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Wasserwechsel in der Rohrleitung

Unter dem Begriff „bestimmungsgemäßer Betrieb“ ist zu verstehen, dass weder der Zustand noch die Betriebsweise der Trinkwasserinstallation nachteilige Auswirkungen auf die Trinkwassergüte haben dürfen. Die DIN 1988-200 fordert hierzu im Anhang B, dass neben der regelwerkskonformen Planung und Errichtung auch die regelmäßige Kontrolle und die nötigen Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden. Eine wesentliche Voraussetzung für den bestimmungsgemäßen Betrieb ist die Vermeidung einer zu langen Verweildauer des Trinkwassers. Hier können die tatsächliche Nutzung und die zugrunde gelegten Dimensionierungsansätze weit auseinanderliegen – etwa dann, wenn Mietwohnungen, Hotelzimmer oder Büroetagen in Gewerbeobjekten längere Zeit leer bleiben oder planmäßige Nutzungsunterbrechungen eintreten, wie dies in Schulen oder Sportstätten der Fall ist.

Planung und Ausführung muss Betrieb berücksichtigen

Der bestimmungsgemäße Betrieb liegt nach den Vorgaben der Trinkwasserverordnung sowie nach AVBWasserV in der Verantwortung des Betreibers bzw. des Anschlussnehmers. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch in der Planungs- und Ausführungsphase zu schaffen. Kann der geforderte regelmäßige Wasseraustausch nicht sichergestellt werden, muss der Leitungsinhalt durch regelmäßige Spülungen ausgetauscht werden. Dem ausführenden Fachunternehmen obliegt hierbei gegenüber dem Inhaber der Trinkwasserinstallation die Hinweispflicht, dass dieser für die Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs verantwortlich ist. Vom Inhaber und Betreiber verlangt dies entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung von Stagnation. Diese Aufgabe kann durch automatische Spüleinrichtungen übernommen werden. Durch die Automatisierung ist ein regelmäßiger und nach einstellbaren Größen wie Wassermenge oder -temperatur definierbarer Austausch möglich.

Kritisch ist „Trinkwasser kalt“

Im Leitungsnetz für Trinkwasser kalt ist insbesondere die Erwärmung in den kritischen Temperaturbereich oberhalb 25 °C ein noch sehr unterschätzter Risikofaktor. In den Installationsschächten vieler bestehender Gebäude schützt die vorhandene Rohrdämmung die Leitungen für Trinkwasser kalt nur unzureichend vor einer unzulässigen Erwärmung. Verlaufen dazu parallel Heizungsrohrleitungen, erfolgt zwangsläufig ein Wärmeübergang auf die Rohrleitung für Trinkwasser kalt. Gleiches gilt für Verteil- und Zirkulationsleitungen für Trinkwasser warm, wenn die bestehende Warmwasserversorgung auf den Betrieb gemäß DVGW W 551 umgestellt wurde. Dies hat zur Konsequenz, dass mit der Sanierung der Warmwasseranlage die Trinkwasserqualität im Kaltwassernetz beeinträchtigt wird. Ein weiteres Beispiel ist die Leitungsführung innerhalb von Zwischendecken, wo ebenfalls mit erhöhten Wärmelasten durch warmgehende Leitungen oder durch die Wärmeabgabe von Einbauleuchten zu rechnen ist.

Nach Vorgabe der Technischen Regeln für Trinkwasserinstallationen (DIN EN 806-2, DIN 1988-200; jeweils Abschnitt 3.6) darf das kalte Trinkwasser 30 Sekunden nach dem Öffnen der Entnahmestelle nicht wärmer als 25 °C sein. Die Notwendigkeit von Hygienespülungen besteht fast ausschließlich nur für das kalte Trinkwassernetz. Sofern die Warmwasserversorgung mit Zirkulation und insgesamt gemäß den Vorgaben des DVGW-Arbeitsblattes W 551 betrieben wird, sind bereits anlagentechnische Maßnahmen zum Schutz vor Legionellen getroffen.

Automatische Hygienespülung

Eine Lösung für den kontrollierten und automatisierten Wasseraustausch ist der Einsatz einer Hygienespülung. Diese erneuert das Trinkwasser in den Leitungen in regelmäßigen Intervallen, nach vorgegebener Zeit, abhängig von Temperaturwerten oder nach einem vorab durch Berechnung ermittelten auszutauschenden Trinkwasservolumen. Bei den verantwortlichen Personenkreisen für Betrieb und die Instandhaltung der haustechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden wie Hotels, Krankenhäusern sowie Pflege- und Seniorenheimen ist der Einsatz von automatischen Hygienespülungen inzwischen fester Bestandteil bei der Neuerrichtung oder der Modernisierung von Trinkwasserinstallationen. Auch im Wohnungsbau findet die Lösung der automatisierten Hygienespülung wachsenden Zuspruch.

Der Einbauort für die Hygienespülung ist frei definierbar und richtet sich primär danach, welche Teile der Trinkwasserinstallation gegen Stagnation oder kritische Temperaturen abzusichern sind. Mit der Hygienespülung lassen sich Spülmengen und -intervalle individuell einstellen und auch nachträglich an veränderte Betriebsbedingungen anpassen. Darüber hinaus kann bei Bedarf die Durchführung eines automatisch ausgelösten Spülvorgangs rechtssicher dokumentiert werden. Zu unterscheiden ist zunächst vor allem, ob eine bestehende Trinkwasserinstallation nachträglich abzusichern ist oder ob die Hygienespülung in eine Neubauplanung zu integrieren ist.

Planung von Hygienespülungen

Schon bei der Planung der Leitungsführung ist zu beachten, ob der bestimmungsgemäße Betrieb sichergestellt werden kann. Die für den jeweiligen Anlagenteil auszuspülenden Wassermengen müssen ermittelt sowie die passende Steuerungsart festgelegt werden. Installationstechnische Voraussetzungen sind eine Anschlussmöglichkeit zum Entwässerungssystem sowie möglichst kurze Anbindelängen der Trinkwasserleitung zur Spülstation.

Einsatz im Bestand

Zeigt eine Trinkwasserinstallation nach vorhergehender Untersuchung Auffälligkeiten, bestimmt der Inhaber bzw. Betreiber, welche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität umgesetzt werden. Eine davon ist, die stagnationsgefährdeten Teile der Trinkwasserinstallationen abzusichern. Dazu ist zunächst eine sehr genaue Bestandsaufnahme erforderlich, damit auch sämtliche selten benutzten Entnahmestellen erfasst werden.

Auch in Leitungsanlagen mit kontinuierlicher Entnahme im gesamten Netz kann Stagnation auftreten, wenn die Rohrleitungen überdimensioniert sind oder sich die Nutzung geändert hat. Dazu zählen zum Beispiel Wohnbauten, deren Wohnungen ursprünglich für drei bis vier Personen konzipiert waren und jetzt nur noch von Ein- bis Zweipersonenhaushalten belegt sind. Neben geringeren Belegungszahlen wirken sich auch die heutigen Lebensgewohnheiten auf den Trinkwasserverbrauch aus – wie der Single, der nach Arbeitsende seine Freizeit oft mit Sport verbringt und danach die Dusche des Fitnessstudios benutzt.

Einsatz in Neubauobjekten

Zunächst ist in Trinkwasserinstallationen durch die verwendeten Materialien und bei nach hygienischen Kriterien geplanter Leitungsanlage der Erhalt der Trinkwassergüte gesichert, wenn die Installation nach den anerkannten Regeln der Technik geplant und errichtet wurde. Bei der Planung gilt es beispielsweise zu prüfen:

  • in welchen Teilen der Trinkwasserinstallation Risiken für die Beeinträchtigung der Trinkwassergüte zu erwarten sind,
  • welche Teile der Leitungsanlage auf Stagnation sowie kritische Temperaturen zu überwachen sind.

Zur Absicherung von Stockwerksinstallationen gegen Stagnation hängt die Anordnung der Hygienespülung wesentlich davon ab, ob diese als Reihen- oder Ringinstallation ausgeführt wird. Ein Entscheidungskriterium für die Ausführung der Stockwerksinstallation als Strang- oder Ringleitung ergibt sich aus der geplanten Anordnung der Sanitärobjekte. In einer Reiheninstallation ist der Platz für die Hygienespülstation nach dem letzten Verbraucher anzuordnen, um beim Spülvorgang die gesamte Stockwerksleitung auszuspülen. Bei Ringleitungssystemen kann die Hygienespülung im Grunde an einer beliebigen Stelle platziert werden, da bei dieser Verlegeart die vollständige Durchströmung der Stockwerksleitungen sichergestellt ist. Während des Spülvorgangs wird der komplette Rohrleitungsinhalt ausgetauscht.

In Neubauten wie auch Bestandsgebäuden sind ein allgemein typisches Beispiel für eine unzulässige Erwärmung des kalten Trinkwassers durch den Heizraum führende Verteilleitungen, wo Wärmeerzeuger und Speicher für eine Raumtemperatur über 25 °C sorgen.

Betriebsarten

Die Hygienespülung kann in verschiedenen Betriebsarten betrieben werden. Die Spülintervalle und -mengen lassen sich an die Gegebenheiten vor Ort anpassen. So können über eine integrierte Zeitschaltuhr feste Spülintervalle oder Spülzeitpunkte definiert werden. Durch eine vorgelagerte Sensorik zur Temperatur- oder Volumenstrommessung können die Spülvorgänge auch ereignisgesteuert und damit zielgenau ausgelöst werden. Für Einsatzbereiche wie gewerbliche oder öffentliche Gebäude muss darüber hinaus individuell bestimmt werden, welche Steuerungsart für die jeweilige Sicherungsaufgabe geeignet ist.

Zeit-Steuerung: Nach Zeit auslösende Spülprogramme sind überall dort sinnvoll, wo eine bestimmte Dauer der Nutzung sowie auch Nutzungsunterbrechungen den Betrieb bestimmen. Ein Beispiel sind Schulgebäude, wo durch die Hygienespülung automatisch nach jedem Wochenende sowie während der Ferienzeiten der Wasseraustausch sichergestellt wird. So kann bei der Einstellung eine bestimmte Uhrzeit (z. B. 6:00 Uhr) mit einem oder mehreren Wochentagen verknüpft werden.

Intervall-Steuerung: Die Anforderungen an den Erhalt der Trinkwassergüte ergeben sich nicht nur aus der Trinkwasserverordnung. Im gewerblichen Bereich bestimmen beispielsweise Arbeitsstättenrichtlinien oder allgemeingültige Verkehrssicherungspflichten, dass an den Entnahmestellen hygienisch einwandfreies Trinkwasser verfügbar sein muss. Mit der Intervallsteuerung können Spülungen in Zeitabständen erfolgen, die nicht an den 24-Stunden-Zyklus angelehnt sind. Die Intervallsteuerung orientiert sich somit nicht nach festgelegten Zeitpunkten, sondern nach der tatsächlichen Nutzung. Ein Beispiel sind Wasch- und Duschräume in einem Industriebetrieb, wo beispielsweise vor jedem Schichtbeginn die Trinkwasserleitungen kalt gespült werden sollen.

Temperatur-Steuerung: Die Überwachung der Temperatur ist insbesondere für das Trinkwasser kalt von Bedeutung. Überschreitet die gemessene Kaltwassertemperatur die Temperaturgrenze (max. 25 °C; empfohlen werden 20 °C), muss die Hygienespülung den überwachten Leitungsabschnitt so lange spülen, bis die Temperaturgrenze wieder erreicht ist. Für die Steuerung der Hygienespülung in Abhängigkeit von einem Temperaturwert muss an der betreffenden Stelle innerhalb der Leitungsanlage die Ist-Temperatur erfasst werden. Hierzu stehen Temperatursensoren zur Auswahl, die als Leitungsarmatur installiert werden.

Volumen-Steuerung: Diese Variante eignet sich, um definierte Nutzungsabschnitte entweder präventiv oder reaktiv zu spülen. Ein Anwendungsbeispiel ist ein Sanitärraum im Saunabereich einer Wellnesseinrichtung, der nur an bestimmten Wochentagen genutzt wird. Dieses Spülverfahren wird beispielsweise bei Geberit als volumenoptimierte Differenzspülung bezeichnet. Mit einem zum Sortiment gehörenden Volumenstromsensor durchläuft die Steuerung die Schritte „messen – vergleichen – differenzieren – reagieren“, sodass in der zu überwachenden Einheit nicht mehr Wasser als nötig ausgespült wird.

Signalübermittlung und Entwässerung

Die Geberit Hygienespülung stellt die Schnittstellen RS485 sowie Digital I/O zur Verfügung. Eine neu entwickelte Steuerungs- und Regeltechnik ermöglicht zudem, Einstellungen zu Spülmengen und Spülintervallen per Smartphone oder Tablet-PC vorzunehmen. Die Kommunikation zwischen den mobilen Endgeräten und der Hygienespülung erfolgt über eine Bluetooth-Verbindung. Für die Betriebsarten Temperatur und Volumen ist in der Planung jeweils die Länge für die Signalübertragung zwischen dem Temperatur- oder Volumenstromsensor und der Hygienespülstation zu berücksichtigen. Die von Geberit entwickelte Hygienespülung ermöglicht für die Übermittlung des Temperaturwertes eine Maximallänge der Signalleitung von 300 m. Integraler Bestandteil der Hygienespülung ist ein dem Magnetventil bzw. den Magnetventilen vorgeschalteter Volumenstromsensor. In Kombination mit einem Ringspeicher lassen sich die Spülvorgänge – Spülbeginn, Spülvolumen, Spülende und optional die Temperatur – exakt protokollieren. Das Protokoll wird über die Bluetooth-Verbindung mit Smartphone oder Tablet-PC ausgelesen.

Die Einbindung in das Entwässerungssystem stellt im Grunde einen gewöhnlichen Objektanschluss dar. Bei der Installation innerhalb der Etage ist es sinnvoll, die Hygienespülung über eine separate Anschlussleitung an den Fallstrang anzubinden. Dadurch ist sichergestellt, dass der Sanitärraum im Fall einer verstopften Sammelanschlussleitung nicht über eine tiefliegende Ablaufstelle (z. B. bodenebene Dusche) überflutet werden kann.

Fazit

Hygienespülungen kommen dann zum Einsatz, wenn manuell durchzuführende Überwachungsmaßnahmen nicht umsetzbar sind – sei es, weil die betreffenden Entnahmestellen nicht zugänglich sind, das erforderliche Personal nicht verfügbar ist oder weil die Nutzung so unterschiedlich ist, dass eine manuell durchgeführte Spülmaßnahme in den meisten Fällen zu spät oder mit unnötig hohem Wasserverbrauch erfolgen würde. Wird durch die Art der Nutzung der geforderte Wasserwechsel nicht gewährleistet, kann die Hygienespülung den Betreiber bei der Sicherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebs unterstützen.