Vorab noch ein paar Informationen zum Seminar. Ziel ist die Motivation von Auszubildenden und Jungmonteuren, die man im Unternehmen halten will. Das Entwickeln von persönlichen und sozialen Fähigkeiten für effizienteres Arbeiten und ein sicherer Umgang mit den Kunden stehen im Fokus. Durchgeführt werden die Seminare von der in Geislingen ansässigen Bad & Heizung AG. Dabei ist die Teilnahme an der Nachwuchsakademie ausdrücklich nicht an die Mitgliedschaft in der Erfa-Gruppe gebunden, sondern steht allen SHK-Betrieben offen. Doch halten die Seminare, was sie in der Ankündigung versprechen? Die SBZ hat einen Lehrling im zweiten Lehrjahr gebeten, das Seminar zu besuchen, dessen Ausbildungsbetrieb übrigens nicht Mitglied der Erfa-Gruppe Bad & Heizung ist. Lesen Sie den ungeschminkten Erfahrungsbericht von Marius Warth aus Stuttgart.
Seminarworkshop statt Bierzelt
Eigentlich wollte ich am Eröffnungstag des Cannstatter Wasens im Bierzelt stehen. Doch kurz vorher fragte mich mein Onkel, ob ich nicht Lust hätte, an einem Seminar von Bad & Heizung teilzunehmen, bei dem man lernt sich schneller Dinge einzuprägen und erfolgreich zu argumentieren. Ich war zwar nicht sehr begeistert davon, aber ich hoffte, dass es mir etwas bringt, und der Wasen ist ja auch noch zwei Wochen lang geöffnet. Also fuhr ich am Freitag von Stuttgart nach Geislingen in die Bad & Heizung-Zentrale. Dort wurde ich von den Referenten Ute Scheifele und Arne Gigling in Empfang genommen. Es herrschte gleich eine sehr angenehme Atmosphäre. Als dann alle Teilnehmer angekommen waren, wurde das Seminar von Andreas Sauter mit einer kurzen Präsentation über die Bad & Heizung AG eröffnet. Die AG ist ein Verbund von 60 Firmen, der den Betrieben hilft am Markt erfolgreich zu sein. Nach dieser Einführung wurden wir gefragt, was wir uns von dem Seminar erhofften bzw. wünschten. In der Vorstellungsrunde wurde klar, dass einige Teilnehmer schon ausgelernt hatten. Das war klasse, denn so gab es sofort einen Gesprächsstoff, der alle sehr interessierte, nämlich wie es nach der Ausbildung weitergeht oder welche Erfahrungen man gemacht hat und welche Fehler. Schnell lernte man sich kennen und es wurden Witze gerissen. Nach einem Kennenlernspiel ging es weiter mit dem ersten Teil der Lerntechniken.
Hirngerechte Lerntechniken
In diesem Abschnitt des Seminars ging es darum, sich schnell viele Dinge zu merken. Also haben wir einen bestimmten Satz geübt und dabei die Zeit gestoppt. Diese lag zwischen 100 und 450 Sekunden. Danach sprachen wir darüber, wie man auf so unterschiedliche Zeiten kommt. Dabei stellte sich heraus, dass einige sich den Satz in Bildern vorgestellt hatten und andere ihn stur auswendig gelernt hatten. Danach hatten alle verstanden, dass die bildliche Vorstellung um einiges gehirngerechter ist, als Dinge auswendig zu lernen.
Dann lernten wir die Körperliste, ein Hilfsmittel, wenn man vergesslich ist oder sich viele Dinge auf einmal merken muss. Man nimmt einen Körperteil, z.B. die Schulter oder den Fuß, und legt die Sache, die zu erledigen ist, einfach ab. Das hat mir bis jetzt schon sehr oft geholfen. Wenn man z.B. zwischen Tür und Angel um etwas gebeten wird und direkt danach ein wichtiges Telefonat führen muss, weiß man nach dem Telefonat oder dem Meeting nicht mehr, was der Kollege oder der Chef wollte. Also legt man es einfach auf einem Körperteil ab und so kann man es nicht vergessen. Danach gab es eine kleine Pause, in der wir toll mit Kaffee, Maultaschen und anderen Leckereien versorgt wurden.
Was Körpersprache bewirkt
Das nächste Thema war die Körpersprache. Uns wurde ein Bild von fünf Handwerkern gezeigt und wir sollten es beschreiben. Es fielen die Worte „freundlich“, „gepflegt“, „sauber“. Uns wurde dann erklärt, dass es heutzutage nicht mehr darum geht, nur eine gute Arbeit abzuliefern, sondern mit sauberer Arbeitskleidung beim Kunden zu erscheinen, freundlich zu sein, die richtige Haltung zu haben. Der Kunde wird früher oder später selbst merken, dass man ein guter Monteur ist, doch der erste Eindruck entsteht in den ersten fünf Sekunden. Beachtet man die meisten dieser Regeln, hat man den Kunden fast schon für sich gewonnen.
Danach sollten wir eine Rede für unseren 60. Geburtstag halten. Nachdem wir sie alle fertig geschrieben hatten, gaben wir den Text unseren Nachbarn. Direkt darauf sollten wir die Rede vortragen und wir wurden dabei gefilmt. Alle waren zwar ein bisschen aufgeregt, aber es bekam doch jeder ganz gut auf die Reihe. Als alle präsentiert hatten, wurde uns unsere Unterkunft in einer Jugendherberge gezeigt. Dort richteten wir uns kurz ein und fuhren noch einmal zur Bad & Heizung-Zentrale, um unsere Videos zu analysieren. Es war so klasse, sich selbst bei einem Vortrag zu erleben, denn so konnte ich mich zum ersten Mal sehen, wie ich einen Vortrag halte. Man sieht, welche Fehler man macht, aber auch was man gut macht. Danach gingen wir zur Pizzeria Europa und aßen zusammen, es war eine sehr gesellige Stimmung. Für das Abendprogramm war jeder selbst verantwortlich. Ich war aber so müde, dass ich direkt ins Bett ging.
Richtig argumentieren lernen
Am nächsten Morgen fingen wir an, das Baumsystem zu lernen. Erklärung: Es ist ein Merkwortsystem, das aus 20 Wörtern besteht. Diese Begriffe merkt man sich und so kann man sich ganz leicht zum Beispiel eine Nummer merken. Man nimmt die Zahlen der Nummer und ersetzt die Zahlen durch die Bedeutung der Zahlen in der Baumliste. So erfinden wir eine Geschichte, aber es darf nicht irgendeine Geschichte sein. Sie muss abstrakt sein und man kann die Größe oder Farbe verändern, damit man eine so verrückte Geschichte hat, die man einfach nicht vergisst. Bei dem Seminar lernten wir die Telefonnummer von einem unserer Teilnehmer mit dieser Übung – ich kann sie immer noch und das nur, weil die Geschichte so verrückt war. Die einzelnen Zahlen der Nummer wurden zu einer abstrakten Geschichte. Da merkten wir, wie viel einfacher es ist, Bilder oder Geschichten im Kopf zu speichern. Zwischendurch gab es kleine Filmchen von der Nachwuchszeitschrift SBZ Monteur (Knigge für Monteure), die allen sehr gefallen haben. Dann ging es weiter mit der sogenannten 30er-Übung. Bei der 30er-Übung ging es darum, sich 30 Begriffe zu merken und danach alle Wörter aufzuschreiben. Das Witzige war, dass wir am ersten Tag gefragt wurden, wie viele Wörter wir uns denn merken könnten, und alle Teilnehmer des Seminars meinten, dass sie sich höchstens zehn Begriffe merken könnten, wenn sie in beliebiger Reihenfolge stehen. Am Ende der 30er-Übung hatte keiner weniger als 26 Wörter und dies alles durch einen ganz einfachen Trick.
Stimmen zum Seminar
Deniz und Michael: Die Präsentationsübung mit der Kameraanalyse war sehr gut. Es ist ein besonderes Erlebnis, sich selber zu sehen. Das Präsentieren vor Fremden ist nicht leicht, hat aber trotzdem gefallen. Gut war das detaillierte Feedback aus der Gruppe, um dadurch eigene Stärken und Schwächen zu erkennen.
Sebastian und Andreas: Super Lerntechniken; voll krass, was man sich mit Bildern alles merken kann. Es geht so viel mehr als gedacht und das in so kurzer Zeit. Die Lerntechniken sind in kürzester Zeit anwendbar und es ist total faszinierend, in wie vielen Bereichen man sie nutzen kann.
Marco und Fabian: Wir haben sehr viel mitgenommen für unsere eigene Zukunft. Es war ein sehr entspanntes Lernen. Wir haben einen sehr guten Gesamteindruck. Wir können die Sachen im Alltag gut benutzen.
Dennis und Ruben: Erstes Aha-Erlebnis war die Schnelligkeit bei den Lerntechniken und die Menge, was man sich merken kann. Die Argumentationstechnik fand ich klasse. Das hilft super im Kundengespräch. Tolle Atmosphäre im Seminar, entspannt, locker! Referenten 1a – nichts, was man kritisieren kann.
Timo und Bernd: Ich habe noch nie eine Gruppe erlebt, die sich so schnell zusammenfindet. Wenn ich an die Schule denke, da dauert es oft Wochen, bis man sich gefunden hat. Das Theater und der kurze Besuch auf dem Cannstatter Wasen hat das Wochenende noch verschönert, coole Truppe!
Timo G. und Sandro: Wir wollen die Tipps jetzt beim Kunden anwenden. Es war so locker und nicht so steif. Dann geht das Lernen auch viel leichter, wenn sich alle verstehen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so abwechslungsreich wird.
Tobias und Kresimir: Die Lerntechniken sind echt super. Wir waren total erstaunt, dass wir am Ende alle 30 Begriffe behalten konnten. Alles kam wieder ins Gedächtnis zurück. Bei der soziometrischen Aufstellung fand ich es klasse zu sehen, dass wir alle so ähnlich ticken. Schließlich sind wir keine Überflieger, die alles können.
Matteo und Marius: Den richtigen Einsatz der Körpersprache nehmen wir für uns am meisten mit. Man wird einfach sicherer und öffnet sich dadurch ein Stückchen mehr. Wie man argumentieren kann – ja fast manipulieren – fanden wir klasse und toll.
Am nächsten Tag war auch das Thema Argumentation an der Reihe. Uns wurde da erst klar, wie wichtig es ist, richtig und erfolgreich zu argumentieren, denn mit der richtigen Argumentation kann man Menschen beeinflussen, z.B. einen Freund, der vor einer falschen Entscheidung steht, oder einen Kunden, der einen festen Standpunkt vertritt, der jedoch unproduktiv bzw. nicht effizient ist.
Positiv überrascht
Anfangs hatte ich wirklich gedacht, dass dieses Seminar wahrscheinlich nicht so prickelnd wird. Doch als ich das Ambiente und die Leute zum ersten Mal gesehen habe, war ich positiv überrascht. Das Seminar war einfach toll, die Vorträge, die Lerntechniken und auch das Essen. Alles hat gepasst, die Teilnehmer haben sich auch schnell angefreundet und innerhalb von drei Tagen entstand eine ausgesprochen gute Gemeinschaft. Es war so anders als erwartet, die Leute waren super, die Referenten haben das Seminar echt klasse geleitet. Ich hätte nie gedacht, dass Lernen so einfach sein und auch noch Spaß machen kann. Am besten hat mir aber das Videotraining gefallen. Ich kann das Seminar wirklich jedem empfehlen, der die Möglichkeit dazu hat. Es bringt wirklich viel, ob es um den Auftritt beim Kunden geht oder darum, wie man überzeugend argumentiert. Es war ein sehr schönes Wochenende, für das man auch ein Volksfest vernachlässigen kann.
Marius Warth, Stuttgart
Auszubildender im 2. Lehrjahr
Und Ihre Lehrlinge?
Die Ziele des Seminars, die Motivation zu steigern und persönliche und soziale Fähigkeiten für effizienteres Arbeiten und einen sicherer Umgang mit den Kunden zu entwickeln, wurden offentsichtlich erreicht.
Investieren auch Sie in Ihre Auszubildenden und Jungmonteure. Qualifizierter Nachwuchs wird künftig immer mehr zum Schlüssel für den Erfolg Ihres Betriebs. Denn genauso wichtig wie die Gewinnung von geeigneten Fachkräften ist es, gute Nachwuchskräfte in der Branche zu halten und für die Aufgaben rund um moderne Haustechnik zu begeistern. Die Pilotseminare haben gezeigt, dass das Engagement der teilnehmenden Nachwuchskräfte und die Identifikation mit Betrieb und Beruf nachhaltig steigen.
INFO
Fakten zum Nachwuchsseminar
Ziel des Seminars: Motivation von Auszubildenden und Jungmonteuren, die man im Unternehmen halten will. Entwickeln von persönlichen und sozialen Fähigkeiten für effizienteres Arbeiten und einen sicheren Umgang mit den Kunden.
Training einer schnelleren Auffassungsgabe; Lerntechniken zum Erschließen komplexer Sachverhalte; geistige Spickzettel anlegen, z.B. für Lernstoff, Checklisten, Arbeitsabläufe und Anweisungen zwischen Tür und Angel. Präsentationstraining vor der Kamera; Knigge-Tipps für das 21. Jahrhundert; verkaufsfördernder Umgang mit Kunden; überzeugend argumentieren. In einem Aufbaukurs werden diese Grundlagen vertieft und um das Verhalten in Prüfungen und Grundlagen der Badplanung ergänzt.
Referenten sind Trainerin Ute Scheifele, Betriebswirt Arne Gigling und jeweils ein Handwerksunternehmer. Eine Teilnahme ist auch möglich, wenn der Betrieb nicht der Erfa-Gruppe Bad & Heizung angehört.
Die nächsten Basiskurse finden am 12.–13. Oktober 2012 im Raum Köln und am 9.–11. November 2012 im Raum Stuttgart statt.
Nähere Auskünfte bei: Bad & Heizung AG, Telefon: (0 73 31) 7 15 90-0, E-Mail: zentrale@badundheizung.de
Nachgefragt
Warum externe Schulungen für den Nachwuchs?
Handwerksunternehmer Hubert Reßmann aus dem Münsterland engagiert sich schon seit vielen Jahren für eine überdurchschnittliche Qualifizierung seiner Nachwuchskräfte.
SBZ: Aus Ihrem Betrieb haben bereits zwei Auszubildende an dem Seminar teilgenommen. Wie war die Resonanz?
Reßmann: Als ich den Jungs vorgeschlagen habe an dem Seminar teilzunehmen, waren sie ein wenig skeptisch und ein wenig verunsichert über die Dinge, die da auf sie zukommen. Zumal es von Freitag bis Samstag ging und sie einen Teil des Wochenendes dafür investieren mussten.
SBZ: Die Firma investiert ja auch ca. 500 Euro Teilnahmegebühr. Das ist trotz der zwei inbegriffenen Übernachtungen für die Seminarteilnahme eines Auszubildenden bzw. eines jungen Monteurs nicht gerade wenig.
Reßmann: Es ist eine Investition in die Zukunft und lohnt sich auch für den Betrieb. Die Jungs kamen vom Workshop wieder und sind hoch motiviert. Der Beruf des Anlagenmechanikers stellt die Monteure jeden Tag vor neue Aufgaben und Herausforderungen. Seminarinhalte wie das Training einer schnelleren Auffassungsgabe oder Lerntechniken zum Erschließen komplexer Sachverhalte haben unmittelbaren Praxisbezug. Da haben Betrieb und Lehrling etwas davon.
SBZ: Reichen betriebliche und schulische Ausbildung heute nicht mehr?
Reßmann: Wenn man gute Monteure haben will, muss man mehr tun, die Zeiten ändern sich. Um den gestiegenen Anforderungen durch Technik und Kundschaft gerecht zu werden, brauchen wir qualifizierte und motivierte Fachkräfte. Und auch in Sachen Ausbildung und Qualifikation müssen wir mit der Zeit gehen. Viele Dinge, die in dem Seminar vermittelt werden, kann ich als Handwerksunternehmer einfach nicht rüberbringen. Da bedarf es der Spezialisten – und die haben wir mit den Referenten Ute Scheifele und Arne Gigling gefunden. Beide verstehen es, unsere Auszubildenden nachhaltig zu motivieren und ihnen ein tolles Rüstzeug für den Alltag zu geben.
SBZ: Klingt so, als wenn Sie es bedauern, dass es so etwas zu Ihrer Lehrzeit noch nicht gab.
Reßmann: Das haben Sie richtig erkannt. Für mich ist es schön zu hören, dass meine Jungs sich schon jetzt auf das Anschlussseminar freuen.
SBZ: Und dürfen sie dort auch hin?
Reßmann: Na klar, meine Lehrlinge habe ich bereits zum Aufbauseminar angemeldet.