Bei Neubauvorhaben steht das Thema Wirtschaftlichkeit heute ganz oben auf der Prioritätenliste. Ein beachtenswerter Ansatz zur Kostenminimierung ist dort zu finden, wo ihn viele Auftraggeber nicht erwarten: bei der Planung der Regenentwässerungsanlage. Oftmals wird die Regenwasserentwässerung erst zum Schluss konzipiert. Wichtig, auch unter Kostengesichtspunkten, ist es jedoch, sich parallel zur Gebäudeplanung in der Gebäude- und Haustechnik mit dem Thema Dachentwässerung zu beschäftigen. Je nach Grundstücksgegebenheiten ist es sinnvoll, sich über die Platzierung des Gebäudes – im Rahmen der Vorgaben des Bebauungsplans – Gedanken zu machen und die Regenentwässerungsanlage darauf abzustimmen. Oft ist nur ein kleiner „Stich“ bzw. Abzweig von der öffentlichen Kanalisation auf das Grundstück erforderlich.
Unter Kostengesichtspunkten rechnet sich diese vorausschauende Vorgehensweise gleich mehrfach. Bei einer dem Gebäude mittig zugeordneten Grundleitung kann mit kleineren Rohrdurchmessern für die Dachentwässerung gearbeitet werden. Dies erleichtert nicht nur die Verarbeitung, sondern mindert auch die Lasten, die an das Dach angehängt werden. Unter diesem Denkansatz kann die gesamte Statik des Daches neu betrachtet und unter Umständen sogar optimiert werden.
Einfluss des Abflusses
Bei jeder Berechnung des Abflussverhaltens einer Druckentwässerungsanlage muss die potenzielle Energie des Wasserstromes berücksichtigt werden. Auf dem Weg vom Dach bis zum Kanal wird diese Energie in Bewegungs- und Reibungsenergie umgewandelt. Bei der Druckrohrentwässerung spricht man allerdings nicht mehr von Energie, sondern von Druck. Diesem Druck, der aus der potenziellen Energie oder Lageenergie hervorgeht, stehen die Rohrreibung und die Einzelwiderstände gegenüber. Sie sorgen für Druckverluste. In der ersten Planungsphase muss in jedem Fließweg die Differenz aus dem verfügbaren Druck und dem Druckverlust durch Rohrreibung und Einzelwiderstände max. plus/minus 100 mbar betragen. Die Druckverluste müssen also sowohl bei einem langen wie auch bei einem kurzen Fließweg annähernd immer gleich sein.
Je länger der Weg ist, den das Wasser zurücklegen muss, desto größer ist bei gleicher Nennweite auch der Druckverlust. Um jedoch die vorgegebenen Bedingungen einhalten zu können, sind bei langen Fließwegen in der Regel größere Rohrnennweiten einzuplanen – ein eigentlich unerwünschter Effekt. Im Idealfall arbeitet die Anlage mit kurzen Fließwegen, die eine effektive Entwässerung mit klein dimensionierten Leitungen ermöglichen. Das Bemühen, kurze Fließwege zu erzielen, sollte deshalb immer im Vordergrund stehen. Eine vergleichende Betrachtung der verschiedenen Leitungsführungen verdeutlicht dies.
L- oder T-Strang?
Bei der Planung einer Druckströmungsentwässerungsanlage gibt es generell mehrere Möglichkeiten. Eine Möglichkeit ist ein sogenannter L-Strang, der hier mit einem T-Strang verglichen wird. Die Rohrleitungslänge eines Fließweges ist bei einem L-Strang zwangsläufig länger als bei einem T-Strang. Und je länger ein Rohr ist, umso größer ist der Druckverlust. Damit die physikalischen Bedingungen eingehalten werden können, müssen hier Nennweiten gewählt werden, die ein geringes Rohrreibungsdruckgefälle pro Meter aufweisen. Der Abgleich der Fließwege bedingt bei einem L-Strang ein relativ großes Nennweitengefälle. Während der längste Fließweg relativ groß dimensioniert ist, muss die Einzelanschlussleitung des kürzesten Fließweges in einer recht kleinen Nennweite ausgeführt werden.
Ein T-Strang verfügt über kurze Fließwege
Entwässerungstechnisch betrachtet gilt er als Ideallösung, weil er am strömungsgünstigsten ausgeführt werden kann. Da der gleiche Druck hier auf kürzerem Wege abgebaut wird, kann mit Rohrdimensionen gearbeitet werden, die ein größeres Rohrreibungsdruckgefälle aufweisen: kurz gesagt, mit kleineren Rohrdurchmessern, die dementsprechend kostengünstiger sind.
Bei der wirtschaftlichen Betrachtung einer T-Strang-Anlage zählen aber nicht nur die kleineren Nennweiten der Rohre, sondern auch die Einsparungen durch geringere Kosten für zum Beispiel kleinere Schweißmuffen und Rohrschellen. Aufgrund des geringen Gewichtes kann die Anlage auch einfacher und schneller montiert werden.
Ganz realistische Einsparung
Wie lohnend es sein kann, diese Erkenntnisse in der Praxis umzusetzen, das zeigt das folgende Berechnungsbeispiel. Als Kalkulationsbasis wurde ein Gebäude mit einer Dachfläche von 4200 m² zugrunde gelegt, dessen Druckentwässerungsanlage mit acht Flachdachgullys arbeitet. Bei der L-Strang-Lösung verläuft die Fallleitung an der Stirnseite des Gebäudes. Die Fließweglänge beträgt hier maximal 61,50 m und minimal 9,30 m. Das Verhältnis des längsten Fließwegs zu dem kürzesten Fließweg beträgt 6,6.
Bei der T-Strang-Lösung ist die Fallleitung in der Mitte der Längsseite des Gebäudes angeordnet und teilt die Anlage. Hier hat der längste Fließweg eine Länge von 32,80 m, während der kürzeste Fließweg 10,40 m beträgt. Das Verhältnis des längsten Fließwegs zu dem kürzesten Fließweg beträgt 3,2. Generell gilt: Je näher das Verhältnis zu 1 liegt, desto strömungs- und kostengünstiger kann die Anlage ausgeführt werden. In diesem Fall wurde eine Kostenersparnis von 25 % erzielt. Anders gesagt: Allein durch kluge Planung konnten die Kosten der Entwässerungsanlage um ein Viertel gesenkt werden.
Fazit
Wirtschaftlich gesehen beginnt der Entwurf mit der Grundlagenermittlung. Um Bauherren die günstigste Lösung zu bieten, sollten sich Architekten und Planer bereits ganz zu Anfang folgende Fragen stellen: Wo sind die Übergabepunkte an das öffentliche Kanalnetz? Wie können die Grundleitungen laufen? Sinn macht es, schon in der Vorplanungsphase den Systemhersteller für die Druckströmungsentwässerung mit ins Boot zu holen. Diese Spezialisten verfügen über die Erfahrungen und Möglichkeiten, Anlagen- und Kostenvergleiche zu erstellen. Visualisierungen über CAD-Systeme machen die Idealplanung sichtbar und geben Entscheidungs- und Ausführungssicherheit.
Autor
Rainer Pieper, Prokurist und technischer Leiter bei der Sita Bauelemente GmbH, Rheda-Wiedenbrück www.sita-bauelemente.de