Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Es steht außer Frage: Der Bedarf an Fachkräften im SHK-Handwerk ist enorm gestiegen. Gerade beim Thema Wärmepumpe wird Druck aufgebaut. Davon sollte sich niemand verrückt machen lassen.
■ Lange bevor der Schrei nach mehr Handwerkern loshallte, hat die SHK-Berufsorganisation Aktionen in die Wege geleitet, um den Beruf attraktiv darzustellen. Mittlerweile profitieren Firmen davon.
■ Potenziale heben: Trotz vieler Aktivitäten sind noch einige Flanken offen. Um mehr Personal zu gewinnen, sollten SHK-Betriebe Bedingungen schaffen, die z. B. mehr Frauen fürs Handwerk begeistern.
Es gab eine Zeit, da hat das SHK-Handwerk mehrere Einstiege in den Beruf angeboten. Junge Menschen konnten wählen zwischen den Ausbildungswegen „Gas- und Wasserinstallateur“ und „Heizungs- und Lüftungsbauer“. Das war damals, um die Jahrtausendwende. Das war aber auch die Zeit, in der die Zahl der Mitarbeiter im SHK-Handwerk bei gerade mal 230 000 Beschäftigten lag (Jahr 2002). Verglichen mit damals herrschen heute paradiesische Zustände. Rund 395 000 Beschäftigte standen laut Hochrechnung vergangenes Jahr in Lohn und Brot.
Der Bedarf ist enorm gewachsen, ein Mangel ist das aber nicht
Nur, wenn es nach den Vorstellungen mancher geht, z. B. nach Wirtschaftsminister Robert Habeck, kann es gar nicht schnell genug gehen, eine noch deutlich höhere Anzahl Fachkräfte in den gut 49 000 SHK-Handwerksbetrieben unterzubringen. Mit dem Ziel, die Energiewende in Deutschlands Heizungskellern zu beschleunigen; Treiber ist – na klar – die Wärmepumpe. Der offensichtliche Modernisierungsstau im Bad trägt zusätzlich dazu bei, ganz schnell vom „Fachkräftemangel“ zu sprechen. Aber den gibt es nicht!
Wer meint, man kann einfach nur politische Ziele vorgeben und das Handwerk springt, der hat sich vertan.
Bild: ZVSHK
Zumindest auf das SHK-Handwerk trifft diese Aussage eindeutig nicht zu. Allein in den vergangenen 10 Jahren wurde die personelle Ausstattung um beeindruckende 60 000 Mitarbeiter erhöht. Im Vergleich zu anderen Handwerken verzeichnet zudem die Nachwuchswerbung durchschlagende Erfolge. Der Fachverband SHK Bayern zum Beispiel vermeldete einen Rekord bei den Berufsanfängern. Rund 2450 neu abgeschlossene Lehrverträge im Jahr 2022, während es nur ca. 2000 Verträge im Jahr 2013 waren. Laut Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Schwarz befeuern mehrere Faktoren diese Entwicklung. Zum einen nennt er die Nachwuchswerbung „Zeit zu starten“ (mehr zur Kampagne des Zentralverbands SHK im Kasten). Ins Feld führt er weiter die grundsätzliche Attraktivität der Ausbildung (Stichwort: Klimahelden) und „die ungebrochene Bereitschaft der bayerischen SHK-/OL-Innungsfachbetriebe, ihrem sozialen Auftrag nachzukommen und jungen Menschen einen Einstieg ins Arbeitsleben im Handwerk zu ermöglichen“.
Das sind zwei positive Entwicklungen – generell mehr Mitarbeiter und zunehmend mehr Azubis –, für die es deutlich treffendere Beschreibungen gibt als den Begriff „Mangel“ („Erfolg“ wäre so ein Wort). Da passt es besser ins Bild, von einer gestiegenen Nachfrage nach SHK-Dienstleistungen zu sprechen. Das freut jeden Handwerksunternehmer, egal ob der Auftragsbestand nun bei 12, 16 oder gar 20 Wochen liegt. Aber deshalb verdoppelt niemand halsbrecherisch seine Belegschaft, um den Vorlauf um die Hälfte zu reduzieren. Mit Augenmaß Personal aufbauen, so lautet das Gebot der Stunde. Von Fachkräftebedarf zu sprechen, ist an dieser Stelle deutlich vernünftiger, als das unsägliche „Fachkräftemangel“ zu gebrauchen.
Für neues Personal gilt: Qualität vor Quantität
Wenn es um mehr Personal geht, ist mit dem SHK-Handwerk zu rechnen. Die Voraussetzungen sind gegeben, als aktives, entscheidendes Element beherzt bei der Energiewende zuzupacken. Die Rede ist von einigen Zehntausend Menschen, die in den nächsten Jahren hinzukommen sollen. Nur, die Menge allein ist nicht entscheidend. Ohne fachliche Eignung nutzt auch ein über Nacht aufgestelltes Heer an neuen Mitarbeitern rein gar nix. Augenmaß ist auch hier angebracht.
Wir ermöglichen jungen Menschen einen Einstieg ins Arbeitsleben im Handwerk.
Bild: StMWi
Einigen Branchenvertretern aus dem Großhandel und der Industrie geht das dennoch nicht schnell genug. Sie forderten einen „Fachkräftebooster“, um gerade die Ausbildung von Wärmepumpeninstallateuren deutlich zu beschleunigen. Ein Schreiben dazu – adressiert ans Wirtschaftsministerium – machte vergangenes Jahr die Runde in der SHK-Branche. Bringen solche Vorschläge überhaupt was oder erzeugen sie nur Unruhe? „Da die gebäudetechnischen Systeme zunehmend komplex sind, ist die Zulassung einfach zertifizierter einseitiger Schrauber- oder gar Klimahandwerker-Schnellkurse in Bootcamps als Problemlösung in diesem Segment definitiv keine Lösung“, sagt dazu Michael Hilpert, Präsident des ZVSHK. Der oberste Vertreter der Berufsorganisation und seine Mitstreiter suchen gleichwohl nach Lösungen: „Hier den richtigen Weg zu finden, das muss der zuständigen Berufsorganisation nach gegebenem Handwerksrecht vorbehalten bleiben, denn das ist ihre Aufgabe und sie hat als für den Wirtschafts- und Berufsbereich zuständige Organisation die Expertise dafür.“ Das bedeutet: „Wir selbst erfüllen den gesetzlichen Auftrag beispielsweise bei der Ausbildungsordnung. Teilqualifizierungen oder ähnliche Maßnahmen lassen wir uns von außen nicht einfach auferlegen, sondern wir kümmern uns eigenverantwortlich um die Festlegung und Einhaltung der erforderlichen Standards, Vorgaben und Inhalte.“
Aber es geht Qualität vor Quantität. Da sind Forderungen vonseiten der Politik, wie zum Beispiel „500 000 Wärmepumpen pro Jahr“ einzubauen, schon als regelrechtes Störfeuer zu bezeichnen. Ein Punkt, den Hilpert so nicht stehen lassen kann: „Wer meint, man kann einfach nur politische Ziele vorgeben und das Handwerk springt, der hat sich wohl vertan. Wir erwarten hier klare politische Unterstützung, mindestens wie sie dem akademischen Bereich seit Jahren gewährt wird. Für uns ist zudem sehr wichtig, dass nicht nur die berufliche Ausbildung zu fördern ist, sondern ebenfalls die Weiterbildung. Hier braucht es Anreize für Unternehmer, die bei bereits guter Auslastung Personal dafür vorhalten bzw. Mitarbeiter freistellen sollen oder müssen.“
Da ist noch Luft nach oben: Frauen ins Handwerk!
Es gibt einen großen Bereich, der bei der Fachkräftegewinnung allerdings kaum angesprochen wird: Frauen. Sie sind im SHK-Handwerk nach wie vor die Ausnahme, gerade mal 580 Damen finden sich unter den 39 000 Auszubildenden zum Anlagenmechaniker SHK.
Frauen steht die Branche offen.
Bild: Hinz
Lena Hinz ist ein lebendes Beispiel dafür, dass das SHK-Handwerk nicht mehr als Männerdomäne betrachtet und dargestellt werden sollte. Sie ist Geschäftsführerin der MH Michael Hinz GmbH in Glückstadt. Was eigentlich zählt, ist: „Man sieht jeden Tag, was man schafft, was mit eigener körperlicher Arbeit eingebracht wird“, sagt sie über ihre Liebe zum SHK-Handwerk. Das sollte man gerade auch jungen Frauen vermitteln. Dazu hat sie die Initiative „Die Handwerkerin" ins Leben gerufen, die Frauen dazu ermuntert, ein Handwerk zu erlernen. So könnte auch dem Facharbeitermangel entgegengesteuert werden. Lena Hinz stellt klar: „Frauen steht die Branche offen.“ Am Beispiel der Glückstädterin zeigt sich: Oft kolportierte Klischees vom „schwachen Geschlecht“ sind längst überholt. Mit Blick auf den gestiegenen Fachkräftebedarf sowieso. Also, Zeit zu starten.
Zeit zu starten: Nachwuchs für das SHK-Handwerk
Der ZVSHK schreibt über „Zeit zu starten“: Die Kampagne will mit ihren Informations- und Werbematerialien Schülerinnen und Schüler bei ihrer Berufswahl für eines der vier Gewerke im SHK-Handwerk begeistern. Unter Federführung des ZVSHK haben seine 17 Landesverbände die Kampagnenausrichtung gemeinsam erarbeitet. Die Website www.zeitzustarten.de richtet sich in erster Linie an Jugendliche und informiert über die vier Ausbildungsberufe im SHK-Handwerk. Die Internetpräsenz hält weitere Informationen für Eltern und Lehrer bereit, die beiden wichtigsten Berater der jungen Menschen. Die Struktur der Website wird laufend optimiert und um neue Funktionen und Inhalte erweitert. Dazu zählt beispielsweise das Angebot der Informationen in vereinfachter Sprache. Dies sorgt für mehr Zugänglichkeit. So erleichtert es z. B. Eltern mit weniger guten Kenntnissen der deutschen Sprache die Beurteilung der Details zu den Berufen und deren hoher Qualität. Das interaktive Element des „Berufefinders“ lädt zum Entdecken ein und liefert gleichzeitig Informationen. Angelehnt an die Mechanik, bekannt aus „Tinder“, werden dem User Bilder der Berufe gezeigt, die er mit einem einfachen Klick „bewerten“ kann – „mag ich“, „mag ich nicht“. Der „Berufefinder“ bietet einen spielerischen Selektionsvorgang zu den SHK-Berufen mit Berufsempfehlung und weiterführendem Link zu ausführlicheren Angaben.
www.zeitzustarten.deWie finden Sie diesen Beitrag? Wir freuen uns über Ihr Feedback mit Betreff „Fachkräfte“ an jaeger@sbz-online.de und Robert.Reisch@gentner.de