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Mehr als nur Abwassertransportanlage

Häusliche Abwasseranlagen genießen gegenüber den anderen Bereichen der wasserführenden Gebäudetechnik keinen besonders hohen Stellenwert. Ein Entwässerungssystem transportiert eben das Abwasser aus dem Haus. Wo notwendig und vorgeschrieben, soll das möglichst leise geschehen. Ähnliches gilt für den vorbeugenden Brandschutz. Wird dieser vernachlässigt, wird es im Brandfall gefährlich. Tatsächlich haben Entwässerungsanlagen einen großen Einfluss auf die Planungs- und Ausführungsleistungen mit der Erfüllung der Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz und mit der Einhaltung aller Normen und Richtlinien für den Schallschutz und die Beständigkeit/Langlebigkeit/Funktion. Fast genauso wichtig: die Verarbeitung und Montage auf der Baustelle. Gerade zu groß dimensionierte Leitungen oder die Auswirkungen mangelnden Gefälles machen sich erst nach mehrjährigem Betrieb bemerkbar. Last but not least spielt der Kosten-Nutzen-Faktor eine wichtige Rolle.

Schallschutz als wichtiges Komfortkriterium

Schlechter Schallschutz ist sofort hörbar und ein Mangel. Gerade die Einhaltung der Schallschutzanforderungen im Komfortwohnungsbau treibt so manchem Fachplaner und Sanitärinstallateur die Schweißperlen auf die Stirn. Gerade durch die immer dichteren Gebäudehüllen werden Geräusche im Haus immer stärker wahrgenommen. Erhöhter Schallschutz ist also ein wichtiges Komfort-Qualitätsmerkmal, das gilt auch für alle von der Gebäudetechnik ausgehenden Geräusche.

Unabhängig von höheren Schutzzielen werden Mindestanforderungen an den Schallschutz verbindlich eingefordert. Die dafür notwendigen bauordnungsrechtlichen Grundlagen sind in der DIN 4109:2016-07 (Schallschutz im Hochbau) geregelt. Durch ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH-Urteil vom 4. Juni 2009 – VII ZR 54/07) hat die Rechtsprechung hinsichtlich des werkvertraglich vereinbarten Schallschutzes in Wohnungen und Gebäuden jedoch schon länger eine bedeutsame Änderung erfahren, die von allen am Bau beteiligten Architekten, TGA-Fachplanern und SHK-Handwerkern berücksichtigt werden sollte. Das Urteil in Kürze:

„Welcher Schallschutz für die Errichtung von Eigentumswohnungen (auch Mietwohnungen) geschuldet ist, ist in erster Linie durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Wird ein üblicher Qualitäts- und Komfortstandard geschuldet, muss sich das einzuhaltende Schalldämm-Maß an dieser Vereinbarung orientieren. Der Umstand, dass im Vertrag auf eine ‚Schalldämmung nach DIN 4109‘ Bezug genommen ist, lässt schon deshalb nicht die Annahme zu, es seien lediglich die Mindestmaße der DIN 4109 vereinbart, weil diese Werte in der Regel keine anerkannten Regeln der Technik für die Herstellung des Schallschutzes in Wohnungen sind, die üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen.“

Die DIN 4109 beschreibt keine Anforderungsniveaus – außer im Beiblatt 2 der DIN 4109:1889-11 – die über das oben genannte Schutzziel hinausgehen, also Komfort und Lebensqualität, und die mit gängigen Bauarten erreicht werden können. Erhöhter Schallschutz kann nach den in der VDI-Richtlinie 4100:2012-10 definierten Schallschutzstufen SSt II und SSt III vereinbart werden. Jedoch ist die VDI 4100 nicht im Bauordnungsrecht verankert und stellt somit eine zivil- oder privatrechtliche Regelung dar. Deshalb muss sie ausdrücklich im Werkvertrag verankert sein, wenn sie zur Anwendung kommen soll. Dies gilt auch für das Beiblatt 2 der DIN 4109. Auch ist bei Vereinbarung der Richtlinie darauf zu achten, dass die jeweiligen Schallschutzstufen und die zugehörigen Kennwerte vertraglich festgehalten sind.

Brandschutz rettet Leben

Die Rahmenbedingungen im vorbeugenden Brandschutz, auch im europäischen Kontext, stellen höchste Anforderungen an Planung und Ausführung. Nicht regelkonform oder nicht nach den Vorgaben der Hersteller ausgeführte Brandschutzmaßnahmen können im Ernstfall sogar zur Katastrophe führen. So wird aus dem simplen Abwasserrohr ein Produkt, dessen spezifische Eigenschaften den Nutzenaspekt maßgeblich prägen.

Zweifellos liegt eine hohe Gefährdung bei der Brandweiterleitung von Nutzungseinheit zu Nutzungseinheit. Gerade die durch das gesamte Bauwerk führenden Leitungsanlagen, eben auch für Abwasser, mit ihren Bauteilöffnungen bedingen geprüfte und zugelassene Brandschutzlösungen, die von der Industrie hergestellt werden, inklusive Brandversuchen, durch die die Eignung ermittelt wird.

Oft werden Leitungsabschottungen jedoch immer noch leicht unterschätzt. Zweifellos sind bei den heutigen Bauweisen große Öffnungen in raumabschließenden Bauteilen für die Leitungen notwendig. Die können aber im Brandgeschehen schnell außer Kontrolle geraten und für eine Brandweiterleitung sorgen. Daher sind die dafür vorgeschriebenen Abschottungsmaßnahmen bei Durchdringung der Rohrleitungen von Wänden und Decken wichtig und notwendig und entsprechende Vorgaben und Vorschriften unbedingt einzuhalten. Besonders wichtig ist es, schon bereits bei der Planung des Leitungsnetzes den Brandschutz zu berücksichtigen. Das macht die Montage bei Ausführung einfacher und sicherer, zusätzlich sind die geplanten Lösungen auch kostengünstiger, weil aufwendige Nachbesserungen entfallen.

Brandverhalten von Werkstoffen genauer definiert

In Deutschland ist das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – auch das von Abwasserleitungen – in der DIN 4102-1 klassifiziert. Parallel dazu gibt es die europäische Klassifizierungsnorm DIN EN 13501-1. Beide Normen sind derzeit gültig, eine Ablösung der deutschen Norm steht irgendwann bevor. Größter Unterschied: In der europäischen Norm werden die brandbegleitenden Eigenschaften des Werkstoffes – „Rauchentwicklung“ und „Abtropfen im Brandfall“ – genau untersucht und in der Klassifizierung berücksichtigt. Dementsprechend gibt es viele Klassen und Nebenklassen. Zwar lassen sich die europäischen Ergebnisse nicht eins zu eins auf die weiterhin gültige DIN 4102-1 übertragen. Aber die Klassifizierung ist Ausdruck der Erfüllung höchster Sicherheitsansprüche. Die Zuordnung der Baustoffe in Baustoffklassen – entsprechend ihrem Brandverhalten – wird durch Brandversuche mit einem Prüfaufbau nach EN 16 000 ermittelt.

Kostenfaktoren

Die Kosten für Rohrleitungen und Formteile stellen keinen aussagekräftigen Vergleich dar, werden jedoch oftmals für Gegenüberstellungen herangezogen. Die Verbindungstechnik und das Material verlangen die Einhaltung herstellerspezifischer Verlegeregeln. Als Kostenfaktor wird diese Verlegung zwar gelegentlich herangezogen, jedoch sind meist die weiteren Rahmenbedingungen (Befestigung, Brandschutzmaßnahmen, zusätzliche Schallschutzmaßnahmen, Übergänge, Formteile, Sonderformteile) ausschlaggebend für die dem System zuordnungsfähigen Kosten.

Fazit

Das Hausabflusssystem als Randprodukt, was man eben innerhalb der Gebäudetechnik benötigt, diese Zeiten sind vorbei. Die Ansprüche der Nutzer haben sich deutlich erhöht, dadurch hat die Sensibilität in der Ausführung deutlich zugenommen. Die Einhaltung der Schallschutzanforderungen wird speziell im Komfortwohnungsbau penibel überwacht. Die Rahmenbedingungen im Brandschutz, wie beispielsweise die Mischinstallation – Guss im Fallstrang, Kunststoff in der Etage – stellen höchste Anforderungen an Planung und Ausführung. Aber wie immer gilt: Bereits bei der Planung sind der Brand- und Schallschutz zu berücksichtigen. Dazu gehört aber auch, das für das Bauvorhaben geeignete System auszuwählen.

Lesen Sie hierzu auch das Interview mit Peter Reichert, Leiter Produktmanagement Rohrleitungssysteme der Geberit Vertriebs GmbH. Sie finden es direkt im Anschluss an die Marktübersicht.

Info

Wesentliches kurz und kompakt

Ein Restrisiko lässt sich nie ausschließen, auch nicht beim vorbeugenden Brandschutz. Aber durch viele Maßnahmen kann es auf ein Minimum reduziert werden, um das oberste Ziel des baulichen Brandschutzes, den „Schutz des Lebens“, zu erreichen. Diese Schutzziele sind in Deutschland in der Musterbauordnung und den Landesbauordnungen verbindlich geregelt. Die MLAR präzisiert nochmals die Anforderungen der MBO hinsichtlich der brandschutztechnischen Anforderungen an Leitungsanlagen. Ergänzend dazu spielt in der Brandschutzbetrachtung die Wahl der Materialien eine fundamentale Rolle.

Die VDI 4100 ist nicht im Bauordnungsrecht verankert und stellt somit eine zivil- oder privatrechtliche Regelung dar. Sie muss ausdrücklich im Werkvertrag verankert sein, wenn sie zur Anwendung kommen soll. Auch ist bei Vereinbarung der Richtlinie darauf zu achten, dass die jeweiligen Schallschutzstufen und die zugehörigen Kennwerte vertraglich festgehalten sind.

In Abwassersystemen tritt in erster Linie Luftschall auf. Seiner Ausbreitung wird durch Masse – mit dickwandigen Rohrleitungen – entgegengewirkt. Doch auch bei der Abwasserinstallation kann durch Schallbrücken – wenn die Rohre ohne Dämmung mit dem Baukörper in Berührung kommen oder durch eine mangelhaft ausgeführte oder falsche Befestigungstechnik – Körperschall entstehen.

In Sanierung und Modernisierung stehen Fachplaner und Verarbeiter oft vor der Aufgabe, die Gebäudetechnik in die vorhandene Bausubstanz integrieren zu müssen. Diese Anforderung macht auch nicht vor Hausabflusssystemen halt, wenn, unter beengten Platzverhältnissen, die Abwasserleitungen normkonform verlegt werden müssen. Standardformteile kommen da schnell an ihre Grenzen und erfordern oft zusätzlichen Platz für die Installation, meist verbunden mit starken Eingriffen ins Bauwerk. Die meisten Hersteller haben sogenannte Sonderformteile im Programm, mit denen sich beispielsweise das Abwasser eines WC und einer Dusche ableiten lässt.

Info

Baustoffklassen und ihr Brandverhalten

Das Brandverhalten von Baustoffen wird in verschiedene Baustoffklassen unterteilt. Es wird zwischen nicht brennbaren und normal beziehungsweise schwer entflammbaren Stoffen unterschieden. Ein Überblick:

Baustoffklassen nach DIN 4102-1

A1 = nicht brennbar

A2 = nicht brennbar

B1 = schwer entflammbar

B2 = normal entflammbar

B3 = leicht entflammbar

Baustoffklassen nach DIN EN 13501

A1 = nicht brennbar

A2 = nicht brennbar

B, C = schwer entflammbar

D, E = normal entflammbar

F = leicht entflammbar

s1 = keine/kaum Rauchentwicklung

s2 = begrenzte Rauchentwicklung

s3 = unbeschränkte Rauchentwicklung

d0 = kein Abtropfen

d1 = begrenztes Abtropfen

d2 = starkes Abtropfen

Autor

Dietmar Stump ist Fachjournalist. Sein Pressebüro DTS bearbeitet die Themenschwerpunkte Sanitär, Heizung und erneuerbare Energien. 67551 Worms, Telefon (0 62 41) 9 33 89 94, E-Mail: dietmar.stump@t-online.de