Fast so viele Präsidenten wie beim G8-Gipfel: 6 Verbände haben zur ISH eine engere Zusammenarbeit innerhalb einer Taskforce beschlossen.
Um die Energiewende voranzubringen, werden sechs Fachhandwerke in der Gebäudetechnik künftig noch enger zusammenarbeiten. Was für das Klima wichtig ist und durch die tatkräftige Unterstützung aus dem Handwerk mit nahezu 500.000 Betrieben verbessert werden kann, will man gemeinsam zur Sprache bringen. Wie das sowohl für politische Entscheider als auch für Bürger auf verständliche Weise gelingen kann? Dazu bündelt jetzt eine Taskforce Fakten, Ziele und Möglichkeiten für geeignete Handlungsschritte, die kommuniziert und durch die Gewerke in die Tat umgesetzt werden können.
Es sind sechs gebäudetechnische Handwerke, die jetzt mit gemeinsamer Sprache sowohl in der politischen Diskussion als auch in der Öffentlichkeit deutlich machen wollen, was für die Klimawende getan werden kann. Dafür bedarf es keiner zusätzlichen Vereinigung, wohl aber einer noch intensiveren Zusammenarbeit in Form einer Taskforce im Handwerk, die sich anlässlich der Weltleitmesse ISH am 18. März 2025 in Frankfurt/Main gegründet hat. Dazu richtet der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin eine Geschäftsstelle ein und startet zunächst mit einer Vollzeitstelle, um organisatorische Aufgaben zu bewältigen.
Es macht Sinn, die beteiligten Gewerke bei Gesetzesvorhaben frühzeitig einzubinden.
Sechs Fachhandwerke in der Gebäudetechnik
Gründungsmitglieder der Taskforce Gebäudetechnik sind der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH), der Bundesinnungsverband des Deutschen Kälteanlagenbauerhandwerks (BIV), der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), der Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks (ZIV) sowie der Bundesverband Metall (BVM) als ständiger Gast.
Viele Aufgaben gemeinsam angehen
Bereits bei der Gründungssitzung kam zur Sprache, dass die Verbände seit Längerem auf Gemeinsamkeiten und Synergien setzen, um beispielsweise Verfahren für eine neue Ausbildungsordnung zu beschleunigen bzw. deren Inhalte abzustimmen. In Bezug auf die enormen Herausforderungen bei der Klimawende könne man viele Aufgaben nur lösen, wenn man gemeinsam daran arbeite, lautete der Tenor. Angedacht ist, dass sich die Entscheider in den sechs Handwerksverbänden etwa zweimal monatlich verabreden, um wichtige Entwicklungen zu erörtern und um zu einem entsprechenden Konsens zu finden.
„Unsere Gewerke sind die Macher und Umsetzer im Markt. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir Kräfte bündeln und unsere Stärken gemeinsam ausspielen.“
Bild: TD / SBZ
Dringender Handlungsbedarf
ZVSHK-Präsident Michael Hilpert sagte anlässlich der Unterzeichnung: „Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen. Dazu zählen nach wie vor der Klimaschutz und die Energiewende, auch um die Wirtschaft mit Inlandswertschöpfung wieder anzukurbeln. Unsere Gewerke sind die Macher und Umsetzer im Markt. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir Kräfte bündeln und unsere Stärken gemeinsam ausspielen.“
ZVEH-Präsident Stefan Ehinger ergänzte: „Um die gewaltigen Aufgaben der Energiewende, der Erneuerung der deutschen Infrastruktur und insbesondere der Sanierung unserer Gebäude erfüllen zu können, brauchen wir mehr Kooperation im Handwerk und klare Rahmenbedingungen aus der Politik. Das Handwerk muss seine Prozesse durch digitale Technologien effizienter gestalten. Von der Bundesregierung erwarten wir ein Bekenntnis zum begonnenen Transformationsprozess.“
ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk zum Schulterschluss im Fachhandwerk: „Gebäudetechnik und Gebäudehülle entfalten zusammen das Potenzial, um die Energiewende zu bewältigen. Als Dachdeckerhandwerk sind wir stolz darauf, einen wesentlichen Beitrag leisten zu können.“ Laut ZDH-Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte soll es etwa zweimal monatlich eine Gesprächsrunde der beteiligten sechs Verbände geben.
Björn Sielaff, Bundesinnungsmeister der Kälteanlagenbauer: „Um den CO2-Ausstoß in Deutschland zu reduzieren und die Energiewende voranzubringen, sind neue Technologien unerlässlich. Deren Installation erfordert qualifizierte Fachkräfte sowie verlässliche Rahmenbedingungen, die durch den Gesetzgeber geschaffen werden müssen. In der Taskforce sehen wir durch den gewerkeübergreifenden Zusammenschluss eine starke Stimme, um diese Anliegen gegenüber der Politik wirkungsvoll zu vertreten.“
ZIV-Präsident Alexis Gula sieht in der Taskforce der Fachverbände eine gemeinsame Plattform für den gezielten Austausch mit der Politik: „Vor allem die Nähe zum Kunden und die Beratung vor Ort machen das Handwerk zu einem wichtigen Partner bei der Umsetzung der Wärmewende. Es macht daher Sinn, die beteiligten Gewerke bei Gesetzesvorhaben frühzeitig einzubinden und ihre fachliche Kompetenz zu nutzen.“
„Wir brauchen mehr Kooperation im Handwerk und klare Rahmenbedingungen aus der Politik.“
Taskforce sieht wichtige Ansätze
Verbindliche und kontinuierliche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, damit eine langfristige Planungssicherheit für Investoren gegeben ist. Konkret bedeutet dies beispielsweise, dass Preissignale einer Regulierung vorzuziehen sind. Verbote sollten nur ausnahmsweise erfolgen, wenn Ziele nicht anders zu erreichen sind. Was für Strom- und Wärmenetze gilt, sollte auch für klimafreundliche Gassysteme und Biomasse gelten. Und was für die kommunale Wärmeplanung gilt, sollte auch Hausbesitzern ermöglicht werden: Ihnen muss für die Wärmeversorgung von Neu- oder Bestandsbauten ein breites Spektrum gleichrangiger Erfüllungsoptionen angeboten werden können. Nur so wird auch die Leistungsfähigkeit des Fachhandwerks voll zum Einsatz kommen. Eine ganzheitliche Energieträgerstrategie zur Dekarbonisierung ist erforderlich.
Bei Investitionen in Gebäude handelt es sich um Investitionen in Grundvermögen, deren Sicherheit und Rentabilität über Jahre hinweg für Investoren wichtig ist. Eine diesbezügliche Förderkulisse muss deshalb attraktiv und verlässlich gestaltet bleiben. Förderstopps müssen zwingend ausgeschlossen sein. Eine kurzfristige, von der Haushaltslage abhängige Förderpolitik ist kontraproduktiv.
Faire Strompreise erleichtern den Umstieg auf klimafreundliche Technik. Darauf setzen strombasierte Wärmelösungen wie Wärmepumpen ebenso wie Wallboxen in der Elektromobilität. Voraussetzung dafür sind beispielsweise stabilisierte Netzentgelte auf einem tragbaren Niveau. Auch der Ausbau und die Leistungsfähigkeit der Stromnetze müssen darauf ausgelegt sein – als europäische Gesamtstrategie.
Bürokratische Hürden stehen vereinfachten Genehmigungsverfahren bei Bauprojekten entgegen. Bereits geplante Reformen zur Digitalisierung des Netzanschlussverfahrens müssen zügiger umgesetzt und standardisiert werden. Auch gilt es beispielsweise, den Stellplatzschlüssel auf pragmatische Weise zu ändern, um innerstädtische Bürogebäude effizient in Wohnungen umwandeln zu können.
Für die Wärmewende sollten dezentrale Lösungen wie Gebäudenetze und auch die individuelle Wärmeversorgung überall dort priorisiert werden, wo sie wirtschaftlich und technisch sinnvoll sind. Fernwärme bleibt ein wichtiger Baustein, muss sich aber im Wettbewerb mit anderen Lösungen behaupten. Anschluss- und Benutzungszwänge sind zu vermeiden, da sie Innovationen verhindern und zu überhöhten Monopolpreisen führen können.
Ein dezentraler Ausbau der Energiewende (z. B. durch eine PV-Anlage) verringert den Netzausbau, erhöht die Autarkie und verringert die Strompreise für die Produzenten. Zudem profitieren sie bei Anlagen unter 100 kW derzeit davon, dass sie überschüssigen Strom nicht direkt vermarkten müssen. Würde diese Vermarktungsgrenze wie beabsichtigt auf 25 kW gesenkt, würde sich dies aus verschiedenen Gründen negativ auf die Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlagen-Investition auswirken und die noch bestehende Akzeptanz bei Investoren infrage stellen. Stattdessen sollte es bei diesem Erfolgsmodell bleiben und das Einspeisemanagement noch durch einfache Regelungen und marktliche Anreize optimiert werden.
In der Gebäudeautomation liegt ein wichtiger Vorteil darin, dass sich der Energieverbrauch optimieren lässt. Denn verschiedene Funktionen wie Licht, Heizung, Klimatisierung, Verschattung und auch die Sicherheit im Gebäude lassen sich miteinander verknüpfen, digital erfassen und steuern. Die gesetzlich festgelegten Preisobergrenzen für den Einbau und Betrieb erforderlicher Smart Meter sollten jedoch nicht weiter erhöht werden, um die Wirtschaftlichkeit von Nutzungskosten zu sichern.
Die Sektorenkopplung hilft, das Energiesystem insgesamt effizienter zu machen, und bezieht Gebäude zukünftig stärker ein. Daher sollten die Modernisierung technischer Anlagen und Investitionen in Gebäudeautomation als förderfähige Einzelmaßnahmen im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) anerkannt werden.
Ein Gebäude wird sich zunehmend als System im System begreifen lassen. Denn aufgrund des absehbaren Energiemixes und der Möglichkeit der dezentralen Erzeugung, Speicherung und Bereitstellung von Energie durch Gebäude wird das Thema Energiemanagement zur Effizienzsteigerung eine herausragende Rolle spielen.
Die qualifizierte Beratung durch Fachkräfte des Handwerks ist entscheidend für die Steigerung der Energieeffizienz, denn das Fachhandwerk genießt großes Vertrauen bei den Bürgern. Der individuelle Sanierungsfahrplan ist dabei der Königsweg zur wirksamen Steigerung der Gebäudeeffizienz, und die Fachunternehmerbescheinigung ist ein wirksames und funktionierendes Instrument zur Qualitätssicherung, das auf allen Ebenen als solches anerkannt werden sollte.
Der enorme Fachkräftebedarf im Klimahandwerk muss in der Leistungsfähigkeit und im gesellschaftlichen Ansehen von der dualen Ausbildung bis zur höheren Berufsbildung gestärkt werden. Daher ist es wichtig, dass jungen Menschen ein Berufslaufbahnkonzept im Klimahandwerk kommuniziert wird, das im Vergleich zu einem hochschulischen Bildungsweg ebenfalls attraktive Perspektiven bieten kann. (TD)
„Etwa zweimal monatlich soll es eine Gesprächsrunde der beteiligten sechs Verbände geben.“
Bild: TD / SBZ
6 Verbände, 1 Ziel: im politischen Berlin deutlich sichtbarer zu werden und mit einer Stimme für die Klimahandwerke gegenüber den Akteuren zu sprechen. Den Beschluss fassten die Spitzen- vertreter der verschiedenen Berufsorganisationen zur ISH, unter Beteiligung u.a. des ZVSHK. Und noch mehr ZVSHK: Der Hauptgeschäftsführer musste gehen.