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Neue Regeln für Fettabscheider

Genau 15 Jahre nach ihrem Erscheinen im Dezember 2004 wurde die DIN 4040-100 nun im Dezember 2016 durch eine komplett überarbeitete Neuausgabe abgelöst. Hierbei hat sich nicht nur der Umfang von bisher 20 auf 35 Seiten erhöht. Schon aus der geänderten Überschrift geht hervor, dass es sich hier nun um eine Vielzahl von Anwendungsbestimmungen handelt (Bild 1).

Neuordnung der Verwendbarkeit von Fettabscheideranlagen

Bisher war die bau- und wasserrechtliche Welt in Deutschland in Ordnung. Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung war Garant dafür, dass unter Beachtung der Anforderungen die betroffene Abscheideranlage die vorgeschriebenen Abwasserwerte einhält. Solche Fettabscheider mussten neben dem CE-Zeichen aufgrund der DIN EN 1825-1 auch ein Ü-Zeichen für die ergänzenden nationalen Vorgaben tragen. Doch das verstößt gegen europäisches Recht. Dies bestätigt der europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Rechtssache C-100/13. Bauprodukte mit einem CE-Zeichen müssen in allen CEN-Staaten frei handelbar sein. Ob diese Produkte allerdings dann auch für den jeweiligen Einsatzbereich verwendbar sind, muss national geregelt werden.

Als Reaktion hierauf wurde nun die maximale Laufzeit von Abscheiderzulassungen auf April 2020 begrenzt. Neue Zulassungen werden nicht mehr erteilt. Parallel entsteht nun ein neues Nachweisverfahren, was allen Beteiligten mehr Aufwand und Verantwortung abverlangt. Noch sind nicht alle Bausteine des neuen Konstrukts vorhanden und klar. Unter anderem soll als Ersatz für eine Bauregelliste Teil B eine „Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen“ eingeführt werden.

Ein Entwurf liegt zur Notifizierung bei der Europäischen Kommission. Frühestens Ende 2017 wird die Gesamtsituation geklärt. Wesentliche Orientierung schaffen hierbei nun die neue DIN 4040-100 und DIN 19901 (Bild 2).

Neue Verkehrslastgruppen

Wie kann ein Bauherr sicher sein, dass der geplante Abscheider für eine längere Nutzungsdauer geeignet ist? Seit Dezember 2012 gibt es eine klare und einheitliche Norm DIN 19901, welche für alle Bauformen und Werkstoffe gilt. Diesen Nachweis der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit verlangt nun auch die im Dezember 2016 erschienene Ausgabe der DIN 4040-100. Der Hersteller muss in jedem Einzelfall eine Prüfstatik vorlegen. Alle Beteiligten müssen dann Inhalt und Ergebnis überprüfen. Eine aufwendige Aufgabe, welche im Falle von Zulassungen bisher vom DIBt erfolgte. Neu ist für den Anwender auch, dass es neben den aus der DIN 124 bekannten Verkehrslastklassen nun Verkehrslastgruppen gibt, welche für den Abscheider als Bauwerk gelten, nicht aber für die Abdeckung. So kann ein Abscheider mit der Verkehrslastgruppe E2 beispielweise nur im Bereich PKW-Befahrung eingebaut werden. Auch der Austausch der Abdeckung Klasse B mit Klasse D würde dies nicht rechtfertigen (Bild 3).

So ist es eine besondere Herausforderung, für erdeingebaute Kunststoffabscheider eine Standzeit von 50 Jahren für den Lkw-befahrenen Schwerlastbereich nachzuweisen. Dies gelang der Kessel AG auf Basis von belastbaren Langzeitwerkstoffkennwerten und einem aufwendigen gekoppelten Nachweisverfahren. Das bedeutet für den Anwender: Sicherheit für einen langen Zeitraum.

Entleerung nach Bedarf

Damit Grenzwerte dauerhaft eingehalten werden, braucht es eine regelmäßige Betreuung für Fettabscheideranlagen. Neben einer umfangreichen fünfjährigen Generalinspektion durch einen Fachkundigen und einer jährlichen Wartung konkretisiert die neue Ausgabe der DIN 4040-100 vor allem die Eigenkontrolle durch einen Sachkundigen. Zu jeder Anlage muss mindestens eine geeignete Person eine entsprechende Ausbildung erhalten. Ziel ist, dass der Betreiber seine Anlage genau beobachtet und kompetent damit umgeht. Monatlich muss er Schichtdicken messen und im Betriebstagebuch festhalten. So erkennt er Störungen der Anlage frühzeitig und passt die Entleerungsintervalle damit an den tatsächlichen Bedarf an. Wesentliche Unterstützung bei der Überwachung bieten moderne Schichtdickenmessgeräte. Beispielsweise misst das Ultraschallmessgerät Sonic Control nicht nur zentimetergenau und kontinuierlich die Schichtdicke (Bild 4 und 5), zusätzlich überwacht es die Temperaturspitzen und speichert sie systematisch. Das Auslesen und Befüllen des Betriebstagebuches spart zusätzlich Zeit und schafft Vertrauen bei der Diskussion mit Behörden.

Freie Zugänglichkeit ist Grundvoraussetzung

Damit notwendige Dienstleistungen rund um den Abscheider erfüllt werden, müssen auch die baulichen Voraussetzungen gegeben sein. Beispielsweise müssen die Mindestquerschnitte für die begehbaren Schachtbereiche gemäß DIN EN 476 regelkonform sein. Kessel bietet hierfür ein zugelassenes Baukastensystem, welches Einbautiefen bis zu 1,80 m erlaubt. Auch zum Durchmesser von Probenahmeschächten finden sich in der neuen DIN 4040-100 klare Empfehlungen. Vor allem dann, wenn neben der Probenahme auch weitere Funktionen wie Belüftung oder Übergabe erfüllt werden sollen, wird ein Mindestdurchmesser von 1000 mm vorgeschlagen (Bild 6).

Sicher vor Rückstau schützen

Die gesamte Fettabscheideranlage muss zuverlässig durchlüftet werden, um Korrosion, Geruch und den Abbau von Faulgasen zu vermeiden. Dies erfordert eine sorgfältige Einbindung in die gesamte Entwässerungsanlage. In kompakter Form bündelt die neue DIN 4040-100 alle Regeln. Wenn der Betriebswasserspiegel unter der Rückstauebene liegt, wäre die Durchlüftung unzulässig unterbrochen. Deshalb muss bei allen Fettascheideranlagen im und außerhalb vom Gebäude eine zuverlässige Rückstausicherung eingebaut werden. Meist sind das Hebeanlagen mit Rückstauschleife. Diese müssen mit einer netzunabhängigen Warneinrichtung versehen sein, damit sie Betriebsstörungen erkennen. Noch mehr Betriebssicherheit bieten Hybrid-Hebeanlagen. Wie auch der Kommentar zu DIN 1986-100 bestätigt, ermöglicht dieser Anlagentyp selbst bei Stromausfall noch eine Entwässerung – und zwar so lange bis die Akkupufferung unter einen bestimmten Wert fällt. Gemäß bauaufsichtlicher Zulassung profitiert der Betreiber von diesem Anlagenprinzip. Abwasser aus dem Fettabscheider wird im Normalfall im Freispiegel entwässert. Das spart dauerhaft Energiekosten und reduziert Wartungsintervalle.

Arbeitssicherheit während der Wartung

Im Normalbetrieb ist weder für einen Fettabscheider noch für eine gegebenenfalls vorhandene nachgeschaltete Rückstausicherung eine generelle Zonenfestlegung im Rahmen des Explosionsschutzes erforderlich. Es ist jedoch zu beachten, dass für alle Kontroll-, Wartungs- und Inspektionsarbeiten eine temporäre Zone festzulegen ist. Empfohlen hierfür wird die explosionsgefährdete Zone 0, denn in Abscheideranlagen entstehen giftige Faulgase wie Schwefelwasserstoff, Methan, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid.

Neue Norm DIN 4040-100 sichert Qualitätsniveau

Die neue DIN 4040-100: 2016-12 beinhaltet weitere Anforderungen, welche bisher nur über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung geregelt war. Dort, wo bauaufsichtliche Zulassungen noch vorhanden sind, können sich Behörden und Bauherren auf wenig Aufwand und hohe Sicherheit freuen. In allen anderen Fällen hingegen reicht eine reine CE-Kennzeichnung nach DIN EN 1825-1 nicht aus. Die komplette DIN 4040-100 und DIN 19901 muss eingehalten und sorgfältig geprüft werden. Dies erfordert viel Aufmerksamkeit und Fachkenntnis. Darauf müssen sich alle Beteiligten einstellen.

Autor

Dipl.-Ing. Roland Priller ist Leiter Innovationsmanagement / Normung bei der Kessel AG in 85101 Lenting, Telefon (0 84 56) 27-0, www.kessel.de