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Brandweiterleitung durch Abwasserleitungen

Sekundärbrandrisiko eindämmen

Inhalt

Die durch den IZEG-Brandversuch 2021 ausgelösten Diskussionen über wirksame Brandschutzlösungen für brennbare Abwasserleitungen sind überfällig. Das zeigt auch ein ergänzend durchgeführter Brandversuch der Firma Austroflex, der beim Materialprüf­amt NRW in Erwitte im November 2020 stattgefunden hat.

In Abstimmung mit dem Deutschen ­Institut für Bautechnik (DIBt) wurde für die EBD Technologie (Einblasdämmtechnik) – eine maschinelle Brandschutzlösung für Installationsschächte – erstmalig ein dreigeschossiger Brandversuch durchgeführt. Analog zum etablierten dreigeschossigen Brandversuch für Lüftungssysteme nach DIN 18017‑3 „Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren“ wurden hierbei brennbare und nichtbrennbare Abwasserleitungen nicht nur normgerecht nach oben, sondern auch praxisgerecht nach unten brandschutztechnisch auf eine Übertragung von Feuer und Rauch geprüft.

Bereits nach wenigen Minuten konnte im Brandversuch festgestellt werden, dass die brennbaren Rohrsysteme unterhalb des Brand­raumes versagten und durch abtropfendes Kunststoffmaterial Feuer fingen. Hintergrund für das schnelle Versagen ist die Prüfung mit offenen Anschlüssen, also ohne installierte Sanitärobjekte. Dies ist allerdings durchaus praxisgerecht, weil bei einem Brand ein „Verschluss“ der Abwasseranschlüsse während der Feuerwiderstandsdauer nicht gewährleistet ist.

Installationsschacht unbefüllt (links) und Installationsschacht mit EBD Technologie befüllt.

Bild: EBD services

Installationsschacht unbefüllt (links) und Installationsschacht mit EBD Technologie befüllt.

Auswirkungen auf die Praxis

In erster Linie kommt es nun darauf an, wie die aus den Brandversuchen abzuleitenden Risiken hinsichtlich des vorbeugenden baulichen Brandschutzes zu bewerten sind. Vor allem in den Gebäudearten, wo Menschenansammlungen stattfinden – im Wohnungsbau, im Hotelbau, in Wohnheimen und in öffentlichen Gebäuden –, entsteht durch Sekundärbrände Gefahr für Leib und Leben. Die Wirksamkeit des vorbeugenden baulichen Brandschutzes ist hier also dringend zu hinterfragen.

Die Praxis zeigt auch, dass in den genannten Gebäudearten Abwasserleitungen im Nutzungsbereich nie frei und offen, sondern vollständig in Schächten unterschiedlicher Konstruktionsart (Leichtbau, Massivbau) verlegt werden. Ferner ist es durch die Grundrissgestaltung nicht immer möglich, Abwasserleitungen vertikal versatzfrei durch die Gebäude zu führen. Selbst kleinere Versprünge in den Abwasserfallleitungen können aber dazu führen, dass sich innerhalb von Kunststoffrohren brennend abtropfendes Material nicht nur am Ende der Abwasserleitung (z. B. im Untergeschoss), sondern auch in den Geschossen sammeln kann. Dies führt wiederum dazu, dass sich durch weitere Brandlasten innerhalb der Schachtkonstruktionen – wie brennbare Dämmungen, Kabel und sonstige brennbare Einbauten – Sekundärbrände in den Geschossen ausbreiten.

Die Verlegung brennbarer Abwasserleitungen innerhalb von Schachtkonstruktionen bedeutet im Brandfall auch, dass der fehlende Temperaturzugang nach unten dazu führt, dass Rohrabschottungen mit intumeszierenden Baustoffen erst verzögert reagieren können. Als Folge hieraus ist die Prüfpraxis mit frei und offen verlegten Abwasserrohren zu hinterfragen – denn die Konzeption von Brandschutzlösungen wird naturgemäß an den Prüfanforderungen ausgerichtet.

Das Problem der Sekundärbrände kann überall dort auftreten, wo sich abtropfendes und brennbares Material ansammeln kann. Dies ist neben dem Schachtfuß auch in Leitungsversätzen oder abzweigenden Formstücken und somit auch innerhalb der Geschosse möglich. Hier kann z. B. die EBD Technologie, bei der die Installationsschächte hohlraumfrei mit nichtbrennbarer mineralischer Dämmung maschinell befüllt werden, den Folgen entgegenwirken: Eine brennende Abwasserleitung ist dann durch die Befüllung von anderen Brandlasten im Schacht getrennt.

Lösungen für Installationsschächte mit Einblasdämmtechnik.

Bild: EBD services / Lorbeer

Lösungen für Installationsschächte mit Einblasdämmtechnik.

Verfüllte Installationsschächte

Bei der EBD Technologie Austroflex Fire Floc handelt es sich um eine zukunftsweisende Bautechnik, mit der die Anforderungen des Brand-, Schall-, Wärme- und ­Geruchschutzes in Installationsschächten funktions- und gewerkeübergreifend deutschlandweit erfüllt werden können. Bei dieser Bautechnik wird der gesamte Hohlraum des Installa­tionsschachtes zwischen den Ver- und Entsorgungssystemen sowie den Schachteinbauten mit einem nichtbrennbaren Dämmmaterial maschinell verfüllt, im Normalfall mit geflockter Mineralwolle mit einem Schmelzpunkt > 1000 °C.

Der Anwendungsbereich ist, gemäß den landesrechtlichen Vorschriften aus der ­Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR) bzw. der Muster-Leitungsanlagen-­Richtlinie (MLAR), für feuerwiderstandsfähige Schächte mit einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten gegeben. Als Verwendbarkeitsnachweise liegen eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) Z-41.9-704 sowie eine ­allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) Z-41.9-705 vom DIBt vor.

Das mit definierter Dichte homogen eingebrachte Material erfüllt insbesondere die Anforderungen des vorbeugenden Brandschutzes der Gewerke Sanitär, Heizung, Elektro und Lüftung. Darüber hinaus lassen sich Installationsgeräusche und Schallpegel reduzieren, Wärme- und Kältedämmungen verbessern und Geruchsübertragungen vermeiden.

Schallschutz

Eine geprüfte Messanordnung beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in ­Stuttgart hat ergeben, dass mit einem einfachen dünnwandigen Abwassersystem (ohne schallschutztechnische Eigenschaften) und einer fachgerechten Entkopplung innerhalb ­einer einlagig mit 18 mm GKBI beplankten Installationswand und der EBD Technologie ­Austroflex Fire Floc nicht nur die Mindestanforderungen der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“, sondern auch die gehobenen Anforderungen der VDI 4100 „Schallschutz im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz“ erfüllt werden können.

Gesamtaufbau der Musterinstallation für Schallmessungen beim IBP.

Bild: Tece

Gesamtaufbau der Musterinstallation für Schallmessungen beim IBP.

Wärme- und Feuchteschutz

Beim Einsatz der Einblasdämmtechnik und ­damit bei einem komplett mit Dämmung befüllten Installationsschacht stellt sich die Frage, ob warmgehende Rohrsysteme zusätzlich gedämmt werden müssen. Diese Fragestellung wurde zur Untersuchung an die MFPA Leipzig GmbH herangetragen. Fazit: Es konnte nicht nur die Gleichwertigkeit einer 100 %-Rohrdämmung gemäß DIN 4108-4 nachgewiesen werden, sondern die Untersuchung hat vielmehr gezeigt, dass sich ein vollgedämmter Installationsschacht energetisch günstiger verhält als ein Installationsschacht mit Rohrleitungen mit konzentrischer Rohrdämmung. Aufgrund des diffusionsoffenen Dämmmaterials müssen kaltgehende Rohrsysteme gegen Schwitzwasser geschützt werden.

Maßnahmen bei Wasserschäden

Grundsätzlich ist das eingebrachte Dämmmaterial Austroflex Fire Floc hydrophobiert und somit selbst gegen das Eindringen von Wasser geschützt. Kommt es zu einem Wasserschaden im Installationsschacht, sucht sich das austretende Wasser – ähnlich wie bei Rohrdämmungen – den einfachsten Weg. Dieser verläuft in der Regel direkt am defekten Rohr entlang. Als Prävention und zum Schutz vor Folgeschäden kann mit einem Aquascanner (EBD Aquascanner Start-Set EBD-AS4 der Firma Leifeld) das Risiko durch spät oder nicht erkannte Undichtigkeiten minimiert werden. Hiermit lassen sich Warnmeldungen bei Feuchtigkeit aus den jeweiligen Schächten/Etagen akustisch oder durch Nachrichten weitergegeben. Zur Reparatur entfernte Dämmung muss anschließend wieder eingebracht und zulassungskonform hergestellt werden.

Ein Vergleich der Wärmeströme zeigt auf, dass diese bei der vollgedämmten Variante (links) deutlich niedriger als bei der Variante mit Rohrdämmung (rechts) sind. Auszug aus dem Untersuchungsbericht Nr. UB 4.1/15-343-1; MFPA Leipzig GmbH; 14.07.2017; unveröffentlicht.

Bild: MFPA Leipzig GmbH

Ein Vergleich der Wärmeströme zeigt auf, dass diese bei der vollgedämmten Variante (links) deutlich niedriger als bei der Variante mit Rohrdämmung (rechts) sind. Auszug aus dem Untersuchungsbericht Nr. UB 4.1/15-343-1; MFPA Leipzig GmbH; 14.07.2017; unveröffentlicht.

Installationsvorteile

Im Brandschutz zeichnet sich die Einblasdämmtechnik auch dadurch aus, dass für die Gewerke Sanitär, Heizung und Elektro die üblichen Einzelabschottungen sowohl in der Geschossdecke als auch in den Schachtwandungen entfallen können. Eine klassifizierte Deckenabschottung inklusive Vermörtelung ist somit nicht erforderlich, dies führt zu einer deutlichen Vereinfachung in Planung und Ausführung.

Die Rohrabstände sämtlicher Ver- und Entsorgungssysteme minimieren sich auf 30 mm untereinander, was eine größere Montagefreiheit zur Folge haben kann. Die Einblasdämmung kann mit marktüblichen Metallunterkonstruktionen (CW/UW-Profile ab 50 mm) für die Leichtbauweise oder abweichend mit sanitären Installationssystemen zum Einsatz kommen.

Nichtbrennbare oder brennbare Ver- und Entsorgungssysteme, Kabel und Lüftungen nach der DIN 18017-3 können herstellerneutral installiert werden. Als Beplankung ­können sowohl einfache (z. B. 2 × 12,5 mm GKB/GKBI-Gipskarton-Beplankungen, aBG Z-41.9-705) als auch feuerwiderstandsfähige Konstruktionen mit Beplankungen (z. B. 2 × 20 mm GKF, abZ Z-41.9-704) zum Einsatz kommen. Letztere vereinfacht zusätzlich den Einsatz, weil der Deckendurchgang im Installationsschacht nicht verschlossen werden muss und die feuerbeständige Beplankung für brandschutztechnische Lüftungsbauteile – etwa Absperrvorrichtungen nach DIN 18017-3 oder Brandschutzklappen nach DIN EN 15650 „Lüftung von Gebäuden – Brandschutzklappen“ – verwendet werden kann.

Die Abwasserleitungsführung wird bei der EBD Technologie im Brandversuch mit offenen Anschlüssen im Brandraum und ohne Rohrschottungen in den Hauptleitungen ausgeführt. Sämtliche Abwasserhaupt- und -anschlussleitungen im befüllten Installationsschacht sind über die Wirksamkeit der Dämmung geschützt, schachtverlassende und frei liegende Leitungen – z. B. am Schachtfuß oder Schachtende – müssen je nach Anforderungen ausgeführt werden.

Rauchübertragung verhindern

Die Mehrzahl der in Deutschland jährlich beklagten etwa 400 Brandopfer stirbt an Rauchvergiftungen. Deshalb kommt der Übertragung von Rauch im vorbeugenden Brandschutz ein besonderer Stellenwert zu. Prüfinstitute und Zulassungsstellen haben daher gerade bei Gebäudearten mit Menschenansammlungen ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, wie praxisgerechte Prüfungen durchzuführen sind.

Brandprüfungen und orientierende Versuche zeigen, dass durch den bisherigen Prüfaufbau für die Abschottung brennbarer Abwasserleitungen ein Sicherheitsrisiko entsteht: Es ist notwendig, eine Übertragung von Feuer und Rauch nicht nur vom Brand abgewandt nach oben, sondern auch nach unten zu prüfen. Sonst können Sekundärbrände innerhalb von Installationsschächten in anderen Geschossen oder bei frei liegenden Rohrleitungsabschnitten entstehen und große Rauchgasmengen freisetzen – was gesetzlich geregelt zu verhindern ist.

Eine wirksame Abhilfe bietet die hohlraumfreie mineralische Befüllung der Installationsschächte. Sie verhindert innerhalb dieser eine Brand- oder Rauchausbreitung und eine Brand- und Rauchübertragung. Als All-in-one-Lösung ist die EBD Technologie Austroflex Fire Floc vor allem in komplexen Installationen, wo es darum geht, gewerke- und funktionsübergreifende Anforderungen zu erfüllen, im Vorteil. Neben einem sicheren Brandschutz zeigen sich deutliche Verbesserungen im Schall- und Wärmeschutz sowie bei der Übertragung von Gerüchen.

Meldeeinheit und Sensorkabel des Aquascanners zur Überwachung von Leitungen im Installationsschacht mit Einblasdämmung.

Bild: Leifeld

Meldeeinheit und Sensorkabel des Aquascanners zur Überwachung von Leitungen im Installationsschacht mit Einblasdämmung.

INFO

Keine Brandschutzverantwortung für SHK-Betriebe

Die Einblasdämmung wird von speziell geprüften und zertifizierten Unternehmen ­eingebracht, was ausführende Installationsbetriebe von der brandschutztechnischen Verantwortung befreit. Schlussendlich übernehmen die zugelassenen EBD-Fachfirmen mit einer Übereinstimmungserklärung die Verantwortung und entbinden damit die beteiligten Gewerke Sanitär, Heizung, Elek­tro und Lüftung vom Brandschutz für den Installationsschacht.

Autor

Dipl.-Ing (FH) Friedhelm Simon 
ist Inhaber von EBD services in 88630 Pfullendorf und als freier Sachverständiger im Bereich bauphysikalische Anforderungen tätig. Nach zehnjähriger SHK- Handwerkstätigkeit führte sein Weg in die marktführende Industrie. Hier ­gehörten über 20 Jahre Entwicklung, Planung und Management zu seinen Aufgaben. 2008 begann seine Selbstständigkeit im eigenen Ingenieur- und Sachverständigenbüro. Dabei steht vor allem die Entwicklungs­tätigkeit für den vorbeugenden Brandschutz in Installationsschächten im Fokus.

Bild: EBD services

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