Bei steigenden Energiepreisen für Wärme und Strom und zugleich immer intelligenter werdender Gebäude- und Haustechnik dürften mehr und mehr Bauherren die Selbstversorgung mit Energie in ihre Baupläne einbeziehen. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) schätzt, dass sich die Nachfrage nach Solarstromspeichern für die Eigenversorgung von Gebäuden mit Sonnenstrom mindestens bis 2020 im Zweijahresturnus verdoppelt. Bereits jede dritte neue Photovoltaikanlage auf Eigenheimen wird laut BSW-Solar mit einem Akku kombiniert. 40 000 Solarspeicher in Eigenheimen oder kleinen Gewerbebetrieben gibt es in Deutschland schon. Allein in den vergangenen zwei Jahren sind die Preise für Solarspeicher um ein Drittel gesunken. Sie werden das in den nächsten Jahren weiter tun.
Bislang noch eine Nische
Bislang ist die Frage nach der Ökobilanz von Solarstrombatterien in der Öffentlichkeit noch überhaupt kein Thema. Denn sie sind noch eine Nische. Das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Und anders als die herkömmlichen Batterien in Geräten und Maschinen des täglichen Lebens (Laptops, Autos, Taschenlampen, Akkuschraubern …), die nicht hinterfragt werden, stehen Solarakkus für einen weiteren Schritt innerhalb der Energiewende. Und die tut so manchem Verantwortlichen immer noch richtig weh. Außerdem wird ihr Kauf unter bestimmten Bedingungen staatlich gefördert (sie müssen netzdienlich sein). Das macht sie anfällig für umwelt- und energiepolitische Diskussionen. Experten erinnern sich an die Diskussion vor 20 Jahren über die Ökobilanz von PV-Anlagen, die ihr Energie-Payback unter Beweis stellen mussten.
Graue Energie: Knackpunkt?
Der Knackpunkt beim Solarspeicher ist, dass für Herstellung, Betrieb (z. B. Stand-by, Batteriewechselrichter, Leistungsbedarf) und Entsorgung Energie verbraucht wird, er selbst aber keinen Strom erzeugt. Die Energierücklaufzeit eines PV-Systems erhöht sich also durch die Kombination mit einer Batterie.
Es könnte die Kritiker wieder neu auf den Plan rufen. So betitelte das Online-Nachrichtenportal Wirtschaftswoche Green (WiWo Green, www.wiwo.de) vor einigen Jahren bereits einen Beitrag zum Verhältnis Windkraft und Speicher mit „Energiewende: Batterien verhageln Klimabilanz von Ökostrom“. Anlass war eine wissenschaftliche Studie, die sich mit dem Nutzen von Batterien für die Speicherung von Windstrom befasste. Die Wissenschaftler hatten den Energieverbrauch für die Herstellung von Batterien und Windgeneratoren berücksichtigt. Aus Klimaschutzgründen, so das Fazit der Autoren, sollten die Windmühlen bei Stromüberproduktion besser abgeschaltet werden, statt den Überschuss in Batterien zu speichern. Es würde dann weniger Kohlendioxid emittiert als bei einer Speicherung, da die Produktion von Windmühlen deutlich weniger Kohlendioxid freisetze als die der Batterien. Könnten Kritiker das auch über das Verhältnis von PV-Anlagen zu Solarstromspeichern sagen?
Außerdem: Reichen die Rohstoffreserven für einen steigenden Bedarf? Lithium-Ionen-Akkus sind das Gerätebatteriesegment mit den stärksten Wachstumsraten. Schon heute kommen sie auf einen Anteil von 15 % am Gesamtmarkt Batterien in Deutschland. Ihr Anteil am Akkumarkt beträgt sogar fast zwei Drittel (Akkus haben einen Anteil von 25 % am Gesamtmarkt Batterien).
Und schließlich: Wie steht es am Ende des Batterielebens um die Entsorgung? Könnte sich schon bald mit wachsender Zahl an Solarstromakkus in Deutschland ein neues Müllproblem auftun? Quantitativ – und qualitativ? Herkömmliche Batterien enthalten nicht nur Wertstoffe, die beim inzwischen sehr effizienten Batterierecycling in Deutschland zurückgewonnen werden, sondern auch Schwermetalle wie Blei, Cadmium oder Quecksilber.
Systemisch betrachtet negativ
Es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass Batterien zunächst einen negativen Effekt auf den PV-Nutzen zur Einsparung von Treibhausgas haben. So hat das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung im Projekt „PV-Nutzen“ (www.pv-nutzen.rwth-aachen.de) den Nutzen von Photovoltaik aus verschiedenen Perspektiven bewertet, u. a.:
- die ökonomische Bewertung von PV-Speichersystemen aus Sicht der Haushalte,
- Auswirkungen des Eigenverbrauchs auf andere Akteure,
- eine ökologische Bewertung von PV-Speichersystemen,
- die Auswirkungen auf den Kraftwerkspark.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde auch das Thema Ökobilanz von PV-Speichersystemen bearbeitet. Die Ergebnisse zeigen, dass Lithiumsysteme in der Kategorie Reduktion des ökologischen Nutzens einer PV-Anlage Bleisystemen zwar deutlich überlegen sind. Aber beide reduzieren ihn. Je nach Szenario (gerechnet über 20 Jahre Betrieb) mindern Lithiumsysteme den PV-Nutzen zur Einsparung von Treibhausgas um bis zu 10 % durch ihre Herstellung und den Betrieb. Bleisysteme mindern den Nutzen um rund ein Viertel. Die Lithiumsysteme sind den Bleisystemen aufgrund höherer Effizienz und Haltbarkeit hier auf lange Sicht überlegen, aber es wird für sie auch weniger Energie bei der Herstellung benötigt.
Ganzheitlich betrachtet positiv
Auch wenn die Batterie den ökologischen Nutzen einer PV-Anlage mehr oder weniger verringert, so bleibt doch ein großer Nutzen des Systems für das Klima bestehen. Auch mit solchen PV-Systemen werden nach wie vor deutliche CO2-Einsparungen erzielt. Der Effekt einer Batterie kann nur dann „negativ“ dargestellt werden, wenn das PV-System isoliert betrachtet wird, im Sinne von „ohne und mit“. Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt man, wenn man den vermiedenen Strombezug aus dem Netz mit ins Klimakalkül einbezieht. Mit Solarstromspeichern kann der Eigenstromanteil auf mehr als 60 oder 70 % verdoppelt werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass ein Haushalt mit einem Solarakku entsprechend weniger Strom aus dem Netz beziehen muss.
Für die Solarbranche ist das eine ganz wichtige Argumentationskette: „Mit jeder selbst erzeugten und verbrauchten Kilowattstunde wird 1 kWh Netzstrom gespart, was derzeit rund 570 g CO2 pro kWh sind“, rechnet beispielsweise Mathias Bloch vom Speicheranbieter sonnen GmbH vor: „Bei Strom, der in zentralen Großkraftwerken erzeugt wird, fallen außerdem Leitungsverluste beim Transport in die Haushalte an. Beim dezentralen Verbrauch von Solarstrom fallen diese Leitungsverluste weitgehend weg, was die Ökobilanz von Batteriespeichern weiter verbessert“, argumentiert er pro Akku. Iris Meyer von der IBC Solar AG bringt noch einen anderen Aspekt ins Spiel, den der Anlagen-Abregelung. Angesichts zunehmender Netzengpässe eine immer öfter vorkommende Maßnahme. „Kann kein PV-Strom direkt verbraucht oder eingespeist werden, müssen PV-Anlagen ohne Speicher in bestimmten Situationen abgeregelt werden und das Solarstrompotenzial ginge für die Gesamtenergieversorgung verloren“, sagt sie.
Ressourcen/Reserven
Die Branche hat gute Argumente pro Batterie – nicht nur wegen des höheren Eigenverbrauchs, sondern auch wegen des Klimas. Doch wie steht es um die Rohstoffressourcen? Der Bedarf an Lithiumakkus wird durch die Zunahme von Elektrofahrzeugen und Solarspeichern deutlich steigen, sagt das Umweltbundesamt (UBA). Die weltweite Lithiumproduktion konzentriert sich auf nur wenige Länder (USA, Chile, Bolivien und China). Könnte der Stoff knapp werden? Das UBA verneint dies. „Derzeitige Untersuchungen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten die geologischen Reserven den Lithiumbedarf decken werden“, heißt es aus dem UBA.
Recycling von Lithium
Möglicherweise könnte irgendwann das Lithium aus den Akkus per Recycling zurückgewonnen werden und so ließe sich neues Lithium einsparen. Doch derzeit ist das aufgrund der geringen Sammelmengen aus Kostengründen noch eine Utopie. Das UBA schätzt die Kosten für das Recycling des Lithium-Ionen-Subsystems aktuell auf etwa 2000 Euro/Tonne. Darin sind die Sortier- und die Transportkosten noch nicht enthalten. Allerdings werden die Solarbatterien selbst bei schnell steigenden Zahlen kein Entsorgungsproblem hervorrufen, sagt das UBA: „Nach unserer Einschätzung können die Recyclingkapazitäten rasch an steigende Sammelmengen angepasst werden. Steigende Sammelmengen dürften dann zu weiteren Automatisierungen sowie Größenvorteilen und Kostenreduzierungen führen“, so das UBA.
Recyclingeffizienz
Eine andere Frage ist die der Recyclingeffizienz. Recyclingeffizienz beschreibt die Masse der zurückgewonnenen Sekundärrohstoffe im Verhältnis zur Masse der Altbatterien, die dem Recyclingverfahren zugeführt wird. Bei den Bleibatterien liegt die durchschnittliche Recyclingeffizienz der Verfahren in Deutschland bei 82,5 %. Bei Lithium-Ionen-Akkus wurde für die Verfahren eine durchschnittliche Recyclingeffizienz von 67,3 % ermittelt.
Das UBA hat im Jahr 2014 die Effizienzen der verschiedenen Verfahren erstmalig nach der Methodik der EU-Recyclingeffizienzverordnung berechnet. Diese hat zum Ziel, die Effizienzwerte, die die EU-Staaten nach Brüssel melden müssen, vergleichbar zu machen. Zugleich gibt die EU Mindestziele vor. In den beiden Batteriekategorien liegt Deutschland deutlich über den EU-Mindestzielen (Mindestziel Bleibatterien: 65 %, Mindestziel sonstige Batterien: 50 %).
Branche ist nicht untätig
Die Verfahrenstechnologien entwickeln sich weiter und es ist damit zu rechnen, dass die Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Akkus immer effizienter werden. Dazu bieten die immer mehr nachgefragten Lithium-Ionen-Solarspeicher auch noch genügend Zeit. Denn gute Lithiumspeicher sollen den Anbietern zufolge locker 15 Jahre halten. Das verschafft auch der Solarbranche selbst noch Zeit. Die Rücknahme und das Recycling von Lithiumspeichern sind vom Batteriegesetz vorgeschrieben. Auf die Branche wird dieses Thema damit erst in ein paar Jahren wirklich zukommen. Untätig ist sie deswegen heute nicht. „Es ist eine der aktuellen Aufgaben für die gesamte Branche, sich mit dem Thema Recycling zu beschäftigen und an gemeinsamen Regelungen mitzuwirken. Wir beobachten Entwicklungen in der Forschung und Praxis sehr aufmerksam“, sagt Iris Meyer von IBC Solar. Man engagiere sich beispielsweise in der gemeinsamen Arbeitsgruppe „Batterien“ des BSW-Solar und des Bundesverbands Energiespeicher. „Zudem arbeiten wir mit der Stiftung GRS (Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien)“, berichtet sie.
Klimanutzen bleibt
Die Diskussionen um die Ökobilanz von PV-Anlagen ist lange vom Tisch. So hat der europäische Solarverband Epia im Jahr 2011 in einer Studie gezeigt, dass die Energierücklaufzeit von PV-Anlagen in Deutschland ca. 2 Jahre beträgt. Auch werden die Herstellungsprozesse laufend optimiert, sodass nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme eine heute hergestellte PV-Anlage während ihrer Lebensdauer zehnmal mehr Energie erzeugt, als für ihre Herstellung verbraucht wurde. Batterien schmälern diese Bilanz der PV-Anlage zwar, aber ein großer Klimanutzen bleibt es dennoch. Hinzu kommt, dass mit Batterien dem Klima Schaden an anderen Stellen im Energiesystem erspart bleiben kann.
Autor
Dittmar Koop ist Dipl.-Ing. der Raum- und Stadtplanung (TU). Seit 2004 arbeitet er als freiberuflicher Fachjournalist für erneuerbare Energien. Seine Schwerpunkte sind Bioenergie, Photovoltaik und die Solarthermie. E-Mail: info@dittmar-koop.de