Die 10. Deutsche Wärmekonferenz konnte als wichtiger SHK-Branchentreff einen optimalen Termin platzieren: Seit der Veröffentlichung des Klimapakets der Großen Koalition am 20. September 2019 waren gerade mal dreieinhalb Tage vergangen. Das reichte den austragenden Spitzenverbänden BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie), DG Haustechnik (Deutscher Großhandelsverband Haustechnik) sowie dem ZVSHK zu einer Bewertung von Eckpunkten, die das Klimakabinett für den Wärmemarkt festgelegt hat.
Die Gelegenheit in Berlin hätte nicht besser sein können, um gemeinsam gegenüber der Politik das zur Sprache zu bringen, was die SHK-Branche bei der Umsetzung der ehrgeizigen Klimaziele für bedeutsam hält.
Mit der Politik im Gespräch
Als eine Art Pflichttermin nutzten auch die im Parlament vertretenen sechs Parteien die Veranstaltung mit 200 Teilnehmern, um mit den für die Energiewende wichtigen Umsetzern ins Gespräch zu kommen. In der dafür angesetzten Podiumsdiskussion mit dem Titel „Wärmewende 2030 – ziehen wir alle an einem Strang?“ war jeweils ein Repräsentant der Parteien vertreten, sodass die teils konträren Vorstellungen der Regierungs- und Oppositionsparteien zur Sprache kommen konnten.
Und auch Staatssekretär Thomas Bareiß, im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) unter anderem zuständig für die Modernisierung des Gebäudebestands, nutzte die Konferenz, um die in puncto Heizungsmodernisierung noch unpräzisen Aussagen des Klimapakets aus seiner Sicht etwas genauer auszulegen.
Dringender Handlungsbedarf
ZVSHK-Präsident Michael Hilpert stellte in einem Statement heraus, dass sich Kanzlerin Angela Merkel bereits 2007 mit einem integrierten Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung feiern ließ, jedoch in den darauffolgenden zwölf Jahren nicht auf wirksame Mittel zur Umsetzung gedrängt hat. Nicht frei von Skepsis konstatierte er deshalb: „Die Zeit der folgenlosen politischen Ankündigungen ist endgültig abgelaufen. Diese haben unsere Bürger nur verunsichert. Klimainvestitionen müssen planbar und Förderbedingungen verlässlich sein. Unsere Betriebe bekommen bereits jetzt deutlich zu spüren, dass ihre Kunden sich zurückhalten. Aufträge werden geschoben oder zunächst nicht ausgeführt, bis künftige Rahmenbedingungen dafür klar sind.“
Wichtige Erklärungen pro Wärmewende
Die Aussichten, dass bald von politischer Seite für die Modernisierung im Gebäudebestand wirksame (finanzielle) Mittel in bedeutendem Ausmaß eingesetzt werden, stimmten BDH-Präsident Uwe Glock optimistisch: „Mit dem Klimaschutzplan 2030 setzt die Bundesregierung ein starkes Zeichen pro Wärmewende. Sowohl die im Eckpunktepapier genannten steuerlichen Anreize als auch die Austauschprämie sind geeignete Instrumente, um den Modernisierungsmarkt endlich in Gang zu bringen. Es bedarf seitens der Politik nun der zügigen Konkretisierung der skizzierten Maßnahmen.“
Früher Starttermin noch nicht festgelegt
Auf der Tagung wurde in etlichen Wortmeldungen davor gewarnt, dass sowohl der Starttermin als auch die detaillierten Ausarbeitungen der für die Förderpolitik nötigen Verordnungen im politischen Diskurs bis weit ins Jahr 2020 hinein auf sich warten lassen könnten. Staatssekretär Thomas Bareiß ging in seiner Rede auf diese Befürchtungen ein und stellte in Aussicht, dass geplante Maßnahmen frühzeitig wirksam werden können: „Wir wollen erreichen, dass die Investitionen im Rahmen des Klimaschutzpakets bereits ab dem 1. Januar 2020 gefördert werden.“
CO2-Minderungspotenzial im Gebäudebereich
Welch bedeutender Handlungsbedarf für die Heizungsmodernisierung besteht, verdeutlichten die drei Verbände in Zahlen und zeigten gleichzeitig das enorme CO2-Minderungspotenzial im Wärmemarkt auf – nachfolgend nur einige Punkte:
- Mit 800 TWh verbrauchen die Deutschen ein Drittel der Energie nur für das Heizen und für Warmwasser.
- Knapp 21 Millionen Heizungen versorgen die Bevölkerung mit Wärme und Warmwasser. Aber 12 Millionen dieser Kessel sind völlig veraltet, verbrauchen zu viel Erdgas oder Heizöl und emittieren deutlich zu viel CO<sub>2</sub>.
- Wird ein alter Kessel gegen moderne Heiztechnik getauscht, können im Durchschnitt ca. 2,7 t CO<sub>2</sub> pro Jahr eingespart werden. Multipliziert man die 2,7 t mit den 12 Millionen Altanlagen, so ergibt sich ein gesamtes Einsparpotenzial von 32 Millionen t pro Jahr.
Reizthema: Verbot für die Ölheizung
Doch welche Heiztechnik dabei zum Einsatz kommen soll – und welche nicht –, brachte Zündstoff in den Saal. Vor allem das im Eckpunktepapier des Klimapakets genannte pauschale Verbot von Ölheizungen ab dem Jahr 2026 taugte als Reizthema. Dabei wiesen die Beiträge in den Auseinandersetzungen auf dem Podium klar in eine Richtung: Die Politik solle nicht durch ein Verbot einzelner Energieträger auf den Wärmemarkt Einfluss nehmen, sondern sich technologieübergreifend auf die Bedeutung der CO2-Minderung fokussieren.
Vor allem in ländlichen Regionen gebe es oft keine Alternative zur Ölheizung. Statt für eine Verunsicherung bei den Immobilienbesitzern zu sorgen, sei es an der Zeit, deutlich zu machen, dass das System Ölheizung heute durch Effizienzsteigerung, Hybridtechnik bzw. Einbindung von regenerativen Energien einen wichtigen Beitrag bei der Wärmewende leisten kann.
Förderpolitik jährlich auf dem Prüfstand
Ging es argumentativ auf der einen Seite um Verbote, die Ölheizung bereits in wenigen Jahren und alle fossilen Energieträger spätestens in zwei Jahrzehnten abzuschaffen, plädierte die Gegenseite in den Diskussionen dafür, auf geplante intelligente Marktmechanismen zu vertrauen. Schließlich solle jährlich überprüft werden, ob die Anstrengungen für die Klimaziele bis 2030 bereits als ausreichend angesehen werden können oder ob kurzfristig nachgebessert werden müsse.
Weil im Gebäudesektor ab 2030 nur noch 72 Millionen t CO2 pro Jahr emittiert werden dürfen, müsse man möglichst zeitnah mit der Umsetzung beginnen. Dazu gehöre eine leicht durchführbare Beantragung von Fördergeld sowie eine allgemein verständliche Kommunikation, die bei den Investoren Signalwirkung auslösen könne. Darüber bestand weitgehend Konsens auf der Tagung. Schließlich gehe es darum, die Austauschrate von jährlich etwa 600 000 Heizsystemen zu verdoppeln, um die ambitionierten Klimaziele verwirklichen zu können.
Förderung, CO2-Bepreisung und Ordnungsrecht
Behält die Politik bei der weiteren Ausarbeitung des Klimaschutzprogramms den eingeschlagenen Kurs bei, wird es für den Bereich Bauen und Wohnen einen Mix aus verstärkter Förderung, CO2-Bepreisung sowie aus ordnungsrechtlichen Maßnahmen geben. Die Spitzenverbände der Heizungswirtschaft boten sich den politischen Entscheidern als Gesprächspartner an, um in den kommenden Jahren möglichst effektiv die Wärmewende auf Kurs zu halten. Drei Prämissen wird eine hohe Bedeutung beigemessen:
- Möglichst viele erneuerbare Energien müssen zum Einsatz kommen.
- Es muss Technologieoffenheit bestehen.
- Modernisierungsmaßnahmen müssen bezahlbar sein.
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Auf einen Blick
Noch ist das Klimapaket für den Bereich Bauen und Wohnen erst in Eckpunkten definiert. Deutlich wird, dass es einen Mix aus verstärkter Förderung, CO2-Bepreisung sowie aus ordnungsrechtlichen Maßnahmen geben soll. Bei der Umsetzung für die Modernisierung betagter Wärmeerzeuger drängen die drei Spitzenverbände der Heizungswirtschaft auf den Starttermin 1. Januar 2020, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Auch geht es um Technologieoffenheit, um dem großen CO2-Minderungspotenzial im Wärmemarkt durch individuell angepasste Systeme begegnen zu können.
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Was die Verbände vereinbart haben
Auszüge aus der offiziellen Erklärung der Heizungsbranche vom 24. September 2019 zum Klimaschutzpaket der Großen Koalition:
- Die drei Spitzenverbände BDH, DG Haustechnik sowie ZVSHK sehen die Entscheidung der Bundesregierung, zusätzlich zu den steuerlichen Anreizen eine Austauschprämie für ineffiziente Heizungen in Höhe von 40 % der Investitionssumme einzuführen, ebenfalls als grundsätzlich positiv. Dass diese Austauschprämie nicht nur, wie vorher befürchtet, für den Heizkessel allein, sondern für den Gesamtbereich „neuer effizienter Heizsysteme“ gelten soll, trägt eindeutig die Handschrift der Heizungsbranche und ist somit inhaltlich und von der Sache her zu begrüßen.
- Die drei Verbände fordern die Bundesregierung auf, im Prozess der Konkretisierung der Eckpunkte die Kompetenz der Heizungsbranche vollumfänglich einzubeziehen. BDH, ZVSHK und DG Haustechnik stehen für diesen nunmehr rasch durchzuführenden Konkretisierungsprozess zur Verfügung.
- Um die angestrebten CO<sub>2</sub>-Minderungsziele für das Jahr 2030 zu erreichen, muss das Austauschtempo ineffizienter Heizungsanlagen deutlich gesteigert werden. Erforderlich ist die Verdopplung der jährlichen Austauschzahl von heute 600 000 Altanlagen.
- Maßnahmenvorschläge: die Schaffung steuerlicher Anreize für Effizienzinvestitionen im Gebäude sowie eine Abwrackprämie für ineffiziente Heizkessel. Wichtig hierbei ist ein technologieoffener Ansatz, der Modernisierungen im gesamten Spektrum moderner Anlagentechnik für alle Energieträger fördert und nicht auf Maßnahmen beschränkt, die gegebenenfalls regional nicht umsetzbar oder für Investoren zu unwirtschaftlich werden können.
- Die Heizungswirtschaft erwartet von der Politik jetzt eine schnelle Umsetzung der einzelnen Vorschläge in entsprechende Vorgaben und Gesetze.
- Um die notwendige Akzeptanz potenzieller Anlagenmodernisierer zu finden, ist es für Hersteller, Handwerk und Großhandel zwingend erforderlich, diese Vorgaben attraktiv, unbürokratisch, verstetigt und technologieoffen zu gestalten.
Soll eine wirksame Klimapolitik tatsächlich die CO2-Minderungspotenziale von 32 Millionen t erschließen, bedarf es der Nutzung aller vorhandenen technischen Optionen, die von der Europäischen Union mindestens das Energielabel A tragen: Brennwerttechnik, Wärmepumpen, Solarthermie, Holzkessel sowie Photovoltaik und Brennstoffzellen – und zukünftig Green Gases und Green Fuels.
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Das Wichtigste aus dem Klimapaket
Für den Wärmebereich und damit für die Heizungswirtschaft sind folgende Punkte von besonderer Bedeutung:
- Der Preis für den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO<sub>2</sub> sowohl im Verkehr als auch bei Gebäuden soll ab 2021 über einen Handel mit Zertifikaten geregelt werden.
- Es wird mit der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) eine neue Förderstruktur eingeführt. Sie soll alle bisherigen Förderprogramme (und Anträge) vereinheitlichen, die finanziellen Mittel werden aufgestockt.
- Eine steuerliche Förderung soll 2020 kommen.
- Wer seine alte Öl-/Gasheizung gegen ein klimafreundlicheres Modell auswechselt, soll mit bis zu 40 % der Kosten gefördert werden – diese Sonderförderung findet sich im BEG unter Austauschprämie für alte fossil betriebene Heizungen (40 % Förderanteil).
- Der Einbau neuer Ölheizungen soll bereits ab dem Jahr 2026 verboten sein – Ausnahme: Hybridsysteme. Das Eckpunktepapier des Klimaschutzprogramms 2030 kündigt an, den Einbau neuer Ölheizungen ab 2026 nicht mehr zu gestatten „in Gebäuden, in denen klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist“.
- Serielles Bauen soll gefördert werden (dies soll auch die standardisierte Installation von Anlagentechnik berücksichtigen).
- Die Energieberatung soll höhere Bedeutung bekommen.
- Die Verbraucher-Werbekampagne „Deutschland macht’s effizient“ wird in der Öffentlichkeitsarbeit die Bürger zielgruppengenauer ansprechen.
ZUR SACHE
Die Position des SHK-Handwerks
Welche Erwartungen der ZVSHK mit dem Klimapaket der Großen Koalition verknüpft und welche Aufgaben dabei das Fachhandwerk übernehmen wird, macht Präsident Michael Hilpert deutlich.
SBZ: Wie bewertet das Heizungsbauerhandwerk das vorgestellte Maßnahmenpaket des Klimakabinetts?
Michael Hilpert: Grundsätzlich sind wir zunächst erleichtert, dass endlich konkrete Maßnahmenvorschläge auf dem Tisch liegen. Diese müssen jetzt so schnell wie möglich zu Gesetzen und Verordnungen werden. Denn unsere Kunden sind nach den ständigen Ankündigungen der letzten Monate mehr als verunsichert. Sie wollen wissen, woran sie sind, wenn sie uns ihre Aufträge zur Heizungsmodernisierug geben.
Die jetzt beschlossene Einführung einer unbürokratischen steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung haben wir seit Jahren gefordert. Sie ist nach den Erfahrungen der Branche wirklich der ausschlaggebende Anreiz für Investoren, Gebäude klimaschonender auszustatten. Dazu gehört primär auch die Heizungsanlage. In Kombination mit der Abwrackprämie für alte und ineffiziente Heizkessel sollte diese Maßnahme des Klimaschutzpaketes tatsächlich zu der beabsichtigten Verdoppelung der Sanierungsquote im Heizungskeller führen.
SBZ: Die Politik drängt bei der Emissionsreduktion jetzt zur Eile. Es kommt also zeitnah eine Menge Arbeit auf Ihre Betriebe zu. Kann das Heizungsbauerhandwerk vor dem Hintergrund eines akuten Fachkräftemangels diese Herausforderung überhaupt meistern?
Hilpert: Also, am Handwerk wird die Umsetzung der Energiewende im Wärmemarkt gewiss nicht scheitern. Der Vorwurf, das Handwerk käme aus Personalmangel nicht mit seiner Arbeit hinterher, geht an der Wirklichkeit vorbei. Für unsere Kunden fehlte bisher ein verlässlicher Anreiz, ältere, aber noch funktionsfähige Heizungen zu ersetzen.
Verunsichert durch ein ständiges Ankündigungsfeuerwerk der Politik in Sachen Förderung, Abschreibung oder Austauschprämien, haben Kunden abgewartet und ihr Geld in die Badsanierung gesteckt. Wenn sich die Nachfrage jetzt dreht, werden unsere Betriebe eben eine Zeit lang mehr Heizungen installieren als Bäder einbauen.