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Ein schleichender Prozess

Erst wenn der Steuerberater wiederholt auf die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation hinweist, die Banken Kreditlinien kürzen, gute Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, weil sie keine Perspektiven sehen, die Versorgung wegen fehlender Liquidität enger wird und daraus resultierend vielleicht die ersten Lieferprobleme entstehen, wird an Sanierung und Restrukturierung gedacht. Gerade bei Unternehmern, die nicht rechtzeitig bzw. noch gar nicht an eine Unternehmensnachfolge gedacht haben, ist die Krise in der Regel noch viel eher und stärker zu spüren, weil die Unternehmensführung und die Innovationsfähigkeit sowie die flexible Anpassung an Märkte so nicht vorhanden sind. Wenn also der Zeitpunkt einer Möglichkeit der Gesundung bzw. Wiederherstellung der Wirtschaftskraft des Unternehmens schon fast überschritten ist, werden erste Maßnahmen überlegt.

Späte Erkenntnis – kaum noch Möglichkeiten zu agieren?

Wenn das „Abwarten, es wird schon wieder besser“ nichts mehr nützt, müssen Entscheidungen im Unternehmen getroffen werden, die in der Regel auch noch unpopulär sind! Da die äußeren Bedingungen sich zunehmend verschlechtern, ist der Unternehmer/Geschäftsführer kaum noch in der Lage, selbst zu agieren. Er muss zu diesem Zeitpunkt bereits über die Hälfte seiner Arbeitszeit damit verwenden, sich um die Liquidität des Unternehmens zu bemühen, mit Lieferanten zu sprechen, um sie hinzuhalten bzw. zu beschwichtigen, möglicherweise auch mit der Belegschaft darüber sprechen, wann die nächsten Lohn- und Gehaltszahlungen vom Unternehmen bezahlt werden und möglicherweise gibt es schon nervöse Kunden, die ebenfalls persönlich vom Geschäftsführer/Inhaber dann „betreut“ werden müssen. Spätestens jetzt wird den leitenden Mitarbeitern klar, dass nur noch eine Sanierung mit konsequenten Schritten das Unternehmen erhalten kann. Die Unternehmensleitung versucht erst einmal mithilfe des Steuerberaters/Wirtschaftsprüfers die (schon lange) vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen. Da diese Vorschläge jedoch zu einer Zeit gemacht wurden, als der Unternehmer/Geschäftsführer noch ohne Einschränkung unternehmerische Entscheidungen treffen konnte, sind die Handlungsempfehlungen jetzt in der akuten Krise kaum noch wirksam.

Merke: Aussitzen und ignorieren hilft nie!

Die Banken erwarten plausible Konzepte

In der ersten Phase der Bemühung, das Unternehmen wieder wirtschaftlich erstarken zu lassen, ist die Bank der Ansprechpartner. Fehlt Liquidität, um das Unternehmen zumindest notdürftig fortzuführen, müssen die Banken noch einmal helfen (so glaubt der Unternehmer!). Tatsächlich ist der Hausbank jedoch der wirtschaftliche Niedergang des Unternehmens schon viel eher klar gewesen, da die eingereichten Bilanzen und betriebswirtschaftlichen Auswertungen klare Aussagen gemacht hatten. Nunmehr erwartet die Bank ein plausibles Unternehmenskonzept für Kostenreduzierung, Umsatz- und Ertragsausweitung und die Erklärung, wie (und in welcher Zeit) das Ganze umgesetzt werden soll! Die Zeiten, da der Bank ein 600-seitiges Gutachten mit vielen Tabellen vorgelegt werden konnte, sind vorbei.

Die heutigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Marktfolge bzw. der wahrscheinlich schon tätigen „Spezialkreditabteilung“ erwarten realistische und plausible Konzepte, die anhand von Marktdaten, Prognosen und allgemein gültigen Aussagen ein zukunftssicheres Bild abgeben müssen. Spätestens jetzt wird es für den Unternehmer schwierig, da die Hausbanken von einem unabhängigen Unternehmensberater branchenspezifisch eine Einschätzung der Sanierung erwarten und dies in einem Konzept oder sogar in einem Gutachten manifestiert sehen will. Jetzt spätestens setzt genau das ein, was der Unternehmer/Geschäftsführer niemals haben wollte: Fremde Menschen durchleuchten seinen Betrieb!

Verpasste Chancen – verspieltes Vertrauen

Das ein oder andere Mal hatte bereits ein Mitbewerber über Fachleute eines M&A-Unternehmens wissen lassen, dass er sich gern beteiligt hätte bzw. das Unternehmen sogar übernehmen wolle. Gespräche sind nie gelaufen, die M&A-Spezialisten sind abgewiesen worden. Änderungen in den betrieblichen Abläufen waren nie ein Thema, da in der Vergangenheit alles reibungslos funktioniert hat. Die warnenden Hinweise des Steuerberaters/Wirtschaftsprüfers wurden nicht beachtet bzw. belächelt.

Jetzt fällt nach und nach auch auf, dass viele Lieferanten kein Vertrauen mehr zu dem Unternehmen haben und die Zahlungsmodalitäten zu Ungunsten des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern. Hintenherum erfährt der Unternehmer/Geschäftsführer, dass die Lieferanten nicht mehr daran glauben, dass er, der so lange schon das angeschlagene Unternehmen führt, hier noch mal eine Wende schaffen wird. Über Dritte nachgefragt wird auch klar, dass das Personal ebenfalls so denkt und nicht mehr an eine Gesundung des Unternehmens glaubt. Wie können diese Mechanismen gestoppt werden und welche Strategien sind anzuwenden, um Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass der Unternehmer/Geschäftsführer sich nunmehr so wandelt, dass er die Krise abwenden kann?

Was ist ein angeschlagenes Unternehmen noch wert?

Scheinbar hat es sich in der Branche herumgesprochen, dass das Unternehmen mit eklatanten Schwierigkeiten kämpft und nunmehr kommen immer mehr Anfragen von selbsterklärten Fachleuten, die dem Unternehmer helfen wollen. Über den Steuerberater ist eine renommierte M&A-Gesellschaft an den Unternehmer/Geschäftsführer herangetreten, um vielleicht noch das Unternehmen zu verkaufen. Während der Unternehmensberater gemeinsam mit dem Steuerberater an dem Unternehmenskonzept arbeitet, stellen die M&A-Spezialisten fest, dass der Wert des Unternehmens sich nur noch in der immer schwächer werdenden Kundenbeziehung wiederfindet. Maschinen- und Anlagevermögen sind marktseitig günstiger zu beschaffen und haben auch nicht mehr die aktuellste technische Ausstattung. Die Fluktuation im Hause ist auch den M&A-Spezialisten nicht verborgen geblieben, sodass auch hier Werte wie Kontakte und Fachkompetenzen dem Unternehmen verloren gehen. Natürlich lassen die M&A-Spezialisten wissen, es gäbe schon Interessenten, die das Unternehmen übernehmen, jedoch sind das erfolgreiche Unternehmer, die genau um den Wert (und auch um die Not) des angebotenen Unternehmens wissen.

Kleine und mittlere Unternehmen und ihre Berater!

Der Unternehmer weiß überhaupt nicht mehr, wie er sich noch verhalten soll. Die Liquiditätssituation ist mittlerweile so angespannt, dass der Steuerberater bereits über „Prüfung auf Zahlungsunfähigkeit“ gesprochen hat. Da die Buchhaltung und das Controlling des Unternehmens in der Vergangenheit immer sehr rudimentär gehalten waren, sind viele Unterlagen, die von Seiten der Bank bzw. den Beratern gefordert werden, noch nachzuarbeiten. Das Verhältnis des Unternehmers zu den Beratern ist nicht besser geworden, er hat nach wie vor seine Bedenken, dass diese außenstehenden Fachleute ihm wirklich helfen können. Eine erste Einschätzung auch bezogen auf das Sanierungskonzept lässt ein schlimmes Ende ahnen. Der Unternehmensberater erklärt, dass das Unternehmen seit Jahren einen Investitionsstau hat, die nunmehr erstellte Nachkalkulation zeigt, dass das produzierte Produkt viel zu teuer ist und bei der Prüfung auch auffällt, dass regelmäßig Verkäufe unter dem Deckungsbeitrag gemacht wurden, um überhaupt Umsätze zu tätigen.

Ob die Bank bei diesen Nachrichten weitere Mittel zur Verfügung stellt, ist zu diesem Zeitpunkt mehr als zweifelhaft und der Berater lässt auch vorsichtig durchblicken, dass die gesamte Unternehmensführung von ihrer Art her eher in die 50er und 60er Jahre passen würde. Damit erreicht der Berater genau das Gegenteil von dem, was er zu erklären versuchte. Der Unternehmer fühlt sich angegriffen und wird die Zusammenarbeit (zwangsläufig) nur noch auf das Notwendigste beschränken.

Hilfe von außen kommt in der Regel zu spät

Sowohl der Steuerberater als auch der Unternehmensberater waren sich einig, dass eine fachkompetente Durchleuchtung des Unternehmens und die daraus resultierenden Maßnahmen schon vor ca. fünf Jahren hätten durchgeführt werden müssen. Das hatte der Steuerberater auch regelmäßig dem Unternehmer/Geschäftsführer mitgeteilt und hierzu gibt es in seiner Handakte entsprechende Aufzeichnungen. Der Unternehmer war sich aber sicher, dass sich die konjunkturelle Lage und die gesamte Unternehmenssituation ohne große Änderungen wieder verbessern würden, und somit wurden keine Maßnahmen zur Restrukturierung des Unternehmens getroffen. Die meisten deutschen Unternehmer halten nichts davon, von außen Berater ins Unternehmen zu holen, die dann sowieso nur feststellen, dass viele Dinge hätten anders bzw. besser gemacht werden müssen! Auch die Kosten von außenstehenden Spezialisten sind ein Hemmnis, da beim Unternehmer und im Freundeskreis die klare Meinung herrscht, dass man solche Sachen als gestandener Unternehmer selber am besten weiß und auch entsprechend umsetzen kann!

Die Unternehmensführung nach Gutsherrenart rächt sich!

Spätestens jetzt hat auch der langjährige Führungsstil und die Art und Weise, wie das Unternehmen und seine Mitarbeiter geführt wurden, zu dem verhängnisvollen Lauf beigetragen. Der Unternehmer/Geschäftsführer, in der dritten Familiengeneration tätig, hat gelernt, dass er der alleinige Entscheider ist. Das stark hierarchische Unternehmen konnte in der Regel Ideen und Vorschläge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den unteren Entscheidungsebenen niemals umsetzen, da man Verbesserungen und Optimierungen nicht für nötig hielt.

Was der Unternehmer zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass die Bank bereits mit dem Unternehmensberater darüber gesprochen hat, dass eine Fortführung des Unternehmens mit dem Unternehmer/Geschäftsführer nicht gewünscht ist. Die Bank wird spätestens bei der Präsentation des Sanierungskonzeptes deutlich darauf hinweisen, dass man dem Unternehmer nicht zutraut, das Unternehmen wieder zu wirtschaftlichem Erfolg zu führen. Somit wird genau das eintreffen, was der Unternehmer niemals glauben wollte: Alle Verfahrensbeteiligten halten ihn nicht für kompetent genug, das Unternehmen aus der Krise zu führen.

Insolvenz – Das Aus des Unternehmens!

Der Unternehmer, tief getroffen von den Aussagen seiner Berater und der Hausbank, zieht sich verärgert und enttäuscht zurück und ist nicht willens, die geforderten Änderungen seitens der Bank durchzusetzen. Spätestens jetzt und vor dem Hintergrund, dass die Liquiditätslage sich so sehr verschlechtert hat, dass die ersten Insolvenzanträge etwa vom Sozialversicherungsträger oder Finanzamt angekündigt sind, zeigt sich, was eine verspätete bzw. missachtete Kenntnis der schlechten wirtschaftlichen Lage ausmachen kann. Wären die Analysen, vorgeschlagenen Maßnahmen und die Umsetzung zwei Jahre vorher gemeinsam mit den Spezialisten vorangetrieben worden, wäre die Sanierung ohne Probleme noch möglich gewesen. Weitere Infos zum Thema unter

www.uppenbrink.de