Die Nachwuchssuche im SHK-Handwerk ist schon lange nicht mehr so einfach wie früher: Neben dem starken Wettbewerb mit anderen Branchen und sinkenden Schülerzahlen gibt es einen weiteren Grund für die zunehmend schwindenden Ausbildungszahlen: Viele Schüler, die sich in der Berufsvorbereitung befinden, wissen so gut wie gar nichts über die Branche. Außerdem fühlen sich viele Schulabgänger mit der Entscheidung für einen Beruf überfordert und richten sich mit der Frage, welche Möglichkeiten sie haben, zumeist an ihre Eltern. Doch auch diese haben nur ein begrenztes Wissen über den Ausbildungsmarkt.
Daher ist es für die Branche unabdingbar, auf Jugendliche aktiv zuzugehen und die zahlreichen Vorteile des Handwerks zu kommunizieren. Das ist auch das Ziel der Ausbildungskampagne „Zeit zu starten“ des ZVSHK. Dies kann jedoch ohne die einzelnen Betriebe nicht erreicht werden. Sie müssen heute noch überzeugender für sich selbst werben: frühzeitig, authentisch und proaktiv. Dort, wo sich der Nachwuchs befindet: in Schulen, auf Berufsbildungsmessen und im Internet.
Schulen und Ausbildungsmessen nutzen
Innungsmitglied Frank Wershofen aus Bad Neuenahr-Ahrweiler ist einer der Unternehmer, die Nachwuchswerbung eigeninitiativ angehen: In Schulen hält er Vorträge zu Handwerksthemen und auf regionalen Infoveranstaltungen für junge Leute ist er präsent, um frühzeitig Interesse zu wecken. Solche Informationstage liegen bei Jugendlichen hoch im Kurs, insbesondere wenn sie von gleichaltrigen Azubis begleitet werden. „Wenn jemand reinkommt und anfängt zu erzählen, merkt man, ob er Spaß hat oder nicht“, meint ein Schüler im Rahmen der ZVSHK-Studie.
Daher lässt Wershofen bei der Nachwuchswerbung seinen eigenen Azubi zu Wort kommen: „Auf einem Event waren die Infostände mit Auszubildenden im zweiten und dritten Lehrjahr besetzt, die die Jugendlichen beraten haben und locker über ihren Traumberuf sprachen. Das Gespräch unter Gleichaltrigen nahm den jungen Menschen die Scheu, sich zu informieren.“ Die ehrlichen Einblicke in den beruflichen Alltag, die die Azubis gewährten, vermitteln Authentizität – und damit genau das, was sich Schüler in einer ZVSHK-Studie explizit wünschten.
Die Teilnahme an Messen ist eine weitere hervorragende Möglichkeit, den Kontakt zu Jugendlichen zu suchen. Am Messestand können junge Menschen sich nicht nur informieren, sondern auch einzelne Tätigkeiten praktisch erleben. Wer ein Profiwerkzeug in die Hand nimmt und ausprobiert, gewinnt viel nachhaltigere Eindrücke, als wenn er einen Flyer in die Hand gedrückt bekommt. Hier können verschiedene Technologien und unterschiedliche Materialien gezeigt und erklärt werden, die unmittelbar veranschaulichen, wie spannend und vielseitig das SHK-Handwerk ist.
Unternehmenstüren öffnen und Einblicke bieten
Für jedes noch so kleine Unternehmen lohnt es sich, Jugendliche zu Schnuppertagen in den Betrieb einzuladen. Auf diese Weise können die jungen Leute Branchenluft schnuppern, Mitarbeitern über die Schulter schauen, ihnen Fragen stellen und vielleicht selbst einmal Hand anlegen. Betriebe, die bereits Kontakte zu Schulen haben, können den Lehrern proaktiv Einladungen für solche Besichtigungstage zukommen lassen, die diese an die Schüler verteilen. Aber auch wer sich bislang nicht aktiv an Schulen gerichtet hat, kann leicht Kontakt aufnehmen und über bevorstehende Veranstaltungen informieren. Die meisten Bildungseinrichtungen sind sehr dankbar, wenn ihre Schüler Betriebe besuchen und authentische Einblicke in den Arbeitsalltag gewinnen können – und unterstützen auch weniger erfahrene Firmen bei Bedarf gerne bei den Vorbereitungen. Auch hier punkten Unternehmen, wenn sie ihre jüngeren Mitarbeiter zu Wort kommen lassen. Das stärkt nicht nur die Glaubwürdigkeit gegenüber den Schülern, sondern auch das Verhältnis der jungen Mitarbeiter zu ihrem Arbeitgeber.
Auch gezielt junge Frauen ansprechen
Auch der sogenannte Girls‘ Day kann für Betriebe interessant sein. Der seit 2001 jährlich bundesweit stattfindende Tag zielt darauf ab, Mädchen zu ermutigen, sich auch in Berufsfeldern umzuschauen, die als „Männerdomäne“ gelten. Durch praktische Erfahrungen sollen Berührungsängste gegenüber handwerklichen und technischen Berufen abgebaut werden. Zudem können Schülerinnen erste Kontakte knüpfen und sich mit der Idee eines Praktikums in der Branche befassen. Auf der Website www.girls-day.de können sich Betriebe mit ihrem Angebot eintragen lassen und von Schülerinnen und deren Eltern gefunden werden. Wer zudem weiterführende Schulen und Berufsinformationszentren in der Region über die Girls‘-Day-Aktion informiert, hat gute Chancen, am Tag des Geschehens einige Interessentinnen zu begrüßen. Auf der Website gibt es auch Aktionsmaterialien, die über das Materialcenter bezogen werden können und bei der Kommunikation des Events helfen. Im Übrigen ist der Girls‘ Day auch stets ein Magnet für die Presse – die natürlich eingeladen werden muss – und kann so auch den allgemeinen Bekanntheitsgrad des Unternehmens steigern.
Aktiv im Internet präsentieren und werben
Apropos Öffentlichkeit – die können Unternehmen im digitalen Zeitalter so leicht wie nie erreichen: Im Internet können sie sich nicht nur mit der eigenen Firmen-Website präsentieren, sondern dort ist auch die direkte Kommunikation mit relevanten Zielgruppen in sozialen Medien möglich. Ob bei Twitter, Facebook oder in Jugend- und Berufsforen: Kostengünstiger und direkter können Unternehmen kaum für sich werben. Im Web 2.0 ist Platz für Unternehmensgeschichten, Fotos, Firmen-News, Veranstaltungshinweise oder Videos – mal informativ, mal unterhaltsam. Insbesondere jüngere Menschen wachsen mit sozialen Medien auf und nutzen sie oftmals vom morgendlichen Zähneputzen bis zum Schlafengehen.
Betriebe, die selbst junge Mitarbeiter beschäftigen, sollten die Vorlieben der sogenannten Digital Natives strategisch einbinden: Vielleicht hat ein Azubi ja Lust, regelmäßig einen Blog zu führen oder einen Kanal in den sozialen Medien zu bedienen. Für ihn kann das ein besonderer Vertrauensbeweis sein, der seine Arbeitsmotivation stärkt – die Zielgruppe wiederum empfängt Informationen eines gleichaltrigen Branchen-Botschafters besonders gerne, weil sie als authentisch und somit glaubhaft erachtet werden. Dazu ein Tipp: Workshops zur Kommunikation sowie Kundengewinnung und -bindung in den sozialen Medien werden auch von den Innungen veranstaltet.
SHK-Handwerk als Alternative für Studienabbrecher
Nicht immer hält ein Studium das, was es zu versprechen scheint. So gibt es zahlreiche Studenten technischer oder handwerklicher Studiengänge, die im Laufe der Studienzeit feststellen, dass sie doch nicht für eine akademische Ausbildung geeignet sind. Im selben Maß, wie die Zahl der Studierenden seit Jahren ansteigt, wächst daher auch die Abbrecherquote. Für diese jungen Erwachsenen ist eine Lehre im Handwerk die beste Alternative, weil sie mehr Praxis, innerbetriebliche Erfahrungen oder schlicht ein regelmäßiges Einkommen bietet. Doch nicht immer ist den Abbrechern dieser Weg bekannt – hier können SHK-Unternehmen ansetzen und mit zielgerichteter Werbung auf sich aufmerksam machen. Die wenigsten jungen Menschen wissen, dass sich die SHK-Berufe im Laufe der letzten Jahre stark verändert haben und technisch wie handwerklich teilweise hochanspruchsvoll sind.
Zudem bietet eine Tätigkeit im SHK-Handwerk eine sichere Zukunft, da das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, äußerst gering ist. Warum also nicht an Fach-/Hochschulen für den eigenen Betrieb werben? Ein Flyer oder Poster ist schnell aufgehängt am Schwarzen Brett und sollte vermitteln, was die Branche so attraktiv macht: ein hoher Praxisanteil, anspruchsvolle Technologien und zahlreiche Karrieremöglichkeiten. Also genau das, was sich viele junge Menschen von ihrem Traumjob erhoffen. Sie müssen nur erfahren, dass diese Jobs auch existieren. Es lohnt sich also für SHK-Betriebe, auf den hier genannten Wegen aktiv zu werden – dann lässt der Nachwuchs auch nicht mehr auf sich warten.
SBZ-Serie zur Nachwuchsgewinnung
Die SBZ begleitet die bundesweite Kampagne „Zeit zu starten“ des ZVSHK mit einer sechsteiligen Artikelserie rund um die Nachwuchsgewinnung im SHK-Handwerk. In den nächsten Ausgaben erfahren Sie, auf welchen Wegen Sie neue Mitarbeiter für sich gewinnen, qualifizieren und ausbilden können, wie Sie optimal für Ihren Betrieb und Ihr Berufsbild werben, wie eine erfolgreiche Rekrutierung von jungem Nachwuchs gelingt und wie Sie langfristig von ihr profitieren können. Der nächste Beitrag der Serie „Vom Praktikum zur Lehre“ erscheint in der SBZ 14/15-2017 am 4. August.
Tipp
Infotage und Schülerpraktika
Die Teilnahme an Veranstaltungen in Schulen lohnt sich – und wird von den Innungen mit dem Infomaterial der Kampagne „Zeit zu starten“ unterstützt. Regelmäßig durchgeführt garantieren diese Veranstaltungen regelrecht brennende Schüler, die sich gern auf ein anschließendes Praktikum einlassen. Dies muss nur früh genug geschehen, damit die Schüler ausreichend Zeit haben, Einblicke zu gewinnen und erste Erfahrungen zu sammeln. Auf dieser Basis können sie sich beruflich leichter orientieren und entscheiden. Schülerpraktika sind oft der direkte Pfad zu einem späteren Ausbildungsverhältnis und die wichtigste Maßnahme für den künftigen Erfolg der SHK-Branche.
Checkliste
Fahrplan zum Tag der offenen Tür
1Programm aufstellen für einen informativen und kurzweiligen Veranstaltungstag; geeignete Mitarbeiter und Azubis für die Durchführung und Betreuung anfragen.
2Termin festlegen und Schulen benachrichtigen (am besten vorab nach einem günstigen Zeitraum bei Schulen fragen).
3Werbematerialien auslegen und Poster aufhängen – in Schulen, Freizeiteinrichtungen, Jugendtreffs und bei Partnern. Online kann auf der Homepage und in sozialen Medien für den Tag geworben werden.
4Ein kleines Catering für das Wohl der Gäste organisieren: Selbst belegte Brötchen und Getränke reichen völlig aus.
5Informationsmaterial für Schüler am Stand bereitstellen. Hier helfen auch die Innungen, zudem gibt es beim Landesverband Flyer, Plakatvorlagen, Präsentationen und Filme.
6Eine kurze Begrüßungsrede am Tag des Geschehens lockert die Stimmung auf und gibt die Möglichkeit, den Betrieb vorzustellen.
7Fotos oder kurze Filme, die im Einverständnis mit Lehrern und Schülern entstanden sind, eignen sich hervorragend für die künftige Eigenwerbung. Versendet an die Besucher sind sie zudem eine schöne Erinnerung.
8Wer möchte, kann auch die örtliche Presse zu einem solchen Termin einladen. Der ZVSHK bietet auch überregionale Pressemitteilungen an, die zu diesem Zweck genutzt werden können. Mehr Informationen auf: www.zvshk.de/presse/medien-center/pressedienste/nachwuchs/.
9Eine Nachbereitung ist hilfreich für kommende Veranstaltungen – einfach die Lehrer und Schüler nach Feedback fragen. Eine schriftliche, anonyme Befragung wird in der Regel ehrlicher beantwortet.
Info
Bundesweite Ausbildungsinitiative für das SHK-Handwerk
Die Kampagne „Zeit zu starten“ unterstützt SHK-Betriebe bei der Nachwuchswerbung. Mit Informations- und Werbematerialien soll das Interesse von jungen Menschen für die vier SHK-Berufe „Anlagenmechaniker/in SHK“, „Behälter- und Apparatebauer/in“, „Klempner/in“ und „Ofen- und Luftheizungsbauer/in“ geweckt werden. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 bis 10, die ein Schülerpraktikum absolvieren müssen. Auf der Website www.zeitzustarten.de finden Schüler und Jugendliche alle Informationen zu den vier Gewerken, Tipps für die Bewerbung und mögliche Ausbildungsbetriebe in der Nähe. Die Kampagne wird durch Social-Media-Auftritte flankiert.
Bei den Landesverbänden ist umfassendes Infomaterial erhältlich: pro Gewerk ein Kurzfilm, ein Flyer sowie ein Vortrag für Schüler. Das Angebot gilt exklusiv für Innungsmitglieder. Die einzelnen Maßnahmen hat der ZVSHK gemeinsam mit seinen Landesverbänden auf der Basis intensiver Marktforschung erarbeitet. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie, die GC- und die G.U.T.-Gruppe unterstützen als Premium-Sponsoren die Initiative.
tipp
So gelingt die Azubi-Messe
Mit den richtigen Aktionen wird aus einem Messestand ein Ort für Wissen, Spaß und Motivation. So können Jugendliche begeistert werden:
- Anschauliche Vorträge, Gespräche oder Workshops von und mit anderen Jugendlichen, die den Beruf selbst ausüben, ermöglichen einen Dialog auf Augenhöhe und vermitteln authentische Infos in lockerer Atmosphäre.
- Ein Messestand lebt von Aktivität: Eine Vorführung ist weit wirksamer, als nur Flyer zu verteilen, denn sie macht den Beruf erlebbar und erhöht die Verweildauer am Stand. Dürfen die jungen Besucher sogar selbst eine Maschine bedienen, etwas herstellen oder ausprobieren, prägt sich diese Erfahrung besonders gut ein.
- Aktionen wie ein Wettbewerb vor Ort oder ein Gewinnspiel sorgen für Spaß und sind ein guter Anreiz zum Mitmachen.
- Digital Natives: Jugendliche wachsen heute digital auf und sind immer offen für interessante Videos, die Möglichkeit, Selfies am Stand zu machen oder sich auf der unternehmenseigenen Facebook-Seite vor Ort am Tablet mit einem Gastkommentar zu verewigen. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, sich für einen Newsletter zu registrieren oder vor Ort ein eigenes Handy-Video zu erstellen, das später auf die Unternehmensseite geladen werden kann.
- Geschenke machen Freude und sind ein Erinnerungsstück: Mit den richtigen Give-aways bleibt das Unternehmen dem Schüler im Gedächtnis – das kann ein Kalender, ein Stift oder ein Notizblock sein oder ein Arbeitsmaterial, mit dem die Jugendlichen am Stand selbst in Berührung gekommen sind.
- Vor der Messe sollte auf die Aktionen am Stand hingewiesen werden: im Internet, mit Postern oder Flyern an Schulen oder Jugendzentren und über alle Mitarbeiter, Partner und Freunde des Betriebs.
Autor
Bild: ZVSHK
Birgit Jünger ist Referatsleiterin Marketing beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima in St. Augustin. b.juenger@zvshk.de (0 22 41) 92 99-0