Reicht es aus, wenn wir im Sommer den Überschuss an Wärme speichern und im Winter abrufen? Lesen Sie, wie unser Autor auf diese herausfordernde Frage kommt und warum dann doch noch ein paar Hürden zur praktischen Umsetzung zu nehmen sind.
Vorratshaltung hat die Menschheit deutlich nach vorne gebracht. Um im kargen Winter zu überleben, haben unsere Vorfahren Kornspeicher angelegt, aus denen dann nach und nach etwas entnommen wurde.
Wir Anlagenmechaniker schlagen uns ebenfalls mit einem Problem herum, das mit Überfluss und späterem Mangel zu tun hat: Energie will gebändigt und verwaltet werden. Und nicht etwa der schwierige Umgang mit elektrischer Energie ist das Thema dieses Berichts. Vielmehr wird die Speicherung von Wärmeenergie thematisiert. Welches sind die Standardanwendungen und was ist schon eher exotisch und daher seltener anzutreffen? Was kann und was sollte uns die Zukunft bringen?
Temperaturen beachten
Wenn Anlagenmechaniker über die Speicherung von Wärmeenergie nachdenken, dann geht es meistens um Nutztemperaturen bis 90 °C. Darüber wird es zu heiß, selbst für einen Heizkörper. Außerdem muss der Druck beherrschbar bleiben.
Wichtig bei der Betrachtung der Temperatur ist auch, wie weit nach unten eine vorhandene Speichertemperatur noch hilfreich sein kann. Um bspw. Trinkwasser auf eine noch angenehme Duschtemperatur zu bringen, sind rund 45 °C notwendig. Ein noch kühlerer Speicher hilft also wenig, kann er das Wasser doch dann nicht auf die Wunschtemperatur bringen. Geringere Temperaturen als die erwähnten 45 °C sind höchstens noch gefällig bei der Erwärmung einer Fußbodenheizung. Die tiefsten Auslegungstemperaturen in der Praxis liegen derzeit bei 35 °C. Dieser Umstand mit den tiefsten Temperaturen klingt sehr trivial, ist aber wesentlich für die nachfolgenden Betrachtungen.
Drei Speicherarten
Um sich über Wärmespeicherung zu orientieren, müssen erst einmal die Möglichkeiten beschrieben werden.
Sensible Wärme
Die einfachste Form der Speicherung ist uralt und mit den menschlichen Sinnen direkt fühlbar. Daher bezeichnet man diese Art auch als sensible, also fühlbare Wärmespeicherung. Es reichte unseren Vorfahren aus, einen Stein ins Feuer zu legen, um später in der Wohnhöhle noch das Nachtlager mit diesem Speicherelement zu erwärmen. Elektro-Nachtspeicher trugen dieses Prinzip bis in unser Jahrhundert, wobei man über den sinnvollen Einsatz von Nachtspeichern wirklich diskutieren kann und soll.
Der Anlagenmechaniker wird jedoch als Speicherelement das Wasser bevorzugen. Bei der Be- und Entladung bedient er sich in der Regel einer Pumpe, die das Wasser mit der enthaltenen Wärmeenergie zur Nutzung sammelt und später wiederum bereitstellt. Diese häufigste Speichermethode lässt immer einen Rückschluss auf die bereits gespeicherte Energiemenge zu. Kurz und knapp kann man sagen: Je heißer der Speicher, desto mehr Energie ist darin enthalten. Dies gilt nicht immer für die folgend genannten Wärmespeicher.
Latente Wärme
Latent bedeutet verborgen und weist in der Namensgebung bereits auf eine fast geheimnisvolle Methode hin. Latentwärmespeicher besitzen ein Speichermedium, meist ein Salz oder Paraffin, welches seinen Aggregatzustand ändert. Dabei nimmt es Wärmeenergie auf und gibt die Energie später wiederum ab, natürlich mit nochmaliger Änderung des Aggregatzustandes. Der Zustandswechsel, beispielsweise von flüssig zu fest, läuft dann also bei hoher Temperatur ab. Das klassische Beispiel für diese Art der Wärmespeicher sind die im Handel erhältlichen Handwärmer mit ihrem kleinen Knickmetallplättchen in einer flüssigen Salzfüllung. Löst man durch das Knicken des Metallplättchens die Kristallisation des Salzes aus, so wird kontinuierlich Wärme abgegeben, bis das gesamte Kissen vollkommen ausgehärtet ist. Dieser Prozess ist durch entsprechende Wärmezufuhr, beispielsweise in einem heißen Wasserbad, umkehrbar, also reversibel.
Thermochemische Wärme
Eine weitere Möglichkeit, einen Vorrat an Wärmeenergie anzulegen, besteht darin, einen thermochemischen Prozess ablaufen zu lassen. Gemeint ist der Prozess, der in einer Adsorptionskältemaschine abläuft und im Zusammenhang mit sogenannten Zeolithen steht.
Diese Zeolithe sind kleine Steinchen mit ungeheuer großer innerer Oberfläche. Diese Steinchen erwärmen sich, wenn man sie anfeuchtet. Anschließend kann man ihnen dieses Wasser durch Wärmezufuhr wieder austreiben, sie also regenerieren.
So unterscheiden sich Wärmespeicher-Systeme
Die Speicherung von Wärme in so genannten Pufferspeichern ist dem Anlagenmechaniker geläufig und bedarf keiner technisch aufwendigen Hilfsmittel. Im einfachsten Fall ist ein Puffer eine Blechbüchse voller Heizungswasser.
Die Regelung der Be- und Entladung eines Speichers kann schon etwas aufwendiger sein, stellt jedoch auch keine zu hohen Anforderungen. Unsere Partner aus der Heizungsindustrie liefern steckerfertige, ausgeklügelte Systeme.
Dies liest sich jetzt so, als wäre der alte Puffer, unser sensibler Wärmespeicher, doch das Mittel der Wahl und daher grundsätzlich zu bevorzugen.
Ein entscheidendes Manko muss einem jedoch klar sein: Ein Pufferspeicher beginnt augenblicklich mit seiner Abkühlung, wenn der Ladevorgang abgeschlossen ist. Egal wie dick die Wärmedämmung drum herum gepackt wird, die Temperaturdifferenz zwischen dem kühlen Keller und dem heißen Bottich sorgt sofort für Wärmeaustausch. Ohne Nachheizung hält sich die Wärme also nur begrenzte Zeit.
Völlig anders sieht es da bei den Latentspeichern aus. Das flüssige Salz versteckt Bewegungsenergie in sich und kann diese während des Kristallisierens als Wärme abgeben. Dem Wärmeträger macht es dabei nichts aus, wie kalt oder warm die Umgebung ist.
Den flüssigen Handwärmer können Sie also in einen kalten Raum legen und abkühlen, die Bewegungsenergie der Kristalle können Sie trotzdem noch abrufen. Der größte Anteil der Wärmeenergie wird durch die Kristallisation freigesetzt.
Sie können alternativ auch die staubtrockenen Zeolithe stundenlang durch arktische Kälte tragen, dann mit Wasser benetzen und immer noch die darin enthaltene Wärmeenergie abrufen.
Einen Topf mit heißem Wasser in einem kalten Raum zu parken oder damit durch eine Eiswüste zu wandern, würde die ehemals aufgewendete Wärmeenergie so gut wie aufzehren, egal wie dick man den Topf in Dämmung einpackt.
Toll, möchte man schreien, das ist es. Und schaut man sich dann noch die Zeolith-Steinchen an, dann möchte man im ersten Ansatz als Anlagenmechaniker sämtliche Speicher aus den Kundenkellern rausreißen und gegen diese alternativen und innovativen Speichersysteme tauschen. Denn bei diesen Latent- und Thermochemischen Wärmespeichern wird Wärme unabhängig von der Umgebungstemperatur gespeichert.
Welches Speichersystem ist das Richtige?
In einem Beispiel soll der Energiebedarf eines sehr gut wärmegedämmten Hauses gedeckt werden. Es benötigte in den letzten Jahren immer genau 1000 Liter Heizöl. In der Vorstellung ist da also ein Würfel mit einer Kantenlänge von 1 Meter, der ausreichte, um das Heizölvolumen für ein ganzes Jahr aufzunehmen. (1 m x 1 m x 1 m = 1 m³= 1000 l)
Der Hausbesitzer kommt zu mir in die Beratung und möchte wissen, welches Speichervolumen er vorhalten muss, um den Energiebedarf des Jahres als Heizwasser, in Form von flüssigem Paraffin oder in Zeolithen zu speichern.
Er möchte also im Sommer genug ernten, um komplett über den Winter zu kommen.
In erster Näherung fragt der Hausbesitzer, ob er überhaupt das Speichervermögen anpassen muss angesichts dieser latenten Wunder.
Wie groß ist der Arbeitsspeicher?
Um die maximal speicherbare Wärmeenergiemenge plastisch darzustellen, soll das Speichervermögen der Systeme in dem bereits beschriebenen Würfel für Heizöl ausgerechnet werden. Der Eintausend-Liter-Behälter wird mittels Umrechnung mit den anderen Energieträgern simuliert. Dieser wird dann dem Energiegehalt von 1000 Litern Heizöl gegenübergestellt.
Der Nutzbereich der verglichenen Systeme soll bei Temperaturen zwischen max. 90 °C und im mind. 35 °C liegen.
Speicher-Möglichkeiten bei Temperaturen zwischen 90 °C und 35 °C
A als fossiler Brennstoff Heizöl: Der Tank mit 1000 Liter Heizöl kann rund 10 000 kWh Wärmeenergie bereitstellen.
B Latente Wärmespeicherung in Paraffin: Im Tank mit 1000 Liter Paraffin und dem Knickplättchen ließen sich rund 220 kWh verstecken.
C Thermochemische Speicherung in Zeolith: Im mit Zeolith gefüllten 1000-Liter-Tank könnte man rund 300 kWh an Wärmeenergie bevorraten.
D Sensible Wärmespeicherung in Wasser: In diesem Eintausend-Liter-Behälter stecken gepuffert im Wasser rund 64 Kilowattstunden
Der Hausbesitzer in meiner Pufferberatungsstunde fällt aus seinem Wolkenkuckucksheim. Er ahnt nun schon, dass er zumindest mit der Größe des ursprünglichen Öltanks nicht alle seine Energieträume erfüllen kann. Noch gibt er aber nicht auf. Er schlägt mir vor, dass wir die Grundfläche des ursprünglichen Tanks beibehalten und den innovativen Puffer nach oben beliebig erweitern können.
Speichermöglichkeiten auf der ursprünglichen Grundfläche
A als fossiler Brennstoff Heizöl: Als Behälterhöhe wäre 1 Meter ausreichend.
B Latente Wärmespeicherung als Paraffin: Die Behälterhöhe müsste „nur“ rund 33,3 Meter betragen.
C Thermochemische Speicherung als Zeolith: Die Behälterhöhe müsste rund 45 Meter betragen.
D Sensible Wärmespeicherung als Wasser: Die Behälterhöhe müsste rund 156 Meter betragen.
Geht man also davon aus, dass ein Einfamilienhaus mit rund 1000 Litern Heizöl pro Jahr in Bezug auf die Heizenergie ausreichend versorgt wäre, dann wird anhand der notwendigen Speichergröße klar, welches System diese Kapazität mit welchen Abmaßen bieten würde. Der Behälter soll in allen Fällen eine quadratische Grundfläche mit einer Kantenlänge von 1 Meter besitzen. Die immense Energiedichte von Heizöl ist für diesen geringen Platzbedarf verantwortlich.
Dem Hausbesitzer wird nun allmählich klar, dass die Speicheralternativen erheblichen Platz erfordern würden.
Ausblick für Speichersysteme
Angesichts der hier verdeutlichten Unterschiede in der Kapazität und der Empfindlichkeit für Umgebungsbedingungen werden Stärken, Schwächen und letztlich auch die Grenzen der einzelnen Systeme deutlich. Das verbreitete System zur Speicherung sensibler Wärme, also der Pufferspeicher, wird für den kurz- und mittelfristigen Speicherzeitraum die erste Wahl bleiben. Latente und thermochemisch gebundene Wärmeenergie kann auch für längerfristige Aufgaben tauglich werden. Insbesondere mit thermochemischen Verfahren werden bereits Modellanlagen errichtet, die sommerliche Solarenergieüberschüsse in die Wintermonate „retten“. Der verlockenden Idee, Wärmeenergiemengen über längere Zeit zu speichern, sind aber Grenzen gesetzt.
Schaut man also nach der ersten Technik-Euphorie auf die Kosten-Nutzen-Rechnung und auf das, was man letztlich selbst mit den High-Tech-Speichern erreichen kann, bleiben die meisten beim guten alten Wasserspeicher. Es erscheint zurzeit jedenfalls unwahrscheinlich, dass riesige Bottiche mit Salzen, Paraffinen oder Zeolithen gefüllt unsere winterlichen Heizanforderungen erfüllen. Aber warten wir es ab!?
Die Energiespeicherung kann natürlich auch auf die Basis von Pflanzenwachstum als Brennstoff gestellt werden. Denn auch das ist ja eine Art von Speicherung, aber als Biomasse wie Pellets, Hackschnitzel oder schnellwachsende Gräser. ■
Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe SBZ Monteur 02-2023 unter dem Titel Spürbare und versteckte Effekte.
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