Die Situation kennt jeder: Das Projekt lief gut, der Monteur ist zufrieden mit sich, der Abschluss und die Abnahme sind in greifbarer Nähe. Plötzlich konfrontiert der Kunde ihn mit einer Anschuldigung oder behauptet Dinge, die nie vereinbart waren. Nun ist es entscheidend, WIE der Monteur reagiert.
Spontaneität: Aus dem Bauch heraus reagieren
Manche Kunden provozieren gleich schon bei der Begrüßung und überfahren den unvorbereiteten Monteur: „Ah, da sind Sie ja. Hoffentlich können Sie das besser als Ihr Kollege letztens!“ oder „Haben Sie wenigstens dieses Mal die richtigen Teile dabei?“ Wenn der Monteur jetzt beleidigt und in der Ehre gekränkt aus dem Bauch heraus reagiert und mit gleicher Münze zurückzahlt, eskaliert die Situation mit großer Sicherheit.
Belehrungen wie „Hallo? Geht’s noch? Wir fangen jetzt aber noch mal freundlich an!“ oder Provokationen wie „Ich kann ja auch wieder gehen, wir haben genug Kunden!“ bringen den Kunden nur noch mehr auf die Palme und der Monteur wird hier niemals als Sieger rauskommen.
Missverständnisse: Zu wenig tragfähige Informationen
Der Kunde konfrontiert den Monteur ohne Vorwarnung mit einer Aussage oder Frage, die diesen erst einmal aus dem Konzept bringt. Ohne im Detail nachzufragen, wie der Kunde zu dieser Aussage kommt, reagiert der Monteur sofort mit Notlügen, Schuldzuweisungen oder Rechtfertigungen. „Ich kann nichts dafür, dass die letzte Lieferung fehlerhaft war! Das waren die wieder vom Innendienst, die das verbockt haben.“ Das bringt den Kunden einer Lösung keinen Millimeter näher, sondern erhöht die Chance zielsicher, dass er noch mehr in Rage kommt.
Interpretation: Den Kunden falsch einschätzen
Jeder Kunde ist anders und manche Kundentypen sind wahre Meister der Tarnung. So kann es sein, dass ein Kunde, der dem Monteur ausgiebig bei der Arbeit über die Schulter schaut, einfach nur neugierig ist, viel Zeit hat und Gesellschaft haben möchte. Wenn der Monteur dieses „Auf-die-Pelle-Rücken“ nun als misstrauisch-kontrollierend im Sinne von „Der traut mir wohl nicht zu, dass ich das hier richtig mache! Wer ist hier eigentlich der Fachmann?“ interpretiert und patzig reagiert, verschärft sich eine Situation, die eigentlich harmlos gewesen wäre.
Ebenso kann es sein, dass der Monteur einen sehr defensiv-ruhigen Kunden, der ihn kaum etwas fragt, mit zu wenig Informationen versorgt, ihn zu wenig aktiv ins Geschehen einbindet und dann ganz überrascht ist, wenn dieser Kunde ihn später schlecht bewertet oder sich sogar noch bei seinem Chef über ihn beschwert.
Sichtweise: Situation nicht aus der Sicht des Kunden betrachten
Die Wahrnehmung, Herangehensweise und Erfahrungswelt des Monteurs sind im Vergleich zu der des Kunden völlig verschieden. Der Monteur weiß aus Erfahrung, wie das Projekt laufen wird, der Kunde hat – gerade zu Beginn einer Auftragssituation – oft viele Fragen und Unsicherheiten. Für den Monteur ist die Wohnung des Kunden seine „Baustelle“, für den Kunden seine heiligen vier Wände, zu denen normalerweise nur ausgewählte, bekannte Menschen Zutritt haben. Für den Monteur sind ein paar Kratzer im Treppenhaus, die er beim Heruntertragen der großen Fensterelemente verursacht hat, eine Bagatelle, für manchen Kunden ist es ein Anlass, den ganzen Auftrag infrage zu stellen, und eine Vertrauenskrise, die erst mal wieder behoben werden muss.
Hektik: Den Kunden überfahren und seine Gefühle missachten
Gerade wenn etwas nicht wie versprochen fertig wird, Nachlieferungen anstehen oder sogar Schäden im „Revier“ des Kunden entstanden sind, ist es wichtig, WIE der Monteur dies mit dem Kunden bespricht. Oft wird die Enttäuschung oder der Ärger des Kunden nicht wahrgenommen und hastig wird versucht, eine sachliche Lösung zu vereinbaren, oder die Problemlösung wird bei Kollegen abgeladen. Der Kunde fühlt sich dann nicht wahrgenommen und ernst genommen und kann bockig reagieren. Ebenso fehlt dem Kunden oft eine aufrichtige Entschuldigung (z. B. wenn der Monteur Schäden verursacht hat) und er ist gekränkt. Seine Gefühle stauen sich auf und entladen sich dann umso mehr. Von einer entspannten Lösung ist der Monteur dann meilenweit weg.
Erwartungen: Kunden falsch behandeln, Bedürfnisse verkennen
Kunden unterscheiden sich sehr in ihren Wünschen, Vorstellungen und Erwartungen. Je nach Kundentyp und bisherigen Erfahrungen mit Handwerkern kann das enorm variieren. Deshalb ist es für den Monteur von Vorteil, vom Verkäufer oder Berater Hinweise zu erhalten, wie dieser Kunde „tickt“ und was unbedingt zu berücksichtigen ist. Bei einem Kunden, der sehr mitteilsam und emotional ist, ist es beispielsweise extrem unklug, eine Abnahme in Rekordzeit zu machen und nur ganz sachlich eine Unterschrift einzufordern („Wir haben jetzt Feierabend, hier brauch ich noch eine Unterschrift“). Dieser Kunde wird sich in seinem Bedürfnis, Freude zu zeigen und zu teilen, Fragen zu stellen und Funktionen in Ruhe ausprobieren zu können, nicht gesehen fühlen. Er ist dann enttäuscht, obwohl die rein fachliche Arbeit sicher top gemacht wurde.
BUCHTIPP
Mehr Erfolg im Umgang mit Kunden
Der Ratgeber „Mehr Erfolg im Umgang mit Kunden – Die besten Lifehacks für Handwerker“ stammt aus der Feder der SBZ-Autorin Umberta Andrea Simonis. Der Ratgeber vermittelt anschaulich, wie heute bei der Auftragsdurchführung zwischen Handwerker und Kunde ein erfolgreicher Umgang auf Augenhöhe aussieht.
Tipp
Die goldenen Regeln der Deeskalation nutzen
1. Fragen stellen
Wenn der Kunde den Monteur mit einer überraschenden Aussage oder provozierenden Frage konfrontiert, die ihn erst einmal aus dem Konzept bringt, ist es hilfreich, dem Kunden gezielt Fragen zu stellen. Mit offenen Fragen (sogenannten W-Fragen, sie beginnen mit „W…“) erreicht man bestmögliche Antworten. „Wie kommen Sie darauf? Was meinen Sie genau? Wie ist das passiert? Wer hat das gesagt? Wann haben Sie das bemerkt?“ … Damit erfährt der Monteur mehr Details vom Kunden und gewinnt Zeit. Kunde wie Monteur bekommen durch das sachliche Reflektieren mehr Abstand zur Situation. Der Monteur umgeht so die Gefahr, unüberlegt emotional zurückzuschlagen, sich in die Enge treiben zu lassen und die Kontrolle zu verlieren.
2. Gefühle spiegeln, Anteil nehmen, Verständnis zeigen, sich entschuldigen
Bei Beschwerden und Reklamationen des Kunden ist es der erste Schritt, für dessen Gefühle (wie Ärger, Wut, Enttäuschung …) Verständnis zu zeigen und sein Bedauern zu äußern.
„Ich verstehe Ihre Enttäuschung. Das würde mir an Ihrer Stelle genauso gehen. Das tut mir leid, dass Sie diese Unannehmlichkeiten jetzt haben.“ „Beim Heruntertragen habe ich hier im Treppenhaus zwei Kratzer in der Wand verursacht. Das tut mir leid.“ Damit fühlt der Kunde sich angenommen und der Monteur kann mit ihm gemeinsam in Richtung sachlicher Lösung gehen.
3. Lösungen anbieten und verbindlich umsetzen
Erst wenn Schritt 1 und 2 erfolgt sind, macht der Kunde auf für logische Erklärungen, praktische Lösungen und Alternativen. „Entschuldigen Sie, Herr Meier, dieses Teil (…) hier passt nicht. Ich rufe jetzt im Büro an, damit das richtige sofort bestellt werden kann. Ich weiß, das ist jetzt ärgerlich, ich könnte mich ja selbst ärgern. Meine Kollegen melden sich, wenn sie den neuen Liefertermin haben, dann umgehend bei Ihnen wegen eines neuen Einbautermins. Das dauert sicher nur wenige Tage, dann mache ich das für Sie 100 % perfekt fertig.“