Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Kein falscher Ehrgeiz: Wer permanent eine falsche Haltung einnimmt, muss im Laufe der Zeit mit dauerhaften Schäden rechnen.
■ Vorbereitung beginnt im Kopf: auf den Hebevorgang vorher gedanklich einstimmen.
■ Trinkwecker einführen: Regelmäßiger Flüssigkeitsnachschub ist wichtig, wird aber zu oft im Alltag vergessen.
■ Pausen erfüllen einen Zweck: Der Körper braucht Ruhephasen, um danach wieder voll einsatzbereit zu sein.
■ Im Auto richtig sitzen: Die Sitzposition muss den Rücken abstützen, verdrehen zur Seite hin kann unangenehme Folgen haben.
Das Wort „Ergonomie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Wissenschaft von der Optimierung der Arbeitsbedingungen“. Es leitet sich von den griechischen Wörtern „ergon“ (Arbeit, Leistung) und „nomos“ (Gesetz, Wissenschaft) ab. Aufgabe der Ergonomie ist es, den Bewegungsablauf am Arbeitsplatz so zu gestalten, dass es nicht zu gesundheitlichen Beschwerden kommt. Heute spricht man von „Health Management“ im Betrieb. Trotz moderner Technik gibt es immer noch körperliche Arbeiten. Auch wenn aktuell im Betrieb noch niemand über Rücken- und Nackenschmerzen klagt: Falsches Verhalten beim Heben und Tragen von Lasten führt oft erst nach Jahren zu Schmerzen, Leistungsminderung und zu Arztbesuchen. Mit ein paar Tipps lässt sich das vermeiden.
Ergonomie beim Heben und Tragen von Lasten
Beim Heben von Lasten muss man so dicht wie möglich an den Gegenstand herantreten. Dann geht man mit gestreckter Wirbelsäule in die Hocke herunter. Die Beine werden bis max. 90 Grad gebeugt. Tiefere Kniebeugen bedeuten eine zusätzliche Belastung für den Mitarbeiter und fördern die Knorpelabnutzung der Gelenke. Die Füße stehen hüftbreit und sind mit der ganzen Fußsohle aufgesetzt. Die Wirbelsäule ist so in ihrer physiologisch richtigen Form. Wer sich gedanklich auf den Hebevorgang einstellt, bringt seine Muskulatur in einen Vorstartzustand, wie ein 100-m-Sprinter vor dem Start.
Man nimmt den Gegenstand und zieht ihn zunächst an den Körper heran. So geht man dann samt Last mit gestreckter Wirbelsäule zurück in den Stand. Dabei muss der Rücken gerade gehalten werden. So geht die Belastung nicht nur in den Rücken, sondern verteilt sich auf Knie- und Hüftgelenke. Auch beim Hochkommen vom Boden hält man die Last möglichst nahe am Körper. Keinesfalls darf man sich während des Hochhebens drehen. Erst am Ende des Hebens wird die Drehbewegung ausgeführt. Sperrige und sehr schwere Gegenstände hebt man besser zu zweit. Wenn zwei Personen die Last anheben, erfolgt das Anheben gleichzeitig, auf die Sekunde genau.
Der Ehrgeiz jüngerer Mitarbeiter führt oft dazu, dass sie sich überschätzen und schwere Lasten alleine heben statt mit einem Kollegen. Wer jemanden um Mithilfe beim Transport bittet, ist kein „Weichei“, sondern handelt verantwortungsvoll. Es ist eine Frage der Kollegialität, sich gegenseitig zu unterstützen, und meistens kann man mit der Hilfsbereitschaft rechnen. Niemand sollte eine Haurucknummer abziehen, um sich zu beweisen.
Eine vorübergehende Falschhaltung des Körpers bei der Arbeit kann der Mitarbeiter schadlos überstehen, kritisch wird es bei dauerhafter Vernachlässigung der Haltung. Wer dann wegen einer ärztlichen Behandlung fehlt, hinterlässt eine Lücke. Die Kollegen müssen seine Arbeit mit erledigen, wenn zusätzliches Personal nicht zur Verfügung steht.
Tschüss Durst, hallo Erfrischung
An ein Durstgefühl können sich Mitarbeiter gewöhnen und es unterdrücken – die Arbeit ist wichtiger, Termine müssen gehalten werden. Flüssigkeitsmangel führt jedoch schon nach kurzer Zeit zu Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen oder Müdigkeit. Die Fehlerhäufigkeit steigt und das Arbeitstempo verlangsamt sich. Und das betrifft nicht nur die Älteren im Team. Auch bei angenehmen Temperaturen verliert jeder durch Schweiß bei der Arbeit unmerklich an Flüssigkeit. Der Körper braucht auch Flüssigkeit, um Nährstoffe zu transportieren, und dafür gibt es eine Trinkregel: Je Kilogramm Körpergewicht trinkt man 35 ml am Tag, auch ohne Durstgefühl. Man sollte trinken, bevor es einsetzt. Am gesündesten ist Mineralwasser, „Sprudel“ hat wichtige Bestandteile: Magnesium, Kalzium und Natrium. In Zeiten der Digitalisierung gibt es inzwischen auch Erinnerungshilfen auf dem Smartphone. So kann man den Griff zur Sprudelflasche einfach speichern und sich durch eine App erinnern lassen. Für das iPhone gibt es den „Trinkwecker“ die „Trinkuhr“ und den „AquaPlan“. Anhand des eigenen Körpergewichts wird die empfohlene Trinkmenge ermittelt und man wird per Push-Benachrichtigung daran erinnert zu trinken. Durchgesetzt hat sich das noch nicht, vor allem weil es als Unterbrechung der Arbeit gilt.
Die kreative Arbeitspause
Beschäftigte arbeiten oft mittags durch, trinken nur schnell einen Kaffee und knabbern einen Müsliriegel. Arbeitsmediziner sehen das kritisch. Körper und Psyche senden Signale, wann Zeit für eine Pause ist. Wer sie missachtet, riskiert ein Erholungsdefizit und auf Dauer gesundheitliche Nachteile. Pausen leisten einen wichtigen Beitrag, um sich zu regenerieren. Der Körper hat sogar ein gutes Gespür für das, was er braucht, er verlangt nach der Pause, das sollte man nicht unterdrücken. Ausfall oder Verkürzung der Pausen sollten die Ausnahme sein. Und je länger die Arbeitspause auf später verschoben wird, desto länger braucht man, um sich währenddessen zu regenerieren, der Erholungswert hält nicht lange an. Im § 4 ArbZG (Arbeitszeitgesetz) sind die Pausen geregelt. Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden muss zwischendurch eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten eingelegt werden. In der Praxis sind 30 Minuten allerdings nicht immer machbar. Für Jugendliche gibt es abweichende Vorschriften, die im § 11 des Jugendarbeitsschutzgesetzes geregelt sind.
Es kommt auch darauf an, wo die Pause stattfindet. Idealerweise nicht direkt am „Tatort“, sondern im Auto oder bei gewerblichen Kunden nach Rücksprache in der Kantine. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass beim Arbeiten ohne Pause die Leistungsfähigkeit langsam, oft unmerklich, abnimmt. Mit der Höhe und Dauer der Arbeitsbelastung nimmt die Erschöpfung zu sowie das Risiko von Arbeitsfehlern oder Unfällen.
Schon die Aussicht auf eine bevorstehende Arbeitspause weckt bei manchen Mitarbeitern ein positives Gefühl. Die Vorfreude ermöglicht in den letzten Minuten davor eine größere Anstrengung mit besseren Arbeitsergebnissen.
Dynamisches Sitzen im Firmenauto
Ergonomisches Sitzen beim Fahren ist auch Bestandteil des BGM. Rückenschmerzen entstehen unter anderem durch falsches Sitzen im Lieferwagen auf der Fahrt zum Kunden. Abhilfe schafft „dynamisches Sitzen“, das die Gewichtsverlagerung zwischen rechts und links erlaubt. Die Rückenlehne des Fahrersitzes muss im Lendenwirbelbereich in jeder Sitzposition den Rücken gut abstützen und bis zu den Schulterblättern reichen, um Bandscheibenschäden vorzubeugen.
Eine einseitige Belastung der Wirbelsäule ist immer schädlich. Der Rücken muss festen Kontakt zur Rückenlehne haben und das „Kreuz“ senkrecht zur Sitzfläche sein. Die aufrechte Sitzhaltung muss zur festen Gewohnheit werden: ganz bewusst den Rücken aufrichten, den Blick gerade nach vorne, die Schultern zurück und den Oberkörper leicht nach vorne nehmen. Häufig beugt man sich beim Fahren unbewusst mit krummem Rücken nach vorne. Richtiges Sitzen sollte man sich deshalb immer wieder ins Bewusstsein rufen.
Resilienz, die innere Widerstandskraft
Der Begriff „Resilienz“ stammt vom lateinischen „resilire“ und bedeutet „zurückspringen“ oder „abprallen“. Damit werden die inneren Kräfte bezeichnet, die helfen, nach den starken Arbeitsbelastungen an einem langen Tag wieder in den normalen Modus zu finden. Wenn Stress nicht reduziert werden kann, kommt es darauf an, nach der Belastung schnell wieder das Gleichgewicht zu finden, z. B. durch „Flow-Erlebnisse“ oder „Kopfkino“. Bei starker Ausprägung der Resilienz, der Widerstandskraft, findet man nach der Belastung schneller wieder das Gleichgewicht.
Widerstandskraft erfordert zwei Grundhaltungen: die Akzeptanz der Situation und den Optimismus trotz der Belastungen. Man sollte sich nicht gegen Umstände auflehnen, die sich nicht ändern lassen, z. B. enge Termine, Probleme vor Ort oder Tagesstress.