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Rohrwerkstoffe und Problematiken

Korrosionsexperten unter sich

Inhalt

Die Gesellschaft für Korrosionsschutz (GfKORR) ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss von Fachleuten aus Industrie, Forschung und Handwerk, deren Zielsetzung in der Vermeidung von Korrosion und ihren Folgeschäden liegt. Zu diesem Zweck wurde in diesem Jahr in der Fakultät Life Sciences der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg das 8. Korrosionum durchgeführt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen neun Fachreferate, von denen wir Ihnen einige interessante Aspekte vorstellen.

Korrosionsmedium Trinkwasser

„Korrosionsschäden in trinkwasserführenden Anlagen sind nicht ausschließlich darauf beschränkt, dass der Werkstoff eine deutlich nachweisbare Schwächung erfährt, sondern es kann sich dabei auch um eine Verunreinigung des Mediums, in diesem Falle des ­Trinkwassers, handeln“, sagte Werner Nissing, ehemaliger Mitarbeiter der Gelsenwasser AG, in seinem Vortrag. Der inzwischen pensionierte Experte machte deutlich, dass Wasser aufgrund seines chemischen Aufbaus und seiner Struktur ein hervorragendes ­Lösungsmittel ist und dass durch Lösevorgänge Stoffe in das Wasser gelangen, die ihm chemische, physikalisch-chemische und ­korrosionschemische Eigenschaften geben. Nicht zuletzt fänden im Wasser Reaktionen statt, deren Edukte und Produkte im Gleichgewicht stünden. Die durch Protolyse ge­bildeten H+-Ionen (pH-Wert), könnten so nicht nur mit anderen Ionen reagieren, sie wirkten auch lösend auf Feststoffe (Calcit) und Metalle.

Die Auflösung von Metallen, also die Korrosion, ist wie Nissing betonte, ein elektrochemischer Vorgang. Korrosionselemente würden durch Neutralsalze zeitlich und örtlich stabilisiert, wobei die Pufferung diesem Vorgang entgegenwirke. Letztlich bestimmten diese Korrosionselemente die verschiedenen Korrosionsarten in Art und Intensität. Durch Fällungen könnten auf der Werk­stoff­oberfläche korrosionshemmende Deckschichten entstehen, wobei das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht eine besondere Bedeutung habe.

Abschließend wies Nissing darauf hin, dass das Wasser eine gleichbleibende Beschaffenheit aufweisen sollte, um Korrosion zu vermeiden. Wässer ungleicher Beschaffenheit, wie sie beispielsweise beim Mischen unterschiedlicher Wässer entstünden, könnten gefährliche Korrosionsvorgänge auslösen.

Metallene Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser

Mit den Einsatzbereichen und Korrosionseigenschaften von verzinktem Stahl und nichtrostenden Stählen, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, beschäftigte sich Dr. Hubertus Schlerkmann von der Salzgitter Mannesmann Forschung in Duisburg. Seinen Ausführungen zufolge gibt es für den Einsatz in wasserführenden Anlagen eine ganze ­Palette von zugelassenen Werkstoffen. Die Entscheidung für einen bestimmten Werkstoff in einem Projekt wäre allerdings dem Planer, Installateur oder Besitzer überlassen.

Doch wie der Referent betonte, müsse dem Installateur, bevor er eine Entscheidung für einen bestimmten Rohrwerkstoff in einem Projekt treffe, eine genaue Analyse über die örtliche Wasserqualität vorliegen. Denn in bestimmten Wasserversorgungsgebieten könne aufgrund der Wasserzusammensetzung eine erhöhte Korrosionswahrscheinlichkeit für die Werkstoffe feuerverzinkter Stahl oder auch Kupfer bestehen. Die Erfahrung zeige, dass es bei Kontakt von feuerverzinkten Werkstoffen mit Wässern zwangläufig zu Korrosionsreak­tionen komme. Je nach den Umgebungsbedingungen könnten diese zur Ausbildung von gut schützenden Deckschichten oder aber auch zu teuren Korrosionsschäden führen. Nichtrostende Cr-Ni-Mo Stähle seien hingegen auch in Wasserversorgungsgebieten mit kritischen Wasserparametern uneingeschränkt einsetzbar. Anschließend ging Dr. Schlerkmann auf die Zusammensetzung nichtrostender Stähle ein und erläuterte die Beständigkeit dieser Werkstoffe gegen örtliche Korrosions­arten, insbesondere Lochkorrosion, Spaltkorrosion und Spannungsrisskorrosion.

Korrosionsphänomene bei ­Kupferlegierungen

Professor Ralf Feser von der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn nahm den Werkstoff Kupfer unter die Lupe und lobte ihn durchweg über den grünen Klee. Zudem erläuterte er anschließend anhand von Schadensbeispielen das Korrosionsverhalten von Kupfer im Trinkwasser und ging auf die unterschiedlichen Korrosionserscheinungsformen wie flächige Korrosion, Lochfraß und Errosionskorrosion ein.

Mit Korrosionserscheinungen bei Kupfer-Zink-Legierungen in Trinkwasserinstallationen befasste sich Dr. Michael Ebner von den Ulmer Wieland Werken. Nach seinen Ausführungen können bei der Verwendung dieser Legierungen unter bestimmten Bedingungen zwei spezielle Korrosionsformen in Erscheinung treten. Die Spannungsrisskorrosion und die selektive Korrosion (Entzinkung). Spannungsrisskorrosion äußere sich in einem plötzlichen spröden Aufreißen des Bauteils, obwohl in den allermeisten Fällen vor Eintreten des Schadens auf der Oberfläche kein Korrosionsangriff zu erkennen wäre. Unter selektiver Korrosion wären Korrosionsformen zu verstehen, bei denen bestimmte Gefügeanteile oder Legierungsbestandteile bevorzugt angegriffen würden. Auch bei Kupfer-Zink-Legierungen könne unter bestimmten Randbedingungen diese selektive Korrosion stattfinden. In Fachkreisen nenne man diese Form der Korrosion auch Entzinkung.

Wie der Referent schilderte, sind beide Korrosionsarten bekannt und in der Regel beherrschbar, wenn entsprechende Grundregeln der Herstellung des Werkstoffes und der Ver- und Bearbeitung von Bauteilen eingehalten würden. Im Verlauf seiner Ausführungen zeigte er auf, welche technischen Maßnahmen erforderlich und möglich sind, damit diese Art der Korrosion bereits bei der Herstellung der Produkte ausgeschlossen werden kann.

Einsatzbereiche für metallene Werkstoffe

Dem Thema hygienische Eignung von metallenen Werkstoffen, die in Kontakt mit Trinkwasser kommen, widmete sich Dr. Johann Wilhelm Erning von der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung in Berlin. Für ihn ist für den Einsatz dieser Werkstoffe im Trinkwasser die hygienische Unbedenklichkeit wichtig. Grundlegende Vorgaben hierzu liefere die DIN 50930-6, die den Einfluss wasser- und werkstoffseitiger Parameter beschreibe sowie der Betriebsbedingungen auf die Veränderung der Wasserbeschaffenheit bei Kontakt des Trinkwassers mit metallischen Werkstoffen. Diese Norm wurde jüngst vom DVGW zusammen mit dem DIN überarbeitet und liege derzeit im Gelbdruck vor.

Laut Dr. Erning wurden in der bisher gültigen Ausgabe der Norm lediglich einzelne Legierungsbestandteile reguliert. Damit sollte im Wesentlichen die Abgabe von Blei und Nickel aus Kupferlegierungen sowie dem verzinkten Stahlrohr begrenzt werden. Die Erfahrung mit der Umsetzung habe jedoch gezeigt, dass diese Vorgehensweise keine vollständige Sicherheit beim Einsatz dieser Werkstoffe bot. Daneben sei insbesondere der aus dem (bisher gescheiterten) europäischen Ansatz stammende Weg über die Listung von Werkstoffen in der sogenannten UBA-Liste sowie die Festschreibung des Verfahrens zur Aufnahme weiterer Werkstoffe auf diese Listen berücksichtigt worden.

Elektrochemischer ­Korrosionsschutz

Einblicke in die Grundlagen des elektrochemischen Korrosionsschutzes in wasserführenden Anlagen gab Dr. Wilfried Bytyn von der Magontec in Bottrop. Er warnte insbesondere davor, den Korrosionsschutz bei Wassererwärmern und Speichern aus Stahl zu vernachlässigen. Denn wo Wasser nicht nur fließt, sondern für den Gebrauch in metallischen Speichern bereitgehalten wird, sei elektrochemischer Korrosionsschutz unumgänglich, ansonsten fände dort unweigerlich Korrosion statt. Wie Dr. Bytyn ausführte, wird im Umfeld von Speichern in der industriellen und handwerklichen Anwendung meist von kathodischem Korro­sions­schutz gesprochen. Hierbei werde eine Schutzeinheit in den Behälter eingebracht, die den möglichen Korrosionsprozess am Behälter zum Stillstand bringe.

„Diese Schutzeinheit kann beispielsweise eine galvanische Anode sein. Werkstoffe hierfür sind Magnesium, Aluminium oder Zink. Aus physiologischen und elektrochemischen Gründen kommen für Trinkwässer aber nur Magnesiumanoden infrage“, fasst Dr. Bytyn seine Ausführungen zusammen.

Fazit

Anhand der Vorträge konnten sich die 45 Seminarteilnehmer einen Überblick über die korrosiven Einflüsse in trinkwasserführenden Anlagen verschaffen. Experten aus Forschung und Industrie nahmen einzelne Werkstoffe im Trinkwasserbereich unter die Lupe und zeigten deren Einsatzgrenzen sowie mögliche Beeinflussungen auf das Trinkwasser auf. Ein Problem, das die Teilnehmer während der Veranstaltung immer wieder beschäftigte, sind die vermehrt auftretenden Rohrleitungsschäden bei Trinkwasserinstallationen aus Kupfer im Versorgungsgebiet des RWW-Wasserwerkes Dorsten. Doch auch hier in Hamburg konnten die Experten keine wirklichen Gründe und Erklärungen für die Schäden liefern, sodass das Thema auf die nächste Veranstaltung vertagt wurde. Handwerksexperten waren bei der Fachtagung nicht zugegen und so blieb die Veranstaltung leider eher nur von theoretischer Natur.