Lange Jahre geisterte er als Schlagwort durch Medien und Diskussionsrunden: der digitale Wandel. Inzwischen ist er da und immer mehr konkrete Anwendungen halten Einzug in den Unternehmensalltag. Digitalisierte Informationen beschleunigen Prozesse und machen sie effizienter. Sie sind der Schlüssel zu neuen Wertschöpfungspotenzialen und Geschäftsmodellen. Und längst ist klar: Unternehmen, die diesen Schlüssel konsequent einsetzen, rücken damit näher an ihre Kunden und deren Bedürfnisse heran, straffen ihre Abläufe und verschaffen sich so einen Wettbewerbsvorsprung.
Das gilt nicht zuletzt für die Instandhaltung und Wartung von Heizungsanlagen. Punktgenau ausgelieferte, auf die jeweilige Situation zugeschnittene Informationen reduzieren Ausfallzeiten signifikant und senken zugleich den Wartungsaufwand. Mehr noch: Konsequent angewandt, sind mit den digitalen Möglichkeiten ganz neue Maintenance- und Wertschöpfungsmodelle realisierbar.
Support-Strukturen optimieren
„Die Anfragen von Unternehmen, die ihre Support-Strukturen optimieren wollen, häufen sich“, erzählt Michael Sittek, CEO des auf digitalen Wissenstransfer spezialisierten Unternehmens Core Learning Production (CLP) mit Sitz in München. „Das hat vor allem drei Gründe: Zum einen ist guter After-Sales-Service heute mehr denn je ein entscheidendes Wettbewerbskriterium. Zum anderen suchen immer mehr Unternehmen Wege, ihren Kunden und Wiederverkäufern guten Service zu bieten, ohne zu viel Insiderwissen preiszugeben. Das Meiste davon benötigen sie ohnehin nie oder sie haben im Bedarfsfall keinen Zugriff darauf. Oder, und das ist durchaus eine konkrete Gefahr, sie machen sich über das Innenleben von Konkurrenzprodukten schlau, Stichwort Industriespionage. Drittens schließlich erfordert der zunehmende Fachkräftemangel adäquate Antworten.“
Eine solche Antwort ist digitalisiertes Wissen, das genau dann zur Verfügung steht, wenn es benötigt wird. Denn damit lassen sich zum Beispiel angelernte Servicekräfte in die Lage versetzen, Wartungs- und Reparaturarbeiten korrekt auszuführen, für die sonst ein höher qualifizierter Kollege erforderlich wäre. Aber auch intensiv geschulte Mitarbeiter profitieren davon. Situationsbezogene Informationen helfen ihnen, Fehler schneller zu erkennen und zu beheben, oder auch nur ihre Arbeiten effizienter zu gestalten.
Einfaches Prinzip
Das Prinzip ist einfach: Der Servicetechniker vor Ort fokussiert zunächst die Anlage mit der Kamera seines Tablets, Smartphones oder, soweit vorhanden, seiner AR/MR-Brille (AR/MR = Augmented/Mixed Reality). Das trainierte System erkennt anhand des Bildes den Gerätetyp und liefert ihm sofort auf sein Endgerät alle relevanten, in einer Datenbank abgelegten Informationen zu Gerätetyp und Leistungsdaten. Es weist gegebenenfalls auf neuralgische Punkte hin oder was bei diesem Modell besonders zu beachten ist. Auch kundenspezifische Informationen wie Leitungsstärken oder gebäudetechnische Besonderheiten lassen sich hinterlegen und jederzeit abrufen.
Der Techniker kann auf Videos zu Wartungshandgriffen, auf Reparaturanweisungen und Schaltpläne zugreifen. Selbst welches Werkzeug benötigt wird und Expertentipps von Kollegen sind abrufbar. In Zukunft soll es sogar möglich sein, defekte Bauteile mithilfe der Kamera vom System identifizieren zu lassen. Auch die Ersatzteilbestellung im Online-Shop des jeweiligen Herstellers lässt sich direkt aus dem System heraus realisieren. Nach erfolgter Reparatur oder Wartung kann der Handwerker dem Kunden sofort auf digitalem Wege einen Garantienachweis, eine Wartungsbescheinigung oder eine Rechnung senden.
Fehler zielgerichtet beheben
Auf dieselbe Weise lassen sich beispielsweise Fehler an einer Anlage sehr schnell und zielgerichtet beheben. So liefert das System anhand des eingegebenen Fehlercodes nicht nur die Information, um welche Art von Fehler an welcher Komponente es sich handelt. Der Techniker kann sich sofort sämtliche für die Reparatur hinterlegten Tipps und Hinweise anzeigen lassen – zum Beispiel zum genauen Vorgehen beim aktuell erforderlichen Eingriff, zu eventuell benötigten Ersatzteilen oder wichtigen Sicherheitsvorkehrungen.
Auch Serviceprobleme mit älteren Modellgenerationen lassen sich damit einfach lösen. Während geschulte Servicekräfte eventuell noch mit den neuesten Modellen und deren Spezifika vertraut sind, stoßen sie bei älteren Geräten mitunter an die Grenzen ihres Wissens. Sind die Informationen zu den älteren Gerätegenerationen in der Wissensdatenbank hinterlegt, können sie trotzdem sofort qualifiziert eingreifen. Gleiches gilt für Servicekräfte, die wegen des Fachkräftemangels per „Schnellbleiche“ angelernt wurden.
Webbasiertes System
Das Unternehmen Core Learning Production ist Pionier auf diesem Gebiet. Es hat für solche Anwendungen eine Plattform namens Knowledge.Hub entwickelt. Die Software ist zum einen für Lernprozesse konzipiert, in denen es darum geht, Wissen zielgruppengerecht, nachhaltig und mit digitalen Medien zu vermitteln, und zum anderen für den situationsbezogenen Informationstransfer, wie er hier gefragt ist.
Knowledge.Hub ist webbasiert und deshalb mit einem internetfähigen Gerät jederzeit überall verfügbar. Für den Fall, dass eine Online-Verbindung nicht möglich ist – beispielsweise bei Arbeiten im Keller oder in einer schlecht erschlossenen Mobilfunkzone – lässt sich das System auch offline betreiben. In einem solchen Fall kann der Techniker die Maschine oder Anlage abscannen, eine Zone mit Online-Abdeckung aufsuchen, die in der Datenbank hinterlegten Informationen ins Gerät laden und dann offline weiterarbeiten.
Natürlich ist für eine optimale Funktion des Systems die Qualität der hinterlegten Informationen entscheidend. Michael Sittek: „Es ist wie beim Aufbau eines auf IoT-Daten basierenden Projekts zur vorausschauenden Wartung, neudeutsch Predictive Maintenance. Je mehr Daten verfügbar und je besser sie aufbereitet sind, desto effizienter werden die Prozesse, die darauf aufbauen.“ Genauso müsse ein Unternehmen, das seinen Support mit digitalen Mitteln verbessern will, zunächst die Wissensdatenbank mit den Informationen zu seinen Produkten füttern.
„Das Thema liegt im Trend“, erklärt Michael Sittek. „Ich bin überzeugt: Es ist nur noch eine Frage kurzer Zeit, bis auch Hersteller oder Großhändler in der SHK-Branche sich diese Möglichkeit zunutze machen.“ Für den Fall, dass mehrere Anbieter eine Wissensdatenbank zum mobilen Abruf bereithalten, biete Knowledge.Hub alle relevanten Schnittstellen. „Das System lebt nicht zuletzt davon, dass keine Medienbrüche entstehen. Das heißt, der Techniker vor Ort bekommt alle für ihn relevanten Informationen herstellerübergreifend auf einer Plattform – vorausgesetzt natürlich, der jeweilige Hersteller bietet diese Informationen.“
Rund-um-die-Uhr-Support
Die Vorteile liegen auf der Hand: So kann ein Hersteller seinen Kunden auf dieser Basis einen qualifizierten Rund-um-die-Uhr-Support bieten, ortsunabhängig und ohne selbst dafür permanent Personal bereitstellen zu müssen. Kunden und Wiederverkäufer minimieren ihren Aufwand für Wartung und Instandsetzung. Und sie können in vielen Fällen auf teure Spezialisten verzichten. „Mit diesem Tool versetzen wir auch Nicht-Fachleute in die Lage, einigermaßen komplexe Arbeiten zu erledigen“, so Michael Sittek. „Und der Lieferant kann diesen Support sogar per Wartungsvertrag monetarisieren.“
Info
Wissen in jeder Situation
Knowledge.Hub verbindet unter anderem Augmented und Mixed Reality und 360°-Videos mit der realen Welt. Dank künstlicher Intelligenz ordnet das System realen Gegenständen Informationen sehr einfach und sekundenschnell zu. Die Software arbeitet webbasiert und stellt alle Inhalte auf praktisch jedem Endgerät optimal dar. Dadurch lässt sich jede Art von Wissen in jeder gewünschten Situation vermitteln – auch offline. Auf Wunsch entwickelt Core Learning Production auch die Inhalte und bereitet sie medien- und anwendergerecht auf.
Dieser Beitrag ist eine Überarbeitung des Artikels „Die Lösung sofort zur Hand“ aus SBZ 11-2020.