Es sind schier unglaubliche Zahlen, mit denen Aira um sich wirft: Bis zum Jahr 2030 will das schwedische Unternehmen 5 Mio. Wärmepumpen in Europa installiert haben, davon 1 Mio. in Deutschland. 5000 Fachkräfte sollen dazu eingestellt werden. Bei diesen Angaben kann einem herkömmlichen SHK-Handwerksbetrieb schon mal schwindelig werden. Egal, ob es sich jetzt um eine großspurige Ankündigung handelt oder doch um Zahlen auf einer substanziellen Basis. Klar ist nur: Hier betritt ein weiterer Konkurrent das SHK-Spielfeld, der unfair spielt. Warum unfair? Aira ist kein gewöhnlicher Handwerksbetrieb mit ungewöhnlich großen Zielen. Es handelt sich um ein 2022 gegründetes Startup, das Investoren mit dreistelligen Millionenbeträgen stützen. Neben der Installation sollen auch die Fertigung von Wärmepumpen, Finanzierungsangebote für Endkunden und eine bis zu 15 Jahre dauernde „Servicegarantie“ tragende Säulen des Konzepts sein. Befeuert durch eine gigantische Werbemaschinerie. Ob das dauerhaft gut geht, steht in den Sternen.
Aber Aira ist in bester Gesellschaft: 1Komma5°, Octopus Energy und Enpal zum Beispiel sind mit ähnlichen Strategien in Deutschland unterwegs, angetrieben durch die boomende Energiewende. Das sind allesamt Unternehmen, die groß Denken und Handeln wollen. Zentral verwaltet und gesteuert, mit Installateuren von Kiel bis Oberammergau vor Ort, die deren verkaufte Anlagen an die Wand schrauben sollen.
Ist das der Anfang vom Ende der Strukturen einer SHK-Landschaft, wie wir sie kennen? Was kann das kleinteilige, auf zigtausend Einzelbetrieben fußende Handwerk dem entgegenbringen?
Wer mit diesen Fragen Branchenbeteiligte aller Art konfrontiert, erhält sehr unterschiedliche Reaktionen. Von „machen lassen, hat sich eh irgendwann wieder erledigt“ bis hin zu „das stellt die Branche in einigen Jahren komplett auf den Kopf“ reichen die Antworten. Wer sich am „Online-Heizungspionier“ Thermondo orientiert, der kommt zu dem Schluss, dass durchaus auch eine mehr oder weniger friedliche Ko-Existenz zwischen investorengestützten Anbietern und ordentlich wirtschaftenden SHK-Handwerksfirmen möglich sein könnte.
Aber: Der Installateurbetrieb vor Ort bleibt nicht ohne aktives Zutun Platzhirsch im Auge der Kunden. Um gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz, deren Marketingbudgets und Geschäftspläne zu bestehen, empfehlen sich einige Punkte, die angegangen werden können. Im Besonderen sind das:
Ausrichten: In der Außendarstellung sollten Kunden den Betrieb vor allem als Spezialist für zwei bis drei Themen wahrnehmen.
Anpassen: Wenn innerbetriebliche Abläufe schlanker - sprich: effizienter - aufgestellt sind, ist es leichter, mit großen Wettbewerbern mitzuhalten.
Auftreten: Tue Gutes und sprich darüber! In der Region verwurzelte Handwerksbetriebe schlagen als bekannte „lokale Größe“ jeden Onlineanbieter.
Kleine und mittlere SHK-Handwerksunternehmen neigen dazu, das Internet und die vorgenannten großen Onlineanbieter mit ihren durchgestylten Angeboten als Bedrohung ihrer Existenz zu betrachten. Sie glauben, dass sie keine Chance im Preis- und Dienstleistungswettbewerb haben. Diese Einstellung ist falsch, denn jeder Betrieb verfügt immer über mehrere Vorteile, die nur er seinen regionalen Kunden bieten kann.
Lähmend hinzu kommt der Glaube, dass der Preis das entscheidende Argument sei. Beeinflusst durch die Aktivitäten der überregionalen Anbieter, die in ihrer Werbung immer wieder den Preis als Hauptargument hervorheben, glauben viele Unternehmer, dass dies für die Kunden das entscheidende Argument sei. Das ist jedoch falsch. Natürlich ist der Preis wichtig und für einige Käufer auch entscheidend, aber wenn die anderen Umfeld-Leistungen nicht stimmen, suchen die Kunden nach Lösungen, die ihre Wunschvorstellungen besser erfüllen.
Egal, ob ein standardisiertes oder ein individuelles Produkt gekauft werden soll, der regionale Betrieb – egal, wie groß – kann den Kunden in seinem Einzugsbereich verschiedene Vorteile bieten, vor denen jeder Online-Anbieter kapitulieren muss. Wer in der Region verankert ist, kann diese Faktoren ausspielen.
Die Nähe zum Kunden
Kunden, die im Einzugsbereich eines Unternehmens ansässig sind, das seine Leistungen sowohl direkt als auch über Internet anbietet, können die Vorteile eines Einkaufs oder einer Bestellung mit denen eines direkten Besuches verbinden. Diese Nähe zum Kunden ermöglicht es jedem regionalen Betrieb (Zusatz-) Leistungen anzubieten, die die klassischen Online-Händler aufgrund ihrer Entfernung nicht erbringen können.
Der reale Ansprechpartner
Im Gegensatz zum reinen Online-Handel kann der regionale Betrieb seinen Kundenkontakt personalisieren. Bereits auf der Startseite kann der Mitarbeiter vorgestellt werden, der für die Abwicklung des Auftrages zuständig ist. Dieser Mitarbeiter ist im Bedarfsfall jederzeit per Internet, per Telefon oder direkt im Betrieb erreichbar und kann so zu allen Fragen Auskunft geben.
Die individuelle Beratung
Die Standarderklärung der Leistung erfolgt entsprechend den technischen Bedingungen des Internets in bildlicher und schriftlicher Form. Das empfinden jedoch viele Käufer als unzureichend. Der regionale Anbieter kann zusätzlich weiterführende oder vergleichende Beratungsleistungen in seinem Betrieb anbieten – oft sogar direkt an der Planung. Er kann sein Know-how für die Entscheidungsfindung einbringen.
Die Schnelligkeit
Der Regionalbieter kann je nach Situation die direkte Bearbeitung am gleichen Tag anbieten – etwa bei Notfällen. Hier muss der überregionale Online-Anbieter meist passen.
Der Service
In vielen Fällen ist nicht der Preis, sondern der Service das entscheidende Verkaufsargument. Jeder kennt die (unendlichen) Probleme, die bei vielen Anbietern entstehen, die weit weg sind. Wenn ein Produkt reklamiert werden muss, hängt der Reklamierende in Warteschleifen, wird von einem Mitarbeiter zum anderen verwiesen, weil keiner zuständig ist. Und wenn dann endlich alles geregelt ist, muss er im Normalfall wochenlang warten, bis er ein neues oder das reparierte Teil wieder nutzen kann. Die Liste der Ärgernisse ist lang. Dabei sind der Ärger, die verschwendete Zeit und die zusätzlichen Kosten noch gar nicht erwähnt.
Ganz anders bei dem regionalen Anbieter. Da ist der Ansprechpartner bekannt, der Service kann oft durch den Betrieb erfolgen und der Mitarbeiter ist kurzfristig vor Ort zur Stelle. Bei besonders dringlichen Fällen kann manchmal sogar mit einem Ersatzgerät ausgeholfen werden. Auch hier muss der überregionale Online-Handel passen.
Die Montage und Einweisung
Bei größeren Produkten oder Geräten ist oft eine fachkundige Montage notwendig, um es nutzen zu können. Große Online-Anbieter arbeiten oft mit Subunternehmen zusammen, die möglichst schnell mit ihrer Arbeit fertig werden wollen. Da bleibt dann zum Beispiel die Einweisung oder die abschließende Reinigung nach der Montage oft „auf der Strecke“, denn sie müssen im Normalfall nicht wieder kommen, wenn ein Reklamationsfall eintritt. Deshalb wird oft nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ gearbeitet. Das alles kann ein regionaler Anbieter spielend leisten bzw. er kann sich „Schlamperei“ nicht leisten.
Vorteile vermarkten
PR-Leute sagen: Tue Gutes und rede darüber! Für SHK-Handwerksbetriebe heißt das, dass sie die Vorteile, die sie bieten, auch offensiv in Ihren werblichen Aktivitäten darstellen müssen. Wenn sie die vorhandenen Kundenvorteile nicht publizieren, können potenziellen Kunden auch nicht wissen, dass der lokale Betrieb die bessere Lösung ist. Dabei lässt sich vor allem das Internet nutzen.
Preis darf kein Argument sein
Wichtig: Stellen sie als Unternehmer die Vorteile, die (nur) sie zu bieten haben, deutlich heraus, damit den Kunden bewusst wird, auf was sie alles verzichten, wenn sie nicht lokal kaufen. Das bedeutet auch, dass man sich von Zeit zu Zeit als Interessent das Angebot der wichtigsten Online-Wettbewerber ansieht, und dabei Fragen nach dem Service, nach den Materialien, nach den (Material-)Eigenschaften und den Leistungen stellen sollte. Das sind Fundgruben für die Argumentation für den Betrieb vor Ort.
Selbst online aktiv sein
Unstrittig ist, dass die Information und der Kauf per Internet weiter zunehmen werden. Damit entsteht für jeden klassischen Handwerksbetrieb die Frage, ob er auf diese Kunden verzichten will, oder ob er die vorhandenen Möglichkeiten aktiv für sich nutzen kann. Dabei ist es nicht entscheidend, ob man sämtliche Vorteils-Leistungen darstellt. Wichtig ist, Kunden aufzuzeigen, in welchen Leistungsfeldern man besser ist als die großen Online-Konkurrenten.
Entscheidend ist darüber hinaus, dass man eigene Online-Aktivitäten als gleichberechtigten Teil der Verkaufsaktivitäten sieht und nicht als zusätzliche Arbeitsbelastung. Die Möglichkeiten, sich als bessere Alternative gegenüber den überregionalen Online-Anbietern darzustellen, sind vielfältig.
Einfach machen
Kunden zum Weiterempfehlen animieren
Eine ebenso erfolgreiche wie preiswerte Methode, Neukunden zu gewinnen und die Beziehung zu Bestandskunden zu festigen, ist, die Empfehlungswerbung zu aktivieren und auszubauen. Mit dieser Maßnahme schlägt man 5 Fliegen mit einer Klappe.
Kundenbefragungen, Zielgruppendefinitionen und Empfehlungsmarketing haben den Vorteil, dass Wettbewerber wenig bis gar nichts über die eigenen Maßnahmen zur Kundengewinnung erfahren. Wenn man dagegen Werbung in öffentlichen Medien betreibt, wissen Mitbewerber genau, was man anbietet, und können sich darauf entsprechend einstellen.
Alleinstellungsmerkmale schaffen
Eine Alleinstellung schafft man sich, indem man eine Leistung anbietet, die neu und für potenzielle Kunden attraktiv ist. Dafür bieten sich vier Handlungsfelder an:
Wo man ein Alleinstellungsmerkmal ansiedelt, hängt davon ab, in welchem Handlungsfeld man die größten Ressourcen hat, um sich möglichst deutlich von den vorhandenen Wettbewerbern abzusetzen. Da gilt: probieren geht vor studieren!