Mit der Markteinführung wassersparender Klosetts wurden zur Klärung der Abwasserverhältnisse – initiiert durch den Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) – Anfang der 2000er-Jahre Untersuchungen unter dem Arbeitstitel „Selbstreinigungsfähigkeit von Entwässerungsleitungen bei Verwendung von wassersparenden Klosettanlagen“ an der Fachhochschule Münster im Fachbereich Energie Gebäude Umwelt durchgeführt. Im Zuge der Untersuchungen stellte sich heraus, dass in liegenden Entwässerungsleitungen DN 100 bei Spülwasservolumen von 4,5 l keine ausreichenden Transportweiten gewährleistet sind. Ferner wurde festgestellt, dass die Nennweite DN 80 bei ausschließlicher Verwendung von 4,5- bis 6-l-Klosettspülungen auch unter Berücksichtigung der hiesigen Planungs- und Installationsgewohnheiten im System I eingesetzt werden kann.
Info: Gemäß DIN 1986-100 müssen in Deutschland Schmutzwasseranlagen nach dem System I der DIN EN 12 056 bemessen werden. Dieses System entspricht Einzelfallleitungsanlagen mit teilgefüllten Anschlussleitungen bei einem maximalen Füllungsgrad von h/di = 0,5.
Aufgrund der Untersuchungsergebnisse an der Fachhochschule Münster wurden für Deutschland Anforderungen an die Verlegung und Bemessung von Schmutzwasseranschluss- und Fallleitungen sowie Sammel- und Grundleitungen für DN 80 bei der Verwendung von 4,5- bis 6-l-Klosettspülungen in die Entwässerungsnorm DIN 1986-100 eingeführt.
Bemessung von Schmutzwasserleitungen DN 80
Einzelanschlussleitungen werden gemäß Tabelle 6 der DIN 1986-100 dimensioniert. Für Klosettanlagen mit 4,0-/4,5-l-Spülkasten beträgt der Anschlusswert DU = 1,8; für Klosettanlagen mit 6,0-l-Spülkasten/Druckspüler beträgt der Anschlusswert DU = 2,0 (Bild 1). Die Anwendungsgrenzen für unbelüftete Einzelanschlussleitungen ergeben sich aus dem Abschnitt 14.1.3.1; die für belüftete Einzelanschlussleitungen aus dem Abschnitt 14.1.3.2.
Info: Nach Abschnitt 5.2.2 der DIN 1986-100 sollte die Spüleinrichtung von wassersparenden Klosettanlagen auf mindestens 6 l Spülwasservolumen einstellbar sein. Somit können eventuelle Abflussprobleme in den Leitungen durch Erhöhung des Spülwasservolumens – ohne Einbau einer neuen Spüleinrichtung – beseitigt werden.
Sammelanschlussleitungen müssen nach Abschnitt 14.1.3.3 der Norm bemessen und ausgeführt werden. Unbelüftete Sammelanschlussleitungen sind gemäß Tabelle 7 zu bemessen. Kann nur eine der Anwendungsgrenzen für unbelüftete Sammelanschlussleitungen nicht erfüllt werden, muss die Sammelanschlussleitung belüftet und nach den Maßgaben für Sammelleitungen gemäß Abschnitt 14.1.5.2 bemessen werden (Bild 2).
Info: Die Belüftung von Einzel- und Sammelanschlussleitungen kann in Deutschland über Lüftungsleitungen oder Belüftungsventile erfolgen.
Fallleitungen mit Hauptlüftung müssen entsprechend Tabelle 8 bemessen werden. Bei Verwendung von 88°-Abzweigen mit 45° Einlaufwinkel – wie zum Beispiel bei SML-Abzweigen nach DIN 19 522 – ist bei DN 80 ein maximaler Schmutzwasserabfluss von 2,6 l/s möglich. Dies entspricht einer Σ DU von 27, wodurch zum Beispiel über eine Fallleitung DN 80 das Schmutzwasser von bis zu sechs Einfachwohnungen sicher abgeleitet werden kann (Bild 3).
Sammelleitungen müssen gemäß Abschnitt 14.1.5.2 bemessen und ausgeführt werden. Die Dimensionierung erfolgt nach den Leistungstabellen der Hersteller oder den Leistungstabellen im Anhang der DIN 1986-100.
Grundleitungen sind nach Abschnitt 14.1.5.3 zu bemessen und auszuführen. Die Grundleitung kann bis zum nächstgelegenen Schacht außerhalb von Gebäuden in der Mindestnennweite DN 80 (di = 75 mm) ausgeführt werden, wenn die hydraulische Berechnung dies zulässt. Die Bemessung von Schmutzwassergrundleitungen erfolgt nach den Leistungstabellen der Hersteller oder den Leistungstabellen im Anhang der DIN 1986-100.
Vorteile und Ausführungsmöglichkeiten
Einsparungen bei Material- und Lohnkosten sowie die Platzersparnis sind nur einige Gründe, die für den Einsatz von DN 80 gegenüber DN 100 bei Anschluss von WC-Anlagen, sowohl bei Neubaumaßnahmen als auch bei der Altbaumodernisierung, sprechen. So können zum Beispiel sechs Einfachwohnungen mit WC-Anlagen bis 6 l Spülwassermenge an eine Schmutzwasser-Fallleitung DN 80 angeschlossen werden (Bild 4).
In Ein- und Zweifamilienhäusern oder Objekten vergleichbarer Größe mit WC-Anlagen bis 6 l Spülwassermenge ist es sogar möglich, die Schmutzwasser-Fallleitung(en) einschließlich Sammelleitung bis zur weiterführenden Grundleitung in DN 80 auszuführen.
Bei WC-Anschlussgarnituren DN 90 auf die weiterführende Schmutzwasser-Einzelanschlussleitung DN 80 muss zwangsläufig eine Reduzierung in Fließrichtung vorgenommen werden, die gemäß den Entwässerungsnormen nicht zulässig ist. Hierzu hat das Informationszentrum Entwässerungstechnik Guss (IZEG) entsprechende hydraulische Prüfungen bei der LGA Bautechnik GmbH in Würzburg durchführen lassen. Laut Prüfbericht-Nr. BMW 0320278-10 ist es möglich, eine Reduzierung der Nennweite von DN 90 auf DN 80 in Fließrichtung am Ablaufbogen des WCs durchzuführen. Hierzu wird der Übergang vom Kunststoff-WC-Anschlussbogen DN 90 mittels Konfix auf das SML-Rohr DN 80 durchgeführt, oder der Kunststoff-WC-Stutzen DN 90 wird in den SML-WC-Anschlussbogen DN 80 mit integrierter Dichtung gesteckt (Bild 5). Im Bereich des Brandschutzes hat sich auch einiges getan. Mittlerweile verfügt der Markt über eine Vielzahl an geprüften Brandschutzlösungen für DN 80.
Anwendung von DN 80 bei Regenentwässerungsanlagen
Der Einsatz von DN 80 für Regenentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden sowie für Balkone und Loggien ist bereits seit Jahrzehnten zulässig. Die verwendeten Rohrmaterialien müssen hierzu der geltenden Norm DIN 1986-4 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Verwendungsbereiche von Abwasserrohren und -formstücken verschiedener Werkstoffe“ entsprechen. Ferner müssen die Regenwasserleitungen DN 80 gemäß DIN 1986-100 bemessen sein und den zu erwartenden Druckverhältnissen standhalten, ob bei Freispiegelentwässerung oder bei Dachentwässerung mit Druckströmung (Bild 6).
Info: Zur besseren Inspizierbarkeit beträgt nach DIN 1986-100, Abschnitt 14.2.7.3 der Mindestinnendurchmesser von Regenwassergrundleitungen DN 100.
DN 80 für Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen
Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen werden größtenteils in DN 80 geplant und ausgeführt. Hierzu sind die Anforderungen der DIN EN 12 056-4 „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden – Teil 4: Abwasserhebeanlagen, Planung und Bemessung“ zu beachten. Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen können beispielsweise in gusseisernen Abflussrohren DN 80 mit geeigneter druckfester Verbindungstechnik ausgeführt werden.
Ersatz von DN 70 durch DN 80
In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob bei den geringen Unterschieden der Innendurchmesser zwischen DN 80 und DN 70 zukünftig die Nennweite DN 70 überhaupt noch erforderlich ist. Ein Verzicht auf DN 70 würde viele Vorteile mit sich bringen, wie zum Beispiel kleinere Produktionskapazitäten bei den Herstellerwerken sowie weniger Lagerhaltung bei Fachhandel und Installateuren.
So beabsichtigen zum Beispiel führende Hersteller von gusseisernen Abflussrohrsystemen, im Jahr 2020 die Nennweite DN 70 komplett aus dem Lieferprogramm zu nehmen. In den Bereichen Sanierung und Reparatur ist der Einbau von Rohren und Formstücken DN 80 in eine bestehende Abwasserleitung DN 70 mit entsprechenden Übergangsverbindern in beide Fließrichtungen möglich.
Info: Beschluss des Normenausschusses „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke“ vom 19. November 2003: „Der Einbau von Rohren und Formstücken DN 80 in ein bestehendes Leitungssystem DN 70 ist mit entsprechenden Übergangsverbindungen im Erweiterungs- und Reparaturfall unter Zugrundelegung des Abflussvermögens der Nennweite DN 70 zulässig“ (Bild 7).
Fazit
Abwasserrohre DN 80 haben sich in Deutschland seit Anfang 2002 beim Anschluss von WC-Anlagen bis 6 l Spülwassermenge in der Praxis bewährt. Neben dem Einsatz bei Schmutzwasseranlagen hat sich DN 80 auch in anderen Bereichen der Entwässerungstechnik, wie bei Regenentwässerungsanlagen und Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen, durchgesetzt. Durch die vielen Einsatzmöglichkeiten haben sich im Laufe der Zeit die Sortimente der Produktanbieter in DN 80 – wie zum Beispiel durch neue Dachabläufe, Übergangsverbinder sowie Brandschutzlösungen – stark vergrößert.
Da sich bedingt durch die geringen Unterschiede der Innendurchmesser zwischen DN 80 und DN 70 die Frage stellt, ob die Nennweite DN 70 zukünftig überhaupt noch Sinn macht, haben sich führende Hersteller von gusseisernen Abflussrohrsystemen dazu entschlossen, die Nennweite DN 70 im Lauf des Jahres 2020 komplett aus dem Lieferprogramm zu nehmen (Bild 8).