Zur fachgerechten Planung und Ausführung von Regenwassernutzungsanlagen erschien in der SBZ 07‑21 ein Artikel mit dem Titel „Regenwasser richtig nutzen“. Dieser basiert ausschließlich auf den Vorgaben der DIN EN 16941‑1 „Vor-Ort-Anlagen für Nicht-Trinkwasser – Anlagen für die Verwendung von Regenwasser“, Ausgabe Juni 2018. Seit Juli 2022 gilt für Deutschland neben der Euronorm zusätzlich die DIN 1989‑100 „Regenwassernutzungsanlagen – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941‑1“.
Das Dokument wurde vom Arbeitsausschuss NA 119‑05‑08 AA „Wasserrecycling – Erarbeitung von Normen für die Regenwasser- und Grauwassernutzung“ im DIN-Normenausschuss Wasserwesen (NAW) erarbeitet. Hintergrund ist, dass die Substitution von Trinkwasser durch Nicht-Trinkwasser zunehmend an Bedeutung gewinnt. Für die Nutzung von Regenwasser im häuslichen, gewerblichen und industriellen Bereich haben sich neue Anlagentechniken mit neuen Bauteilen und Komponenten entwickelt.
Im Vorwort wird darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Regeln der Technik für Trinkwasser-Installationen gemäß der Normenreihe DIN 1988 und für Entwässerungsanlagen nach DIN 1986‑100 sowie der Normenreihe DIN EN 12056 neue Anwendungstechniken für Regenwassernutzungsanlagen entstanden sind. Für Filter von Regenwassernutzungsanlagen wurden in der DIN 1989‑100 Anforderungen und Prüfverfahren festgelegt.
Das neue Regelwerk ersetzt zusammen mit der Euronorm DIN EN 16941‑1 folgende Normen:
„Regenwassernutzungsanlagen – Teil 1: Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung“
„Regenwassernutzungsanlagen – Teil 2: Filter“
„Regenwassernutzungsanlagen – Teil 3: Regenwasserspeicher“
„Regenwassernutzungsanlagen – Teil 4: Bauteile zur Steuerung und Nachspeisung“.
Anwendungsbereich
Die DIN 1989‑100 gilt für Regenwassernutzungsanlagen in Gebäuden und auf Grundstücken in Verbindung mit der DIN EN 16941‑1. Die Norm legt Anforderungen und Prüfungen fest für:
Die Norm ist nicht anzuwenden für:
Planungsgrundsätze zur Anlagenbemessung
Im Abschnitt 4.1 der DIN 1989‑100 sind in der Tabelle 1 Orientierungswerte zur Ermittlung des jährlichen Nicht-Trinkwasserbedarfs enthalten. Hierbei handelt es sich um Werte, die sich in Deutschland schon über einen längeren Zeitraum bewährt haben.
Zur Versickerung von Überlaufwasser aus Regenwasserspeichern heißt es im Abschnitt 4.2 der Norm wie folgt: „Gestatten die vorhandenen Bodenverhältnisse eine Regenwasserversickerung, sollte das aus dem Speicher überlaufende Wasser nach DIN 4261‑5 versickert werden. Die reduzierende Wirkung auf die Dimensionierung der Versickerungsanlage durch die Regenwassernutzung kann bei entsprechender Nachweisführung berücksichtigt werden. Bei Metalldächern müssen die landesspezifischen Regelungen zur Versickerung beachtet werden.“
Im informativen Anhang A der Norm befindet sich ein Vorschlag für ein Berechnungsformular zur Ermittlung von Regenwasserertrag, Betriebswasserbedarf und Nutzvolumen von Regenwasserspeichern.
Filter
Alle wichtigen Anforderungen und Prüfverfahren zu Filtern von Regenwassernutzungsanlagen sind im Abschnitt 6 der DIN 1989‑100 enthalten. Grundsätzlich müssen die Filter von Regenwassernutzungsanlagen so konstruiert sein, dass Fremdstoffe sicher zurückgehalten werden. Ihre Anordnung muss im Speicherzulauf – außerhalb oder innerhalb des Regenwasserspeichers – erfolgen.
Filter sind wie folgt hinsichtlich Bauart, Einbauort und Funktionsprinzip zu unterscheiden:
Filter im Sinne der Norm müssen aus einem Filtergehäuse sowie einem oder mehreren mechanisch wirkenden Filtereinsätzen bestehen. Bedingt durch die unterschiedlichen Funktionsprinzipien wird in der Norm eine Typisierung für Filter in Tabelle 2 vorgenommen.
Bezüglich Einbau, Betrieb und Wartung von Filtern gibt die DIN 1989‑100 im Abschnitt 6.4 vor: „Alle Filter müssen vom Hersteller mit einer ausreichenden Produktbeschreibung, insbesondere der Funktionsweise, sowie einer Einbau-, Betriebs- und Wartungsanleitung versehen werden und nach diesen installiert, betrieben und gewartet werden.“
Regenwasserspeicher
Die Anforderungen an Regenwasserspeicher von Regenwassernutzungsanlagen sind im Abschnitt 7 der DIN 1989‑100 beschrieben. Im Einzelnen betrifft das Maße und Grenzabmaße, Einbau und Montage sowie Prüfungen für oberirdische und unterirdische Regenwasserspeicher.
Im Abschnitt 7.2.6 wird der Schutz gegen Rückstau aus dem öffentlichen Kanalsystem gefordert. Durch Regenwassernutzungsanlagen dürfen grundsätzlich keine Überflutungen verursacht werden. Überflutungen sind durch ausreichend dimensionierte Überläufe zu verhindern. Wenn möglich, soll das überschüssige Wasser in ein Oberflächengewässer abgeleitet oder versickert werden. Eine Ableitung in die öffentliche Kanalisation sollte nur erfolgen, wenn keine andere Möglichkeit besteht.
Bei Gefahr des Rückstaus aus dem öffentlichen Kanalsystem muss bei freiem Gefälle zum Kanal ein Rückstauverschluss in die Überlaufleitung eingebaut werden. Besteht kein freies Gefälle zum Kanal, ist das Überlaufwasser über eine Abwasserhebeanlage abzuleiten.
Bei freiem Gefälle zum öffentlichen Kanal muss bei Anschluss an einen Mischwasserkanal ein Rückstauverschluss für fäkalfreies Abwasser (Typen 2, 3 oder 5 nach DIN EN 13564‑1), bei Anschluss an einen Regenwasserkanal (Trennsystem) ein Rückstauverschluss für fäkalfreies Abwasser (Typen 0, 1 oder 2 nach DIN EN 13564‑1) in die Überlaufleitung eingebaut werden.
Besteht kein freies Gefälle zum öffentlichen Misch- oder Regenwasserkanal, muss das Überlaufwasser über eine Abwasserhebeanlage für fäkalfreies Abwasser entsprechend DIN EN 12050‑2 abgeleitet werden.
Regenwassersystemsteuerung
Abschnitt 8 der Norm beinhaltet Anforderungen und Prüfverfahren zu Regenwassersystemsteuerungen. Die Regenwassersystemsteuerungen von Regenwassernutzungsanlagen betreffen Vorlagebehälter, Pumpe, Speicherbehälter und die Nachspeisung. Die Nachspeisung muss entsprechend DIN EN 16941‑1 erfolgen. Zusätzlich müssen hierbei in Deutschland die Vorgaben der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) beachtet werden.
Im informativen Anhang D der DIN 1989‑100 befinden sich folgende Beispiele (Bilder D.1 bis D.3) für in Deutschland bewährte Anlagearten und deren Einbindung in die Haustechnik:
Inbetriebnahme, Inspektion und Wartung
Die Anforderungen zur Inbetriebnahme, Inspektion und Wartung von Regenwassernutzungsanlagen sind in der DIN EN 16941‑1 enthalten. Die Vorgaben zur Inbetriebnahme werden im Abschnitt 9 wie folgt beschrieben: „Die vollständig installierte Regenwassernutzungsanlage muss vor Inbetriebnahme nach den Vorgaben der Planung, Standards und Herstelleranleitungen überprüft werden. Das Verteilungssystem muss gespült und auf Wasserdichtheit und Querverbindungen zwischen Trink- und Nicht-Trinkwasserleitungen untersucht werden“.
Die zugehörige elektrische Installation und Regelanlage müssen ebenfalls nach den geltenden Normen und nationalen Vorschriften überprüft werden. Die Inbetriebnahme ist schriftlich zu dokumentieren. Ein Vorschlag für ein „Inbetriebnahmeblatt“ findet sich im Anhang C der DIN EN 16941‑1. Die vollständige Dokumentation ist dem Eigentümer der Regenwassernutzungsanlage auszuhändigen.
Die Angaben zur Inspektion und Wartung von Regenwassernutzungsanlagen sind in der Euronorm im Abschnitt 11 und Anhang D zu finden.
Fazit
Eine Reduzierung des Trinkwasserbedarfs und die Vermeidung der ungenutzten Ableitung von Regenwasser in die Kanalisation sind einschlägige Argumente für Regenwassernutzungsanlagen. Die Anwendungsmöglichkeiten zur Verwendung von Regenwasser als Ersatz für Trinkwasser sind vielfältig, wie zum Beispiel Pflanzenbewässerung, WC-Spülung oder Wäschewaschen.
Mit der Veröffentlichung des Weißdrucks der DIN 1989‑100 „Regenwassernutzungsanlagen – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941‑1“ im Juli 2022 steht dem SHK-Handwerk ein weiterer wichtiger Baustein zur zeitgemäßen Planung, Montage, Inbetriebnahme und Wartung von Regenwassernutzungsanlagen zur Verfügung.
Info
Meldepflicht
Der Einbau von Regenwassernutzungsanlagen ist in Deutschland auch weiterhin meldepflichtig. Nach § 13 (4) der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) müssen die Errichtung und der Betrieb dem zuständigen Gesundheitsamt schriftlich angezeigt werden. Laut § 3 und § 15 der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV)“ besteht eine Mitteilungspflicht gegenüber dem örtlichen Wasserversorgungsunternehmen. Die kommunalen Abwassersatzungen sind zu berücksichtigen.