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Wärmepumpe solar unterstützt

Die Wahl für die Wärmeversorgung der architektonisch auffälligen und trotzdem sich gut in die Umgebung einpassenden 4,5 bis 6-Geschosser in Passivbauweise im Mörsenbroicher Carrée fiel auf eine Kombination von Wärmepumpe und Solarthermie. Hauptheizquelle ist die Erdwärmepumpe. Dafür ließ der Bauherr, die Düsseldorfer Wohnungsgenossenschaft DWG, 15 Erdsonden 89 m tief in den Düsseldorfer Untergrund treiben. Mit einer Nennleistung von 67 kW können im Jahr 151 MWh Wärme erzeugt werden. Rund die Hälfte geht jeweils ins Heizungsnetz, der Rest in die Warmwasserbereitung. Die zweite Komponente ist die Solarthermieanlage. Dafür wurden auf den Dächern des insgesamt fünf Häuser umfassenden Ensembles 48 m2 Flachkollektoren montiert. Sie erzeugen 24 MWh Wärme und decken ein Viertel der Warmwasserversorgung ab. Ein 2500 l fassender Wärmespeicher sorgt für entsprechende Flexibilität. Die Solarwärme wird direkt in den Wohnungen über einzelne Frischwasserstationen übergeben.

Beide Anlagen sind in der Lage, den Wärmebedarf in einem durchschnittlichen rheinischen Winter abzudecken. Bei extremen Ausschlägen in der kalten Jahreszeit, etwa wie vor drei Jahren, könnten die Bewohner auf Gebläseheizkörper setzen, die in jeder Wohnung installiert sind. Deshalb verzichteten Architekten, Planer und Bauherr auf eine weitere Backup-Lösung.

Kein Passivhaus kommt ohne Dämmung aus. Denn sie ist letztlich die Grundlage für den geringen Energiebedarf. Deswegen geht es bei der Dämmung darum, die via Wärmepumpe und Sonnenenergie erzeugte Wärme im Haus zu halten. Im Sommer gilt dies natürlich auch für die Hitze. Die DWG setzte hier luftdichte Bauteilanschlüsse und ein 30 cm starkes Wärmedämm-Verbundsystem mit Silikonharzputz ein. Weitere Elemente sind Klinkerriemchen, 3-Scheiben-Iso-Verglasung, 45 cm starke Mineralwolledämmung im Dach sowie eine bis zu 30 cm dicke Dämmung der Kellerwände und -sohle mit XPS-Platten. Für die Frischluftzufuhr und die Wärmerückgewinnung sorgt ein Lüftungssystem. Dieses wurde auf jedes Haus und jede einzelne Wohnung abgestimmt und im Dachraum installiert. Der Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung liegt bei 86  %. Möglich wäre weiterhin ein vorgeschalteter Erdwärmetauscher gewesen, wie er bei Passivhäusern mit Erdwärmepumpen häufig zum Einsatz kommt. Doch der war aufgrund der schon hinreichend durch die installierten Komponenten gewonnenen Wärme für den Passivhausstatus nicht mehr nötig.

Die Kosten für die Lüftungsanlage beliefen sich nach Angaben der DWG auf 74 Euro/m2 Wohnfläche. Das seien 9 Euro mehr, als das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung NRW für die Lüftungskosten bei Passivhäusern angibt. Hierfür waren nach Angaben der DWG hohe Brandschutzauflagen beim Lüftungseinbau ursächlich.

Fensterlüftung soll für Mieter weiterhin möglich sein

Normalerweise sorgt das Lüftungssystem in Passivhäusern für ausreichende Frischluft. Ein Lüften per Fenster ist meist nicht nötig und in der kälteren Jahreszeit auch nicht unbedingt erwünscht. Im Mörsenbroicher Carrée können die Bewohner ihre Wohnungen aber auch über die Fenster problemlos lüften. Die DWG konzipierte dies aus psychologischen Gründen und wegen der Reinigungsmöglichkeit. Die Fenster verfügen dafür aber nur über eine Dreh- und keine Kippstellung. Da der gesamten Lüftung ein Filtersystem vorgeschaltet ist, eignen sich die Wohnungen zudem besonders für Allergiker.

Die Planung und die Installation liefen erfolgreich, was man auch am Blower-Door-Test erkennt. Demnach schafft das Mörsenbroicher Carrée eine Luftwechselrate unter 0,6/h. Zum Vergleich: konventionellen Bauten erreichen etwa 3,0/h.

Die Planungsphase ist entscheidend für Passivhäuser

Bevor der Passivhausstandard erreicht wurde, bedurfte es einer akribischen Planungsphase. Da Fördermittel in Anspruch genommen wurden, fanden nur zertifizierte Produkte Verwendung. Eine intensive Abstimmung zwischen den Planern der unterschiedlichen Fachdisziplinen war dabei unumgänglich. Dies galt auch für die fehlerfreie Bauausführung, die wiederum eine höhere Überwachung und Qualitätssicherung bedingte. Dank des qualifizierten Personals sowohl beim Bauherrn, den Planern und der die Installation ausführenden Firma Walter Labbé aus Mönchengladbach gelang dies problemlos. Und das, obwohl die Handwerker wie die DWG bis zum Bau des Mörsenbroicher Carrées keine tieferen Kenntnisse über Passivhäuser hatten.

Bei der Einweihung vor einem Jahr war der komplette Komplex bereits vermietet, darunter auch 17 Wohnungen für Senioren. Die Anlage beherbergt zudem einen rund 100 m2 großen Gemeinschaftsraum, einen hochwertigen Spiel- und Aufenthaltsbereich mit Kleinkinderspielflächen, Teichanlage und Mietergärten. Die Mieter müssen trotz Passivhausstandard kaum Mehrkosten tragen. Normalerweise rechnet man mit 10  % mehr Baukosten. Die DWG schaffte es mit 5 %. Zudem wurden diese Mehrkosten durch Fördermittel teilweise kompensiert. Außerdem sparen die Mieter an den Energiekosten.

Dennoch rechnet die DWG in den ersten Jahren mit einem etwas höheren Verbrauch als den rechnerisch zugrunde gelegten 15 kWh/m2a. Das liegt am Eingewöhnungsprozess der Mieter, insbesondere in der Senioren-Wohneinheit, und der Bauphysik im Neubau, wo insbesondere zu Anfang durch Austrocknung mehr Energie benötigt wird.

Schallschutz ist bei Passivhäusern inklusive

Neben den geringen Energiekosten hat der Passivhausstandard noch einen weiteren Vorteil: Schallschutz. Denn die angrenzende Münsterstraße ist ein viel befahrener Ausfallweg. Durch die starke Außendämmung wurden hier gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Dabei sollte der Gebäudekomplex ursprünglich gar nicht im Passivhausstandard entstehen. Die ersten Planungen sahen einen konventionellen Bau vor. Erst mit dem Eintritt von Heiko Leonhard Anfang 2011 als neuer DWG-Vorstand wurde das Projekt gemeinsam mit dem Architekturbüro Miksch-Rücker-Partner aus Düsseldorf zum Passivhaus umgeplant. Da auch diese kaum Erfahrungen mit Passivhäusern hatten, beriet das Büro Sommer aus Erkelenz. Die Passiv-hausspezialisten halfen bei der energetischen Planung und regten die Förderung durch das Programm „Klimaschutzsiedlung NRW“ an.

Info

Projektdaten

Standort: Düsseldorf Mörsenbroich

Gebäude: Fünf Häuser, 58 Wohneinheiten

Bauart: Passivhausstandard

Gebäudtechnik: Wärmepumpe 57 kW mit Erdsonden, 48 m2 Flachkollektoren, 2500-l-Pufferspeicher, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Bauzeit: Anfang 2013 bis Sommer 2014

Projektbeteiligte: Düsseldorfer Wohnungsgenossenschaft e.G.; Miksch – Rücker – Partner, Düsseldorf; Sommer Passivhaus GmbH, Erkelenz

Autor

Frank Urbansky ist freier Journalist und Mitglied der Energieblogger, 04158 Leipzig, Telefon (01 71) 5 25 32 79, urbansky@enwipo.de