Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Kein Buch mit sieben Siegeln

Wasser ist Leben und wird gern auch als Lebensmittel Nummer eins bezeichnet. Aufbewahrung, Verwendung und sehr oft auch die Temperaturen beeinflussen generell die Haltbarkeit von Lebensmitteln. Es braucht kein Expertenwissen, um hygienische Probleme zu vermeiden, zumindest zu verringern. Allerdings ist eine Aufklärung und Sensibilisierung aller Beteiligten erforderlich, um ein unkontrolliertes mikrobiologisches Wachstum in Trinkwasseranlagen zu beherrschen. Die neue Trinkwasserverordnung stellt klar, dass Trinkwasser – so wie es die WHO (Weltgesundheitsorganisation) schon lange fordert – auch beim Nutzer, also am Punkt der Entnahme, intensiv und regelmäßig zu überprüfen ist. Eine Trinkwasseranlage besteht quasi aus einem Wasserwerk, der Gesamtheit aller Verteilungsleitungen, Armaturen und Apparate, die sich zwischen dem Wasserübergabepunkt (i.d.R. ist das der Wasserzähler) bis zum letzten Zapfhahn beim Verbraucher befinden. Wasseranalysen der Wasserversorger beziehen sich häufig auf die Qualität am Anfang der Kette und spiegeln so nicht immer die tatsächlich am Zapfhahn vorzufindende Realität wider.

Dass auf dem langen Weg vom Versorger zum Verbraucher einiges passieren kann, zeigt z. B. der von mehreren Gesundheitsämtern Ende 2014 verfügte Einbaustopp, weil keimbelastete Wasserzähler die nachgeschaltete Trinkwasserinstallation gefährdeten. Hier wurde genau am Übergabepunkt der hygienischen Verantwortung (bis zum Wasserzähler trägt das Versorgungsunternehmen, danach der Gebäudeeigentümer die Verantwortung) festgestellt, dass die Prozesskette „Sicherheit des Trinkwassers von der Quelle bis zum Zapfhahn beim Verbraucher“ eine knifflige Angelegenheit sein kann.

Versorger, Installateur und Betreiber sitzen in einem Boot

Das Hygienemanagement für ein Lebensmittel kann nur dann funktionieren, wenn alle Verantwortlichen involviert und eingebunden sind, das heißt neben dem Versorger, dem Installateur nach AVB WasserV auch der Gebäudebetreiber. Um beim Lebensmittel zu bleiben: 1959 beauftragte die NASA (die US-Raumfahrtbehörde) einen amerikanischen Konzern, eine für den Genuss im Weltraum geeignete Astronautennahrung herzustellen; die sollte hundertprozentig sicher sein. Das dabei für die Lebensmittelindustrie entwickelte Präventivkonzept HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Points), eine Gefahrenanalyse mit kritischen Kontrollpunkten, ist ein klar strukturiertes Werkzeug zur Schadensvermeidung. Das Prinzip beruht darauf, mögliche Schwachstellen zu identifizieren und kritische Kontrollpunkte zu überwachen; bei Abweichungen sind entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Zivilisierte Menschen erlernen von Kindesbeinen an, dass Lebensmittel verderblich sind. Jeder weiß, dass es ein Haltbarkeitsdatum gibt und dass z. B. die Temperatur die Haltbarkeit beeinflusst. Eine Sensibilisierung der Verbraucher für das Lebensmittel Trinkwasser muss also genau dort ansetzen. Trinkwasser ist ein verderbliches Gut. Deshalb muss die einwandfreie Qualität (ohne mikrobiologische und/oder chemische Beeinträchtigungen) bewahrt werden. Kritische Punkte oder mögliche Einflussgrößen sind:

  • Verweilzeit des Trinkwassers in seiner Verpackung
  • Temperaturen
  • Qualität und Zustand der Verpackung

Kein Gastgeber würde seinen Gästen ein abgestandenes Bier oder eine seit Tagen nicht im Kühlschrank gelagerte Wurst anbieten. Die die Qualität beeinflussenden Parameter sind durch Erziehung und Aufklärung allen bekannt. Warum kann das nicht auch für das Lebensmittel Trinkwasser genutzt werden? Würde ein Trinkwasser mehrere Monate in einem Gartenschlauch bei Temperaturen um die 30 °C gelagert, käme es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer starken Verkeimung. Dieses Wasser hätte keine Trinkwasserqualität. Es ist selbstverständlich, dass Wasser fließen muss und dass Kaltwasser kalt (am besten unter 20 °C) und Warmwasser heiß (am besten über 55 °C) sein muss. Kritische Kontrollpunkte gemäß HACCP-Konzept sind also für den Endverbraucher:

  • der regelmäßige Wasserverbrauch an jeder Zapfstelle (Vermeidung von Stagnation)
  • die optimalen Temperaturen für Kalt- und Warmwasser
  • der Wartungs- und Reinigungszustand der Anlage

Voraussetzung ist somit, dass die Trinkwasseranlagen mit den richtigen Materialien und nach den Regeln der Technik errichtet werden und dass das System gepflegt und kontrolliert wird.

Regelwerke sind Verbrauchern meist unbekannt

Nur wenn sich alle Beteiligten gemeinsam der Verantwortung für das Lebensmittel Trinkwasser stellen, kann Hygiene funktionieren. Technische Regelwerke definieren einen bestimmungsgemäßen Betrieb und fordern die Verpflichtung für den Betreiber auf deren Einhaltung – also mindestens ein regelmäßiger Wasseraustausch. Per Definition wird in der VDI 6023 bei einer Nichtnutzung einer Zapfstelle von mehr als 72 Stunden von einer Betriebsunterbrechung gesprochen. Die europäische Norm EN 806-5 fordert einen Wasseraustausch alle sieben Tage.

Die Frage, ob jeder Verbraucher sich für jede Zapfstelle dieser Verpflichtung bewusst ist oder ob jeder Verbraucher (z. B. Mieter) wirklich informiert und verpflichtet wurde, wird in den Regelwerken nicht diskutiert. Was passiert, wenn ein Mieter/Verbraucher für 14 Tage in den Urlaub geht? Wie wird auf sich verändernde Nutzungsbedingungen im Einfamilienhaus oder einer Wohnung (z. B. Auszug von Kindern, Krankheit usw.) reagiert? Welche Maßnahmen kommen auf Betreiber bei verändertem Verbraucherverhalten (z. B. andere Nutzung) zu?

Betreiber sind in der Pflicht

Grundlage der Planung ist ein abgestimmtes, detailliertes Raumbuch, wo jede Entnahmestelle nach Art und Nutzungshäufigkeit festgelegt wurde. Wenn eine Betriebsunterbrechung schon vorliegt, wenn innerhalb von 72 Stunden keine Entnahme stattfindet, stellt sich die Frage, ob das System fachkundig übergeben wurde. Wobei als fachkundig gilt, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, seiner Kenntnisse und Erfahrungen (sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen) die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann. Normen und Vorgaben werden ständig angepasst. Kann der Ersteller einer Trinkwasseranlage ohne Einweisung und ohne Übergabe von „kritischen Kontrollpunkten“ an den Verbraucher von einer automatischen Verpflichtung und der Kenntnis des Verbrauchers ausgehen, dass bei Nichteinhaltung eine mögliche Gefährdung oder Beeinträchtigung erzeugt wird?

Die Verpflichtung eines Betreibers, seine Trinkwasserinstallation regelmäßig warten zu lassen, ergibt sich aus unterschiedlichen Verordnungen. Aber: Ein Merkblatt für Trinkwasserhygiene, ein Übergabeprotokoll oder ein Hinweisprotokoll, woraus die kritischen Gefahren und Schwachstellen ersichtlich sind und mit dem auch der Verbraucher verpflichtet wird, gibt es selten. Nach den Regeln der Technik gilt: Ein Betreiber, der seine Trinkwasseranlage nicht warten lässt, handelt fahrlässig wie ein Fahrer unter Alkohol. Es wird Zeit, sich dem Thema Trinkwasserhygiene als einer vielschichtigen Herausforderung zu stellen.

Merkblatt und Übergabeprotokoll für den Betreiber

Die Übergabe eines Merkblattes, das jedem Verbraucher die Stagnationsproblematik einfach erklärt und praxisbewährte Lösungsmöglichkeiten (Spülen nach Stagnation, Nachbarschaftshilfe oder nachträglicher Einbau automatischer Ventile mit Stagnationsfreispülung) aufzeigt; die Sensibilisierung für Wassertemperaturen und deren Einfluss auf das Bakterienwachstum oder die Notwendigkeit von gewarteten und gereinigten Trinkwasseranlagen – all dies käme einer Verpflichtung im juristischen Sinne sehr nahe, wenn der Ausführende sich die Übergabe gegenzeichnen lässt.

Nur gut informierten Verbrauchern wird ihr notwendiger Anteil an einer guten Produktqualität ihres Lebensmittels Trinkwasser ersichtlich. Wasserversorger informieren ausführlich über die gelieferte, gute Qualität ihres Produktes, ihr professionelles Management, die permanente Überwachung und ihre Qualitätssicherungssysteme. Der Verantwortungsbereich für die Erstellung von Trinkwasseranlagen ist durch Regeln der Technik, durch Ausbildung und Weiterbildung und letztendlich durch Vertragsverpflichtungen geregelt. Die Verpflichtung der Nutzer und die Auswirkungen einer nicht bestimmungsgemäßen Nutzung werden aber selten klar angesprochen.

Die Ansprache und Einbindung der Nutzer würde den Kreis schließen. Zusätzlich kann so das mangelnde Bewusstsein für Wartung, Instandhaltung und auch die notwendige Überwachung (z. B. der Wassertemperaturen) sichergestellt werden.

Tipp: BWT bietet seinen Trinkwasserprofis und Kunden die entsprechenden Merkblätter und Protokolle auf seiner Homepage zum Download an.

Informierte Nutzer: eine Chance für den Installateur

Die Vorgaben und Veränderungen der Trinkwasserverordnung und Regelwerke fordern Sorgfaltspflichten für die Ersteller und Betreiber einer Trinkwasseranlage ein. Sie sind allerdings auch eine große Chance. Ist der Nutzer sensibilisiert und informiert, legt er Wert auf Einhaltung der bautechnischen und betriebstechnischen Vorgaben. Häufig wird auch geprüft, ob die vorhandene Anlagentechnik dem momentanen, realistischen Verbrauch entspricht (z. B. möglichst kleine saubere Speicher, Frischwasserstationen u.v.m.) oder die komplette Trinkwasseranlage wird auf den „Stand der Zeit“ überprüft.

Mit dem Wissen um das Thema „Wasser muss fließen“ – also nur der vollständige Wasseraustausch in allen Leitungen stellt eine optimale Trinkwasserhygiene sicher – oder der Erkenntnis, dass nur saubere, gewartete Systeme gutes Wasser liefern, ergeben sich für das Handwerk eine Reihe neuer Geschäftsmöglichkeiten.

Kalkablagerungen und Korrosion vermeiden

Trinkwasser muss farblos, klar, geruchlos und geschmacklich einwandfrei sein – und es darf keine Krankheitserreger enthalten. Das geht nur, wenn die Verpackung sauber ist. Viele natürliche Inhaltsstoffe des Wassers sind gesund und notwendig für den Menschen. Anders sieht die Bewertung dieser Inhaltsstoffe in Bezug auf seine Verpackung aus. Überall wo Wasser fließt, tropft oder steht, kommt es zu Reaktionen mit seiner Umgebung – Kalk, Korrosion und Hygieneprobleme sind hier die Schlagworte. Um die Sauberkeit, die Werterhaltung der Installation, die Energieeffizienz und das wohltuende warme Bad uneingeschränkt für lange Zeit genießen zu können, gilt es, hinsichtlich der möglichen Wasserveränderungen einiges zu beachten.

Eine Wasserbehandlung muss sich nach den Anforderungen der vorgesehenen Wasserverwendung richten und ist nur innerhalb der Trinkwasserverordnung und den Vorgaben der allgemein anerkannten Regeln der Technik möglich. Da die Neigung eines Wassers zur Kalkabscheidung (Schlamm, Ablagerungen) mit steigender Wassertemperatur und dem Härtegrad wächst, ist bei konsequenter Einhaltung der Warmwassertemperatur mit Ausfällungen zu rechnen. Große, raue Oberflächen, die sich aus Inkrustationen, Kalk- und Schlammablagerungen ergeben, sind für Bakterien wachstumsfördernd. Kalkablagerungen, Korrosionsprodukte (Eisen) sowie Gummimaterialien in Dichtungen oder Membranen sorgen für verstärkte Besiedelung wasserkontaktierter Oberflächen. Generell gilt: Je rauer und größer, umso leichter und stabiler ist die Besiedelung (Biofilm). Materialien, die über ihre Oberfläche bioverwertbare Stoffe abgeben bzw. die selbst bioverwertbar sind, begünstigen diesen Effekt. In verkalkten Rohren können sich einmal eingenistete Keime sehr gut vor etwaigen Desinfektionsmaßnahmen schützen.

Der Korrosions-Risikominimierung ist auch aus hygienischer Sicht eine hohe Priorität zu geben. Korrosionsvorgänge beeinflussen stets die Innenoberfläche des Rohrleitungssystems und begünstigen so das Wachstum von Mikroorganismen. Darüber hinaus mindern erhöhte Metallionengehalte im Trinkwasser dessen Qualität. Anzumerken ist, dass Maßnahmen zur Reduktion von Stagnation (Wasser muss fließen!) auch die Korrosion und die Korrosionsgeschwindigkeit wesentlich reduzieren können.

Ferner muss der Fachmann den Verbraucher darüber informieren, dass z. B. der anodische Korrosionsschutz (Opferanode) letztendlich auch zu Schlammablagerungen führen kann und deshalb eine Inspektion und manchmal auch eine Reinigung des Warmwasserbereiters notwendig ist.

Fazit

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine verpflichtende Information des Betreibers nach VDI / DVGW 6023 unbedingt notwendig ist. Ein regelmäßiger Wasseraustausch, die richtigen Wassertemperaturen und saubere, gewartete Trinkwasseranlagen sind die Voraussetzung für einen hygienisch unbedenklichen, bestimmungsgemäßen Betrieb.

Info

Fertigung gemäß HACCP-Standards

Das HACCP-Konzept hat für die konstruktive Entwicklung des Einhebel-Schutzfilters BWT E1 entscheidende Erkenntnisse und Neuerungen mit sich gebracht: Zum einen wurden die wasserberührten Teile, die nicht als Hygienetresor ausgetauscht werden, wesentlich reduziert und aus speziellen hygienischen Materialien konstruiert (Verzicht auf Gummidichtungen). Zum anderen wurde die Erkenntnis, dass der Wechsel des Filterelements vergessen werden kann, als höheres hygienisches Risiko bewertet. Resultat dieser HACCP-Analyse: BWT bietet registrierten Kunden eine regelmäßige Erinnerung per E-Mail an.

Info

Entwicklungsstand in der Weichwasser-Hygiene

Nach intensiven Tests und Untersuchungen setzt BWT beim neuen Großenthärter AQA perla professional erstmalig auf anorganisches (also nicht biologisch verwertbares) synthetisches Ionenaustauschermaterial. Es handelt sich dabei um einen Zeolith. Dieses kristalline Material kommt in der Natur in zahlreichen Modifikationen vor, es wird mittlerweile auch synthetisch hergestellt. Diese Großenthärter werden dem wichtigsten Ansatz für hygienische Sicherheit gerecht: Limitierung aller Substanzen, die das Wachstum von Mikroorganismen unterstützen können. Kapazitäten und Durchflüsse werden in der neuen adaptierten Parallel-Fahrweise über das Smart-Metering-Prinzip gesteuert.

Autor

Dipl.-Ing. Willibald Schodorf ist Leiter Technische Geschäfte bei der BWT-Wassertechnik GmbH in 69198 Schriesheim, Telefon (0 62 03) 73 73, willibald.schodorf@bwt.de, http://www.bwt.de