Wer in Berlin Niederschlag von befestigten Flächen in den Kanal einleitet, zahlt pro m2 versiegelter Fläche derzeit eine Jahresgebühr von 1,90 Euro. Wer hingegen Regenwasser bewirtschaftet, etwa durch Rückhalten, Nutzen oder Versickern, wird belohnt. Natürlich erfordert dies zunächst eine Investition in Zisterne, Pumpentechnik, Sickermulde oder Gründach. Aber die Betriebskosten sinken entsprechend – bei Nutzung des Regenwassers noch stärker durch zusätzlich eingesparte Trinkwassergebühren. Im Rahmen des Berliner Landesprogramms „Stadtökologische Modellvorhaben“ wurden und werden verschiedene Projekte entwickelt, begleitet und ausgewertet. Darunter auch die Schule für Bürowirtschaft in Berlin Lichtenberg.
Nutzung, Versickerung, Ableitung
Die gesamte Dachfläche der Gebäude beträgt 2003 m2. Davon werden 243 m2 Dachfläche direkt in die Kanalisation entwässert, 264 m2 in die Sickermulde eingeleitet. Das nutzbare Volumen der Sickermulde beträgt 100 m³ bei einer Fläche von 400 m2 und einer Stauhöhe bis zum Überlauf von 0,25 m. Die Fläche ist durch die baulichen Gegebenheiten begrenzt, die Stauhöhe durch die Berliner Bauordnung. Das Niederschlagswasser von weiteren 1596 m2 Dachfläche wird über eine Zisterne mit einem Speichervolumen von 25 m³ geleitet und der Überschuss in die öffentliche Kanalisation abgeführt. Für die Bewässerung der Grünflächen werden 20 m³ Niederschlagswasser gespeichert.
Um eine möglichst große Menge des auf den Dachflächen anfallenden Niederschlagswassers vor Ort zu versickern, wird das darüber hinaus gespeicherte Regenwasser aus der Zisterne in die Sickermulde gepumpt. Die Pumpenleistung beträgt maximal 4,0 l/s. Die Pumpenleistung von 4 l/s für die Ableitung in die Sickermulde reicht aus, um alle anfallenden Regenspenden bis 25 l/s und ha vollständig der Versickerung zuzuführen. Von den über 25 l/s und ha hinausgehenden Regenspenden werden außer dem Volumen von 20 m³ für die Grünflächenbewässerung zunächst weitere 5 m³ in der Zisterne zwischengespeichert, und lediglich der Überschuss in die Kanalisation eingeleitet. Zu Beginn der Planung wurde im Rahmen der Kostenschätzung eine Amortisation von 12,5 Jahren ermittelt.
Im Gebäude steht die Regenwasser-Zentrale mit elektronischer Steuerung, Doppelpumpendruckerhöhung und integriertem Vorlagebehälter. Unter Wasser in der Zisterne steht die Zubringerpumpe und fördert nach Bedarf, von der Regenwasser-Zentrale gesteuert. Wasserstandssonden mit Drucksensoren in der Zisterne stellen sicher, dass der Feuerlöschvorrat nicht genutzt wird und schalten das Regencenter auf Trinkwasser um. Mit einem optischen und akustischen Signal weist die Steuerung auf Fehlfunktionen hin und reagiert darauf. Der potenzialfreie Störmelder ermöglicht zudem eine Fernanzeige der Störung. Außerdem verfügt die Steuerung über eine Anschlussmöglichkeit für RS 232-Schnittstellen zur externen Datenübermittlung.
Die Druckerhöhungsanlage ist zweistufig. Sie sitzt im kompakten Regencenter unter dem Zwischenbehälter und erhält so das Wasser im Zulaufbetrieb mit leichtem Vordruck. Bei Spitzenbedarf laufen beide Pumpen gleichzeitig. Ansonsten funktionieren sie alternierend einzeln. Die Pumpen sind wartungsarm und verfügen über einen integrierten Trockenlaufschutz.
Vorfabrizierte Fertigteile
Die Regenspeicher werden als Betonfertigteile im Werk produziert und vom Hersteller vor Ort auf 15 cm hohem Sandbett versetzt. Drei Behälter in monolithischer Rundbauweise sind hier zu einem kommunizierenden Gefäß mit 40 m³ Nutzvolumen verbunden. Die Durchführungen sind mit Dichtungen so in den Behältern eingegossen, dass sie bei der Montage der Verbindungsrohre nur gesteckt werden müssen. Mit Schachtabdeckungen Klasse D sind diese Behälter befahrbar. Damit kann der Standort flexibel gewählt werden, sowohl unter Grünflächen als auch unter Stellplätzen und Zufahrten.
Vor der Speicherbatterie wird ein Filterschacht montiert. Schwebstoffe, die die Filterkassetten aus Edelstahlgewebe mit einer Maschenweite von 0,6 mm nicht passieren können, sinken als Feinteile zu Boden oder schwimmen auf an die Wasseroberfläche. Das mit dem Filter verbundene Ablaufrohr gewährleistet, dass weder Sediment noch Schwimmschicht in den Speicher gelangt. Um die Planung zu erleichtern, trägt der Filterschacht als Produktbezeichnung die Zahl der maximal anschließbaren Dachfläche. In diesem Fall wurde an den Regenspeicher ein Filterschacht mit der Typenbezeichnung FS 2500 angeschlossen. Das bedeutet, dass der Filter den Abfluss einer Dachfläche bis zu 2500 m2 rückstaufrei bei dem zu Grunde gelegten Bemessungsregen von 300 l/s und ha verkraftet.
Ausführung ohne Schnittsstelle
Eine Schnittstelle zwischen Tiefbau und Sanitärinstallation gab es bei diesem Bauvorhaben nicht. Denn der hier ausführende Betrieb bot beide Gewerke an. Auch wurden sämtliche Anlagekomponenten kompakt und komplett aus einer Hand geliefert. Der Hersteller hat sowohl die Beton-Fertigteilschächte geliefert als auch mit eigenem Kranwagen vor Ort auf der Baustelle auf einem 15 cm hohem Sandbett versetzt. Darüber hinaus hat er die Pumpentechnik mit allem nötigen Zubehör anschlussfertig bereitgestellt. Damit ist gewährleistet, dass alle Anlagenteile kompatibel sind und die Gewährleistung in einer Hand liegt. Dass freut nicht nur den ausführenden Handwerksbetrieb sondern auch den Betreiber dieser Regenwassernutzungsanlage.
Zur Sache
Projektdaten
Objekt Oberstufenzentrum für Bürowirtschaft Marktstraße 2–3, 10317 Berlin
Auftraggeber Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin
Jahresniederschlag in Berlin-Mitte 600 mm
Sammelflächen Hauptgebäude 1596 m2
Jährlicher Regenwasserertrag 775 m³/a
Jährlicher Betriebswasserbedarf 645 m³/a
Jährliche Einsparung 2700 Euro/a
Speichergröße 25 m³
Speichertyp 3-Behälter-Anlage Mall, unterirdisch mit vorgeschaltetem Mall Filterschacht FS 1250
Druckerhöhungsanlage Mall Monsun XL 14 m³/h max. Förderleistung
Regenwassernutzung für Bewässerung Außenanlagen und Sportplatz
INFO
Garten- und Hauspakete
Bei den sogenannten Haus- und Garten-Paketen werden außer Leitungen alle Komponenten mit Zubehör vormontiert und steckfertig zum Festpreis geliefert. Das „Mall-Garten-Paket“ enthält alle Komponenten wie Regenspeicher, Filter, Tauchmotorpumpe, Entnahmestelle und Zubehör. Das Wasser wird zu Tage gefördert und kann direkt zur Gartenbewässerung sowie zur Reinigung von Haus und Hof verwendet werden. Der Druck ist hoch genug zum Gartensprengen. Die Tauchpumpe mit integriertem Schaltautomat befindet sich unter Wasser und ist daher geräuscharm. Die Gartensäule als Entnahmestelle wird auf einem vor Ort hergestellten Sockelfundament kippsicher befestigt. Befestigungsmittel dazu werden mitgeliefert. Weitere Kombinationen mit Kunststoffspeicher stehen zur Verfügung. Das „Mall-Haus-Paket“ ist steckfertig vorbereitet mit den erforderlichen Zubehörteilen. Dazu gehört ein Regencenter, das im Gebäude an der Wand montiert wird. Trinkwassernachspeisung und Schallschutz sind integriert. Die Außenwand-Durchführung für alle erforderlichen Leitungen ist ebenfalls Bestandteil des Pakets. Bauseits müssen nur Leitungen verlegt und an Regencenter und Regenspeicher angeschlossen werden.
Tipp
Wartung muss sein
Anlagen zur Regenwassernutzung funktionieren nur zuverlässig, wenn Inspektion und Wartung regelmäßig durchgeführt werden. Bei neuerer Bauart entsprechend DIN 1989 genügt ein jährlicher Check. Renommierte Hersteller übernehmen das oder beauftragen dazu einen von ihnen autorisierten Fachbetrieb, der die durchgeführte Prüfung mit Protokoll bestätigt. Falls erforderlich, werden Mängel gegen Berechnung sofort behoben. Entspricht die Bautechnik nicht DIN 1989, sind die Angaben des Herstellers für die Wartungsintervalle verbindlich. So kann es z.B. notwendig sein, Filter öfter als ein Mal jährlich zu reinigen.
Autor
Dipl.-Ing. Klaus W. König ist öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter für die Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Architekt und Fachbuchautor;
88662 Überlingen, Telefon (0 75 51) 61-3 05, Telefax (0 75 51) 68-1 26, http://www.klauswkoenig.com