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Schonend für den Geldbeutel

Wasser aus der Zisterne

Die DIN 1989 gilt in Deutschland als allgemein anerkannte Regel der Technik für Anlagen zur Regenwassernutzung. Sie wurde im April 2002 veröffentlicht als DIN 1989-1:2002-04. Dieser Teil 1 enthält Fest­legungen zur Planung, Ausführung zum Betrieb und zur Wartung einer solchen Anlage. Auch für die Hersteller wurde Klarheit geschaffen durch DIN 1989 Teil 2 bis 4, veröffentlicht im Zeitraum 2003 bis 2005.

Aber enthält die Norm auch entsprechende Angaben für Großanlagen? Laut Anwendungsbereich gilt DIN 1989 Teil 1 für Anlagen zur Nutzung von Regenwasser ebenso in Haushalten wie in Gewerbe- und Industriebetrieben und in öffentlichen Einrichtungen. Die Verwendung ist möglich für Toilettenspülung, Kühlzwecke, Wasch- und Reinigungsanlagen und zur Bewässerung von Grünanlagen. DIN 1989 enthält insbesondere auch konkrete Vorgaben für automatische Nachspeisung von Trinkwasser in Regenwasser­systeme, übereinstimmend mit DIN EN 1717. Somit müssen keine zusätzlichen Zertifizierungen von Verbänden (z.B. DVGW) oder anderen Institutionen vorgenommen werden. Für die Bemessung von Großanlagen gilt das so genannte „differenzierte Verfahren“ laut Abschnitt 16.4, DIN 1989-1.

Drei Beispiele für große Anlagen

Die Stadt Falkensee in Brandenburg ließ beispielsweise das Lise-Meitner-Gymnasium sanieren. Der Bedarf an Wasser für die Toilettenspülung wurde für ca. 1000 Schüler als großer Betriebskostenfaktor angesehen. Aus diesem Grund sollte ein Betriebswassernetz installiert und eine Regenspeicheranlage gebaut werden. Die Dachflächen aller Gebäudeteile wurden an eine zentrale unterirdische Zisterne angeschlossen. Ein vorgeschalteter Filterschacht reinigt das Regenwasser. Die Unterwassermotorpumpen fördern daraus automatisch in einen Zwischenbehälter im Gebäude. Die Druckerhöhungsanlage Typ Monsun XL versorgt von hier aus nach Bedarf mehrere Toilettenbereiche im Gebäude.

In Mühlheim/Main haben 176 Familien die Möglichkeit, das Regenwasser vom Dach für die Waschmaschine zu verwenden. Sie sparen damit Trinkwassergebühren und Waschmittel sowie Niederschlagsgebühren für das Ableiten von Regenwasser im öffentlichen Kanal. Weniger Abwassermenge, weniger Trinkwasseraufbereitung sowie eine geringere Abwasserbelastung durch das teilweise Einsparen von Waschmittel und Weichspüler sind Pluspunkte für die Umwelt. Die Mieter der städtischen Wohnungsbaugesellschaft in der Schillerstraße haben die Wahl, ihre Waschmaschine im Kellergeschoss wie früher an das Trinkwasser anzuschließen oder stattdessen das kostenlose Regenwasser zu nutzen. Diejenigen, die davon keinen Gebrauch machen, profitieren dennoch von der Regenwasserbewirtschaftung. Der Überlauf der insgesamt 18 Zisternen wird auf den Grundstücken versickert. Dadurch ist die Voraussetzung gegeben, dass die Gebäude insgesamt von der Niederschlagsgebühr befreit sind, die beim Ableiten in den Kanal in Mühlheim am Main fällig ist. Die Grundwasserbildung kommt der Natur zugute.

Im französischen Forbach nutzt SEW-Eurodrive, Weltmarktführer in der Herstellung von Getriebemotoren, Regenwasser als Rohstoff in seinem Produktionswerk. 15 Jahre schon steht das Werk der Tochtergesellschaft SEW-Usocome in Lothringen, seit fünf Jahren wird dort Regenwasser gesammelt und genutzt – ideal für die Filterwäsche. Im Zuge der Betriebserweiterung wurden zusätzliche Filter installiert, in denen die Abluft der Aluguss verarbeitenden Maschinen von Metallstaub befreit wird. Es war naheliegend, das auf dem Dach der neu gebauten Halle anfallende Regenwasser zu sammeln und für die Filterwäsche im Gebäude zu nutzen. Das dabei entstehende Abwasser wird gereinigt und weitgehend wieder verwendet. Der Regenvorrat lagert in unterirdischen Zisternen im Gelände vor der Halle. Berechnungen haben ergeben, dass das Potenzial des Regenwassers auch ausreicht, um zusätzlich die Toi­letten zu spülen, Außenanlagen zu bewässern und manuell, mit Hochdruckreiniger, Geräte zu säubern. Für die hier praktizierte Verwendung ist das weiche Regenwasser bestens geeignet. Es muss nicht enthärtet werden, es hinterlässt keine Kalkschleier. Die Dachabläufe und Fallrohre der neuen Halle sind konventionell, die Grundleitung mündet in einen Filterschacht. In ihm wird das Regenwasser mit 0,6 mm feinem Edelstahlgewebe mechanisch gereinigt. Der Speicher ist ein Verbund aus fünf Beton-Fertigteil-Behältern, die durch Rohre zu kommunizierenden Gefäßen mit einheitlichem Wasserspiegel verbunden sind.

Bei diesen drei Projekten wurde ein Komplett-System eines Herstellers verwendet, der damit sicherstellt, dass die Komponenten kompatibel sind, auch wenn sie von verschiedenen Gewerken montiert werden.

Fazit

Großanlagen für Regenwassernutzung in Industrie, Gewerbe und Kommunen etablieren sich als standardisierter Teil der Haustechnik. DIN 1989 gilt hier genau so wie für Regenwassernutzung in Wohnhäusern. Auch für Großanlagen sind mittlerweile komplette Sys­teme am Markt etabliert. Aus technischer Sicht spricht nichts dagegen, neben dem Energieausweis für Gebäude auch den Wasserausweis einzuführen, was die EU-Kommission seit kurzem erwägt.

zur Sache

Regel der Technik

Fünf Jahre hat es gedauert, von 1997 bis 2002, um die heute gültige technische Regel für Regenwassernutzungsanlagen fertig zu stellen. DIN 1989 Teil 1 ist seither allgemein anerkannte Regel der Technik (a.a.R.d.T.). Sie wurde wie alle Normen des Deutschen Instituts für Normung e.V. nach fünf Jahren auf ­ihre Aktualität überprüft und gilt nun unverändert weiter, bis ins Jahr 2012.

Für Hersteller von Bauteilen einer Regenwassernutzungsanlage gibt es drei weitere Normen-Teile. Diese sind:

  • Teil 2: Filter (DIN 1989-2: 2004-08)
  • Teil 3: Speicher (DIN 1989-3: 2003-08)
  • Teil 4: Baugruppen zur Steuerung und Nachspeisung (DIN 1989-4: 2005-08)

INFO

EU-Kommission erwägt Wasserausweis für Gebäude

Nach der Einigung über die umstrittenen Auflagen für die Energieeffizienz von Gebäuden nimmt sich die Europäische Kommission nun den Wasserverbrauch vor. Die Gemeinschaft müsse eine der Richtlinie für Energieeffizienz ähnelnde Regelung genau prüfen, heißt es in einem internen Arbeitspapier der Behörde. Studien der Kommission hätten ergeben, dass die EU auf dem Gebiet der Wasserversorgung handeln müsse…. In einigen Regionen könnten bis zu 30 % des Wassers in Gebäuden eingespart werden, wenn es effizienter genutzt werde, heißt es in dem Arbeitspapier weiter. Deshalb hätten Auflagen für Gebäude Priorität. Wie stark sich die Kommission an der Richtlinie für die Energieeffizienz von Gebäuden orientiert, ob sie also etwa einen Wasserausweis vorschlägt oder exakte Auflagen für den Verbrauch, ist nach Angaben aus der EU-Behörde noch offen.

Quelle: FAZ, 26.04.2010

Tipp

Literatur zum Thema

Regenwassernutzung von A - Z. Ein Anwenderhandbuch für Handwerker, Planer und Bauherren, mit DIN 1989, Trinkwasserverordnung 2001 und besonderen Projekten. Autor: Klaus W. König. Aktualisierter Auszug, Stand 2008, online auf https://www.mall.info/

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