Durch die Wechselwirkung Werkstoff und Wasser sind ablaufende Korrosionsvorgänge naturgesetzlich gegeben, wobei ihr Ausmaß durch die verschiedenen Einflussfaktoren Wasser, Werkstoff, Werkstoffoberfläche, Installations- und Betriebsbedingungen bestimmt wird. Ein Korrosionsschaden liegt vor, wenn ein Bauteil einer Trinkwasser-Installation in seiner Funktion beeinträchtigt wird (Bild 1) oder wenn das Wasser in seiner Beschaffenheit so verändert wird, dass es seine Eigenschaft als Trinkwasser verliert.
Normen und Regelwerke
Die Untersuchung und Beurteilung von Korrosionsschäden und damit die Festlegung wasserseitiger Einsatzbereiche für metallische Werkstoffe erfolgt nach DIN 50930-1 bis DIN 50930-6 [1] bzw. DIN EN 12502-1 bis DIN 12502-5 [2]. Hinweise zur Vermeidung von Schäden durch Korrosion und Steinbildung in einer Trinkwasser-Installation enthält DIN 1988-7 [3]. Mit dieser Norm erhalten Installateure und Planer Angaben für eine korrosionsschutzgerechte Planung, Auswahl von Werkstoffen, Art und Ausführung der Installation sowie Inbetriebnahme und Betrieb der Trinkwasser-Installation. Zu berücksichtigen sind außerdem die Vorgaben in DIN 50930-6 [4], DIN 1988-1 bis DIN 1988-6 [5], DIN 1988-8 [5], DIN EN 806-1 [6], DIN EN 806-2 [7] und DIN EN 1717 [8].
Planung und Ausführung
Planung und Ausführung haben neben den entsprechenden Normen [5, 6, 7, 8] insbesondere Korrosionsschutz und Steinbildung zu beachten. Hierzu gehören die Werkstoffauswahl für Rohrleitungen, Bauteile und Apparate sowie die Berücksichtigung der zu erwartenden Betriebsbedingungen bei Art und Ausführung der Trinkwasser-Installation. Während die Anlagenplanung zu den Aufgaben des Planers gehört, ist die Installation und Inbetriebnahme vom Installateur durchzuführen.
Werkstoffauswahl
Grundsätzlich müssen die Werkstoffe für neue Trinkwasser-Installationen so ausgewählt werden, dass Korrosionsschutzmaßnahmen durch eine Behandlung des Trinkwassers nicht erforderlich sind. Es dürfen nur solche Werkstoffe für Trinkwasser-Installationen eingesetzt werden, die übereinstimmend mit europäisch harmonisierten Normen oder Europäischen Technischen Zulassungen (ETA) eine CE-Kennzeichnung haben. Falls diese nicht vorliegen, haben die Produkte den Anforderungen nationaler Normen oder dem DVGW-Regelwerk zu entsprechen [9]. Werden Bauteile verwendet, für die keine Güteanforderungen in technischen Regeln bestehen, so muss aus der Sicht des Korrosionsschutzes ihre Eignung nachgewiesen worden sein. Bei der Werkstoffauswahl für Rohrleitungen, Armaturen und sonstige Bauteile sollten insbesondere die praktischen Erfahrungen des Planers mit der vor Ort vorliegenden Beschaffenheit des Trinkwassers berücksichtigt werden. Liegen keine Erfahrungen vor, so hat die Werkstoffauswahl entsprechend der Einsatzbereiche nach DIN 50930 Teile 2 bis 5 [1] (DIN EN 12502 Teile 2 bis 5 [2]) und DIN 50930-6 [4] zu erfolgen. Die hierzu erforderliche aktuelle Analyse des Trinkwassers ist nach § 21 der Trinkwasserverordnung [10] vom Versorgungsunternehmen zur Verfügung zu stellen. Die Wasseranalyse umfasst mindestens die in [4] angegebenen Parameter und hat die dort genannten Anforderungen an Genauigkeit und Plausibilität zu erfüllen. Des Weiteren sind vom Versorgungsunternehmen Auskünfte darüber zu erteilen, ob Trinkwässer unterschiedlicher Beschaffenheit [11] verteilt werden und ob sich die Wasserqualität in absehbarer Zeit verändert [4]. Für Rohrleitungen werden in der Trinkwasser-Installation Kupfer, innen verzinntes Kupfer, schmelztauchverzinkter Stahl, nichtrostender Stahl und Kunststoffe eingesetzt. In Warmwasser führenden Anlagen sollten Rohrleitungen und Bauteile aus schmelztauchverzinktem Stahl nicht verwendet werden, weil die Wahrscheinlichkeit für Lochkorrosion und die Bildung von Rostwasser erhöht ist. Bei Kombination von schmelztauchverzinkten Rohren mit Rohren und Bauteilen aus anderen Werkstoffen ist die Korrosionswahrscheinlichkeit für Bimetallkorrosion und kupferinduzierten Lochfraß erhöht. Installationskomponenten aus schmelztauchverzinktem Stahl sind zur Vermeidung von kupferinduziertem Lochfraß immer vor den Rohrleitungen aus Kupfer anzuordnen („Fließregel“).
Mischinstallation
Der Einbau von Rohrleitungen und Bauteilen aus verschiedenen Werkstoffen kann die Korrosionswahrscheinlichkeit einzelner Anlagenkomponenten beeinflussen (Bild 2). Es können Schäden durch Bimetallkorrosion (Kontaktkorrosion) und kupferinduzierten Lochfraß auftreten (Bild 3 und 4). Die Wahrscheinlichkeit für Bimetallkorrosion wird durch die geometrischen Gegebenheiten, d.h. den Abstand zwischen den einzelnen Bauteilen und dem Verhältnis ihrer vom Wasser berührten Oberfläche, sowie dem Salzgehalt (Leitfähigkeit) des Wassers bestimmt. Die Bimetallkorrosion kann in Mischinstallationen schmelztauchverzinkter Eisenwerkstoffe mit Kupfer-Zink-Legierungen (Messing) weniger kritisch sein als Mischinstallation mit Kupfer-Zink-Zinn-Legierungen (Rotguss). Der größere Zink-Gehalt von Messing führt in vielen Fällen zur Bildung weniger leitfähiger Deckschichten aus basischen Zinkcarbonaten, die den Polarisationswiderstand erhöhen. Auch Mischinstallation von nichtrostenden Stählen mit schmelztauchverzinktem Stahl kann zu Bimetallkorrosion führen, insbesondere wenn das Flächenverhältnis Kathode/Anode groß ist. Dies führt jedoch meist nicht zu einer so ausgeprägten Erhöhung der Korrosionsgeschwindigkeit, wie man aufgrund der Differenz der Korrosionspotenziale erwarten könnte, da der kathodische Polarisationswiderstand von nichtrostenden Stählen normalerweise sehr groß ist. Das Ausmaß der Bimetallkorrosion kann häufig durch ein Übergangsstück aus Messing („Potenzialabbau“) vermindert werden. Die Länge des Übergangsstücks sollte mindestens einem Rohrdurchmesser entsprechen. Bild 5 zeigt kupferinduzierte Korrosion an einem Rohr aus schmelztauchverzinktem Stahl nach einer in Fließrichtung angeordneten Armatur aus Messing. Kupferinduzierter Lochfraß tritt dann bevorzugt auf, wenn in Trinkwasser-Installationen Bauteile und Apparate aus Kupfer, verzinntem Kupfer, Kupferlegierungen und Kupferloten, die eine große wasserberührte Oberfläche besitzen, in Fließrichtung vor Komponenten aus schmelztauchverzinkten Eisenwerkstoffen – insbesondere Rohrleitungen – eingebaut werden. Durch die an das Trinkwasser abgegebenen Kupfer-Ionen ist die Korrosionswahrscheinlichkeit erhöht. Kritische Kupfer-Konzentrationen im Trinkwasser liegen bei etwa 1 mmol/L (≈ 0,06 mg/L). Der häufig angewendete Einbau von Isolierstücken beeinflusst diesen Vorgang nicht. Das Rückfließen von kupferhaltigem Trinkwasser aus Bauteilen, Apparaten und Rohrleitungen aus Kupferwerkstoffen in Anlagenteile aus schmelztauchverzinkten Eisenwerkstoffen ist z. B. durch Rückflussverhinderer auszuschließen. In Zirkulationssystemen ist eine Kombination von Komponenten aus Kupferwerkstoffen mit schmelztauchverzinkten Eisenwerkstoffen aus den genannten Gründen nicht zulässig. In Trinkwasser-Installationen aus nichtrostenden Stählen mit Kupfer-Legierungen tritt kein kupferinduzierter Lochfraß auf. Grundsätzlich sind die Werkstoffe für Trinkwasser-Installationen so auszuwählen, dass die Beschaffenheit des Trinkwassers nicht verändert wird, d. h., dass die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung nicht überschritten werden.
Betriebsbedingungen
Trinkwasser ist – wie jedes andere Lebensmittel – nicht unbegrenzt haltbar. Eine Trinkwasser-Installation sollte aus diesem Grunde so geplant werden, dass das Trinkwasser nicht länger als unbedingt nötig in ihr verbleibt. Dadurch lassen sich Reaktionen mit dem Verpackungsmaterial „Trinkwasser-Anlage“ und mikrobiologische Vorgänge im Trinkwasser weitestgehend vermeiden. Wässer, die längere Zeit in einer Installation stagniert haben, sollten grundsätzlich nicht zur Zubereitung von Nahrungsmitteln verwendet werden. Bei Trinkwassererwärmungsanlagen und Installationen für erwärmtes Trinkwasser sind die entsprechenden Normen und Regelwerke zu beachten.
Installationsausführung
Es dürfen nur Bauteile verwendet werden, die für den Einbau in Trinkwasser-Installationen gekennzeichnet sind [9]. Die Bauteile müssen so transportiert und gelagert werden, dass eine Verschmutzung mit Fremdstoffen ausgeschlossen wird. Dies ist vor Einbau der Komponenten zu überprüfen. Um eine Kontamination der Installation zu vermeiden, müssen diese Stoffe ebenso wie Rückstände aus spanbildender Bearbeitung z.B. durch Spülung entfernt werden. Die Anforderungen an Rohrverbindungen aus verzinkten Eisenwerkstoffen sind in Normen und Regelwerken beschrieben. Sie enthalten Angaben für das Ablängen und Gewindeschneiden von Rohren, für die dabei verwendeten Werkzeuge und Schneidmittel und für Fittings, sowie für die Ausführung der Gewinde und die dabei eingesetzten Gewindedichtmittel. Beim Fugenlöten wird in der wärmebehandelten Zone die Reinzink-Phase weitgehend in Zink-Eisen-Legierungsphase umgewandelt, wodurch die Wahrscheinlichkeit für örtliche Korrosion in diesem Bereich erhöht ist. Außerdem ist auf die Verwendung normgerechter Hartlote und Flussmittel zu achten. Rohrverbindungen an Kupferrohren für Trinkwasser-Installationen dürfen bis DN 28 nur weichgelötet werden. Die Anforderungen des DVGW-Regelwerks sind zu beachten. Innen verzinnte Kupferrohre werden bevorzugt mit Pressfittings verbunden. Außerdem können Verbindungen mit weichgelöteten Kapillarlötfittings hergestellt werden. Bei Verbindungen von Rohren aus nichtrostendem Stahl sind die Anforderungen des DVGW-Regelwerks und die jeweiligen Herstellerangaben zu beachten. Bevorzugte Verbindungen in Trinkwasser-Installationen bis DN 100 sind Pressfittings. Hart- und Weichlöt-Verbindungen sind nicht zulässig. Schweißverbindungen haben verfahrensbedingt eine erhöhte Korrosionswahrscheinlichkeit für örtlichen Angriff (Anlauffarben).
Der vorliegende Teil des Beitrags über Maßnahmen zur Vermeidung von Korrosionsschäden und Steinbildung schildert, wie sich die Werkstoffauswahl für Rohrleitungen auf die Trinkwasserhygiene in der Hausinstallation auswirkt. In der folgenden SBZ-Ausgabe bespricht und erläutert der Autor den weiteren Teil, der unter anderem die Inbetriebnahme, den Betrieb der Trinkwasser-Anlage, Steinbildung und die Vermeidung von Schäden durch Außenkorrosion zum Inhalt hat.
Literatur
[1] DIN 50930, Korrosion der Metalle – Korrosion metallischer Werkstoffe im Innern von Rohrleitungen, Behältern und Apparaten bei Korrosionsbelastung durch Wässer, Teil 1 bis 5
[2] DIN EN 12502, Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Korrosionswahrscheinlichkeit in Wasserleitungssystemen, Teil 1 bis 5
[3] DIN 1988, Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI) – Technische Regel des DVGW, Teil 7: Vermeidung von Korrosionsschäden und Steinbildung
[4] DIN 50930-6, Korrosion der Metalle – Korrosion metallischer Werkstoffe im Innern von Rohrleitungen, Behältern und Apparaten bei Korrosionsbelastung durch Wässer, Teil 6
[5] DIN 1988, Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI) – Technische Regel des DVGW, Teil 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 8
[6] DIN EN 806-1, Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen, Teil 1
[7] DIN EN 806-2, Technische Regeln für Installationen innerhalb von Gebäuden für Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch, Teil 2
[8] DIN EN 1717, Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen – Technische Regel des DVGW
[9] Verordnung über Allgemeine Bedingungen über die Versorgung mit Wasser – AVBWasserV
[10] Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vom 20. Mai 2001 – Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001) BGBl. I (2001), S. 959 – 980
[11] DVGW-Arbeitsblatt W 216 Versorgung mit unterschiedlichen Trinkwässern
Weitere Informationen
Unser Autor Dipl.-Ing. Werner Nissing referierte zu diesem Thema beim 1. Deutschen Forum Innenraumhygiene Mitte Oktober 2007 in Bochum. Nissing ist seit 1967 bei der Gelsenwasser AG zuständig für Wasseraufbereitung und Korrosion. Seit über 25 Jahren arbeitet er in nationalen und internationalen Gremien mit wie DIN, DVGW, VDI, GFKORR und CEN, Telefon (0 1 75) 1 55 84 99, E-Mail: w_nissing@t-online.de