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Erkenntnis: Millionen Bäder untauglich für Pflegekräfte

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Zur Fachtagung mit der Seniorenwirtschaft veröffentlichte der ZVSHK am 15. November 2018 in Berlin die Ergebnisse seiner neuen Studie zum „Pflegebad 2030“. Erstmalig sind dabei wichtige Ergebnisse einer breit angelegten wissenschaftlichen Untersuchung zur Zukunft des Badezimmers als Ort für die ambulante Pflege zusammengefasst.

„Pflege findet in Deutschland ganz überwiegend zu Hause statt“, sagt Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des ZVSHK. Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland werde die pflegegerechte Gestaltung des privaten Wohnraumes immer bedeutsamer. Das Badezimmer spiele hierbei eine zentrale Rolle – sowohl für die Menschen, die Pflegeunterstützung erhalten, als auch jene, die als Angehörige oder ambulante Pflegekräfte Pflege gewähren. „Wir wollten wissen, welche baulichen Lösungen aus Sicht des Pflegepersonals und pflegender Angehöriger notwendig sind, um Badezimmer zu einem angemessenen Ort für die Pflegearbeit zu machen“, beschreibt Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann die Zielsetzung der Studie.

Im Bad lauern Gefahren

„Wenn wir nach der Arbeitsstättenverordnung gehen würden“, erläuterte Birgid Eberhardt, Mitautorin der Studie, „dürften viele Pflegepersonen gar nicht im Bad tätig werden. Sie tun es trotzdem.“

Die empirische Befragung ergab, dass aufgrund unzureichender Ausstattung vieler Badezimmer fast die Hälfte des heute in häuslicher Pflege engagierten Pflegepersonals (47 %) in der Ausübung ihres Berufes bereits leichte Verletzungen davongetragen haben. Fast jede fünfte Pflegekraft (19 %) hat sogar schon ernsthafte Verletzungen erlitten. Ähnlich verhält es sich bei den Folgen für die Pflegebedürftigen. Durch situationsbedingte Unfälle im Badezimmer haben 15 % der Pflegebedürftigen bei der Pflege gravierende Verletzungen erlitten.

Im Alter wird das Bad zum Arbeitsplatz

Die Studie hat aus den so ermittelten Belastungs- und Gefahrenfaktoren Gestaltungsleitlinien für ein pflegeangepasstes Bad entwickelt. „Als wichtigste Erkenntnisse können wir festhalten: Der Arbeitsplatz Pflegebad muss ergonomisch gestaltet sein. Bewegungsfreiheit muss gewährleistet sein. Die Arbeitsuntensilien müssen adäquat untergebracht sein. Temperatur, Belüftung und Beleuchtung müssen entsprechend angepasst werden“, fasste Helmut Bramann die wichtigsten Handlungsempfehlungen der Studie zusammen.

Schon die Vorbereitung zum Pflegebad fördern

Gerade mit Blick auf den wachsenden Bedarf an pflegegerechten Badezimmern fordert der ZVSHK von der Politik, schon die bauliche Vorbereitung des Übergangs von der Alltagsnutzung zum Pflegebad zu fördern. Dazu der Hauptgeschäftsführer des ZVSHK: „Aktuell sind die Fördermittel des Bundes an die Durchführung vollständiger Maßnahmen, aufgeteilt in Module, gekoppelt. Wir halten die Integration eines Vorbereitungsmoduls zum pflegegerechten Bad in die Fördermaßnahmen für zwingend geboten.“

Sanierungsbedarf ist riesig

Im Jahr 2017 haben die organisierten SHK-Fachbetriebe rund 500 000 Bäder saniert. Wie auf der Fachtagung erörtert wurde, zahlen die Auftraggeber für eine Totalsanierung durchschnittlich etwa 28 000 Euro – 3000 Euro müsse man allein für den Rückbau bis zum Mauerwerk einkalkulieren, damit neue Komponenten sicher verankert werden können. Daran gemessen seien die 4000 Euro, die von den Pflegekassen zur Verbesserung des Wohnumfeldes bewilligt werden können, ein recht kleiner Teil.

Doch neben möglicherweise fehlendem Geld kommen oft bauliche Hürden hinzu. In Deutschland gab es 2017 rund 46,2 Millionen Badezimmer mit durchschnittlich 9,1 m2 Grundfläche. Annähernd neun Millionen dieser Badezimmer erreichen allerdings eine Größe von nicht einmal 6 m2 – für pflegende Angehörige oder für die professionelle Pflege erweisen sich diese Räumlichkeiten mit hohem Modernisierungsbedarf in aller Regel als ungeeignet.

Bislang gilt der gesundheitspolitische Grundsatz „ambulant vor stationär“, doch der könne in Zukunft nur gelingen, so lautete der Tenor der Fachtagung, wenn die private Häuslichkeit zum Gesundheitsstandort umgebaut werde. Von den 3,3 Millionen Menschen, die Ende 2017 auf Pflege angewiesen waren, wurden über 2,5 Millionen in den eigenen vier Wänden betreut. Heutige Schätzungen gehen davon aus, dass bis 2030 etwa 4,1 Millionen Personen häusliche Pflege benötigen werden.

REFERENTEN

Andreas Westerfellhaus (Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung): „Wichtig ist, das Bad im Voraus für einen eventuell eintretenden Pflegebedarf vorzubereiten und zu gestalten.“
Prof. Ursula Lehr (BAGSO): „Diese Studie sollte zum Studium angehender Architekten gehören. Ältere Menschen sollten im Bad allein zurechtkommen, um in der Übung zu bleiben.“
Dr. Martin Schölkopf (Bundesumweltministerium): „Das Resultat dieser Studie, die aus der Praxis heraus entstanden ist, sollte durchaus sein, dass die Pflegekräfte davon profitieren.“

Info

Handlungsempfehlungen für Badplaner

Der Übergang von der generationsübergreifenden Alltagsnutzung zum Unterstützungsbad und weiter zum pflegegerechten Bad muss bereits während der (Um-)Bauphase vorbereitet werden. Dies ist eine von zahlreichen Erkenntnissen, die sich aus der empirischen Befragung von ambulanten Pflegekräften und Angehörigen sowie durch die Inspektion der Verhältnisse in vielen Badezimmern gezeigt hat.

Bei der Durchführung der Studie hat der ZVSHK mit folgenden Partnern kooperiert: Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (Bagso), Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft VDS, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung, Sozialverband VDK Deutschland, Johanniter Unfallhilfe, AWO Landesverband Thüringen.

Eine Kurzfassung der Studie steht zum Download bereit unter www.zvshk.de (als Suchwort den Quicklink QL02117118 eingeben). Die komplette, 100 Seiten umfassende Studie können SHK-Mitgliedsbetriebe zum Nettopreis von 249 Euro (plus Nebenkosten) im Onlineshop unter www.zvshk.de erwerben (als Suchwort den Quicklink QL8314733 eingeben).

REFERENTEN

Birgid Eberhardt (Gesellschaft für Siedlungs- und Wohnungsbau): „Wir brauchen andere Standards. Noch werden für die Pflege untaugliche Bäder gebaut und dafür Kredite gegeben.“
ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann : „Wenn wir ein Bad bauen, das nicht nur barrierefrei, sondern pflegegerecht ist, wird dies den Wert einer Immobilie deutlich erhöhen.“
Matthias Thiel (ZVSHK): „Im Akutfall lässt sich ein Pflegezuschuss zur Verbesserung des Wohnumfeldes beantragen – für den derzeit keine Qualitätssicherung vorgesehen ist.“
Prof. Christel Bienstein (Berufsverband Pflegeberufe): „Wir sollten präventiv denken – jeder Bürgermeister sollte in seinem Umfeld wissen, wer die Kompetenz für barrierefreies Wohnen hat.“
ZVSHK-Präsident Michael Hilpert : „Auf der kommenden ISH werden wir den Messebesuchern in einer Sonderschau ein Bad aufbauen, das als geeigneter Arbeitsplatz für die Pflege repräsentativ ist.“