Der Klimawandel macht sich in Deutschland immer häufiger mit sintflutartigen Regenfällen bemerkbar. In solchen Fällen stößt die Kanalisation nicht selten schnell an ihre Grenzen. Dann steigt der Wasserspiegel über die Rückstauebene und überflutet durch Bodenabläufe, Duschen oder WCs tiefer liegende Räume im Souterrain oder Keller (Bild 1). Es bleiben beschädigter Hausrat, unbrauchbare Bodenbeläge und feuchte Räume, die enorme Kosten und Ärger für den Hausbesitzer verursachen. Neben Starkregen können auch weitere Ereignisse wie Kanalverstopfungen oder Rohrbrüche für einen Rückstau verantwortlich sein (Bild 2). Hat der Hausbesitzer dafür keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen, muss er für Schäden selbst zahlen. Grundstücksbesitzern wird daher vorgeschrieben, dass die Verantwortung zum Schutz gegen Rückstau bei ihnen liegt. Kommunen haften nämlich bei einem ganz unerwarteten Katastrophenregen nicht. Auch Versicherungen können Entschädigungen einschränken oder sogar ablehnen, wenn die Grundstücksentwässerung nicht den einschlägigen Vorschriften und Regeln der Technik entspricht.
Diese Normen muss der Fachmann kennen
Die nationale Anwendungsnorm DIN 1986-100 besagt, dass Entwässerungsgegenstände oberhalb der Rückstauebene mittels Schwerkraft zu entwässern sind. Nur in Fällen, in denen das Gefälle zum Kanal nicht ausreicht, dürfen Hebeanlagen das Abwasser ableiten. Die europäische Anwendungsnorm EN 12 056-4 regelt, dass Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene generell durch automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife gegen Rückstau zu sichern sind. Unter folgenden Voraussetzungen können allerdings auch Rückstauverschlüsse verwendet werden, wenn diese der europäischen Produktnorm EN 13 564-1 entsprechen:
Zum Schutz vor Rückstau stehen grundsätzlich drei Produktarten zur Verfügung:
Bezüglich der Einsatzbereiche beschreibt DIN 1986-100 nur die beiden genormten Produktarten Hebeanlagen und Rückstauverschlüsse. Doch wie auch der Kommentar der DIN 1986-100 feststellt, ist es aus Gründen der technischen Entwicklung, der Wirtschaftlichkeit, aber auch des Umweltschutzes und des sparsamen Umgangs mit Primärenergien notwendig, dass neue Bau- und Werkstoffe, Bauteile, Bauarten und Einrichtungsgegenstände Verwendung finden.
Fäkalienfreies oder fäkalienhaltiges Abwasser?
Bei der Produktauswahl von Rückstauverschlüssen ist die Unterscheidung zwischen fäkalienfreiem und fäkalienhaltigem Wasser wichtig – schließlich kommen je nach Abwasserart unterschiedliche Produkte und Typen von Rückstauverschlüssen zum Einsatz (Bild 3). Ausschlaggebend ist immer die Abwasserart, die in Fließrichtung über die Rückstausicherung zum Kanal abläuft. Welche Abwasserart im Rückstaufall, also vom Kanal in Richtung Rückstausicherung, zurückgedrückt wird, hat keine Bedeutung.
Bei Rückstauverschlüssen für Schwarzwasser sind die Klappen im Normalfall immer geöffnet. Im Rückstaufall schließen die Klappen automatisch. Bei Rückstauverschlüssen für Grauwasser und auch Regenwasser werden Pendelklappen verwendet. Wenn diese bei fäkalienhaltigem Abwasser eingesetzt werden, besteht Verstopfungsgefahr durch sich ablagernde Feststoffe. In Deutschland sind für Grauwasser nur die Typen 2, 3 und 5 zugelassen. Bei Schwarzwasser darf nur der Typ 3 mit der Kennzeichnung „F“ verwendet werden.
EN 13 564-1 unterscheidet zwischen insgesamt sechs Typen von Rückstauverschlüssen. Die Typen 0, 1 und 4 sind in Deutschland für die Kellerentwässerung nicht zulässig und daher auch für die Praxis nicht relevant. Der Hersteller Kessel bietet beispielsweise den in unterschiedlichen Ausführungen erhältlichen Rückstauverschluss Staufix an. Dessen Modelle sind auf die Anforderungen verschiedener Einbausituationen angepasst (Bild 4).
Diese Fehler gilt es zu vermeiden
Immer wieder zeigen sich in der Praxis dieselben Fehler bei Einbau und Planung von Rückstauverschlüssen. Sei es aus Kostengründen oder Unwissenheit – oftmals wählen Verantwortliche einen Rückstauverschluss aus, der für die Anforderungen vor Ort nicht ausgelegt ist. Das gilt vor allem bei der Frage: Rückstauverschlüsse für fäkalienhaltiges oder für fäkalienfreies Abwasser einsetzen? Baut der Verarbeiter zum Beispiel einen Verschluss für fäkalienfreies Abwasser ein, obwohl die Leitung auch Fäkalien mitführt, dann kann das zu Verstopfungen und Funktionsstörungen bis hin zur Überflutung führen. Die gesparten Investitionskosten können Bauherrn bzw. Verarbeiter darüber hinaus im Versicherungsfall teuer zu stehen kommen: Versicherungsschutz besteht nur dann, wenn auch der für den Verwendungszweck passende Verschluss eingebaut wurde. Die Haftung für Installationsmängel trägt allein der Installateur. Er kann sie nicht auf den Auftraggeber übertragen, auch wenn dieser zum Beispiel aus Kostengründen ein Produkt eingebaut haben möchte, das nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Zudem dürfen Entwässerungsleitungen oberhalb und unterhalb der Rückstauebene nie über denselben Rückstauverschluss in der Hauptgrundleitung entwässert werden. Ist das der Fall, dann schließt das Rückstauaggregat bei drückendem Wasser und verhindert zwar die Überflutung „von außen“, also aus der Kanalisation. Nutzen die Bewohner aber während des Rückstaus die Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene, füllt sich die Grundleitung. Dann tritt das Abwasser über die Anschlüsse im Keller aus. In diesem Fall überfluten sich die Besitzer also „von innen“. Damit das nicht passiert, dürfen nur solche Ablaufstellen über einen Rückstauverschluss entwässert werden, die tatsächlich rückstaugefährdet sind. Alle anderen Ablaufstellen werden getrennt davon entwässert.
Kein ausreichendes Gefälle: Hebeanlage nutzen
Besteht kein ausreichendes Gefälle zum Kanal, muss das Abwasser, das unterhalb der Rückstauhebeanlage anfällt, mittels einer Hebeanlage nach EN 12 050 in den Kanal gehoben werden. Dazu wird das Abwasser im Behälter der Anlage gesammelt und ab einem bestimmten Wasserstand über die Rückstauebene mittels einer Druckleitung mit Rückstauschleife in den Kanal gehoben. Die Rückstauschleife sorgt für den ausreichenden Schutz im Rückstaufall, denn durch sie kann das Wasser nicht wieder zurück ins Gebäude fließen. Bei der Auswahl der richtigen Hebeanlage gilt es, neben der Abwasserart auch die Einbauvoraussetzungen und die Nutzung der Kellerräume zu beachten. Eingebaut in die Bodenplatte und mit einer befliesten Abdeckung ist die Hebeanlage fast unsichtbar für die Bewohner. Kann die Anlage nicht in der Bodenplatte versenkt werden, gibt es Hebeanlagen zur freien Aufstellung.
Neue Wege gehen – Hybrid-Hebeanlagen
In allen Bereichen der Gebäudetechnik wird das Einsetzen stromsparender Lösungen immer wichtiger. Das gilt auch für die Gebäudeentwässerung. Hier sind ökologische und ökonomische Alternativen auf dem Vormarsch. So auch Hybrid-Hebeanlagen, die für den Einsatz bei Gefälle zum Kanal konzipiert wurden und eine stromsparende Alternative zu klassischen Hebeanlagen sind. Im Normalfall nutzen sie das natürliche Gefälle und während eines Rückstaus wird das Abwasser in den Kanal gepumpt. So ist die Nutzung aller Ablaufstellen jederzeit möglich, aber es wird nur gepumpt, wenn es notwendig ist (Bild 5). Im Gegensatz zu klassischen Hebeanlagen bedeutet das wesentlich geringere Stromkosten für den Betreiber. Verschleiß- und Wartungskosten reduzieren sich ebenfalls deutlich.
Der Schutz vor Rückstau kommt dabei nicht zu kurz. Denn im Rückstaufall schließt, wie bei einem herkömmlichen Rückstauverschluss, die Rückstauklappe und das Abwasser kann nicht zurück in das Gebäude drücken. Ist die Klappe verschlossen, springt automatisch die Pumpe an und im Haus anfallendes Abwasser wird in den Kanal gepumpt. Installateure als auch Bauherren sollten allerdings darauf achten, dass die Hybrid-Hebeanlage über eine bauaufsichtliche Zulassung verfügt. Nur dann ist die Anlage technisch ausgereift und es besteht im Ernstfall ein Versicherungsschutz.
Störungsfreier Betrieb
Grundvoraussetzung für den Einsatz von Hybrid-Hebeanlagen ist ein ausreichendes Gefälle zum Kanal. Damit eine Hybrid-Hebeanlage reibungslos und sicher funktioniert, müssen auch die nachfolgenden Grundlagen erfüllt sein. Zum einen ist der fachgerechte Einbau ausschlaggebend für einen problemlosen Betrieb. Hierbei müssen Entlüftung und Zulaufleitung ordnungsgemäß nach EN 12 056 und DIN 1986-100 verlegt werden. Zum anderen sind eine zuverlässige und fachgerechte Betreuung sowie Wartung erforderlich. Zusätzlich verfügen Hybrid-Hebeanlagen wie die des Herstellers Kessel über automatische Sicherheitssysteme, um einen reibungslosen Betrieb der Anlagen zu garantieren. So ist die Hybrid-Hebeanlage Ecolift XL für Schwarzwasser mit zwei redundanten motorischen Verschlusssystemen ausgestattet. Die pneumatische Niveauerfassung und ein Alarmsensor sorgen für zusätzliche Sicherheit. Das integrierte Selbstdiagnosesystem SDS führt regelmäßige Funktionsprüfungen durch und unterstützt somit den Betreiber bei der Eigenkontrolle.
Regelmäßige Wartung schützt im Ernstfall
Nur die regelmäßige Prüfung von Hebeanlagen und Rückstauverschlüssen durch einen Fachinstallateur garantiert auf Dauer eine voll funktionsfähige Anlage und damit einen effektiven Rückstauschutz. Relevant sind hier folgende Vorschriften:
Rückstauverschlüsse
Hebeanlagen
- Dreimonatlich bei Anlagen in gewerblichen Betrieben
- Sechsmonatlich bei Anlagen in Mehrfamilienhäusern
- Jährlich bei Anlagen in Einfamilienhäusern.
Hybrid-Hebeanlagen
Fazit
Aufgrund der klimatischen Veränderungen müssen wir uns mit dem Phänomen Rückstau immer häufiger auseinandersetzen (Bild 6). Schutz und kompetente Beratung werden daher zunehmend wichtiger. Welche Entwässerungslösung den Vorzug erhält, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern hängt immer von den Gegebenheiten vor Ort ab. Um diese vollständig zu erfassen, ist vor allem eine detaillierte Planung gefragt. Am besten stellt sich der zuständige Installateur vorab eine Checkliste mit den wichtigsten Kriterien zusammen und geht diese vor Ort Schritt für Schritt durch. Ohne systematisches Vorgehen können Planungsfehler entstehen, die sofort bestraft werden: Sind eine abzusichernde Leitung oder die Rückstauschleife vergessen oder ein falsches Produkt eingebaut worden, wird der Fehler zu spät, nämlich erst im Schadensfall entdeckt. Eine sorgfältige Planung zahlt sich daher aus und vermeidet viel Ärger und Kosten für Besitzer und Installateur.
Info
Unterstützung für Handwerker
Neben den Lösungen für die Entwässerungstechnik bietet die Kessel AG auch ein Servicepaket an: Das reicht von der Inbetriebnahme und Einweisung über die Wartung bis hin zur Generalinspektion. Auch die Planung individueller Produktlösungen und deren Fertigung sowie die fachgerechte Montage vor Ort sind Teil der Dienstleistungen. Zum Serviceangebot zählt zudem eine Palette an Schulungen zur Fort- und Weiterbildung in sechs Kessel KundenForen in ganz Deutschland.