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Fürs Leben lehren

Inhalt

Ob der Nachwuchs sich bewährt, hängt von der Eignung und der Persönlichkeit ab – die muss zum Betrieb passen. Daher ist es ratsam, potenzielle Kandidaten vorab ein Schülerpraktikum in der Firma absolvieren zu lassen. Dann kennt man sich bereits und weiß um die Stärken und Schwächen des Jugendlichen. Während des Praktikums gewinnt der Ausbilder auch Einblicke in die Motivation des Schülers und kann überprüfen, wie neues Wissen umgesetzt wird. Auch die Charaktereigenschaften des Praktikanten, etwa die Kommunikations- oder Konfliktfähigkeit, können auf diese Weise bereits eingeschätzt werden. Eine schriftliche Bewerbung alleine bietet niemals ein so authentisches Bild. Zudem haben dank eines Praktikums auch schwächere Schüler, die womöglich nicht mit guten Noten glänzen, dafür aber über eine praktische Begabung verfügen, eine Chance auf einen Ausbildungsplatz.

Auch hat jeder Ausbildungsberuf seine speziellen Schwerpunkte und jeder Betrieb seine individuellen Besonderheiten – es lohnt sich demnach für beide Parteien, sich vorab persönlich kennenzulernen. Denn im Vorstellungsgespräch allein ist es schwierig, einen umfassenden Eindruck vor allem von jüngeren Bewerbern zu gewinnen: Jugendliche sind kommunikativ meist noch wenig erfahren und wissen teilweise gar nicht exakt, wo ihre Stärken liegen und wie sie diese im Gespräch beschreiben können. Vielfach zeigen sich erst im Laufe der Praxis Potenziale, die vorher nicht bekannt waren – ein Grund mehr, den angehenden Azubi in einem Praktikum näher kennenzulernen.

Fachwissen und persönliche Kompetenzen vermitteln

Eine gute Ausbildung steht und fällt auch mit dem Ausbilder. Nach dem Berufsbildungsgesetz wird als Ausbilder bezeichnet, wer die Ausbildungsinhalte verantwortlich und in wesentlichem Umfang vermittelt und dazu die Eignungsanforderungen erfüllt – also die Ausbildereignungsprüfung bestanden hat. (Die Landesinnungen beraten Betriebe über den Ablauf der Prüfung eines Mitarbeiters.) Der Erfolg einer Ausbildung hängt jedoch noch von weiteren Faktoren ab. Ein Ausbilder ist im Grunde wie ein Coach, der den Jugendlichen lehrt, begleitet, motiviert und auf die Arbeit als Experte vorbereitet – sowohl fachlich als auch persönlich. Insbesondere bei jungen und noch unerfahrenen Menschen ist dabei Fingerspitzengefühl gefragt. Die besondere Verantwortung liegt in der Vermittlung der Fertigkeiten und in der Entfaltung von Potenzialen.

In der Ausbildung müssen sich Jugendliche auch wichtige persönliche Kompetenzen aneignen: Initiative, Pünktlichkeit, Teamgeist, Eigenverantwortung sowie den richtigen Blick für den Betrieb und die Nöte von Kunden. Dazu gehört auch die Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden oder die Bereitschaft, sich stets weiterzuentwickeln. Dies geht weit darüber hinaus, was Lehrbücher vermitteln. Hapert es hier, stecken oftmals schlicht alterstypische Gründe dahinter – vom ersten großen Liebeskummer bis hin zu innerfamiliären Problemen oder Selbstwertproblematiken: Das Erwachsenwerden ist nicht immer leicht und Ausbilder sollten gegebenenfalls imstande sein, schwierige Situationen nüchtern zu hinterfragen und gemeinsam mit dem Jugendlichen Lösungen zu entwickeln.

Jede Fachaufgabe eignet sich zugleich auch für die Förderung der Softskills: So kann beispielsweise das Auftreten während eines Kundentermins umgehend mit dem Azubi analysiert und gegebenenfalls optimiert werden. Dabei sollten dem Jugendlichen keine Vorwürfe gemacht werden – er hat schließlich noch nicht so viel Erfahrung. Stattdessen gilt es, positives Verhalten zu loben und zu bestärken. Gibt es Korrekturbedarf, sollte der Nutzen einer anderen Verhaltensweise erklärt werden – so erhält die Botschaft einen Sinn, der nachvollziehbar ist.

Führungsstil und Selbstreflexion

Auch die eigenen Ausbildungsmethoden sollten mit Bedacht gewählt sein: Ein allzu harscher Führungsstil kann Jugendliche ebenso ängstigen wie ein zu nachlässiger den nötigen Halt nehmen kann. Der kooperative Führungsstil führt am ehesten zu einer guten Ausbildungsatmosphäre: Motivation und Eigenverantwortung werden dabei gefördert, Verantwortungsbewusstsein und Teamfähigkeit gestärkt. Ausbilder haben auch die Aufgabe, ein menschliches und professionelles Vertrauensverhältnis aufzubauen und die Herausbildung positiver Eigenschaften zu unterstützen. Darum sollte jeder, der ausbildet, seinen Führungsstil von Zeit zu Zeit auch selbst überprüfen und regelmäßige Feedbackgespräche mit dem Jugendlichen führen.

Junge Menschen brauchen klare Ziele und wollen wissen, wofür sie bestimmte Aufgaben tun. Mit dem richtigen Hintergrundwissen bekommen so auch Aufgaben einen Sinn, die ihnen auf den ersten Blick unattraktiv oder sinnlos erscheinen.

Ein Ausbildungsverhältnis ist auch ein persönliches Verhältnis

Umso besser das persönliche Verhältnis zwischen Ausbilder und Azubi ist, desto leichter können auch neue Fertigkeiten erlernt und Potenziale freigesetzt werden. Das macht sich in der täglichen Praxis bezahlt, wenn es neben neuen Fachkenntnissen auch um die Entwicklung der nötigen Softskills geht: Konflikt- oder Teamfähigkeit werden von jungen Menschen idealerweise am Modell gelernt – also von den Personen, die eine Vorbildfunktion einnehmen. Es gilt also, mit gutem Beispiel voranzugehen. Eine große Rolle spielt auch die Stimmung und der Zusammenhalt im gesamten Team. Hier sollte der Jugendliche gut eingebunden sein und einen ebenbürtigen Platz in einer nicht zu betont hierarchisierten Struktur finden. Eine strikte hierarchische Distanz zwischen Teammitgliedern (hier Chef, Meister, Gesellen und Azubis) wirkt auf junge Menschen oftmals beängstigend und sie fühlen sich nicht wertgeschätzt – das kann zu Demotivation und Lustlosigkeit führen.

Letztlich gilt für jeden Ausbilder auch: Man kann in anderen nur entzünden, was selbst in einem brennt. Ausbilder sollten ihre Leidenschaft für den Beruf transportieren und Sinn und Zweck von Aufgaben authentisch vermitteln können. Dann sind Jugendliche mit Begeisterung und Eigeninitiative dabei. Die eigene Arbeit selber mit Freude anzugehen, lohnt sich also doppelt, wie Umfragen bestätigen. Studien des ZVSHK ergeben, dass Jugendliche in der SHK-Branche mit viel Freude arbeiten.

Die Eltern zu Partnern machen

Auch für das Ausbildungsverhältnis besteht ein Erziehungsauftrag, dessen Ausbilder sich bewusst sein sollten. Dafür können sie auch die ersten Erziehungsberechtigten mit ins Boot holen: Die Eltern haben auf die jungen Menschen immer noch einen starken Einfluss, insbesondere wenn diese noch nicht volljährig sind. Ein guter Kontakt zu den Eltern kann auch Ausbildern helfen, ihre jungen Mitarbeiter besser kennenzulernen und deren Entwicklung, Lern- und Arbeitsverhalten klar zu beurteilen und positiv zu beeinflussen. Die Eltern gewinnen ihrerseits tiefere Einblicke in die Arbeit des Azubis, und mögliche Konflikte können leichter gelöst werden. Treten etwa Motivationstiefs beim Azubi auf, können im Gespräch mit den Eltern die Ursachen leichter erörtert werden. Auch sind langfristige positive Verhaltensänderungen erfolgreicher, wenn die Eltern mitwirken.

Gute Gelegenheiten für ein Kennenlernen bieten Betriebsfeste oder Tage der offenen Tür. Nach einem zwanglosen Kennenlernen können Ausbilder von Zeit zu Zeit auch Gespräche mit den Eltern führen und sich über ihre Wahrnehmung der Fortschritte des Jugendlichen austauschen. Auf diese Weise werden unterschiedliche Sichtweisen abgeglichen und zu einem umfassenden Gesamtbild verknüpft. Und auch die Eltern können die Lernerfolge ihres Kindes entsprechend würdigen.

Junge Mitarbeiter bringen frische Ideen

Einerseits brauchen junge Menschen klare Anweisungen und die Sicherheit, auf die Erfahrung des Meisters bauen zu können, andererseits bringen sie auch gern eigene Ideen ein. Das sollte im Betrieb unbedingt möglich sein und nicht belächelt werden – denn das könnte dem Vertrauensverhältnis schaden und demotivieren, weil der Azubi sich nicht ausreichend wertgeschätzt fühlt. Zudem sollte man die Jüngsten nicht unterschätzen: Es kann passieren, dass mancher gestandene Praktiker überrascht wird von einem Vorschlag, der durchaus mehr Effizienz für den Betrieb verspricht. Das mag daran liegen, dass Azubis noch den nüchternen und unvoreingenommenen Blick des Neuhinzugekommenen auf das Geschehen haben und dadurch manchmal mehr sehen als Mitarbeiter, die seit Jahren auf ausgetretenen Pfaden in ihrem Arbeitsalltag unterwegs sind. Es ist also nicht abwegig, seine Azubis dazu aufzufordern, eigene Vorschläge zu machen.

Hier darf nicht vergessen werden, dass Jugendliche heute insbesondere durch ihr Aufwachsen in einer digitalen Welt durchaus innovative Ideen zur Außendarstellung des Betriebes entwickeln können – sei es in den sozialen Medien oder auf der eigenen Firmenwebsite. Wer seinem Azubi hier Möglichkeiten zur Mitgestaltung gibt, profitiert letztlich von einem Extra an Motivation und Selbstbewusstsein. Beides macht sich im Arbeitsalltag durchaus bezahlt.

Motivation ist alles – bis hin zum Weltmeistertitel

Ein weiterer Motivator, der Azubis Antrieb gibt, kann Träume wahr machen: Im SHK-Handwerk ist sogar ein Weltmeistertitel zu holen. So ging es 2015 zum Beispiel Nathanael Liebergeld, der bei den WorldSkills International Sieger wurde. Damit bewies er die hohe Ausbildungsqualität, die er in seinem Betrieb genossen hat. „Ohne hervorragende fachliche Grundlage nützt auch das beste Training nichts“, sagt Andreas Müller, Hauptgeschäftsführer des ZVSHK. Der Bundesverband unterstützt sowohl Landesinnungen als auch Betriebe intensiv bei Vorbereitungen für solche Wettbewerbe, und die ganze Branche profitiert vom Imagegewinn. Azubis wachsen aber auch schon bei der Möglichkeit zur Teilnahme an regionalen Wettbewerben einige Zentimeter – das Selbstbewusstsein wird immens gesteigert und der Anreiz wächst, sich Tag für Tag im Beruf ins Zeug zu legen.

Aber es gibt auch andere Wege, den Ehrgeiz der Jugendlichen zu wecken: Wer eine besondere Fortbildung, einen Extrabonus am Jahresende oder mehr Verantwortung in Aussicht stellt, zeigt, dass er die Weiterentwicklung des Mitarbeiters fördert und belohnt. Was für einen erwachsenen und erfahrenen Mitarbeiter gilt – nämlich der Wunsch nach Bestätigung und Selbstverwirklichung – gilt für Jugendliche weit mehr. Dieses Bedürfnis zu erfüllen und dabei einem jungen Menschen Wissen beizubringen und ihn in seiner Entwicklung zu begleiten, so sagen viele Ausbilder, ist ein besonderes Geschenk, das auch das eigene Arbeitsleben bereichert. Auf Unterstützung durch die Landesinnungen des ZVSHK können Mitgliedsbetriebe dabei immer zählen. Zahlreiche Informationen zum Thema Ausbildung finden Sie auf der Homepage des Bundesverbandes auf www.zvshk.de sowie bei Ihren Landesinnungen.

Info

Ausbildungsinitiative für das SHK-Handwerk

Die Kampagne „Zeit zu starten“ unterstützt SHK-Betriebe bei der Nachwuchswerbung. Mit Informations- und Werbematerialien soll das Interesse von jungen Menschen für die vier SHK-Berufe „Anlagenmechaniker/in SHK“, „Behälter und Apparatebauer/in“, „Klempner/in“ und „Ofen- und Luftheizungsbauer/in“ geweckt werden. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 bis 10, die ein Schülerpraktikum absolvieren müssen. Auf der Website www.zeitzustarten.de finden Schüler und Jugendliche alle Informationen zu den vier Gewerken, Tipps für die Bewerbung und mögliche Ausbildungsbetriebe in der Nähe. Die Kampagne wird durch Social-Media-Auftritte flankiert.

Bei den Landesverbänden ist umfassendes Infomaterial erhältlich: pro Gewerk ein Kurzfilm, ein Flyer sowie ein Vortrag für Schüler. Das Angebot gilt exklusiv für Innungsmitglieder. Die einzelnen Maßnahmen hat der ZVSHK gemeinsam mit seinen Landesverbänden auf der Basis intensiver Marktforschung erarbeitet. Die Initiative „Zeit zu starten“ wird durch Sponsoren unterstützt. Dies sind der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie sowie die Großhandelshäuser der GC- und der G.U.T.-Gruppe.

www.zeitzustarten.de

Tipp

Feedbackgespräche erfolgreich führen

Regelmäßige Gespräche über den Leistungsstand des Jugendlichen sind, wenn sie pädagogisch richtig angewendet werden, ein gutes Führungs- und Motivationsinstrument. Dabei geht es um alle Themen, die für die Ausbildung elementar sind: theoretische wie praktische Lernerfolge, das soziale Verhalten wie auch Motivation und Lernverhalten. Ein Feedbackgespräch soll Rückmeldung über die Leistungen und das Verhalten geben, aber auch motivieren und neue Zielvereinbarungen ermöglichen. Darum sollte ein Ausbilder kein Urteil fällen, sondern im gemeinsamen Gespräch mit dem Jugendlichen Rückschlüsse auf dessen Stärken und Schwächen erörtern.

Eine partnerschaftliche Kommunikation ist eine gute Basis: Einander zugewandtes Verhalten und die Ansprache ohne negative Urteile beinhaltet auch den Verzicht auf sarkastische oder misstrauische Fragen. Auch der Azubi darf dabei zu Wort kommen und seine eigenen Eindrücke und Gefühle schildern können.

Umso sachlicher die Sprache des Ausbilders ist, desto geringer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Jugendliche sich provoziert fühlt und die Stimmung im Gespräch kippt. Die Motivation des Jugendlichen sollte im Vordergrund stehen: Auch bei schlechten Leistungen sollte man ihn zum Weiterlernen ermutigen, anstatt nur zu kritisieren. Bestimmte Fördermöglichkeiten können gegebenenfalls gemeinsam besprochen werden und am Ende sollte ein Fazit des Gesprächs festgehalten werden.

Info

SBZ-Serie zur Nachwuchsgewinnung

Die SBZ begleitet die bundesweite Kampagne des ZVSHK „Zeit zu starten“ mit einer sechsteiligen Artikelserie rund um die Nachwuchsgewinnung im SHK-Handwerk. Darin zeigen wir unter anderem auf, auf welchen Wegen Sie neue Mitarbeiter für sich gewinnen, qualifizieren und ausbilden können, wie Sie optimal für Ihren Betrieb und Ihr Berufsbild werben, wie eine erfolgreiche Rekrutierung von jungem Nachwuchs gelingt und wie Sie langfristig von ihr profitieren können:

  • Teil 1: So werden aus Praktikanten Azubis – SBZ 4-2017
  • Teil 2: Begeisterungsfaktoren und wie sie auf Jugendliche wirken – SBZ 5-2017
  • Teil 3: Motivation, Kommunikation, Konfliktbewältigung – SBZ 7-2017
  • Teil 4: Als Arbeitgebermarke den Nachwuchs begeistern – SBZ 8-2017
  • Teil 5: Azubis finden auf verschiedenen Wegen – SBZ 12-2017
  • Teil 6: Ausbilder sind Vorbilder, fachlich wie auch persönlich – diese Ausgabe.

Alle Artikel finden Sie auch zusammengestellt unter den Dossiers auf unserer Internetseite in der Rubrik Themen/Dossiers.

www.sbz-online.de

Autorin

Birgit Jünger ist Referatsleiterin Marketing beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima in St. Augustin. b.juenger@zvshk.de (0 22 41) 92 99-0