Heute kommt der neue Waschtisch! Eigentlich ein Grund zur Freude, möchte man meinen. Verspricht man sich doch mehr Komfort und eine Aufwertung des Eigenheims! Mancher Kunde hat jedoch, bevor morgens das Montageteam kommt, eine schlaflose Nacht oder wartet mit zumindest gemischten Gefühlen: „Geht alles reibungslos vonstatten? Passt das neue Stück auch tatsächlich ins Bad? Wird alles so, wie mir das der Verkäufer versprochen hat? Sind die Monteure pünktlich und zuverlässig?“
Macht sich der Handwerker die Erwartungen und Befürchtungen des Kunden bewusst, kann er proaktiv damit umgehen und gezielt eine positive Atmosphäre schaffen. Ein freundlicher, professioneller und pünktlicher erster Eindruck schafft die Grundlage dafür. Serviceprofis machen da etwas mehr. So wird zum Beispiel eine firmeneigene Fußmatte mit Logo mitgebracht und statt der kundeneigenen gleich zur Begrüßung vor der Haustür abgelegt.
Auch ein Plausch gehört dazu
Überziehschuhe und Auslegevliese (gerne in Rot) signalisieren dem Kunden: „Wir sind achtsam und halten dein Hab und Gut sauber.“ Kleine Mitbringsel wie frische Croissants oder ein Glas köstliche Marmelade oder Honig versüßen dem Kunden den Handwerkerbesuch und sorgen für Überraschungsmomente, die dem Kunden in Erinnerung bleiben werden. Die Übergabe der eigenen Visitenkarte schafft Vertrauen und sagt unausgesprochen: „Ich stehe als Handwerker für meine Leistung hier gerade.“ Umfassende Informationen über die nun folgenden Schritte, ein sorgsames Schützen des Kundeneigentums und das rechtzeitige Vereinbaren eines Termins zur Abnahme nehmen dem Kunden auch noch die restlichen Ängste und er kann vertrauensvoll loslassen.
Manche Kunden nutzen den Handwerkerbesuch für eine ausgiebige Unterhaltung: über die Familie, die Wehwehchen, die Vergangenheit, wer gestorben ist etc. Hier bedarf es Fingerspitzengefühl, dieses Kundenbedürfnis nach Kontakt, einem Zuhörer und Anteilnahme zu verstehen. Ein kleiner Plausch muss hier also drin sein.
Kleine Gefälligkeiten erhalten die Kundschaft
Im Laufe der Montage kann es sein, dass dem Kunden eine Kleinigkeit einfällt, die ihn schon lange stört. Hier quietscht oder schleift es, hier klemmt etwas … Könnte der Handwerker vielleicht mal einen Blick darauf werfen? An dieser Stelle ist es wichtig, gut zu unterscheiden. Kleinere Gefälligkeiten schnell mitzuerledigen erzeugt beim Kunden Dankbarkeit und Loyalität. Dafür revanchiert er sich dann gegebenenfalls mit Kulanz, zügig bezahlten Rechnungen und expliziten Weiterempfehlungen, und so amortisiert sich die investierte Zeit. Gegen kleine zusätzliche Arbeiten, die mit ein paar Handgriffen rasch erledigt sind, ist demnach nichts einzuwenden. Ist aber die Grenze zum Ausgenutztwerden überschritten, ist es erlaubt, freundlich Nein zu sagen und die gewünschte Leistung als separaten Auftrag anzubieten.
Nach erbrachter Leistung: Zufriedenheit verstärken
Ist der Waschtisch nun erfolgreich eingebaut, möchte der Kunde das neue Schmuckstück in Ruhe begutachten und sich an Optik und Funktionen erfreuen. Bei der Abnahme braucht der Kunde Zeit und Ruhe, um Fragen stellen zu können, aber auch um sich mit dem Handwerker zusammen zu freuen. Schlaue Handwerker loben an dieser Stelle auch die Anschaffung und den Geschmack des Kunden. „Der Waschtisch passt super in Ihr Bad. Die Farbe und das Design – das haben Sie genau richtig gemacht! Da macht es Spaß, morgens ins Bad zu kommen!“
Wenn die Unterschrift auf dem Papier bzw. Tablet geleistet ist und der Kunde nichts zu beanstanden hat, ist die Gelegenheit günstig, nach seiner Zufriedenheit zu fragen – eventuell auch mit einem mitgebrachten Kundenfragebogen. In diesem Moment ist er auch offen dafür, sich Gedanken zu machen, an wen er die umsichtigen und freundlichen Handwerker weiterempfehlen könnte. Denn eine Leistung, die über die Erwartung hinausgeht, wird gern honoriert.
Wenn etwas schiefgeht: schnell und konstruktiv reagieren
Selbst wenn sich beim Einbau technische oder organisatorische Schwierigkeiten auftun, die nicht unmittelbar vor Ort gelöst werden können, helfen eine verständnisvolle Reaktion und schnelles Handeln, den Ärger und die Enttäuschung des Kunden aufzufangen.
Szenario 1
Kunde: „Dieser Knauf hier ist nicht der, den ich mit Herrn XY (Verkäufer) ausgesucht habe. Ich möchte es so, wie ich es bestellt habe.“ Hier ist es wichtig, die Gefühle des Kunden zu spiegeln und konstruktive Schritte anzubieten. Handwerker: „Ich kann gut verstehen, dass Sie enttäuscht sind. Ich rufe gleich Herrn XY an und wir klären das Ganze.“
Szenario 2
Kunde: „Das habe ich mir aber anders vorgestellt.“ Jetzt ist es am Handwerker, herauszufinden, was der Kunde genau meint. Fragen Sie also nach: „Wie genau haben Sie sich das denn vorgestellt?“ Oft kommt es dann im Gespräch zu einer Klärung und der Kunde ist wieder zufrieden.
Szenario 3
Kunde: „Jetzt haben Sie das falsche Teil dabei und werden heute doch nicht ganz fertig!“ „Entschuldigen Sie das Missgeschick. Ich rufe sofort im Büro an. Wenn ich geklärt habe, wann das Produkt geliefert wird, bekommen Sie sofort einen neuen Termin.“
Was gar nicht geht: den Lieferanten schlechtmachen oder die Schuld auf die Kollegen schieben.
Win-win-Situation erreicht
Wenn es Ihnen auf diese Weise gelingt, beim Kunden für gute Laune zu sorgen und einen erstklassigen Eindruck zu hinterlassen, profitieren Sie auch selber von mehr Spaß bei der Arbeit, mehr Kaffee und Trinkgeld, wertvollen Empfehlungen und deutlich weniger Stress. Denn gute Beziehungen zwischen Handwerker und Kunden sind eine Win-win-Situation, wie wir in dieser Serie dargestellt haben.
Info
SBZ-Artikel-Serie
Dieser Beitrag ist der letzte Teil unserer Serie „Sechs Säulen einer Servicekultur für Handwerker“. Die Teile 1 bis 5 sind in folgenden Ausgaben erschienen:
SBZ 4/2018 „Begegnungen auf Augenhöhe“
SBZ 5/2018: „Dem Kunden zuliebe: positiv auf ihn zugehen“
SBZ 8/2018: „Dem motivierten Montör ist nichts zu schwör“
SBZ 11/2018: „Lob ist das Öl im Getriebe“
SBZ 14-15/2018: „Aus Fehlern wird man klug“
Autor
Umberta Andrea Simonis ist Inhaberin der Simonis ServiceKultur und Spezialistin für Service- und Unternehmenskultur im Handwerk. www.simonis-servicekultur.de