehnungsgefäßen durch auffälliges Bakterienwachstum in die Kritik geraten (Bild 3 und 4). Mit Hilfe des DVGW-Arbeitsblattes W270 können in mikrobiologischer Hinsicht geeignete Werkstoffe festgestellt werden.
Kritisch aus hygienischer Sicht
Wachstum und Vermehrung von Bakterien sind auch zeit- und temperaturabhängig. Kaltes Trinkwasser sollte daher soweit hygienisch notwendig und wirtschaftlich darstellbar eher kühl und warmes Trinkwasser eher heiß gehalten werden, d.h. < 20°C, bzw. > 60°C; darüber, bzw. darunter liegende Temperaturen sind bereits als Kompromiss anzusehen und aus hygienischer Sicht nur dann akzeptabel, wenn das Volumen und die Verweildauer derartiger Wassermengen möglichst gering sind. In diesem Zusammenhang ist nicht verwunderlich, dass bei unseren Untersuchungen überdimensionierte Trinkwasserinstallationen und Warmwasserbehälter immer wieder bakteriologisch auffällig sind. Ein hinreichend häufiger und vollständiger Austausch des Trinkwassers kann nur bei schlanken und wenig verzweigten Systemen wirtschaftlich dargestellt werden. Tot endende und auch nicht benutzte Leitungsstränge wie auch überdimensionierte Speicher sind aus hygienischer Sicht stets kritisch zu betrachten, da sie auch bei Desinfektionsmaßnahmen nicht oder nur unzureichend erfasst werden. Unbenutzte Immobilien, seien es Leerstände, Ferienhäuser oder längere Abwesenheiten sind kritisch zu sehen und bieten Mikroorganismen die Chance sich in der Trinkwasserinstallation anzusiedeln und zu vermehren. Die Durchströmung mit frischem unkontaminiertem Trinkwasser führt zu einer Verdünnung bis hin zu einem Ausspülen der Mikroorganismen unter die Nachweisbarkeitsgrenze. Bei der sanitärtechnischen Umsetzung können intelligente Systeme zu sicherem und dokumentierbarem Wasseraustausch führen, ohne dass Personal hierfür in Anspruch genommen wird.
Nährstoffquelle Luft
Auffälliges Mikroorganismenwachstum an Strahlreglern wie auch in Toilettenspülkästen hat soweit Werkstoffeigenschaften (s.o.) ausgeschlossen werden können, eine andere Ursache. Es ist auffällig, dass das Wachstum auf einen meist engen Bereich beschränkt ist, wo die drei Phasen Wasser, Werkstoff und Luft aneinander grenzen. Kämen die Biofilme mit dem Wasser, wäre der Strahlregler verstopft. Wäre der Werkstoff ungeeignet, wäre er nicht nur an der Phasengrenze zur Luft, sondern an der ganzen wasserberührten Fläche besiedelt. Als Nährstoffquelle sind in diesen Fällen Luftinhaltsstoffe anzusehen. Das Wasser liefert die notwendige Feuchtigkeit und der Werkstoff die Aufwuchsfläche. Im Haushalt sind vielfach Duftstoffe und andere organische Inhaltsstoffe der Luft, die als Nährstoffquelle für Bakterien und Pilze in Frage kommen. Soweit der persönliche Lebensstil diesbezüglich nicht geändert wird, kann eventuell ausreichendes Lüften helfen den Bakterien an dieser Stelle die Nahrung vorzuenthalten. Ansonsten helfen Putzen, Auskochen und Austauschen bei Strahlreglern und Brausköpfen (Bild 5 und 6). Zum Vorkommen und zur Vermeidung von Legionellen in der Trinkwasserinstallation liegt ein hinreichend umfangreiches Regelwerk des DVGW vor (W 551, W 553). Allerdings wird sich die Umsetzung einige Jahre hinziehen.
Hygiene heißt Für- und Vorsorge – gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den Genuss oder Gebrauch von Trinkwasser muss vorgebeugt werden. Abwarten, „Augen zu und durch“ sind weder hygienische Handlungsmaximen noch aus juristischer Sicht empfehlenswert. Die Ansprüche vieler Verbraucher sind häufig noch weitgehender als rein gesetzliche und unmittelbar daraus abgeleitete Forderungen wie z.B. aus der Trinkwasserverordnung. Für die Planung, Installation und den Betrieb von Trinkwasseranlagen in Gebäuden ergibt sich daraus ein weites anspruchsvolles Handlungsfeld – das mit der früheren Ansicht „Hauptsache Wasser und dicht“ nichts mehr zu tun hat.
Weitere Informationen
Unser Autor Dr. GeorgJoachim Tuschewitzki referierte zu diesem Thema beim 1. Deutschen Forum Innenraumhygiene Mitte Oktober 2007 in Bochum. Dr. Tuschewitzki ist seit 1991 Leiter der Abteilung für Trink- und Badewasserhygiene und Umweltmikrobiologie des Hygiene-Instituts des Ruhrgebiets. 45879 Gelsenkirchen, Telefon (02 09) 92 42-2 00, Telefax (02 09) 92 422 22, E-Mail: tuschewitzki@hyg.de