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Energie in Balance

Inhalt

Hygiene gewinnt in Trinkwasserinstallationen eine immer größere Bedeutung. Nicht zuletzt auf Grund der aktuellen Trinkwasserverordnung haben sich für Installateure, Planer und Betreiber umfangreiche Veränderungen in der Installationspraxis ergeben. Nach VDI/DVGW 6023 muss es das Ziel sein, die von der öffentlichen Wasserversorgung gelieferte einwandfreie Qualität auch nach der Einspeisung in das Gebäude zu bewahren bis hin zu den Zapfstellen, an der das Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch entnommen wird. Durch Fehler bei Planung, Ausführung, Betrieb oder Instandhaltung kann die Trinkwasserbeschaffenheit in den Trinkwasserinstallationen derart nachteilig beeinträchtigt werden, dass die an das Trinkwasser gestellten Anforderungen (Qualität und Hygiene) nicht mehr erfüllt werden. Dann können zum Beispiel Belastungen mit Legionellen und Pseudomonaden, die technisch vermeidbar sind, auftreten. Ein korrekter hydraulischer Abgleich des Zirkulationssystems ist somit unerlässlich.

Risikofaktor: weitverzweigtes Leitungssystem

Trinkwasserinstallationen sind in den letzten Jahren stets komplexer geworden und haben dadurch mehr Raum für Hygieneprobleme geschaffen. Immer dann, wenn die notwendigen technischen oder hygienischen Anforderungen nicht beachtet werden, besteht ein erhöhtes Kontaminationsrisiko. Die Warmwasserverteilung ist dabei ein entscheidender Faktor. Gefährlich wird es in weit verzweigten Leitungssystemen, wenn die Anzahl der Bakterien in der Trinkwasserinstallation so groß wird, dass eine Gesundheitsgefährdung für Menschen zu befürchten ist. Optimale Lebensbedingungen zur Vermehrung finden Erreger wie Legionellen bei Wassertemperaturen von ca. 30 °C bis 50 °C vor. Sie verursachen Krankheiten wie „Pontiac-Fieber“ oder die oft als schwere Lungenentzündung verlaufende Legionellose (Legionärskrankheit, Legionella-Pneumonie). Maßnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung einer massenhaften Vermehrung von Legionellen werden bereits seit Jahrzehnten im DVGW Arbeitsblatt W551 festgelegt.

Als Vorsorge gegen Legionellen in Trinkwasserinstallationen ist es notwendig, insbesondere in großen Systemen, eine konstante Temperatur von mindestens 60 °C im Warmwasserbereiter und im gesamten Rohrnetz aufrecht zu halten sowie korrosionsresistente und gut durchspülte Rohre ohne „tote Enden“ mit einer glatten Innenoberfläche einzusetzen. Die Warmwassertemperatur im Rohrsystem sollte hoch gehalten werden, damit das Wasser zwischen den Entnahmephasen nicht abkühlen kann auf eine für Legionellen optimale „Bruttemperatur“ zwischen 30 °C und 50 °C.

Zirkulationsleitung für hygienisch sichere Trinkwassererwärmung

Auch aufgrund der gestiegenen Komfortanforderungen zählt heute eine zentrale Trinkwassererwärmung mit Zirkulationssystem zu den am häufigsten eingesetzten Lösungen bei Trinkwasserinstallationen. Befinden sich mehr als drei Liter Rohrinhalt in einem der Fließwege des Warmwassers zwischen Speicher und Entnahmestelle, muss eine Zirkulation zwingend vorgesehen werden. Unabhängig von der Definition als Klein- oder Großanlage darf es gemäß DVGW W 551 und DIN 1988-200 in Deutschland keine Leitung für erwärmtes Trinkwasser mit Inhalten größer drei Liter geben, die nicht zirkuliert. Das Warmwasser im zentralen Trinkwasserspeicher muss über eine Austrittstemperatur von mindestens 60 °C verfügen und über die Zirkulationsleitung mit einer Wiedereintrittstemperatur von mindestens 55 °C (maximal 5 K Temperaturverlust) dem Speicher wieder zugeführt werden. Dies kann nur mit einem hydraulisch abgeglichenen Zirkulationssystem realisiert werden.

In Anlagen ohne hydraulischen Zirkulationsabgleich (Bild 1) kommt es zu langen Wartezeiten auf warmes Wasser und somit zu einer unnötigen Verschwendung von Trinkwasser, den sogenannten „Ausstoßverlusten“. Durch das Auskühlen von Leitungsteilen aufgrund von Stagnation oder unzureichender Dämmung kann die Trinkwasserqualität somit hygienisch bedenklich werden. Die Trinkwasserinstallation kann auf unterschiedliche Art und Weise hydraulisch abgeglichen werden. Welche Anforderungen bzw. Vor- bzw. Nachteile sich daraus ergeben, wird im Folgenden erläutert.

Statischer hydraulischer Abgleich

In weit verzweigten Systemen verteilen sich die Volumenströme nach dem Motto: „Lass uns fließen, wo wenig Widerstand herrscht“. Dies hat zur Folge, dass ungünstige, weit entfernt liegende Leitungsteile aufgrund der Rohrwiderstände nicht immer mit ausreichend temperiertem Wasser versorgt werden. Der statische Abgleich (Bild 2) vollzieht sich direkt am Drosselventil, das als künstlicher Widerstand zentral im Strang installiert wird.

Diese Technik des statischen Abgleichs findet sich heute noch in vielen Altanlagen der 50er- bis 70er-Jahre, als oftmals sogenannte Regulier-T-Stücke, die für einen Widerstand sorgen sollten. Nachdem diese T-Stücke jedoch aufgrund von Korrosion und Ablagerungen in den Strängen für immer größere Widerstände sorgten und komplette Leitungsabschnitte unterversorgt wurden, kam es zu erheblichen Beeinträchtigungen, die in vielen Fällen letztendlich zu einer Legionellen-Kontamination führten.

Nach einer aufwendigen Berechnung der Temperatur- und Druckverluste zur Voreinstellung der Drosselventile nach DVGW Arbeitsblatt W 553, ist die einwandfreie Funktion des statischen hydraulischen Zirkulationsabgleich nur auf den Auslegungsfall vorbereitet. Ändern sich die Volumenströme und Druckverhältnisse, zum Beispiel durch Entnahmevorgänge, ergeben sich ganz neue Bedingungen, auf die das Zirkulationssystem nicht selbsttätig reagieren kann.

Dynamischer Abgleich regelt selbstständig

Eine dynamisch strangweise abgeglichene Anlage (Bild 3) überzeugt durch ein einfaches Herstellen des thermischen Abgleichs. An den Reglern werden lediglich die gewünschten Temperaturen (z. B. 57 °C) eingestellt. Für alle anderen Betriebszustände regelt sich das System selbst ein, da die Ventile durch integrierte Thermoelemente ständig den Volumenstrom an die Temperaturen anpassen. Allerdings kann das dynamisch strangweise abgeglichene System nur die Stränge untereinander abgleichen: So kommt es innerhalb der Etagen zu teilweise erheblichen Temperaturdifferenzen.

Um eine optimale thermische Zirkulation zu erzielen, kann die Anlage etagenweise mit Stockwerksregulierventilen abgeglichen werden. Variable, temperaturabhängige Druckverluste werden auf diese Weise in allen Anlagenteilen modulierend abgeglichen und sorgen für eine gleichmäßige Durchströmung der einzelnen Leitungsteile des Warmwassersystems.

Stockwerksregulierung durch thermischen Zirkulationsabgleich

Stockwerksregulierventile (Bild 4) werden überall dort eingesetzt, wo aus hygienischen Gründen Stockwerks- oder Einzelzuleitungen in das Zirkulationssystem eingebunden werden müssen. Dazu zählen beispielsweise große Anlagen in Krankenhäusern, Altenheimen, Pflegeheimen etc. Diese Gebäude verfügen meist über ein sehr weit verzweigtes Wassernetz, das sich über mehrere Etagen erstreckt, was die Gefahr einer Kontamination erhöht. Hier wird die Notwendigkeit einer gründlichen Planung der Trinkwasserinstallation besonders deutlich. Der Entwurf des neuen DVGW Arbeitsblatts W 556 besagt entsprechend unter Anhang A „(…) In einem verzweigten Leitungssystem stellen sich die erforderlichen Zirkulations-Volumenströme nur dann ein, wenn das Zirkulationssystem mit Regulierventilen „hydraulisch abgeglichen“ wird. In der Regel ist es erforderlich, dass jedem Anschluss einer Zirkulationsleitung (TWZ) an die Verbrauchsleitung (TWW) ein Regulierventil zugeordnet ist. Sofern Regulierventile nicht oder nicht in erforderlichem Maße vorhanden sind, müssen sie nachgerüstet werden.”

Ein Thermoelement (Bild 4) reguliert permanent die Wassertemperatur: Fällt die Temperatur ab, öffnet das Ventil, damit heißes Wasser nachfließen kann. Steigt die Wassertemperatur, dehnt sich das Thermoelement wieder aus, der Wasserfluss wird reduziert. Die Stockwerksleitungen werden so automatisch hydraulisch untereinander abgeglichen und unerwünschte Temperaturdifferenzen werden verhindert, was zu einem sehr geringen Energieaufwand führt. Über die automatische Einregulierung der Volumenströme reduziert sich ein planerischer Aufwand auf ein Minimum. Anhand der Temperaturverlust-Berechnung nach DVGW W 553, die zur Dimensionierung der Zirkulationsleitung angestellt werden muss, ergeben sich auch die jeweiligen Volumenströme und damit die Ventil-Dimension. Komplexe Anlagenberechnungen sollten jedoch nur computergestützt durchgeführt werden.

Nach DVGW W 551 müssen Altanlagen im Bestand nach Möglichkeit hinsichtlich der Betriebsbedingungen wie eine Neuanlage betrieben werden (Temperaturen, Pumpenlaufzeiten). Das kann in den meisten Fällen nur erreicht werden, wenn auch in Bestandsgebäuden ein korrekter hydraulischer Abgleich gewährleistet und ggf. nachträglich realisiert ist. Mit den wachsenden Erkenntnissen über die Zusammenhänge von Krankheiten und deren Ursächlichkeit, fällt ein Augenmerk besonders auf die Trinkwasserinstallationen der Gebäude. Gerade im Bestand sind Beispiele für bedenkliche Installations-Ausführungen häufig zu finden. Hier gilt es zur Abwehr von Gefahren für den Nutzer, Sanierungen und technische Verbesserungen durchzuführen. Maßnahmen, die nach neuesten technischen Erkenntnissen dann einen unbedenklichen Betrieb erwarten lassen. Ein baurechtlicher Bestandsschutz greift hier nicht, da es tatsächlich um die Qualität des Trinkwassers und nicht primär um die Beschaffenheit der Installation geht. Schließlich waren viele heute als falsch erkannte Ausführungsvarianten zum Zeitpunkt der Installation noch eine anerkannte Regel der Technik.

Fazit

Die Neufassung der Trinkwasserverordnung bringt weitreichende Neuregelungen u. a. in Bezug auf Legionellen in Trinkwassererwärmungsanlagen mit sich. Anforderungen, die in der Vergangenheit lediglich für öffentliche Einrichtungen galten, betreffen heute alle Unternehmer und sonstigen Inhaber einer Trinkwasserinstallation, in der sich eine Großanlage zur Trinkwassererwärmung nach der Definition der allgemein anerkannten Regeln der Technik befindet, sofern aus dieser Installation Trinkwasser im Rahmen einer öffentlichen oder gewerblichen Tätigkeit abgegeben wird.

Bei der Wahl der geeigneten Zirkulationstemperatur sind neben der Legionellenprophylaxe Aspekte wie Verkalkungs- und Verbrühungsrisiko zu berücksichtigen. Der thermische Abgleich der Zirkulationsleitungen erfolgt sinnvollerweise über automatische thermostatische Zirkulationsventile, die die gesamte Anlage und alle Leitungsteile präzise gegeneinander abgleichen und so eine gleichmäßige Durchströmung gewährleisten.

Literatur

  • Praxisratgeber „Trinkwasserhygiene“, Honeywell GmbH, Bürschgens/Pagel
  • VDI/DVGW 6023 „Hygiene in Trinkwasserinstallationen – Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung“
  • Zweite Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung von Dezember 2012
  • DVGW Arbeitsblatt W 551: „Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen – Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums – Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasserinstallationen“
  • DIN EN 806-2: Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen – Teil 2: Planung
  • DIN 1988-200: Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe
  • DIN CEN TR 16355 / DIN SPEC 19810 „Legionellenprophylaxe“
  • Entwurf DVGW Arbeitsblatt W 556 „Hygienisch-mikrobielle Auffälligkeiten in Trinkwasserinstallationen; Methodik und Maßnahmen zu deren Behebung”
  • DVGW Arbeitsblatt W 553 „Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen“

Autoren

Arnd Bürschgens ist Schulungsleiter Fachbereich Trinkwasser bei der Honeywell GmbH in 71101 Schönaich, Telefon (0 70 31) 6 37-  01, Telefax (0 70 31) 6 37-  4 93, http://www.honeywell-haustechnik.de

 

 

 

Martin Pagel ist Seminarleiter Trinkwassertechnik bei der Honeywell GmbH in 71101 Schönaich, Telefon (0 70 31) 6 37-  01, Telefax (0 70 31) 6 37-  4 93, http://www.honeywell-haustechnik.de