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Abwasser auf Abwegen

Inhalt

Wetterkapriolen verwüsten ganze Landstriche und nach plötzlichem Starkregen laufen unzählige Keller voll. Die öffentliche Kanalisation ist dann oftmals überfordert und der Wasserstand im Kanalsystem steigt bis zum Kanaldeckel an. Für die Entwässerungsanlagen von Gebäuden und Grundstücken wird deshalb in der Regel als Rückstauebene die Straßenoberkante als Bezugsebene definiert. Alle Entwässerungsgegenstände, die unterhalb dieses Niveaus liegen, sollten über eine Hebeanlage entwässert werden, deren Druckleitung mittels Rohrleitungsschleife über das Niveau der Rückstauebene gepumpt wird.

Kommunikation im Verborgenen

Den eigentlichen Rückstauschutz regelt die Physik. Der Sachverhalt der kommunizierenden Röhren stellt sicher, dass ein offen miteinander verbundenes Rohrsystem – bei Füllung – immer ein gleichmäßig steigendes Wasserniveau hat. Im Falle des Kanalsystems muss im angrenzenden Keller sichergestellt werden, dass die Anbindung der häuslichen Entwässerungsleitungen über dem Niveau des Kanaldeckels liegt. Damit kann kein Rückstau in den Keller mehr erfolgen, da das Abwasser nach Erreichen des Straßenniveaus nicht weiter steigen kann. Um das häusliche Abwasser über den Scheitelpunkt der Rohrleitung in den Kanal zu fördern, werden Pumpen erforderlich.

Dies ist ein Vorteil gegenüber den sogenannten Rückstauverschlüssen, die in der Entwässerung nur in Ausnahmefällen verwendet werden dürfen, beispielsweise wenn auf die Entwässerungsgegenstände im Rückstaufall auch verzichtet werden kann. Von Versicherungsseite gilt es abzugrenzen, ob ein Schaden durch Rückstau aus dem öffentlichen Kanalsystem entstanden ist oder eine Überflutung stattgefunden hat, sprich das Wasser von außen durch Kellerfenster oder -türen eingedrungen ist. Gegen Letzteres kann man sich nur in geringem Maße schützen, daher sollte an erster Stelle der fachgerechte Rückstauschutz im Fokus stehen.

Einbau einer Hebeanlage: Ja – aber wo?

Kellerräume sind heute nicht nur Abstellflächen. Sie werden oftmals als zusätzliche Wohnräume oder für Hobbyzwecke genutzt. Doch wo soll eine Hebeanlage da noch Platz finden? Die Anforderungen an den Rückstauschutz werden auf europäischer Ebene über die DIN EN 12056-4 geregelt. Für Deutschland werden zusätzliche Bestimmungen über die DIN 1986-100 definiert. Es bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten der Installation an – auch außerhalb des Gebäudes. Beachtet werden sollte, dass sogenannte Behälter-Hebeanlagen (Bild 1) nicht außerhalb des Gebäudes in Schächten verbaut werden sollten. Hier bieten sich nass aufgestellte Pumpaggregate in Schachtbauten an (Bild 2). Durch diese Installation wird zudem der (Not-)Stauraum als Puffervolumen – beispielsweise bei einem Stromausfall – deutlich erhöht.

Grund für diese Empfehlung sind unter anderem auch die Einbauvorschriften für Behälter-Hebeanlagen. Diese sind grundsätzlich für den Einsatz innerhalb des Gebäudes vorgesehen, wobei ein vorgeschriebener umlaufender Freiraum von 60 cm für die optimale Erreichbarkeit aller Komponenten zwecks Wartung vorzusehen ist. In der Regel sind diese Anlagen zwar überflutbar, nicht jedoch für den permanent untergetauchten Betrieb konzipiert. Vor allem kann es vorkommen, dass die Schachtbauwerke, in denen diese Geräte verbaut werden, nicht dicht sind. Eindringendes Fremdwasser würde über zusätzlich zu installierende kleine Tauchpumpen und wiederum über die Hebeanlage auf der Kläranlage landen (Bild 1). Hier bietet sich die Nassaufstellung (Bild 2) der Pumpen in dichten Kunststoffschächten an. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist, dass die Pumpen zwecks Wartung „leicht zu ziehen“ sind. Die Wartung kann damit größtenteils außerhalb des Schachtes durchgeführt werden. Der Einbau der Steuerung muss außerhalb des Schachtes in einer Leersäule oder im Gebäude (Technikraum) erfolgen.

Achtung: In letzteren Fall immer druckdichte Ringraumdichtungen für die Wandführung zum Gebäude verwenden!

Rückstauschleife – bitte frostfrei!

Bei Installation der Rückstauschleife außerhalb des Gebäudes ist deren fachgerechte Verlegung zu beachten. Knackpunkt ist die unbedingte Notwendigkeit der Frostfreiheit. Es bieten sich unterschiedliche Lösungsansätze an:

  • Erdüberdeckung
  • Führung in Leergehäuse/Box au&szlig;erhalb des Gebäudes mit Begleitheizung und/oder Dämmmaterial (<b>Bild 2</b>)
  • Rückführung ins Gebäude (Achtung: Reibungsverluste durch zusätzliche Strecke und Formteile berücksichtigen)

Die passende Lösung ist jeweils vor Ort abzuwägen.

Sonderfall Hanglage sowie große Distanzen und Förderhöhen

Bei großen Distanzen zum öffentlichen Kanalnetz wird mitunter der Einsatz von Schneidradpumpen in Erwägung gezogen. Diese speziellen Pumpensysteme haben ihr Einsatzgebiet üblicherweise in Druckentwässerungssystemen, in denen vor allem der Abwassertransport über Strecke im Vordergrund steht. Die geringen Rohrleitungsdurchmesser bieten eine hohe Flexibilität bei der Installation sowie eine kostengünstige Verlegung, unabhängig von der Geländetopografie. In solchen Systemen gibt es druckseitig keine Rückstauschleife, da der anstehende Druck im Rohrleitungsnetz dafür sorgt, dass der Rückflussverhinderer (i. d. R. als Kugel ausgeführt) sicher wieder in sein Auffanglager gepresst wird. Für den Hausbesitzer ist es in solchen Fällen dennoch erforderlich, die Entwässerungsgegenstände im Gebäude gegen den Rückstau aus dem Schacht zu sichern. Im schlimmsten Fall könnte der Rückflussverhinderer nämlich ausfallen – der Schacht könnte dann bis zur Oberkante volllaufen. Als Rückstauebene gilt dann das Niveau der Schachtabdeckung (Bild 3). Dieser Sachverhalt sollte immer mit der zuständigen Entwässerungsbehörde abgestimmt werden. Hier können die DIN 1671 für Druckentwässerungssysteme bzw. EN 752 sowie die DWA-Regelwerke (z. B. DWA A 116) als Grundlage angeführt werden.

Pumpen für Abwassertransport und Rückstausicherung

Es gilt festzuhalten, dass in der Entwässerung von Gebäuden mitunter zwei Pumpen einzusetzen sind – eine zur Abwasserförderung sowie eine weitere zur Rückstausicherung gegen den Pumpenschacht (mit Schneidradpumpe), der in der Regel außerhalb des Gebäudes installiert wird.

Druckentwässerungsschächte zur Rückstausicherung

Gebäude in Hanglage mit eingeschränkten Platzverhältnissen, aber größeren Förderhöhen können auch über einen Druckentwässerungsschacht gegen Rückstau abgesichert werden. In solchen Fällen ergeben sich andere Bedingungen, wie in Bild 4 dargestellt. Die Übergabe auf das Freigefälle erfolgt hier nahe der Grundstücksgrenze über den Übergabeschacht. Es werden weitere Anforderungen gestellt, die zwingend zu beachten sind: Im Rahmen der Trennung der Volumenströme sind bei Einsatz von Hebeanlagen generell nur die Entwässerungsgegenstände, die unterhalb der Rückstauebene anfallen, über diese abzuleiten.

Die Ableitung von Regenwasser hat ebenfalls separat zu erfolgen. Damit muss die Abdeckung des Schachtes unbedingt tagwasserdicht sein – auch um die Pumpe vor abrasiven Beimengungen durch Oberflächenwasser zu schützen. Ansonsten würde unter anderem das Schneidsystem der Pumpe mit seinem exakt eingestellten Schneidspalt ( 0,2 mm) einem relativ kurzfristigen Verschleiß zum Opfer fallen. Die Druckleitung ist zwingend frostsicher zu verlegen. Insbesondere für den Bereich der Rückstauschleife kann dies bedeuten, dass gegebenenfalls eine Einhausung und/oder Begleitheizung erforderlich ist, wie oben beschrieben. Die Übergabe ins Freigefälle erfolgt auf dem privaten Grundstück über einen Übergabe-/Kontrollschacht – damit handelt es sich automatisch nicht um eine Druckentwässerung, bei der die Übergabe ins Freigefälle im öffentlichen Bereich erfolgt!

Auch hier ist der Einbau der Steuerung immer außerhalb des Schachtes in einer Leersäule oder im Gebäude (Technikraum) vorzusehen. Dabei sollten immer druckdichte Ringraumdichtungen für gegebenenfalls erforderliche Mauerdurchführungen eingebaut werden, damit auch hier der Rückstauschutz nicht gefährdet wird.

Fazit

Qualifizierter Rückstauschutz sollte im Entwässerungssystem stets im Fokus stehen – ganz gleich ob der direkte Anschluss an das Kanalsystem über die Hebeanlage erfolgt oder ein Transport über Strecke beispielsweise im Rahmen einer Druckentwässerung vorgesehen ist.

Info

Seminare zum Thema

Im westfälischen Steinhagen bietet Pumpenhersteller Jung Pumpen Seminare rund um die Themen Rückstausicherung und Druckentwässerung an. Die Termine können auf der Homepage des Herstellers eingesehen und gebucht werden.

www.jung-pumpen-forum.de

Autor

Marco Koch ist Leiter Verkaufsförderung der Jung Pumpen GmbH in 33803 Steinhagen, Telefon (0 52 04) 17-0, Telefax (0 52 04) 8 03 68, www.jung-pumpen.de