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Beratung, die überzeugt

Beraten heißt auch: ab-raten

Der Kunde will immer verstehen, weshalb eine bestimmte Anlage oder ein angebotenes System gerade für ihn optimal ist. Erhält er keine Erklärungen, entstehen Vermutungen und Vorurteile. Bei optimaler Beratung darf die Begründung also nicht fehlen. Beraten heißt mehr, als nur Informationen zu liefern, die der Kunde auch im Internet findet.

Hat der Berater mehrere Vorschläge, sollte er nicht mit der optimalen Lösung starten. Erfahrungen zeigen, dass Kunden bei größeren Investitionen den zweiten oder dritten Vorschlag aus psychologischen Gründen eher annehmen als den ersten.

Informationen und ihre ­Bedeutung

Es wird in der Beratung zwischen drei Arten von Informationen unterschieden. „Muss-Informationen“: Sie zählen zu den Basics der Beratung, sind zukunftsbezogen und haben einen hohen Nutzwert für den Kunden. Der Nichterhalt wirkt sich nachteilig aus, kann spätere Reklamationen verursachen. Wegen der besonderen Bedeutung können diese Infos auch durch Abbildungen und Skizzen übermittelt werden. „Kann-Informationen“: Sie werden meist auf Kundenanfragen erteilt. Das Fehlen einer Kann-Information muss sich nicht nachteilig auswirken. Kann-Informationen können sogar belastend sein, wenn sie keinen direkten Nutzwert haben, und werden als Overkill gesehen.

„Plus-Informationen“: Das sind Kommentare und zusätzliche Hinweise. Sie sind das i-Tüpfelchen, der Berater glänzt mit Fachwissen, wenn er Hintergrundinformationen liefert, die der Wettbewerb nicht bietet. Sie sind die Details im Gespräch, die den Kunden beeindrucken, weil nur der erfahrene Mitarbeiter darüber verfügt.

Bei Neukunden sind Referenzen eine gute Unterstützung bei der Beratung. Referenz­adressen sollten aber aktuell sein, sie können online über die Homepage vermittelt werden.

Zur fachkompetenten Beratung gehört Präzision. Schon in der Anfrage geben Kunden häufig Grenzwerte vor. Viele Berater drücken sich vor präzisen Angaben aus Angst vor späteren Reklamationen. Sie möchten keine ganz genauen Zahlen, Daten und Termine nennen. Das ist verständlich, denn exakte technische Angaben sind verbindlich. Bewährt hat es sich, Circa-Werte zu nennen, eine Spanne zwischen dem untersten und obersten Wert, um keine Erwartungen beim Kunden zu wecken. Beispiel: „zwischen 4 und 6 % Einsparung“.

Preisneutrale Beratung

Misstrauische Kunden nehmen an, dass ihnen immer die teuerste Lösung empfohlen wird. Gute Beratung ist preisneutral, im Zentrum stehen Nutzen und Vorteile des Angebots für den Kunden, nicht der Preis. Anders ist es, wenn der Kunde gleich seine Preisvorstellung nennt. Das schränkt den Spielraum des Angebots zwar ein, sollte aber den Mitarbeiter veranlassen, trotzdem ein etwas höherwertiges Angebot zu präsentieren. Wer den höheren Preis begründen kann, wird den Kunden überzeugen. Auch wenn der Preis für den Kunden kaufentscheidend sein kann, sollte er nicht priorisiert werden. Wenn der Preis transparent wird, kann ihn der Kunde verstehen. Nicht der günstigste Preis allein steht im Mittelpunkt, für viele ist die optimale und längerfristige Lösung kaufentscheidend.

Bei jeder Information des Beraters fragt sich der Kunde: Was habe ich davon? Was bringt es mir? Wo spare ich Kosten? Der Kunde will verstehen, weshalb eine bestimmte Empfehlung gerade für ihn richtig ist. Erhält er keine Erklärung, entstehen Unsicherheit und Vorurteile. Zur guten Beratung gehört auch die professionelle Argumentation. Unter dem Motto „Sell profit, not product“ ist für den Entscheider auf Kundenseite der Nutzen, den er von der Investition hat, interessant. Produktmerkmale werden daher immer in Nutzen und Vorteile übersetzt. „Das bedeutet für Sie …, dadurch gewinnen Sie …, damit verbessern/erhöhen/erleichtern Sie …, das garantiert Ihnen …“ sind bewährte „Übersetzungsformeln“.

Aktiv beraten heißt, dass der Anbieter von sich aus Vorschläge einbringt und nicht wartet, bis der Kunde danach fragt. Bei der „passiven Beratung“ übernimmt der Kunde die Initiative im Gespräch und fragt nach Vorschlägen und Alternativen. Wer durch Schulungen einen aktuellen Wissensstand hat, tritt selbstsicher auf und beeindruckt Kunden. Mit der Beratung übernimmt der Mitarbeiter Verantwortung dafür, dass der Kunde eine optimale Entscheidung für sich trifft. Beratung wirkt objektiv, wenn man bei dem eigenen Vorschlag auch die Nachteile für den Kunden nennt. Beratung ist gelungen, wenn sich der Kunde am Gesprächsende für die Beratung bedankt.

Kunden nicht bevormunden

Beratung kann unabsichtlich zur Bevormundung werden. Das wirkt auf den Kunden aufdringlich, er hat das Gefühl, eine Meinung aufgedrängt zu bekommen. Mit Fingerspit­zengefühl kann man erkennen, wann ein Kunde keine weitere Empfehlung möchte und sich durch weitere Ratschläge des Mitarbeiters bedrängt fühlen könnte. Man darf nicht enttäuscht reagieren, wenn Vorschläge nicht angenommen werden.

Häufig haben Kunden eine feste Vorstellung. Es gehört Mut und Geduld dazu, dem Kunden zu erklären, dass seine Meinung nicht das Optimale für ihn ist. Dabei darf die Person des Kunden nicht abgewertet werden. Bei der Korrektur des Kunden passiert das oft völlig unbewusst. Wer Widerspruch vermeiden will, wendet die „Ja-aber-Methode“ an, bei der er im ersten Satzteil dem Kunden recht gibt und im zweiten seine fachmännische Meinung äußert. Beratung wird schnell zur Bevormundung, wenn der Berater keine Antenne hat für die Gefühle des Kunden, der seine eigene Meinung als richtig empfindet.

Professionelle Beratung heißt, auch über eventuelle Nachteile zu informieren. Auch der optimale Vorschlag wirkt unglaubwürdig, wenn nur von Vorteilen die Rede ist.

Fachbegriffe verwenden

Fachausdrücke wird ein technisch begabter und informierter Kunde gut verstehen. Kunden, denen die Fachterminologie fremd ist, haben nicht den Mut nachzufragen, deshalb sollten ungewöhnliche Begriffe gleich erklärt werden. Der Berater muss sich vergewissern, ob er mit seinem Kunden fachlich „auf Augenhöhe“ spricht. Allzu viel Fachchinesisch ist für Kunden ein „Overkill“, sie fühlen sich überfordert, es könnte ein Gefühl der Unterlegenheit entstehen. Beratung ist zeit- und damit auch kostenintensiv, vor allem wenn sie vor Ort beim Kunden stattfindet. Deshalb muss der Berater grundsätzlich die Ernsthaftigkeit der Anfrage seines Kunden prüfen.

Verhindert werden muss, dass der Berater zeitintensive Vor-Ort-Gespräche führt und der Kunde am Ende erklärt, es handle sich nur um ein „Informationsgespräch“, sein Bedarf sei im Augenblick noch nicht aktuell. Kunden nutzen Berater in der Weise aus, dass sie sich ausführlich erkundigen und mit diesen Informationen einem anderen Anbieter, der wesentlich günstiger ist, den Auftrag erteilen. Berater müssen diese Situation schnell erkennen und dürfen sich nicht länger ausnutzen lassen.

Autor

Rolf Leicher
ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und ­Referent. Er lebt in Heidelberg. Telefon (0 62 21) 80 48 82

Bild: Rolf Leicher

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