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Abtauen ohne Komfortverlust

Die Abtauung von Wärmeübertragern gehört in der Kälte- und Klimatechnik seit jeher zum Alltag. In der Heiztechnik dagegen sind Abtauprozesse und ihre Auswirkungen erst durch den breiten Einsatz von Luft/Wasser-Wärmepumpensystemen in das Bewusstsein der Anwender gerückt. Doch wie entsteht überhaupt eine Eisschicht auf den Wärmetauschern? Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig, sich die Vorgänge in Außengeräten von Luft/Wasser-Wärmepumpen anzusehen. Um Energie aus der Außenluft gewinnen zu können, wird diese über einen Ventilator angesaugt und durch einen Wärmeübertrager (Verdampfer) geführt. In diesem fließt Kältemittel, das stets kälter sein muss als die Außenluft selbst. Nur so kann entsprechend der physikalischen Gesetze zur Wärmeübertragung Energie auf das Kältemittel übergehen. Innerhalb des Wärmeaustauschers ist das Kältemittel zweiphasig, also ein Gemisch aus Flüssigkeit und Dampf. Die gewonnene Wärme dient zur Verdampfung der flüssigen Phase. Die aufgenommene Wärme wird im darauf folgenden Verdichtungsprozess auf ein nutzbares Niveau für die Beheizung angehoben.

Weil das Gemisch im Wärmetauscher eine geringere Temperatur als die Umgebung haben muss, schlägt sich bei entsprechender Luftfeuchtigkeit Kondenswasser auf den Lamellen nieder, wenn der Taupunkt unterschritten wird. Sobald der Wärmetauscher Temperaturen unter 0 °C aufweist, gefriert diese Feuchtigkeit. Auf dem Wärmetauscher entsteht nach und nach eine geschlossene Eisschicht. Besonders intensiv ist dieser Prozess im Temperaturkorridor der Außenluft von + 5 °C bis – 3 °C. Bereits bei einer Außentemperatur von + 5 °C sollte das Kältemittel beispielsweise eine Verdampfungstemperatur von – 5 °C haben. Weil bei rund 5 °C Außentemperatur die Luft in der Regel eine besonders hohe absolute Feuchte hat, schlägt sich am Wärmetauscher eine größere Menge Kondensat nieder. Sinkt die Außentemperatur dagegen z. B. auf – 15 °C ist der absolute Feuchtegehalt der Luft äußerst gering und eine Abtauung ist nur noch sehr selten erforderlich.

Vor allem im kritischen Temperaturkorridor entsteht auf den Wärmetauschern von Luft/Wasser-Wärmepumpen also eine Eisschicht, die kontinuierlich weiter wächst. Ist der Wärmetauscher vollständig mit Eis überzogen, wird der Wärmeübergang stark behindert, weil das Eis als Isolationsschicht wirkt. Die Leistung der Wärmepumpe sinkt rapide ab und sie kann in Extremsituationen auch beschädigt werden.

Die gleiche Systematik spielt sich natürlich nicht nur in Wärmepumpen, sondern auch in Klima- und Kälteanlagen ab. Hier sind die gleichen physikalischen Grundbedingungen anzutreffen. Abhilfe bieten verschiedene Verfahren zur Abtauung, die im folgenden beschrieben werden.

1. Umluftabtauung nur in Kühlhäusern

Ausschließlich in der reinen Kältetechnik kommt das Verfahren der Umluftabtauung zum Einsatz. In einem Normal-Kühlraum wird für die notwendige Abtauung die Kältemaschine vorübergehend abgeschaltet und einfach die im Raum vorhandene Luft für einen gewissen Zeitraum über den Wärmetauscher geführt, ohne dass dieser von Kältemittel durchflossen wird. Weil die Luft etwas wärmer als die Oberfläche des Wärmetauschers ist, taut diese das Eis langsam ab. Der klare Vorteil: Es wird kaum Energie für die Abtauung verwendet. Der Nachteil ist der oft lange Zeitaufwand. Darüber hinaus fehlt dem Kühlraum die von den Maschinen ansonsten zur Verfügung gestellte Kälteenergie. Die Kosten und der Regelungsaufwand dieser Abtauvariante sind gering.

2. Elektrischer Heizstab – schnell aber teuer

Ebenfalls fast ausschließlich in der Kältetechnik wird das Verfahren der Abtauung über einen elektrischen Heizstab verwendet. Hierbei wird ein elektrischer Heizstab im Wärmetauscher verbaut und bei Bedarf aktiviert. Die Abtauung ist äußerst schnell und zuverlässig – aber letztendlich durch den hohen energetischen Einsatz kaum noch eine tragfähige Alternative.

3. Heißgasabtauung – effizient,aber auch aufwendig

Sowohl bei Wärmepumpen als auch Klimaanlagen wird die Heißgasabtauung verwendet. Dabei wird das Heißgas nach dem Kompressionsvorgang nicht zum Verflüssiger geführt, sondern über den Verdampfer, sprich den Wärmetauscher geleitet. Dafür muss konstruktiv hinter den Kompressor ein Bypass zum Verdampfer gesetzt werden. Der konstruktive Aufwand dafür ist jedoch vergleichsweise hoch. Die Abtauung ist sehr sicher und schnell, da das Heißgas in der Regel Temperaturen von rund 80– 90 °C aufweist. Auch die energetische Bilanz stellt sich besser dar, als bei einem elektrischen Heizstab, denn die hier verwendete Wärme wurde immer mit einem COP oberhalb 1 hergestellt. Mit einem COP von 1 wird bestenfalls ein elektrischer Heizstab bewertet, weil dieser elektrische Energie 1:1 in Wärme umsetzt.

4. Prozessumkehr führt oft zu Komfortverlusten

Relativ häufig wird in der Klimatechnik die Methode der Prozessumkehr eingesetzt. Hierfür wird einfach der Kältekreislauf „umgedreht“ und statt des Kondensators im Außengerät werden die Innengeräte zum Verdampfer. Dadurch wird nicht mehr der Außenluft, sondern der Raumluft im Gebäude Wärme entzogen. Mit dieser Energie wird dann der Wärmetauscher im Außengerät abgetaut. In ihrer energetischen Bilanz ist die Prozessumkehr vergleichsweise gut aufgestellt. Auch die technische Voraussetzung – ein 4-Wege-Ventil – ist bereits in den Geräten in der Regel vorhanden. Mehrinvestitionen sind dadurch nicht erforderlich. Problematisch ist der Wärmeentzug in den Räumen. Früher wurde hierfür sogar abgekühlte Luft in die Räume eingebracht. Das ist unter Komfort-Gesichtspunkten heute kaum noch denkbar. Deswegen werden bei der Abtauung mit der Prozessumkehr die Ventilatoren in den Innengeräten ausgeschaltet und die notwendige Energie aus dem Kältemittel gezogen. Die Abtauung dauert dadurch zwar länger, ist aber auch deutlich komfortabler.

5. Abtauen mit dem Heizungswasser

Die direkte Abtauung mit Heizungswasser ohne den Einsatz eines Pufferspeichers wird teilweise bei Wärmepumpen eingesetzt. Hierbei wird das Wasser des Heizkreislaufs über einen Plattenwärmetauscher geleitet. Diese Lösung erfordert jedoch aus verschiedenen Gründen eine fundierte Fachkenntnis, denn denkbar wäre es beispielsweise, dass Heizungswasser entweder aus den falschen Bereichen entzogen wird oder gar nicht zur Verfügung steht. Deswegen müssen hierbei hydraulische Lösungen wie Überströmventile oder eine hydraulische Weiche an den entsprechenden Stellen in das Heizsystem integriert werden. Hier sollten dringend die Planungshinweise des jeweiligen Herstellers beachtet werden, weil es im Extremfall zum Bruch des Wärmetauschers durch gefrierendes Wasser kommen könnte. Wird diese Form der Abtauung sachgemäß umgesetzt, ist sie relativ schnell, lässt sich aber nicht ohne Komfortverlust durchführen.

6. Pufferspeicher zum Abtauen anzapfen

Das gängigste Verfahren der Abtauung bei Wärmepumpen ist heute der Einsatz von Energie aus einem Pufferspeicher. Dafür wird dem Pufferspeicher zur Abtauung des Wärmetauschers im Außengerät Energie entzogen. Bedingt durch die Trägheit eines Wassersystems zur Beheizung und der vergleichsweise großen Speichermasse – egal ob beim Einsatz von Radiatoren oder Fußbodenheizungen – ist der Wärmekomfort sehr hoch. Die Abtauung an sich lässt sich zügig und sicher durchführen. Abhängig ist dies jedoch auch vom eingesetzten Kompressor. Bei einem konventionellen Klimagerät bzw. einer Wärmepumpe werden etwa 10 Minuten für die Abtauung kalkuliert. Anschließend startet der Kompressor wieder in den Normalbetrieb und es sind weitere 5 bis 7 Minuten erforderlich, um die Betriebstemperatur zu erreichen.

Im Vergleich dazu schließen beispielsweise Zubadan-Kompressoren ihre Abtauung nach rund 3 Minuten ab und benötigen dann 5 bis 7 Minuten, um wieder die gewünschte Leistung zu erbringen, wie Michael Lechte, Leiter Produktmarketing bei Mitsubishi Electric, Living Enviroment Systems, mitteilt. Allerdings werde dieses Verfahren nicht generell für alle Wärmepumpen und Klimageräte des Herstellers eingesetzt, vielmehr werde je nach Anforderungskatolog das jeweils günstigste Verfahren gewählt.

Frage nach dem optimalen Zeitpunkt

Auch dieses Problem wird mit verschiedenen Verfahren gelöst. In Tiefkühlhäusern werden beispielsweise Piezo- oder fotooptische Elemente eingesetzt, die einen Hinweis darauf geben, inwieweit die Reif- oder Eisschicht den Wärmetauscher bedeckt. Es handelt sich hierbei um einfachste Verfahren, die durch das Schließen oder Unterbrechen eines Kontaktes die Abtauung auslösen. Eine alternative Möglichkeit ist die feste Einstellung von Abtauzyklen nach Erfahrungen des jeweiligen Anlagenbauers. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, wird durchweg großzügig kalkuliert und dadurch die Wirtschaftlichkeit der Gesamtanlage gesenkt. In der Klimatechnik wird in den meisten Fällen ebenfalls periodisch abgetaut. Die Regelung registriert jedoch die allgemeine Laufzeit und Frequenz des Kompressors in Abhängigkeit der Umweltdaten und leitet aus diesen Daten die Notwendigkeit der Abtauung ab.

In modernen Wärmepumpen mit der Zubadan-Technologie hingegen wird beim Beginn der Heizperiode zunächst in festen Zeitabständen abgetaut. Parallel wird beim Abtauvorgang die Oberflächentemperatur des Wärmetauschers gemessen und beim Erreichen einer flexiblen Zieltemperatur von seiner Eisfreiheit ausgegangen. Je nach der Länge dieses Zeitintervalls wird dann die darauf folgende Abtauung entweder später oder früher stattfinden. So ergibt sich im Tagesablauf unter allen Betriebszuständen eine bedarfsgerechte und sichere Bedarfsabtauung mit hoher Wirtschaftlichkeit.

Mehr Effizienz und Komfort bei der Abtauung

Professionelle Klimatisierungssysteme für gewerbliche Lösungen auf Basis der VRF-Technologie werden immer häufiger als monovalente Anlagen eingesetzt. Diese übernehmen dann sowohl die Kälte- als auch Wärme- und Warmwasserversorgung eines Gebäudes. Die Gründe dafür sind vielfältig und überzeugend – sowohl auf Seiten der Investitions- als auch der Betriebskosten, können aber nicht Gegenstand dieses Beitrages sein. In Bürohäusern, Ladengeschäften oder öffentlichen Gebäuden bilden oft deutlich weitergehende Anforderungen die Planungsgrundlage für Systeme der Klima- und Heiztechnik als in privaten Anwendungen. So sind in den Filialen zahlreicher Laden-Ketten, die ausschließlich noch auf die VRF-Technik setzen beispielsweise Türluftschleier im Einsatz. In der Abtauphase der VRF-Anlage könnten diese Türluftschleier ihre Funktion nicht mehr wahrnehmen und kalte Luft würde ungehindert in das Ladengeschäft strömen.

Hierfür halten Hersteller ebenfalls verschiedene Möglichkeiten bereit, wie sich die notwendige Abtauphase überbrücken lässt, ohne dass es zu einem Komfortverlust kommt. Konventionelle Lösungen arbeiten auf der Basis eines Latent-Wärmespeichers, der konstant mit Heißgas versorgt und so aufgeladen wird. Der Vorteil: Es wird Energie gespeichert, die im Bedarfsfall abgerufen werden kann. Doch die Nachteile überwiegen: Die gespeicherte Energie senkt die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems – z. B. über Bereitschafts-Energieverluste. Darüberhinaus ist der investive Aufwand höher als bei einem einfachen VRF-System.

Innovative Verfahren setzen hier auf die konstruktive Teilung des Wärmetauschers in zwei separate Module, die im zeitlich getrennten Rhythmus abgetaut werden. Während hierbei eine Hälfte des Wärmetauschers abgetaut wird, kann die andere Hälfte weiterhin Wärme produzieren. Der Nachteil: Die gesamte Abtauzeit verlängert sich natürlich. Der Vorteil liegt jedoch klar auf der Hand: Auch bei einer nur 50-prozentigen Leistung der Anlagentechnik kann noch genügend Wärme produziert werden, ohne dass ein Komfortverlust in Kauf genommen werden muss. „Diese Konstruktion ist einfach die logische Konsequenz aus der Tatsache, dass unsere Anlagentechnik mittlerweile in großen Stückzahlen monovalent eingesetzt wird“, so Lechte dazu.

Fazit

An Wärmetauschern der Außeneinheiten von Klimageräten oder Wärmepumpen bilden sich bedingt durch physikalische Prozesse in einem bestimmten Temperaturkorridor Reif- bzw. Eisschichten. Ist der Wärmetauscher vollständig mit Eis überzogen, wird der Wärmeübergang stark behindert und die Wirtschaftlichkeit sinkt rapide. In Extremsituationen könnte der Wärmetauscher sogar irreversibel beschädigt werden. In periodischen Abtauphasen wird der Wärmetauscher deswegen automatisch von der Eisschicht befreit. Hierzu sind verschiedenste Verfahren im Markt bekannt, die auf die jeweils individuellen Anforderungen hin optimiert worden sind. Fachhandwerker und Anlagenbauer müssen diese Abtauprozesse in die Planung und Ausführung einer Wärmepumpenanlage oder klimatechnischer Geräte einbeziehen.

Autor

Dipl.-Kfm. Martin Schellhorn ist Fachjournalist und Inhaber der Fachpresseagentur Kommunikationsmanagement Schellhorn,

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