Kindertagesstätten sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten oder gefördert werden (Bild 1). Sie dienen der Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung von Kindern bis zum Ende des Grundschulalters. Die Aufgabe kann in Kindertagesstätten, in der Kindertagespflege sowie im Verbund oder in der Kombination mit anderen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe, des Schul- und Sozialwesens durchgeführt werden. In der Regel werden Tageseinrichtungen für Kinder – je nach Alter der Kinder – wie folgt unterschieden:
Gemäß § 2 (4) der Musterbauordnung (MBO) handelt es sich bei Kindertagesstätten um Sonderbauten, für die zur Sicherstellung der Schutzziele des Brandschutzes nach § 51 (1) der Musterbauordnung die Erstellung eines spezifischen Brandschutzkonzeptes erforderlich ist. Da es in Deutschland für Kindertagesstätten keine Sonderbauverordnung gibt, zählen sie nach dem Baurecht zu den ungeregelten Sonderbauten. Die besonderen Anforderungen und Erleichterungen nach der Musterbauordnung müssen bei ungeregelten Sonderbauten in einem individuell für das jeweilige Bauvorhaben zugeschnittenen Brandschutzkonzept oder Brandschutznachweis festgelegt
werden.
Brandschutzkonzept
Das Brandschutzkonzept bildet die Gesamtheit aller brandschutztechnischen Maßnahmen in einem Gebäude ab. Es gewinnt immer mehr an Bedeutung, da moderne Bauwerke in ihrer Struktur komplexer werden und die Umsetzung der brandschutztechnischen Anforderungen der Regelwerke in der Praxis oftmals schwierig oder nicht möglich ist. Zur Erreichung der Schutzziele des Brandschutzes sind dann oftmals Kompensationsmaßnahmen erforderlich. Gefordert wird das Brandschutzkonzept insbesondere im Rahmen von bau- und versicherungsrechtlichen Verfahren. Es ist Hauptbestandteil der Brandschutzplanung und ein wichtiges Instrument bei Abstimmungen mit Behörden und Feuerwehren.
Aufgestellt wird das Brandschutzkonzept von einem Fachplaner für Brandschutz. Unter den Begriff Fachplaner für Brandschutz fallen zum Beispiel Brandschutzfachingenieure, Sachverständige für Brandschutz und Feuerwehrleute der höheren Dienstgrade.
Anforderungen an Bauteile und Baustoffe
In der Regel gelten für Bauteile und Baustoffe in Kindertagesstätten die Anforderungen der Musterbauordnung (MBO) bzw. der jeweiligen Landesbauordnung (LBO). Ergeben sich weitergehende Anforderungen bzw. Kompensationsmaßnahmen, sind diese im Brandschutzkonzept anzugeben.
Brandlasten und Brandklassifizierung
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusammenhang mit dem Brandschutz von Gebäuden verwendet. Unter der Brandlast eines Gegenstandes versteht man die Energie, die bei dessen Verbrennung frei wird und damit bei Schutzmaßnahmen für einen möglichen Gebäudebrand zu berücksichtigen ist. Brandlasten entstehen durch brennbare Stoffe, die in ein Gebäude eingebracht werden. Sie sind von der Menge und vom Heizwert der Stoffe abhängig. Angegeben wird die Brandlast in kWh/m². Sie ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezogene Wärmepotenzial aller vorhandenen brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten für verschiedene Nutzungen“ steht zum Beispiel unter der Website www.bauforumstahl.de zur Verfügung.
Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel schon durch eine ungünstige Auswahl von Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Planungsphase des Gebäudes auf eine Reduzierung unnötiger Brandlasten geachtet werden. Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoffklasse A sollten immer bevorzugt werden. In Deutschland ist momentan die Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen sowohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN 13 501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterliegen, ist eine Brandklassifizierung nach der DIN EN 13 501-1 zwingend erforderlich (Bild 2).
Flucht- und Rettungswege
Über Flucht- und Rettungswege in Kindertagesstätten müssen im Brandfall die Rettung von Kindern, Personal und Besuchern ins Freie oder in einen gesicherten Bereich und wirksame Löscharbeiten möglich sein. Gemäß § 14 der Musterbauordnung (MBO), Fassung November 2002, sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Für die Sicherstellung von Flucht- und Rettungswegen sind in der Regel mindestens folgende Voraussetzungen erforderlich:
Tageseinrichtungen für Kinder sollten in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege (bei mehrgeschossigen Gebäuden zwei notwendige Treppenräume) haben. Bei der Forderung nach zwei voneinander unabhängigen Rettungswegen geht man davon aus, dass bei einem Brand einer der beiden Flucht- und Rettungswege ausfallen kann (Redundanz). Falls erforderlich, ist zum Erreichen der Ausgänge bzw. notwendigen Treppenräume ein notwendiger Flur vorzusehen.
Die Länge und Breite der Flucht- und Rettungswege sowie die Breite der zugehörigen Türen, Treppen und Ausgänge ergibt sich aus den jeweiligen Bauverordnungen bzw. dem Brandschutzkonzept. Notausgänge und Türen von Rettungswegen müssen jederzeit in voller Breite zur Verfügung stehen und ohne Hilfsmittel zu öffnen sein.
Spielflure werden nicht nur als Verkehrsflächen, sondern auch als Gruppen- oder Spielraum genutzt und entsprechend ausgestattet. Im Gegensatz zu notwendigen Fluren mit Null-Brandlast enthalten sie zwangsläufig Brandlasten. Dadurch bedingt benötigt jeder Aufenthaltsraum für Kinder einen direkten Ausgang ins Freie bzw. einen zweiten unabhängigen Rettungsweg. Der erste Rettungsweg darf nicht über einen Spielflur führen (Bild 3).
Not- bzw. Fluchtrutschen ersetzen in keinem Fall den zweiten Rettungsweg. Sie können im Einzelfall als zusätzlicher Rettungsweg aus dem ersten Obergeschoss dienen. Ausgänge und Rettungswege müssen durch Sicherheitszeichen dauerhaft und gut sichtbar gekennzeichnet werden.
Anlagentechnischer Brandschutz
Für den anlagentechnischen Brandschutz kommen folgende Maßnahmen infrage:
Kindertagesstätten werden nach § 46 der Musterbauordnung (MBO) in der Regel mit Blitzschutzanlagen ausgestattet. Blitzschutzanlagen sind im Brandschutzkonzept zu beschreiben.
Organisatorischer Brandschutz
Besonders wichtig für die Brandschutzorganisation einer Kindertagesstätte ist die Brandschutzordnung. Sie ist durch den Betreiber in den Teilen A bis C nach den Vorgaben der DIN 14 096 „Brandschutzordnung – Regeln für das Erstellen und das Aushängen“, Ausgabe Mai 2014, zu erstellen. Die Brandschutzordnung enthält insbesondere die Festlegung der Maßnahmen zum Umgang mit den Kindern im Rahmen der Räumung der Kindertagesstätte. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist ein integrierter Alarmplan bzw. ein Evakuierungskonzept mit den Verhaltensregeln im Brandfall. Die Brandschutzordnung ist den Beschäftigten aktenkundig bekannt zu geben und auszuhängen.
In Kindertagesstätten ist mindestens einmal jährlich eine Alarmprobe mit Evakuierungsübung durchzuführen. Die Ergebnisse müssen schriftlich dokumentiert werden.
Leitungsanlagen in Rettungswegen
Bei der Verlegung von Leitungsanlagen innerhalb der Rettungswege von Kindertagesstätten gilt der Abschnitt 3 der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), Fassung 10. Februar 2015 (Redaktionsstand 5. April 2016). Im Abschnitt 3 der MLAR sind die grundlegenden Voraussetzungen für sichere Flucht- und Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen brennbare Leitungen in Flucht- und Rettungswegen nicht frei verlegt werden.
In der Regel ist dann eine brandschutztechnische Kapselung durch die Verlegung innerhalb von Unterdecken, Bodenkanälen oder Installationsschächten mit einer Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30) erforderlich (Bild 4). Nichtbrennbare Leitungen, zum Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt werden (Bild 5).
Abschottungen von Leitungsdurchführungen
Für Leitungsanlagen in Kindertagesstätten gelten die Anforderungen der Leitungsanlagen-Richtlinien der Länder. Die Abschottungen von Leitungsanlagen müssen entsprechend der geforderten Feuerwiderstandsdauer der Bauteile – gemäß dem projektspezifischen Brandschutzkonzept – ausgeführt werden. Nach der Muster-Leitungsanlagenrichtlinie (MLAR), Fassung 10. Februar 2015 (Redaktionsstand 5. April 2016), sind zum Beispiel Abschottungen von Abwasserleitungen entweder nach den entsprechenden Verwendbarkeitsnachweisen (Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen (Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen (Bild 6, 7 und 8).
Fazit
Oberstes Ziel im Brandfall ist die rechtzeitige Branderkennung, Alarmierung und Evakuierung der Kindertagesstätte. Hierbei geht es vorrangig um Leben und Gesundheit von Kindern, Personal und Besuchern, aber auch um die Vermeidung von größeren Sachschäden und längeren Betriebsunterbrechungen. Da es in Deutschland keine Sonderbauverordnung für den Brandschutz in Kindertagesstätten gibt, ist das erforderliche individuelle Brandschutzkonzept von größter Bedeutung. Das Brandschutzkonzept ist die Basis für eine brandschutztechnisch einwandfreie Ausführung der Kindertagesstätte einschließlich der Flucht- und Rettungswege sowie der Leitungsanlagen.
Für die brandschutztechnischen Anforderungen an Leitungsanlagen in Kindertagestätten gilt die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR). Damit die ohnehin hohen Brandlasten minimiert werden, sind grundsätzlich Leitungen aus nichtbrennbaren Werkstoffen der Brandklasse A empfehlenswert. Nichtbrennbare Leitungen führen zu keiner Brandlast oder Brandweiterleitung und dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt werden.
SPOTLIGHT
Unter Brandschutz versteht man alle Maßnahmen, die der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorbeugen und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten ermöglichen.
Oftmals sind es Kinder, die einen Brand entfachen und durch Fehlverhalten im Brandfall zu Tode kommen. Deshalb ist die kindgerechte Brandschutzerziehung eine nicht zu unterschätzende, wichtige Aufgabe.
„Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet,
wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft.“
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