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GmbH-Geschäftsführer leben gefährlich

Inhalt

Der Irrglaube, dass bei einer GmbH das Haftungsrisiko auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist weicht dann der Ernüchterung, wenn in Haftungsfragen alle zur Verfügung stehenden Varianten der Anspruchsrealisierung durchgespielt werden. Gläubiger der Gesellschaft sind nämlich nicht ausschließlich auf das Gesellschaftsvermögen zu verweisen, sondern können unter Umständen auch den Geschäftsführer persönlich in die Haftung nehmen. Der Geschäftsführer einer GmbH ist gerade in der Krise der Gesellschaft einem besonders hohen persönlichen Haftungsrisiko sowohl gegenüber der Gesellschaft im Innenverhältnis als auch gegenüber Gläubigern der Gesellschaft im Außenverhältnis unterworfen. Den Geschäftsführer treffen einerseits verschiedene, arbeitsrechtliche Rechte und Pflichten, da er als „Angestellter“ der GmbH aufgrund des Geschäftsführervertrages gegen Entgelt tätig wird. Andererseits ist der Geschäftsführer aber gleichzeitig als gesetzlicher Vertreter der GmbH (und damit als Organ) in der Arbeitgeberfunktion und zugleich Vertreter nach außen, also derjenige, der der Gesellschaft, den Gesellschaftern als auch Dritten verpflichtet sein kann.

Haftungsgrundsätze

Der Haftungsgrundsatz ist im GmbH-Gesetz verankert. Der Geschäftsführer haftet persönlich, das heißt mit seinem Privatvermögen, gegenüber der Gesellschaft im Innenverhältnis. Haftungsmaßstab ist hier § 43 Abs. 1, 2 GmbHG.

Abs. 1: „Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.“

Abs. 2: „Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.“

Aus dieser sehr pauschal gehaltenen Rahmenbestimmung ist im Einzelfall nicht selten eine konkrete persönliche Haftung des Geschäftsführers abgeleitet worden, die sich für ihn zur Existenzbedrohung entwickelte. Die Anforderungen an die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes variieren nach Art, Größe und Situation des Unternehmens sowie nach relevanten wirtschaftlichen Umständen und Entwicklungen. Ein Verstoß gegen Sorgfaltspflichten kann und wird (meist durch Gerichte) nur anhand des konkreten Einzelfalls untersucht und festgestellt werden. Genau hierin liegt die Gefahr für den Geschäftsführer, der möglicherweise immer in der Ungewissheit lebt, ob er die von ihm erwartete Sorgfalt des „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers“ subjektiv erfüllt hat und damit objektiven Ansprüchen gerecht wird. Im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sind ihm zwar risikobehaftete Entscheidungen nicht verwehrt, allerdings muss er hierbei die Gesetze, die Satzung und die Beschlüsse der Gesellschafter beachten. Mit anderen Worten: der Geschäftsführer muss nach ausreichender vorheriger Informationssammlung nachvollziehbar und nach seiner Überzeugung im besten Interesse der GmbH handeln.

Haftungsgründe im Innenverhältnis

Gegenüber der Gesellschaft bestehen verschiedene Pflichten, die sich aus dem Anstellungsvertrag und den gesetzlichen Festlegungen herleiten lassen. Der Geschäftsführer ist verpflichtet, bei Geschäftsabschlüssen nicht völlig unverhältnismäßige Risiken einzugehen. Er hat sich über die geschäftlichen Verhältnisse von Vertragspartnern und Kunden zu informieren. Er muss Weisungen der Gesellschafter beachten und darf seine Vertretungsmacht nicht überschreiten, z. B. darf er die eigenmächtige Einstellung von Arbeitnehmern nur dann vornehmen, wenn ihm ausdrücklich Personalhoheit übertragen ist.

Der Geschäftsführer darf gesetzliche Pflichten, die die GmbH treffen, nicht verletzen. Weist er z. B. Arbeitnehmer an, länger zu arbeiten, als das Arbeitszeitgesetz erlaubt, haftet er für etwaige Folgen persönlich. Er hat weiterhin die Treuepflicht, während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH nicht in den Wettbewerb zu der GmbH zu treten, sei es durch ein eigenes konkurrierendes Gewerbe oder durch einen ähnlichen Geschäftszweig. Auch hat er selbst sorgsam ausgewähltes und geschultes Personal bei der Buchführung zu überwachen. Darüber hinaus muss er rechtzeitig anfallende Steuern und Sozialabgaben festsetzen und abführen sowie insolvenzrechtliche Pflichten erfüllen. Auf die beiden letztgenannten Pflichten wird im Rahmen der Außenhaftung gegenüber der öffentlichen Hand und Gläubigern noch näher einzugehen sein.

Bei einer Verletzung dieser beispielhaft oben genannten Pflichten durch den Geschäftsführer müssen die Gesellschafter lediglich nachweisen, dass der Gesellschaft infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens des Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist. Der Geschäftsführer trägt dann die Beweislast dafür, dass ihn kein Verschulden trifft, was ungleich schwer wird, wenn z. B. Gesetze verletzt sind.

Für die Inanspruchnahme des Geschäftsführers ist ein Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich. In einem engen Rahmen können die Gesellschafter durch Beschluss auf die Inanspruchnahme des Geschäftsführers gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG verzichten, aber nur dann, wenn Gläubiger der GmbH nicht benachteiligt werden. Das ist allerdings selten der Fall. Deshalb greift ein möglicherweise von der Gesellschaft für ihren Geschäftsführer beabsichtigter Schutz nicht durch.

Haftungsgründe im Außenverhältnis

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für sämtliche Verpflichtungen im Außenverhältnis zu Gläubigern der Gesellschaft besteht immer vor der Eintragung der GmbH in das Handelsregister, also in der Gründungsphase der GmbH. Dies ist gerade im Hinblick auf die teilweise Überlastung der Amtsgerichte von Bedeutung, da die Eintragung in das Handelsregister unter Umständen mehrere Monate dauern kann und sich damit adäquat die Dauer des erhöhten persönlichen Haftungsrisikos für den Geschäftsführer ausdehnt.

Stolperstein Insolvenz

Kritische Situationen der Gesellschaft und eine drohende Insolvenz produzieren ein besonders hohes Haftungsrisiko für den Geschäftsführer. Ausgangspunkt ist hierbei die Pflicht des Geschäftsführers zur laufenden Überwachung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und der Prüfung des Vorliegens von Insolvenzgründen. Insolvenzgründe sind Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft gemäß §§ 19 Abs. 1, 2, Satz 1, 17 Abs. 1, 2, 18 Abs. 1, 2 InsO (Insolvenzordnung). Überschuldung liegt danach vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft inklusive der stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, unabhängig davon, ob der Gläubiger diese auch gerade einfordert. Davon zu unterscheiden ist die Zahlungsstockung. Bei dieser ist die Liquidität der Gesellschaft z. B. durch verspätete Zahlungseingänge oder unerwartete Ausgaben gestört, kann aber kurzfristig überwunden werden. Festzuhalten bleibt, dass sich der Geschäftsführer bei dieser Beurteilung, aus der sich gegebenenfalls die Entscheidung der Insolvenzanmeldung ableitet, auf sehr dünnem Eis bewegt. Wird im Nachhinein gerichtlich festgestellt, dass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Zahlungsunfähigkeit vorlag, führt dieses zu einer persönlichen Haftung des Gesellschafters. Denn bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit besteht für den Geschäftsführer eine Insolvenzantragspflicht gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Dieser Pflicht muss er ohne schuldhaftes Zögern nachkommen, mindestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Insolvenzreife.

Fristbeginn beachten

Die Frist beginnt, wenn die Gesellschaft objektiv überschuldet oder zahlungsunfähig ist und wenn der Geschäftsführer dieses weiß. Eine Auffassung in der Literatur geht sogar davon aus, dass die Frist bereits dann beginnt, wenn der Geschäftsführer die Insolvenzreife mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes erkennen müsste. Stellt er den Antrag innerhalb dieser Frist nicht, haftet er für die Insolvenzverschleppung gegenüber der Gesellschaft nach § 64 Abs. 2 GmbHG und gegenüber Gläubigern der Gesellschaft nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 64 Abs. 2 GmbHG oder nach §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 241 BGB für Zahlungen, die er nach Insolvenzreife geleistet hat. Damit sind alle Zahlungen gemeint, die das Gesellschaftsvermögen vermindern, das heißt denen kein Gegenwert gegenübersteht. Dazu zählen z. B. die Eingehung und Begleichung von Verbindlichkeiten oder Schuldanerkenntnisse und Schuldversprechen.

Zulässige Zahlungen sind nur solche, denen eine vollwertige Gegenleistung gegenübersteht oder Zahlungen zur Verhinderung des sofortigen Zusammenbruchs der GmbH (Löhne, Gehälter, Sozialabgaben, Telefon, Miete). Der Geschäftsführer muss bei unzulässigen Zahlungen das Gesellschaftsvermögen auf die Höhe bringen, das es hätte, wenn der Geschäftsführer den Antrag rechtzeitig gestellt und keine Zahlungen mehr vorgenommen hätte. Zu dieser Unsicherheit gesellt sich meist noch ein Druck durch die Gesellschafter den Insolvenzantrag (noch) nicht zu stellen. Allerdings entlastet den Geschäftsführer nicht einmal ein dem Insolvenzantrag entgegenstehender Gesellschafterbeschluss. Die Antragspflicht des Geschäftsführers besteht auch dann, wenn bereits ein Gläubiger der Gesellschaft Insolvenzantrag gestellt hat oder bei Masselosigkeit der Gesellschaft. Grundsätzlich entscheidet das Insolvenzgericht, ob ein Insolvenzverfahren durchgeführt wird.

Nicht abdingbare Verantwortung

In Krisenzeiten der GmbH ist die Gefahr der Außenhaftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft ebenso hoch. Hat ein Gläubiger bereits einen Anspruch gegen die GmbH tituliert und besteht zu diesem Zeitpunkt ein potenzieller Anspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer, sieht sich der Geschäftsführer gegebenenfalls einer Pfändung gegenüber. Dadurch haftet der Geschäftsführer mittelbar gegenüber dem Gläubiger persönlich. Eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG, den Geschäftsführer überhaupt in Anspruch nehmen zu können, bedarf es in dieser Konstellation nicht mehr.

Eine vielfach unbekannte direkte Haftung des Geschäftsführers ist die persönliche Haftung gegenüber dem Finanzamt für steuerliche Verpflichtungen der GmbH. Die Pflicht zur rechtzeitigen Entrichtung der Steuern ergibt sich für den Geschäftsführer aus § 34 AO (Abgabenordnung), seine persönliche Haftung aus § 69 AO. Diese gesetzliche Verantwortung des Geschäftsführers ist nicht abdingbar und zieht bei Verletzung der Pflicht grundsätzlich eine persönliche Haftung bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz nach sich. Analog gilt dieses auch für die Abführung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge. Zwar ist diese Abführung von der Steuerschuld der Arbeitnehmer umfasst, aber der Arbeitgeber und damit der Geschäftsführer ist wiederum gesetzlich verpflichtet, treuhänderisch die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge einzubehalten und abzuführen. Damit ist der Haftungsrahmen allerdings längst nicht abgeschlossen. Neben einer persönlichen Haftung macht sich der Geschäftsführer des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB strafbar, da er über § 14 Abs. 1, Nr. 1 StGB als Arbeitgeber gilt.

Nach ständiger Rechtsprechung darf der Geschäftsführer bei einem Liquiditätsengpass der GmbH zur Abwendung der Insolvenz nicht ausschließlich die Gläubiger befriedigen, sondern muss die Steuerschulden zumindest anteilig tilgen, um einer Haftung zu entgehen.

Haftungsbereiche

Auf Schadenersatz haftet der Geschäftsführer, wenn er bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben einem anderen durch eine vorwerfbare Handlung Schaden zufügt. Hierin besteht der Kern der deliktischen Haftung. Darüber hinaus könnte eine Rechtsscheins- und Vertrauenshaftung in Betracht kommen. Danach haftet der Geschäftsführer dann persönlich, wenn er seinem Verhandlungspartner nicht deutlich macht, dass er für die GmbH handelt. Für die Haftung ist dann allein ausreichend, dass der Verhandlungspartner davon ausgeht, dass es sich bei dem Geschäftsführer um eine Privatperson handelt. Falsche Kopfbögen oder unterlassene Pflichtangaben auf E-Mails führen hier direkt in Haftungsfallen.

Ein Problem ergibt sich für den Geschäftsführer auch, wenn Banken Darlehen an eine GmbH nur gegen eine Bürgschaft des Geschäftsführers (oder der Gesellschafter) gewähren. Damit vereinbart der jeweilige Geschäftsführer wiederum seine persönliche Haftung. Die D&O-Versicherung entspricht mit kleineren Abweichungen einer Haftpflichtversicherung mit den entsprechenden Vorteilen für die Gesellschaft, die Gläubiger und – natürlich – für den Geschäftsführer selbst. Sie ist keine Eigenversicherung des Geschäftsführers, sondern eine Versicherung für fremde Rechnungen gemäß § 74 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Mit anderen Worten: Die Gesellschaft ist die Versicherungsnehmerin, die versicherte Person ist das Organ, der Geschäftsführer.

Da der Abschluss der D&O-Versicherung auch die Gesellschaft nach richtiger Auffassung des OLG München keine Prämie für den Geschäftsführer darstellt, sondern Ausfluss der Fürsorgepflicht aus § 78 AktG bzw. analog 78 AktG der Gesellschaft gegenüber ihrem Geschäftsführer ist, fallen die D&O-Versicherungsprämien steuerrechtlich auch nicht unter Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Diese Konstellation bedeutet aber auch, dass der Geschäftsführer keinen Direktanspruch gegen die Versicherung auf Einstand hat. Vielmehr muss der Geschäftsführer oder die Gesellschaft aufgrund des Trennungsprinzips den Geschäftsführer gegebenenfalls im Wege eines Prozesses in Anspruch nehmen, um die Einstandspflicht des Versicherers zu begründen.

Abwehr unberechtigter Ansprüche

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft hat in dem Jahr 2005 bezüglich der versicherungsrechtlichen Vorgaben Musterbedingungen einer D&O-Versicherung empfohlen. Danach sollte Versicherungsschutz gewährt werden, sofern ein

  • gegenwärtiges / ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder der Geschäftsführung der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft
  • wegen einer bei Ausübung dieser Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung
  • aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden von Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Gegenstand der D&O-Versicherung sind also nur Vermögensschäden aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen, egal welcher Art, sowie die Prüfung der Haftungsansprüche und gegebenenfalls auch die Abwehr von nicht berechtigten Ansprüchen. Vertraglich übernommene Haftungsverpflichtungen werden nicht erfasst. Die wichtigsten Haftungsfälle sind die Verletzung der Insolvenzantragspflicht gemäß § 92 II AktG, § 64 I GmbHG i. V. m. § 823 II BGB, die Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt sowie die Nichtabführung einbehaltener Sozialversicherungsbeiträge (§ 266 a STGB i. V. m. § 823 II BGB), die Haftung aus dem Verschulden bei Vertragsabschluss § 311 BGB, sowie die Haftung vor der Eintragung der GmbH im Gründungsstadium (§ 11 II GmbHG).

Natürlich besteht eine Einstandspflicht der Versicherung wie bei jeder anderen Haftpflichtversicherung auch nur dann, wenn keine vorsätzliche Schadensverursachung oder wissentliche Pflichtverletzung vorliegt. Zu beachten ist weiterhin, dass kein Deckungsschutz für Ansprüche besteht, die vor ausländischen Gerichten geltend gemacht werden müssten. Ebenso existiert kein Deckungsschutz bei Insider- oder Spekulationsgeschäften.

Außerdem haftet der Geschäftsführer gegenüber den Insolvenzgläubigern, insofern er den Insolvenzantrag nicht rechtzeitig stellt. Unterschieden wird hier zwischen Alt- und Neugläubigern. Altgläubiger sind Gläubiger, deren Forderungen bereits vor Insolvenzreife begründet waren. Hätten diese bei rechtzeitiger Antragstellung und unterbliebenen Zahlungen des Geschäftsführers eine höhere Quote dadurch erhalten, dass die Insolvenzmasse nicht geschmälert worden wäre, haftet der Geschäftsführer persönlich für den Quotenschaden der jeweiligen Gläubiger, also für die Differenz zwischen hypothetischer und tatsächlich erlangter Quote.

Rechtsstellung der Gläubiger

Neugläubiger sind Gläubiger, die die Forderungen gegen die Gesellschaft erst erlangen, nachdem bereits Insolvenzreife vorlag bzw. nachdem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen. Diese Gläubiger sind Beziehungen mit der tatsächlich insolventen Gesellschaft eingegangen. Nach der früheren Rechtsprechung des BGH hatten auch die Neugläubiger lediglich einen Anspruch auf den Quotenschaden, da der BGH diese nicht als schützenswerter gegenüber den Altgläubigern ansah. Mit neuerer Rechtsprechung seit 1994 geht der BGH davon aus, dass die Neugläubiger einen Anspruch gegen den Geschäftsführer auf Ersatz des negativen Interesses haben. Dies bedeutet, dass die Neugläubiger einen Anspruch auf Ersatz des Schadens haben, der ihnen entstanden ist, da sie unwissentlich mit der insolvenzreifen GmbH kontrahiert haben. Hierbei wird nur der objektive Wert der Leistung des Gläubigers berücksichtigt, ein Gewinn nur dann, wenn der Gläubiger nachweisen kann, dass er für seine Leistung anderweitig diesen Preis erhalten hätte.

Vom Geschäftsführer wird erwartet, dass er in jeder Situation prüft, ob bei einer Unterbilanz die Prognose zu einem gesicherten Bestand der Gesellschaft führt. Ist dies nicht der Fall, muss er auch gegen den Willen der Gesellschafter den Insolvenzantrag stellen. Als „Entscheider“ bewegt sich der Geschäftsführer in zweifacher Hinsicht in einem Spannungsfeld. Einerseits ist er gefordert, für das Unternehmen Entscheidungen zu treffen und hierbei Aktivitäten einzuleiten, die haftungsträchtig sind. Diese Gefahr der privaten Haftung, die schlechthin zum privaten Ruin führen kann, ist den Geschäftsführern klar, sodass diese Sorge um einen drohenden Regress den Geschäftsführern den Mut zur Tat nimmt und die Entscheidungsfähigkeit unter Umständen hemmt. Unterlassen oder Zögern bergen allerdings nicht mindere Gefahren für den Geschäftsführer.

Absicherung für Haftungsfälle

Die beste Haftungsprävention ist die sorgfältige Erfüllung der Geschäftsführerpflichten. Ein Restrisiko verbleibt allerdings auch dabei. Die Directors & Officers – Insurance (kurz: D&O-Versicherung) kann als Managerhaftpflichtpolice die Haftungsrisiken der Geschäftsführer einer GmbH, der leitenden Angestellten (Prokuristen), der Vorstände und Aufsichts- oder Beiräte und Manager gegenüber der Gesellschaft einerseits sowie andererseits gegenüber Dritten, also den Gläubigern, erheblich minimieren.

Inzwischen werden nicht nur GmbH-Geschäftsführer, sondern auch Geschäftsführer von Personengesellschaften (OHG und KG) versichert. Es bestehen, wie bei anderen Haftpflichtversicherungen auch, die sogenannten Anzeigepflichten und Obliegenheiten, das heißt eine Gefahrerhöhung, z. B. das Vorliegen der Insolvenzantragsgründe, muss der Geschäftsführer sofort anzeigen.

Eine Festlegung zur Höhe der Versicherungsprämie ähnlich der KfZ-Haftpflichtversicherung gibt es nicht und ist frei verhandelbar. Allerdings spielen bei der Berechnung der Versicherung der Basisumsatz, der Jahresumsatz die aktuellen Geschäftsberichte, zertifizierte Bilanzen, die Unternehmensgröße, die Unternehmensstruktur, das Alter des Unternehmens, eventuelle Vorschäden, die Höhe der Versicherungssumme und die gewollte Höhe des Selbstbehaltes eine entscheidende Rolle.

Bei Abschluss einer D&O-Versicherung ist zu beachten, dass hier das sogenannte Claims-Made-Prinzip Anwendung findet. Der Versicherungsfall ist hier die erstmalige Geltendmachung des Haftpflichtanspruches gegenüber der versicherten Person während der Dauer des Versicherungsvertrages und nicht der Zeitpunkt des Verstoßes gegen die Vorschriften, also nicht der Zeitpunkt der Pflichtverletzung. Die praktische Konsequenz hieraus ist, dass die Versicherungszeit zwangsläufig über die Organzeit des Geschäftsführers hinausgehen muss, um einen effektiven Versicherungsschutz zu gewährleisten. Mit anderen Worten ist eine Nachversicherung von mindestens drei Jahren ratsam, da die meisten Schadensersatzansprüche nach drei Jahren der Verjährung unterliegen. Dies heißt aber auch, dass drei Jahre zusätzlich Versicherungsprämien gezahlt werden müssen!

Versicherungsschutz ist freiwillig

Eine gesetzlich normierte Pflicht für die Gesellschaft, mit einer D&O-Versicherung ihren Geschäftsführer vor einer persönlichen Inanspruchnahme zu schützen, gibt es bislang jedoch nicht. Folglich wird deshalb teilweise das Argument vertreten, dass, wenn eine Pflicht der Gesellschaft und damit ein Rechtsanspruch des Geschäftsführers hierauf gegenüber der Gesellschaft vom Gesetzgeber gewollt gewesen wäre, dieser die Pflicht auch gesetzlich normiert hätte. Allerdings existiert auch eine im Vormarsch befindliche praktisch vertretbare Auffassung, die eine Pflicht der Gesellschaft zum Abschluss einer D&O-Versicherung aus der Eigenkapitalisierungsregel nach Basel 2 und insbesondere aus der Treue- und Fürsorgepflicht zwischen Gesellschaft und ihrem Organ herleitet. Konsequenz und Risiko bei Annahme einer entsprechenden Pflicht wäre, dass bei Nichtabschluss einer Versicherung die Gesellschaft selbst für eine etwaige Haftung des Organs einstehen müsste.

Selbst bei der Annahme einer entsprechenden Pflicht der Gesellschaft würde ein weiteres Problem entstehen: Aufgrund der Tatsache, dass der Umfang der D&O-Versicherung frei verhandelbar ist, wäre es der Gesellschaft möglich, z. B. einen Selbstbehalt von 0 % bis 50 % (der rechtsverbindliche Deutsche Corporate Governance Codex gibt den Richtwert von 25 % bis 50 % Selbstbehalt vor) und bestimmte Höchstdeckungssummen zu vereinbaren. Diese Unsicherheit macht eine erfolgreiche Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen oder Regress wenig vorhersehbar. Deshalb sollte eine entsprechende Regelung im Anstellungsvertrag des jeweiligen Geschäftsführers über den Abschluss einer D&O-Versicherung getroffen werden. Neben den Vorteilen für die Gesellschaft und den Gesellschafter kann die Gesellschaft die entsprechenden Versicherungsprämien steuerrechtlich als Betriebsausgabe absetzen.

Fazit

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers im Verhältnis zur Gesellschaft im Innenverhältnis als auch gegenüber Gläubigern im Außenverhältnis ist sehr wohl möglich und entfaltet besonders in der Krise der Gesellschaft oder bei deren Zusammenbruch ein sehr hohes Risiko für das Privatvermögen des Geschäftsführers der GmbH. Für die Reduzierung der Haftungsrisiken stehen dem Geschäftsführer bzw. der Gesellschaft nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Verfügung. Der Abschluss einer D&O-Versicherung stellt derzeit eine überlegenswerte Alternative zur Reduzierung des persönlichen Haftungsrisikos für den Geschäftsführer dar. Ein Freikauf von den gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten ist hier allerdings weder gewollt noch möglich. Die von Sachkunde geprägte sorgfältige Erfüllung der Aufgaben und der Rückgriff auf juristischen Rat im Falle von Zweifeln bleibt für den Geschäftsführer die effektivste Haftungsprävention.

Definition

D&O-Versicherung

Eine D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, auch Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung) ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die ein Unternehmen für seine Organe und leitenden Angestellten abschließt. Es handelt sich dabei um eine Versicherung zugunsten Dritter, die der Art nach zu den Berufshaftpflichtversicherungen gezählt wird. Vom Versicherungsschutz erfasst sind in der Regel alle Organe (Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Beirat u. ä.) und leitenden Angestellten (Prokuristen) einer Gesellschaft, die die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu erfüllen haben, gesetzlich geregelt beispielsweise in § 93, § 116 AktG für Vorstände und Aufsichtsräte oder in § 43, § 52 GmbHG für Geschäftsführer und Gesellschafts-Aufsichtsräte.

Quelle: Wikipedia

Autor

Rechtsanwalt Veit Schermaul ist Partner der RA-Kanzlei Dr. Dimanski, Kalkbrenner, Schermaul in 39104 Magdeburg, Telefon (03 91) 53 55 96-16, E-Mail: schermaul@ra-dp.de Die Tätigkeitsschwerpunkte seiner juristischen Arbeit umfassen das Baurecht mit Haustechnikbezug sowie die arbeitsrechtliche Beratung und Vertretung von SHK-Firmen.