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Mehr Motivation und Rendite durch optimale Lagerhaltung

Die vergessene Schatzkammer

Inhalt

Nicht selten herrscht auch in SHK-Handwerksbetrieben die „Deutsche Warenwirtschaft“: Es müssen Scheine bei der Mate­rialentnahme und bei der -rückgabe ausgefüllt werden. Diese gehen ins Büro und werden dort entsprechend auf den Auftrag gebucht und der Bestand aus- oder rückgebucht. Diese Vorgehensweise ist völlig unbrauchbar im Handwerk, da der Verwaltungsaufwand unbezahlbar hoch ist. Zudem muss das Handwerk flexibel reagieren können.

Es gibt nur Kommissionsware und Standardmaterial

Eine wesentlich einfachere und bes­sere Lagerstruktur hat die Autorin in ihrem eigenen Schreinereibetrieb entwickelt. Sie erkannte, dass es in jedem Handwerksbetrieb nur zwei Materialarten gibt: Kommissionsware und Standardmaterial. Alle anderen Materialien, die sich in einem SHK-Betrieb befinden, sind Kommissionsreste oder ehemalige Standardmaterialien, die inzwischen technisch veraltet sind. Das Besondere an dieser neuen Struktur ist, dass beide Materialgruppen konsequent einfach geführt werden.

Bei Kommissionsware muss für alle zu erwartenden Materialformen eine entsprechend passende Lagerstätte eingerichtet werden. Dies geschieht meistens über die Erfahrungswerte im Betrieb. Unter den Bereich „Standardmaterial“ fallen alle Produkte, die notwendig sind, damit der Betriebsablauf ohne Unterbrechung und störungsfrei funktioniert: HT Rohr, Fittings, Dübel, Kupferrohr, Heizkörper, Abgasrohr, Ölbrennerdüsen, Dichtungen usw. Für die Lagerverwaltung von Standardmate­rialien wurde ein System aus der Autoindustrie weiterentwickelt und an den Bedarf des Handwerks adaptiert. Hierbei werden alle Materialien mit Artikelbezeichnung, Mindest- und Maximalmengen hinterlegt. Zudem definiert man jeweils fest die Nachbestellmenge, der Lieferant, die Bestellnummer und die Verpackungseinheit.

Entnimmt ein Mitarbeiter Material, so muss er nur darauf achten, ob er die Mindestmenge unterschreitet oder nicht. Unterschreitet er die Mindestmenge, entnimmt er ein am Material befestigtes Kärtchen, auf dem Artikelbezeichnung und die Nachbestellmenge verzeichnet sind. Dieses Kärtchen wird in einen von mehreren Bestellkästen geworfen, die einmal täglich vom Büro geleert werden. Damit ergibt sich ein klarer Überblick darüber, welche Materialien in Kürze zur Neige gehen.

Die festgelegten Mindestmengen stellen sicher, dass genügend Material für ca. eine weitere Woche vorhanden ist. Aus diesem Grund ist es nicht notwendig, diese Standardmaterialien täglich zu bestehen. Statt dessen reicht es aus, wenn die Standardlieferanten maximal dreimal pro Woche liefern müssen.

Zahlreiche Vorteile für den SHK-Handwerksbetrieb

Das Besondere an diesem neuen Ablauf ist, dass die vielen Standardartikel nicht mehr vom Arbeitsvorbereiter oder Meister bestellt werden müssen, sondern von einer fachfremden Bürokraft erledigt werden kann. Denn es sind ja alle wichtigen Informationen bekannt (Menge, Lieferant, Material, Verpackungseinheit) bekannt. Wichtige Voraussetzung: Da in einem SHK-Handwerksbetrieb zwischen 1200 und 2500 Standardartikel anfallen, müssen diese zunächst einmal erfasst werden.

Weitere Vorteile:

– Es ist immer genügend Material im Betrieb, damit der Ablauf reibungslos funktioniert. Andernfalls werden die Mengen entsprechend angepasst. Die operative Hektik wird somit deutlich abgebaut.

– Beschaffungsfahrten zum Lieferan­ten/Großhändler gehen gegen Null.

– Die Suchzeiten der Mitarbeiter im Lager verringern sich drastisch, die verrechenbaren Produktivzeiten erhöhen sich erheblich.

– Die Auftragsverwaltung kann fest mit den Mindestmengen planen ohne im Lager nachzusehen, was noch da ist.

– Material wird im Lager nicht ein- und ausgebucht. Es wird nur auf der Baustelle im Aufmaß erfasst, wenn es verbaut wurde.

– Die Inventur ist in Kürze erledigt.

– Die Bestellungen laufen schneller, die Kapitalbindung reduziert sich.

– Die Eigenkapitalquote des Betriebs steigert sich durch die Kostenreduzierung automatisch.

– Die Liquidität erhöht sich, da Bestandsberge abgebaut werden.

– Nebeneffekte sind Ordnung und Sauberkeit sowie eine selbsterhaltende Struktur.

Jedes Stück Ware, das im Lager liegt, bedeutet Fixkosten. Deshalb versuchen viele Betriebe, ihr Lager möglichst herunterzufahren. Die Kehrseite ist jedoch, dass gleichzeitig der Beschaffungsaufwand drastisch steigt. Sinnvoll ist deshalb eine für jeden Betrieb individuelle, möglichst ausgewogene Balance.

Kosten senken und Arbeitsaufwand reduzieren

Bei der Optimierung mit Blick auf die Materialversorgung geht es im wesentlichen darum, die Kosten zu senken, indem Suchzeiten ausgemerzt, Wegezeiten reduziert sowie der Beschaffungsaufwand verringert werden. Damit Sie das Einsparpotenzial Ihres Betriebes ermitteln können, empfiehlt sich folgende, einfache Formel: Zählen Sie einmal die Lieferscheine, die ihre Mitarbeiter beim Besorgen von Material mitgebracht und selbst unterschrieben haben. Multiplizieren Sie dann jeden Lieferschein im Schnitt mit 45 Minuten des jeweiligen Stundenverrechnungssatzes. Warum 45 Minuten werden Sie fragen. Die Erfahrung zeigt, dass im Schnitt bei fast jedem Lieferschein 15 Minuten Suchzeit in der Werkstatt bzw. im Lager sowie zusätzlich 30 Minuten Beschaffungsaufwand entstehen. Sollte noch ein zweiter Mitarbeiter mit im Fahrzeug sitzen, sind pro Lieferschein 60 Minuten anzusetzen (freundlich geschätzt). Danach wissen Sie, ob sich ein Projekt in Ihrem Betrieb lohnen könnte.

Wie sieht diese Bilanz nun in harter Währung aus? Der kürzlich von der Autorin optimierte SHK-Betrieb Distelmaier GmbH konnte bereits im ersten Jahr einen Gewinn von 40000 € verbuchen. Ebenso begeistert war der Inhaber vom Motivationsgewinn seiner Mitarbeiter (siehe Kasten).

Die Prozessoptimierung bei der Materialwirtschaft ist gerade auch in den SHK-Handwerksbetrieben enorm lohnenswert. Zum einen wegen der oft drastischen Kostensenkung und der so zusätzlich gewonnenen Rendite. Zum anderen mit Blick auf die gestiegene Mitarbeitermotivation und die Kundenzufriedenheit.

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• Ein Formular zur Amortisationsberechnung in Excel, in der Sie Ihre eigenen Zahlen eingeben können, kann bei der Autorin angefordert werden.

• Seminar-Tipp: „Das Lager – die vergessene Schatzkammer!" - profitable Lagerhaltung im Handwerk - Ziele: Einsparungen berechnen, betriebswirtschaftliche Daten verbessern, Finanzreserven freisetzen, die Produktivität und Motivation steigern, Suchzeiten abschaffen. - Teilnehmer: Geschäftsführer und Inhaber von Bauhandwerkerbetrieben, Lagerleiter nur in Begleitung der Geschäftsführung

• Weitere Infos zum vorgestellten „Paulus-Lager" sowie kostenlose Info-Mails mit Lagertipps gibt es unter https://www.paulus-lager.de/, E-Mail: d.paulus@paulus-lager.de, Telefon (0 25 71) 5 77 01-16, Telefax (0 25 71) 5 77 01-29

Weitere Informationen

Unsere Autorin Dipl.-Ing. Doris Paulus hat das „Paulus-Lager“ entwickelt und im eigenen Betrieb getestet und umgesetzt. Die Lagerspezialistin für Bauhandwerker optimiert die Prozesse der Disposition in der Arbeitsvorbereitung und im Lager, bis hin zur Ablage der Lieferscheine; 48268 Greven, Telefon (0 25 71) 5 77 01-16, Telefax (0 25 71) 5 77 01-29

40000 Euro jährlich gespart und mehr Arbeitsfreude

SHK-Betrieb Distelmaier

1998 übernahm André Binroth den Installationsbetrieb Distelmaier GmbH in Hamburg. Im Rahmen einer größeren Umgestaltungsphase fand auch eine Lageroptimierung durch die Autorin Doris Paulus statt. Aufgrund einer Krisensituation musste die Betriebsfläche von 300 auf 150 m² und die Mitarbeiterzahl auf zwölf (inkl. Verwaltung) verringert werden. „Diese Maßnahme führte bei uns zu chaotischen Zuständen, dass sich die Materialmenge nun auf der halben Lagerfläche stapelte“, beschreibt Binroth das Dilemma. „Außerdem wusste ich, dass in unserem Lager unheimlich viel Geld schlummerte. Wenn früher etwas falsch bestellt oder auf der Baustelle nicht verwendet wurde, wanderte es ins Lager, band Liquidität und vergammelte dort. Wir waren auch nie ganz sicher, ob ein Teil für ein laufendes Projekt reserviert oder frei verfügbar war.“ In dieser Situation suchte der Firmenchef Hilfe bei Doris Paulus und ihrem „Paulus-Lager“.

Dies sind die auf einander abgestimmten Arbeitsschritte zum optimalen Lager

In einem Vorgespräch erläuterte Doris Paulus, wie sie bei der Einführung vorgeht und welche Unterlagen benötigt werden. Sie besprach mit Binroth, was künftig eingelagert werden sollte und welche Arbeitsanweisungen dafür notwendig sind.

Im ersten Schritt erfolgte das Optimieren der Arbeitsvorbereitung. Dazu wurden die optimalen, künftigen Dispositionsabläufe definiert und das Erstellen der Stammartikelliste besprochen. Auf Basis dieser Liste ließ sich im zweiten Schritt der Aufbau des Materiallagers planen. Zudem wurden Restedefinitionen und Organisationsregeln festgelegt.

Dann folgt als dritter Schritt das sogenannte „Clean-Up“-Projekt: Dabei wurde das gesamte Material aus dem Lager geräumt und auf den Prüfstand gestellt. Alles, was wieder hinein durfte, wurde strukturiert einsortiert. Alles andere ging zurück an den Großhändler. Der unbrauchbare Rest wurde entsorgt. Die verantwortlichen Mitarbeiter, die dieses „neu anordnen“ sowie die Lagerverwaltung später regelmäßig selbstständig durchführen sollen, sind hierbei mitgeschult worden. Zudem wurde die Artikelliste ergänzt. Aus der vollständigen Liste entstanden dann die Bestellkarten. Ergänzend wurde dieses „Clean-up“ danach auch bei den Monteurfahrzeugen durchgeführt. Als das Lager neu aufgebaut, beschriftet und eingeräumt war, wurden im vierten Arbeitsschritt die Zuständigkeiten geklärt. Jeder Monteur ist für die Ordnung und Sauberkeit eines bestimmten Lagerbereichs verantwortlich und hat dafür einen Stellvertreter. In dieser Schlussbesprechung mit allen Mitarbeitern erläuterte Doris Paulus nochmals, was warum gemacht wurde. Das Feedback aller Mitarbeiter war positiv.

Geringere Kosten, höhere Mitarbeitermotivation und verbesserte Kundenzufriedenheit

Neben der dauerhaft anhaltenden Ordnung und Sauberkeit brachte es Distelmaier etliche weitere Vorteile. „Wir haben immer das für jede Baustelle wirklich benötigte Material im Kommissionsregal. Unproduktive Fahrten zum Großhändler entfallen“, berichtet André Binroth. „Nicht benötigte Ware kommt in das Rückholregal und wird von dort vom Großhändler direkt mitgenommen.“

Unter Berücksichtigung der Projektkosten für die Beratung und der intern geleisteten Arbeitsstunden hat sich die Einführung des Systems bereits im ersten Jahr gerechnet. Binroth stellte bei seiner Nachkalkulation fest, dass er mit dem „Paulus-Lager“ – durch die höhere Produktivität und den Wegfall unproduktiver Suchzeiten und Wegekosten – jährlich insgesamt 40000 Euro Lohnkosten spart (+ ca. 5000 Euro im Büro). Hinzu kommen noch der Liquiditätsvorteil sowie ein verbessertes Rating bei der Bank. Durch die gestiegene Produktivität und Kosteneinsparungen könne man zudem zu wettbewerbsfähigeren Preise anbieten, so der SHK-Unternehmer.

„Im Nachhinein bewerte ich die Steigerung meiner Arbeitsfreude und die meiner Mitarbeiter aber fast höher. Im Lager liegt kein Teil herum, nichts muss zeitaufwendig gesucht werden, alles funktioniert reibungslos. Und durch die höhere Zuverlässigkeit bei der Ausführung ist auch die Zufriedenheit bei den Kunden gestiegen“, berichtet André Binroth begeistert.