Das Robert Koch-Institut (RKI) hat im Sommer beobachtet, dass die Zahl der Legionellenfälle in Baden-Württemberg auffällig gestiegen ist. Dort sind nach Auskunft des Landesgesundheitsamtes (LGA) in Stuttgart von etwa Mitte Juni bis zum 6. August 97 Fälle mit Erkrankungsbeginn ab dem 1. Juni registriert worden, darunter sieben Todesfälle. Laut LGA ist dies die höchste Anzahl an Erkrankungen im Vergleich zu den gleichen Zeiträumen der Jahre 2001 bis 2020.
Eine Möglichkeit für das derzeit gehäufte Auftreten von Legionellosen könnte sein, dass durch den Corona-Lockdown, aber auch durch die üblichen saisonalen Stillstandzeiten in Industriegebäuden (Werksferien), nicht benutzten Ferienwohnungen, nicht regelmäßig genutzten Sportanlagen, Hotels und ähnlichen Beherbergungsstätten (wie Jugendherbergen) die Legionellen durch Stagnation ein ideales Umfeld hatten, um sich in Trinkwasseranlagen auszubreiten und festzusetzen.
Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte bereits im vergangenen Jahr vor einem möglichen Legionellenrisiko gewarnt. Bei unsachgemäßer oder fehlender Wartung könne es nach der Coronapause zu einem erhöhten Wachstum dieser Bakterien in Trinkwasseranlagen gekommen sein, schrieb das RKI im „Epidemiologischen Bulletin“. Betreiber sollten vor einer Wiedereröffnung ihrer Trinkwasseranlagen deshalb einen einwandfreien Betrieb sicherstellen. Entsprechend sind bei Betriebsstilllegungen oder -unterbrechungen von Trinkwasserinstallationen doch einige vorbeugende Maßnahmen zu beachten. Die anschließende Wiederinbetriebnahme nach längerer Stilllegung bedarf sogar besonderer Maßnahmen.
Genau genommen sind Nutzungsunterbrechungen in Liegenschaften eine wiederkehrende Begebenheit. Ein Beispiel dafür: Die Trinkwasser-Versorgungsanlagen von Schulen werden während der Ferien schon immer für eine gewisse Zeit (wenige Tage oder/und ein bis sechs Wochen) stillgelegt. Ähnliches gilt für Kindertagesstätten und Kindergärten. Doch besteht auch in anderen Liegenschaften (wie Hotels, Fabrikationsgebäuden) die Gefahr, dass ein bestimmungsgemäßer Betrieb nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik – wie definiert z. B. in VDI/DVGW 6023, DIN 1988-200 oder DIN EN 806-5 – nicht sichergestellt werden kann. Deshalb ist eine Sensibilisierung und Aufklärung der Betreiber bei der aktuellen Lage sehr wichtig.
Zwei Faktoren beeinflussen in besonderem Maße die Trinkwassergüte in der Gebäudetechnik: regelmäßiger Wasseraustausch und Temperaturhaltung. Auch der Werkstoff und die regelmäßige Wartung spielen eine Rolle. Hinzu kommen aktuell geänderte Betriebsbedingungen. Deshalb empfiehlt es sich, einen Ad-hoc-Maßnahmenplan, im Fall von Pflegeheimen (zusätzliches Spülen) oder je nach Liegenschaft und den Stilllegungszeiten einen Spülplan, zu erarbeiten.
Wann spricht man von einer Betriebsunterbrechung?
Eine Nichtnutzung von mehr als 72 Stunden stellt eine Betriebsunterbrechung dar und sollte vermieden werden. Soweit nachgewiesen werden kann, dass die Trinkwasserbeschaffenheit nach TrinkwV über längere Zeiten der Nichtnutzung erhalten bleibt und die Gebäude keinen besonderen Anforderungen unterliegen, darf diese Frist auf maximal sieben Tage verlängert werden.
Eine längere Betriebsunterbrechung ist ein nicht bestimmungsgemäßer Betrieb der Trinkwasserinstallation. Bei längerer Verweilzeit des Wassers in Trinkwasser-Versorgungsleitungen kann die Wasserbeschaffenheit durch Vermehrung von Mikroorganismen und in Lösung gehende Werk- und Betriebsstoffe beeinträchtigt werden.
Der Spülplan
Zur Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs ist durch den Betreiber mindestens alle 72 Stunden, entweder manuell oder automatisiert, an allen Entnahmestellen kaltes und warmes Trinkwasser zu entnehmen. Steht kein Haustechniker oder Hausmeister für diese Arbeiten zur Verfügung, sollte ein SHK-Fachbetrieb für das regelmäßige Spülen beauftragt werden. Ist der Betreiber der Anlage nicht in der Lage, einen solchen Spülplan umzusetzen, so sollte er die Trinkwasserinstallation an der Hauptabsperreinrichtung schließen und diese mit allen Komponenten (Trinkwasser kalt und warm) vorübergehend außer Betrieb setzen.
Eine Option wäre eine temporär installierte Spülstation oder sogar die dauerhafte Nachrüstung einer solchen Lösung. Nur neuere Trinkwasserinstallationen dürften mit sogenannten „Hygienestationen“ ausgestattet sein. Grundsätzlich sind für alle Maßnahmen an Anlagen entsprechende Nachweise an den Betreiber auszuhändigen.
Wiederinbetriebnahmen nach längerer Unterbrechung
Es ist ratsam, in hygienisch besonders sensiblen Liegenschaften, wie beispielsweise Schulen, Kindertagesstätten/Kindergärten etc., auch schon früher als in den vorgegebenen sechs Monate eine Untersuchung des Trinkwassers (Legionellenbeprobung) durchzuführen. Zu beachten ist jedoch: Jede Liegenschaft ist anders zu betrachten. Darauf sind die Maßnahmen abzustimmen.
Öffentliche Einrichtungen und große Liegenschaften
Für Schulen, Kitas, Kindergärten, Sporthallen, Sportstätten sowie große Liegenschaften, wie Eventanlagen, Konzert- und Messehallen, sollten entsprechende Pläne aufgrund der ohnehin wechselnden Nutzung bereits vorliegen. Das gilt auch für Fabrikationsgebäude (Werksferien).
Die rechtlichen Aspekte
Laut § 4 der TrinkwV muss das an die Verbrauchsstellen zu transportierende Trinkwasser so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu befürchten ist. Das wichtigste Lebensmittel muss hygienisch rein und genusstauglich sein. Diese Anforderungen gelten als erfüllt, wenn bei der Wassergewinnung, der Wasseraufbereitung und der Wasserverteilung mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden und das Trinkwasser den Anforderungen der §§ 5 bis 7a der TrinkwV entspricht. In der AVBWasserV (§ 12 Kundenanlage) heißt es: „Die Anlage darf nur unter Beachtung der Vorschriften dieser Verordnung (...) sowie nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert und unterhalten werden.“
Wartung sichert einwandfreien Zustand der Anlage
Nicht immer bekannt ist: Eigentümer, Anlagenbesitzer und Betreiber von sanitärtechnischen Anlagen sind nach VDI 3810 (Blatt 2) verpflichtet, die Anlage nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmungsgemäß zu betreiben und in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten. Weiter heißt es: „Sanitärtechnische Anlagen sind für die Menschen von großer Bedeutung, weil davon das gesundheitliche Wohlbefinden abhängt. Es ist daher dringend erforderlich, dass diese Anlagen von den hierfür Verantwortlichen in einem technisch und hygienisch einwandfreien Zustand erhalten werden. Bauteile und Komponenten einer Trinkwasserinstallation sind gemäß EN 806-05 (Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 5: Betrieb und Wartung) regelmäßig zu inspizieren und zu warten.“ Eine jährliche Wartung dient dazu, die dauerhafte und sichere Funktion zur Aufrechterhaltung der Trinkwassergüte sicherzustellen.
Unterschied zwischen Wartung und Instandsetzung
Inspektion und Wartung dienen dazu, Abnutzung (oder Verschleiß) zu beobachten und rechtzeitig einen dadurch bedingten Funktionsausfall zu erkennen. Wird bei einer Wartung erkannt, dass ein Bauteil defekt ist und erneuert werden muss, stellt der Austausch von Bauteilen eine Instandsetzung dar. Diese ist nicht mehr Gegenstand einer Wartung. Dabei kann von einem verschleißbedingten Austausch von Bauteilen kein Mangel oder ein Hinweis für eine nicht ordnungsgemäß ausgeführte Wartung abgeleitet werden. Inspektion, Wartung und Instandsetzung sind unter dem Obergriff Instandhaltung zusammengefasst. Nur kontinuierliche Instandhaltung stellt einen ordnungsgemäßen Betrieb sicher.
Und: Laut § 4 der TrinkwV muss das bis an die Verbrauchsstellen zu transportierende Trinkwasser so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu befürchten ist. Ein wichtiger Faktor für den Betreiber: Instandhaltung trägt zur Werterhaltung der Gebäudetechnik bei.