Für die Vorführung an der neu errichteten Abwasserwand reicht ein Fingertipp auf dem Tablet: Das löst bei zwei benachbarten wandhängenden WCs in drei Metern Höhe an der Demowand jeweils die gleiche Spülmenge aus. Die Zuschauer können genau verfolgen, wie das Wasser durch die gläsernen Abflussleitungen gespült wird und jeweils den Weg des geringsten Widerstands nimmt. Beim einen Abwasserstrang, der fachgerecht installiert ist, stimmt alles und der Job ist in wenigen Sekunden erledigt.
Die Spülmenge und die Dimensionierung der Rohrleitung, die Formteile im Leitungsnetz, der Füllgrad bzw. die nötige Belüftung, das Gefälle und die Einleitung über eine Rückstausicherung in den öffentlichen Kanal sind hier fachmännisch aufeinander abgestimmt und installiert. Das Ergebnis ist ein rückstandsloses Ausspülverhalten, denn auch etliche wohldosierte weiche Bällchen, mit denen sich Fäkalien simulieren lassen, sind über die gesamte Leitungslänge transportiert worden.
Montagefehler und ihre Wirkung
Dagegen geht es im benachbarten Strang sichtbar komplizierter zu. Über die gesamte Leitungslänge können typische Montagefehler unterschiedlicher Art wirksam werden. Mal könnte die Störung durch eine fehlende Belüftung im Fallstrang hervorgerufen sein und damit auch von einem Azubi im dritten Lehrjahr erkannt werden. Mal könnten gleich mehrere Baufehler zugrunde liegen, sodass auch Meisterschüler mit ihrem Know-how gefordert wären, um Ursachen und Wirkungen zu definieren. Dies kann der jeweilige Ausbilder für seinen Unterricht an der Anlage individuell vorbereiten.
Warum gurgelt es?
Während der offiziellen Inbetriebnahme sorgte die 5 x 4 m große Demonstrationsanlage im Kompetenzzentrum der Kölner SHK-Innung für allgemeines Erstaunen unter den Zuschauern. Denn was sonst stets im Verborgenen abläuft (oder eben auch nicht) und sich in der Gebäudeinstallation allenfalls durch Gluckern, Gurgelgeräusche oder einen Stau zu erkennen gibt, lässt sich durch die gläsernen Leitungen nachverfolgen. Solche Bilder sind erheblich einprägsamer als graue Theorie. Aus Fehlern lässt sich lernen.
Inspiriert von Demoanlagen, die ursprünglich von Geberit entwickelt und mittlerweile an wenigen Standorten in der Schweiz und in Deutschland gebaut wurden, entschied sich die Kölner Innung vor gut einem Jahr ebenfalls dafür, eine solche Anlage für den speziellen Bedarf in ihrem Kompetenzzentrum installieren zu lassen.
Mit der Investition von 90 000 Euro für die Demowand einschließlich der Entwicklung der dafür nötigen Software zur Steuerung einzelner Entwässerungskomponenten habe sich die Technik zwar kaufen lassen, erläuterte Jörg Wermes, der Leiter des Kompetenzzentrums. Doch neben der Bausumme, für die entsprechende Rücklagen gebildet werden mussten, würden jedes Jahr auch Wartungskosten entstehen. Wermes nennt Gründe: „Die Glasleitungen sowie die zahlreichen Behälter müssen turnusmäßig gereinigt werden. Das ist teilweise mit erheblichem Aufwand verbunden. Auch ein umfangreiches Update der Anlagensteuerung ist bereits nach drei Monaten nötig geworden, weil wir zusammen mit der Firma, die sich auf den Bau solcher Demoanlagen spezialisiert hat, sowohl die Bedienung als auch die Variabilität verbessern konnten.“
Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit
In der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung können sich maximal 14 Teilnehmer mit der Abwasserwand auseinandersetzen, doch in einem Workshop oder einer Demoveranstaltung passen durchaus auch 20 Personen oder mehr in den neu eingerichteten Ausbildungsraum. Die Premiere fiel Mitte September 2018 zeitlich auf den mittlerweile dritten Monteurstag der Kölner Innung – eine Veranstaltung, auf der sich Hersteller der SHK-Branche sowie Gesellen (und die es werden wollen) treffen und an zahlreichen Infoständen fachsimpeln können. Hauptattraktion war da natürlich die Abwasserwand und ihre Möglichkeiten.
Jörg Wermes, Schulungsleiter Klaus Dieter Schulz sowie der Kölner SHK-Obermeister Marc Schmitz zeigten sich offen dafür, die Demoanlage zukünftig auch für Inhouse-Schulungen von Herstellern zur Verfügung zu stellen. Möglich seien auch Infoveranstaltungen für Hausbesitzer, die sich über effektive Sanierungsmaßnahmen von Gebäude- und Grundstücksentwässerungen bis hin zur Rückstausicherung ein Bild machen wollen. Zum Kostenrahmen stellte Wermes klar: „Allein über unsere Ausbildungsarbeit im Kompetenzzentrum lässt sich diese Investition nicht refinanzieren.“
Im Interview auf der nächsten Seite spricht Jörg Wermes über den weiteren Nutzen der Anlage und über die Situation in der SHK-Ausblidung an sich.
Info
Das Ausbildungszentrum
Die Kölner SHK-Innung sorgt in ihrem Ausbildungszentrum dafür, dass sich Lehrlinge, Umschüler und angehende Meister in Theorie und Praxis auf ihre Aufgaben als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik vorbereiten können. Die Voraussetzungen dafür sind so komfortabel, dass die Einrichtung innerhalb der SHK-Organisation den Rang eines Kompetenzzentrums für Gebäude- und Energietechnik einnimmt. Seit sieben Jahren leitet Betriebswirt Jörg Wermes dieses bedeutende Aus- und Weiterbildungszentrum mit einem 17-Personen-Team.