Am 1. Dezember 2013 tritt die seit 15 Jahren bekannte Herabsetzung des Grenzwertes von Blei auf 10 Mikrogramm pro Liter (µg/l) Trinkwasser in Kraft (Bild 1). Besonders betroffen von dieser Verschärfung sind öffentliche Gebäude wie Kindergärten, Hotels, Schulen und Krankenhäuser, wenn sie noch Reste von Bleirohren enthalten. Denn bei der stichprobenartigen Überwachung durch die Gesundheitsämter werden Objekte mit Blei-Installationen den neuen Grenzwert nicht einhalten können. Eine routinemäßige Überwachung von Wohnungen findet zwar nicht statt, aber Vermieter müssen gemäß Trinkwasserverordnung (TrinkwV) schon bei Verdachtsmomenten selbständig tätig werden. Nachfolgend einige wichtige Informationen, um eine mögliche Belastung des Trinkwassers im Gebäudebestand sicher zu erkennen.
Alte Bleirohre verschmutzen Trinkwasser
Die gute Nachricht zu Beginn: Wer nach den Allgemein anerkannten Regeln der Technik installiert und dabei generell nur zertifizierte Produkte aus den beim Umweltbundesamt gelisteten Werkstoffen einsetzt, ist auch künftig auf der sicheren Seite. Doch wie steht es um alte Trinkwasser-Installationen? Dem Gesundheitsamt obliegt seit 2001 die Verantwortung, die Trinkwassergüte in öffentlichen Gebäuden wie Heimen und Schulen stichprobenartig zu untersuchen. Im Focus stehen Parameter, die sich in der Trinkwasser-Installation ändern können – vor allem Blei. Bislang lag die „Messlatte“ für Blei bei 25 µg/l, ab dem 1. Dezember 2013 sind es allerdings nur noch 10 µg/l. Dieser neue Wert ist selbst bei innen stark verkrusteten Bleileitungen nicht mehr einzuhalten. Das heißt: sie müssen ausgetauscht werden – unabhängig davon, ob es sich um die Hausanschlussleitung oder um die Gebäudeinstallationen handelt.
Zu erwarten sind allerdings auch von Mietern initiierte Beprobungen der Trinkwasser-Installationen, beispielsweise in älteren Mehrfamilienhäusern oder Eigentumswohnanlagen. Füllt ein Mieter jedoch selbst Wasser ab und reicht es beispielsweise in der Apotheke zur Untersuchung ein, sind die Grenzwerte der TrinkwV auf diese Proben definitiv nicht anwendbar! Denn die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) fordert gemäß § 15 qualifizierte Probenehmer sowie Probenahmen nach den Allgemein anerkannten Regeln der Technik. Dennoch kann der Mieter diesen „unqualifizierten“ Wert als Verdachtsmoment an seinen Vermieter weitergeben, der dann laut § 16 (3) TrinkwV für die weitere Aufklärung des Sachverhaltes und gegebenenfalls für die Sanierung sorgen muss.
Trinkwasser enthält natürliche Inhaltsstoffe
Chemische Elemente wie Mineralsalze, die die Wasserhärte ausmachen, aber auch Metalle sind ein natürlicher Bestandteil der Umwelt. Daher kommen sie teilweise auch schon im Rohwasser vor. Damit durch technische Einflüsse bei der Wasseraufbereitung und -verteilung diese Elemente nicht ein gesundheitsgefährdendes Maß erreichen, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Trinkwässer Grenzwerte festgelegt. Diese Grenzen hat der deutsche Gesetzgeber in die TrinkwV übernommen. So ist sichergestellt, dass bei lebenslangem Genuss von Trinkwasser keine Gesundheitsschäden auftreten können. Als besonders bedenklich für den menschlichen Organismus gilt eine hohe Zuführung von Blei. Daher besteht für dieses Element das schärfste Limit.
Ursachen für überhöhte Bleiwerte
Erhöhte Bleiwerte können verschiedene Ursprünge haben: das Grundwasser selbst, die Wasseraufbereitung, alte Hausanschlussleitungen, aber auch Installationsmaterialien und Armaturen im Gebäude (Bild 2). Mit einer fachkundigen Probenahme ist zuverlässig zu ermitteln, wo die Ursachen einer Grenzwertüberschreitung von Blei liegen und ob in der gesamten Installation oder nur in Teilabschnitten die Werte außerhalb des Zulässigen liegen. Mit diesen Werten aus dem Untersuchungsbericht kann das SHK-Fachunternehmen dem Eigentümer geeignete Abhilfemaßnahmen empfehlen.
Lokalisation von Problemstellen durch gestaffelte Probenahme
Die Grenzwerte für Parameter wie Blei und Nickel sind als Wochenmittelwert, also als Durchschnittswert definiert: Konsumiert der Verbraucher zwei Liter Trinkwasser am Tag und nimmt dabei beispielsweise durchschnittlich 10 μg/l Blei auf, geht von dieser Dosis auch bei lebenslangem Genuss keine Gesundheitsgefahr aus. Um das Trinkwasser dahingehend zu überprüfen, muss die Probenahme diesen Wochenmittelwert repräsentieren. Deshalb empfiehlt das Umweltbundesamt die Beprobung nach vier Stunden Stagnation.
Die Probenahme erfolgt bei großen Gebäuden an mehreren Zapfstellen im Gebäude, an der üblicherweise Wasser zu Nahrungszwecken entnommen wird. In Mietobjekten also vorzugsweise in der Küche, in öffentlichen Gebäuden zum Beispiel in Teeküchen. Es können jedoch auch Entnahmestellen gewählt werden, bei denen der Verdacht auf restbeständige Bleirohre in der Wand besteht. Um Grenzwertüberschreitungen sicher einer Ursache zuzuordnen, sind nach der vom Umweltbundesamt festgelegten Methodik drei Proben von je einem Liter zu entnehmen: die S-0 oder sogenannte „Frischwasserprobe“, die S-1 oder „Armaturenprobe“ sowie die S-2 oder „Hausinstallationsprobe“ (Bild 3).
Die S-0-Probe repräsentiert die vom Versorger gelieferte Wasserqualität und kann zum Beispiel Aufschluss darüber geben, ob eventuell noch eine alte Hausanschlussleitung aus Blei vorhanden ist.
Die S-1-Probe beinhaltet Stagnationswasser aus der Zapfarmatur. Ergeben sich in dieser Probe Grenzwertüberschreitungen, nicht aber in der anschließenden S-2-Probe, ist im Bereich der Armatur – eventuell bis zum Eckventil – die Kontaminationsquelle zu suchen.
Die zeitlich unmittelbar nach der S-1-Probe entnommene S-2-Probe enthält kein Stagnationswasser mehr aus der Armatur, sondern nur noch Stagnationswasser aus der Installation. Diese Probe lässt Rückschlüsse zu, ob beispielsweise die Verrohrung oder andere Komponenten wie Absperr- und Wartungsarmaturen ursächlich für eine Grenzwertüberschreitung sind.
Methodik der Probenahme
S-0-Probe: Bevor diese Probe am Zapfhahn entnommen werden kann, ist so lange zu spülen, bis die vom Versorger gelieferte Wasserqualität austritt. Die Frischwasserqualität ist in der Regel dann gegeben, wenn die Temperaturkonstanz erreicht ist. Die Probe wird aus dem fließenden Wasser gezapft und sollte bei den Parametern Blei, Nickel und Kupfer im Bereich der Nachweisgrenze des Labors liegen. Ergibt jedoch die Untersuchung der S-0-Probe schon deutlich überhöhte Werte, lag noch undefiniertes Stagnationswasser an. Die hier entnommenen S-1- und S-2-Proben sind daher für diesen Abschnitt ebenfalls unbrauchbar.
S-1-Probe: An der gleichen Entnahmestelle ist zwei bis vier Stunden später wiederum ein Liter zu entnehmen – jetzt ohne vorheriges Ablaufen lassen. Die genaue Stagnationszeit ist für eine spätere Hochrechnung der ermittelten Werte festzuhalten. Es muss gewährleistet sein, dass zwischenzeitlich an dieser Stelle kein Wasser gezapft wurde. Wasserentnahmen an anderen Stellen im Gebäude sind erlaubt, sofern sie keinen Einfluss auf das Untersuchungsergebnis haben. Das heißt: Ist die Probenahmestelle beispielsweise ein Zapfhahn in einer Küche, die Wand an Wand zu einem Badezimmer liegt, sind vorsichtshalber beide Räume aus der Nutzung zu nehmen.
S-2-Probe: Soll nicht nur die Entnahmearmatur bewertet werden, sondern auch die zuführende Installation, ist unmittelbar nach dem ersten Liter der S-1-Probe eine weitere Probenahme notwendig. Dazu wird, ohne den Zapfhahn zu schließen, im direkten Anschluss in einem weiteren Gefäß ein zweiter Liter als S-2-Probe abgefüllt. Auch hier ist die genaue Stagnationszeit zu protokollieren.
Die TrinkwV schreibt für Probenahmen die Anwendung der Allgemein anerkannten Regeln der Technik vor. Für die gestaffelte Stagnationsbeprobung gilt eine Stagnationszeit von vier Stunden als Bewertungsgrundlage für den ausschlaggebenden Wochenmittelwert. Um die Probenahme besser handhaben zu können, ist allerdings auch eine Entnahme von Stagnationswasser nach mindestens zwei Stunden erlaubt. In diesem Fall ist jedoch die gemessene Konzentration auf vier Stunden hochzurechnen. Die Formel dazu: [Gemessene Konzentration] x 4/t. Das Formelzeichen „t“ steht für die tatsächliche Stagnationszeit. Das Ergebnis dieser Hochrechnung ergibt die „Normierte Konzentration“. Sollte sich daraus für die S-2-Probe eine Grenzwertüberschreitung ergeben, ist eine nochmalige Probenahme nach exakt vier Stunden Stagnation zur Absicherung des Ergebnisses notwendig. Denn anders als die Hochrechnung voraussetzt, erfolgt die tatsächliche Metallabgabe ins Wasser nicht linear. Im Grenzfall könnte es also zu einer Überschätzung der Bleikonzentration nach einer zweistündigen Stagnation kommen.
16-Wochen-Frist bei Neu-Installationen
Soll eine gestaffelte Stagnationsprobe in einer Neu-Installation vorgenommen werden, ist die 16-Wochen-Frist zu beachten, wie sie vom Umweltbundesamt und dem DVGW empfohlen wird. Denn eine häufige Ursache für kurzzeitig erhöhte Metallkonzentrationen sind erfahrungsgemäß Produktionsrückstände im Installationsmaterial, die sich jedoch schnell abwaschen.
In Gebäuden wird manchmal auch eine sogenannte Z-Probe oder „Zufallsprobe“ nach einer unbekannten Stagnationszeit entnommen. Sie darf nicht zur Beurteilung einer Trinkwasser-Installation herangezogen werden. Die Z-Probe dient lediglich der Nachweispflicht der öffentlichen Hand gegenüber der EU gemäß Artikel 7 der EG-Trinkwasserrichtlinie.
Maßnahmen bei zu hohen Bleiwerten
Maßnahmen bei unzulässig hohen Bleiwerten haben Umweltbundesamt, DVGW und Figawa in einer gemeinsamen Empfehlung zusammengefasst (Bild 4). Was im Einzelfall zu tun ist, hängt von der Ursache, der Nutzung und dem Nutzerkreis der Trinkwasser-Anlage ab. Außerdem ist zwischen Sofortmaßnahmen und mittelfristigen Abhilfemaßnahmen zu unterscheiden. Einige davon werden nachfolgend exemplarisch dargestellt:
- Liegt bei der S-0-Probe beispielsweise die Bleikonzentration deutlich über dem Grenzwert von 10 μg/l, ist von Restbeständen an Bleileitungen im Bereich der Hausanschlussleitung oder im Haus auszugehen. Als Sofortmaßnahme sollte das Trinkwasser nicht mehr für die Nahrungsmittelzubereitung genutzt werden. Duschen, Baden oder Waschen ist hingegen unbedenklich. Mittelfristig sind aber die alten Leitungsstrecken aus Blei auszutauschen, beginnend mit der Küchenleitung, denn dort wird das meiste Wasser zu Nahrungszwecken gezapft.
- Weist nur die S-1-Probe („Armaturenprobe“), nicht aber die S-2-Probe, unzulässig hohe Blei- oder Nickel-Werte auf, empfiehlt das Umweltbundesamt, das Wasser vor dem Gebrauch ablaufen zu lassen – etwa im Volumen von ein bis zwei Wassergläsern, denn mehr stagniert kaum in Küchen- und Sanitärarmaturen. Die Verwendung für die Körperhygiene ist allerdings unbedenklich.
- Treten in der S-1- und S-2-Probe erhöhte Werte auf, ist zunächst zu überprüfen, ob die Anlage nach den Allgemein anerkannten Regeln der Technik installiert wurde. Falls nicht, sind gravierende Fehler umgehend zu korrigieren. Bleibt daraufhin eine Grenzwertüberschreitung weiter bestehen, könnten im nächsten Schritt zumindest die leicht zugänglichen Armaturen und Installationsmaterialien gegen zertifizierte Produkte ausgetauscht werden, die aus Werkstoffen der sogenannten Positivliste des Umweltbundesamtes bestehen. Überschreiten die Parameter den Grenzwert um das Doppelte, sind Veränderungen des Verbraucherverhaltens alleine auf jeden Fall nicht ausreichend, um die Trinkwassergüte zu gewährleisten.
Bestandssanierung als neues Kompetenzfeld
Das SHK-Handwerk sorgt durch die Verwendung trinkwassergeeigneter Produkte und deren fachgerechte Installation für den Erhalt der Trinkwassergüte im Neubau und in sanierten Objekten. Im Bestand kann der Fachhandwerker jetzt sein Kompetenzfeld noch erweitern, indem er schon vor einer nachgewiesenen Grenzwertüberschreitung zum Berater der Besitzer von Mietobjekten wird und Problemfelder benennt. Dies liegt auch im wirtschaftlichen Interesse der Eigentümer. Denn wenn der Vermieter die Ursache unzulässig hoher Blei- oder Nickelwerte frühzeitig entdeckt und beseitigt, gilt dies als Modernisierung. Die Kosten können also auf die Miete umgelegt werden. Sollte hingegen der Mieter eine Grenzwertüberschreitung melden, entstehen Reparaturkosten, die nicht umlagefähig sind.
Fazit
Nur durch die fachgerechte Vorgehensweise im Bestand können Probleme mit der Wasserbeschaffenheit frühzeitig erkannt werden. Dazu gehört die richtige Methodik bei der Beprobung von Trinkwasser-Installationen, denn sie hilft über die Proben S-0 (Hausanschlussleitungen), S-1 (Zapfarmaturen) und S-2 (Verteilung) die Problemfelder zu erkennen und zielgerichtet die Sanierung einzuleiten. Lösungswege und Schutzvorkehrungen bei zu hohen Bleiwerten sind der Veröffentlichung „Empfehlungen von Maßnahmen im Falle einer Grenzwertüberschreitung von Blei im Trinkwasser“ zu entnehmen, gemeinsam herausgegeben von Umweltbundesamt, DVGW und der Figawa.
Info
Hintergrundwissen
Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) listet zwölf chemische Parameter, deren Konzentration im Verteilungsnetz einschließlich der Trinkwasser-Installation ansteigen kann. Bedingt durch Rohre und Armaturen ist dies am ehesten bei Blei und Nickel gegeben. Für Blei gilt ab Dezember dieses Jahres der neue Grenzwert von 10 µg/l. Bereits seit 2001 ist Nickel auf 20 µg/l und Kupfer auf 2000 µg/l beschränkt. Die Logik dahinter: Je höher das Gefährdungspotenzial des jeweiligen Elements für die menschliche Gesundheit, umso niedriger die im Trinkwasser zulässige Konzentration.
Extras
Link-Tipps zum Thema:
https://www.umweltbundesamt.de/ http://www.dvgw.de, https://www.viega.de/de/homepage.html
Autor
Dr. Peter Arens ist Leiter des Kompetenzzentrums Trinkwasser bei Viega in 57439 Attendorn, Telefon (0 27 22) 61-0, https://www.viega.de/de/homepage.html