Variierende Druckverhältnisse, auch Druckschwankungen genannt, können das an der Entnahmearmatur eingestellte Mischungsverhältnis von Kalt- und Warmwasser maßgeblich verändern, sodass Temperaturschwankungen von z. B. 22 K auftreten können (38 °C  60 °C). Die Folge sind Verbrühungen mit entsprechenden Gesundheits- und Rechtsfolgen. Es reichen natürliche Entnahmevorgänge außerhalb der Spitzenlastzeiten aus, um erhöhte Druckschwankungen am Armaturenanschluss zu erzeugen.
Das Druckschwankungspotenzial einer Trinkwasser-Installation wird von diversen Faktoren bestimmt, die bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden müssen. Die Sensitivität der Entnahmearmaturen gegenüber Druckschwankungen ist dabei primär von auslaufseitigen Wasserspareinrichtungen abhängig. Zwischen klassischen Wassersparmaßnahmen und Anforderungen an den Verbrühungsschutz ist eine kontraproduktive Wechselwirkung zu beobachten. Verschiedene normative Regelwerke definieren dabei die zulässigen Temperaturschwankungen und setzen entsprechende Grenzwerte.
Nach DIN EN 1111 [1] darf die Mischwassertemperatur max. 1 s von der eingestellten Temperatur mit einer Amplitude von mehr als 3 K abweichen. Es ist zu berücksichtigen, dass Druckänderungen, die beispielsweise durch parallele Entnahmevorgänge – wie die Betätigung eines Spülkastens – hervorgerufen werden, in der Regel längere Zeiträume in Anspruch nehmen. Das SVGW-Merkblatt W10006 d des Schweizer Fachverbands für Wasser, Gas und Wärme [2] legt eine maximale Temperaturschwankung von 2 K als akzeptables Maß fest. Dieses entspricht der höchsten Anforderungsstufe (III) nach VDI 6003 [3], die geringste Anforderungsstufe (I) toleriert eine Temperaturabweichung von maximal +/–5 K.
Einfluss der Rohrleitungsinstallation
Ein häufig diskutierter Ansatz zur Kompensation von Druckschwankungen in Trinkwasserleitungen ist die Überdimensionierung von Trinkwasser-Installationen. Es zeigt sich, dass überdimensionierte Trinkwasser-Installationen in der Regel geringe Anfälligkeiten gegenüber Druck- und Temperaturschwankungen aufweisen. Diese Aussage ist jedoch nicht uneingeschränkt zutreffend, da die Dimensionierung der Verteil- und Einzelzuleitungen differenziert betrachtet werden muss. Eine Installation größerer Rohrleitungsdimensionen als hydraulisch notwendig, verstößt gegen die a. a. R. d. T. und ist aus hygienischen Gründen als kritisch zu bewerten.
Variable Parameter, um erhöhte Druckschwankungen zu vermeiden, sind die Fließweglängen und die Anordnung von Spitzenverbrauchern. Durch eine mittige Einspeisung und symmetrische Verteilung können die Fließweglängen maßgeblich reduziert werden. Spitzenverbraucher sind möglichst nahe der Einspeisung bzw. im Bereich der Verteil- und Strangleitungen anzuordnen, um den gemeinsamen Fließweg bei paralleler Entnahme zu reduzieren. Da zentral installierte Anlagen, Apparate und Bauteile die Druckverluständerung in jedem nachgeschalteten Fließweg beeinflussen, müssen an diesen Stellen bereits erhöhte Druckverluste vermieden werden.
Einfluss der Armaturentechnik
Die Rohrleitungsverteilung, die Anordnung von Spitzenverbrauchern und die Auswahl der Installationsvarianten beeinflussen maßgeblich die Druckschwankungshöhe bei parallelen Entnahmevorgängen. Das Ausmaß der daraus resultierenden Temperaturschwankungen wird dabei häufig von der Armaturentechnik bestimmt. Aus früheren Untersuchungen ist bereits bekannt, dass der höchste Druckverlust einer Armatur am Strahlregler auftritt. Die entsprechende Durchflussreduzierung ist gewünscht und dient als gängige Wassersparmaßnahme [4].
Im Rahmen einer Masterarbeit wurden Einhebelmischarmaturen und verschiedene Strahlregler an einem Prüfstand untersucht [5]. Die Durchflussklassen der untersuchten Strahlregler können Bild A entnommen werden. Die Untersuchungen der unterschiedlichen Strahlregler haben bei einer Druckschwankung von 1000 hPa am Kaltwasseranschluss der Armatur erhebliche Temperaturschwankungen erzeugt (Bild B). Die minimale Anforderung einer maximalen Temperaturschwankung von 5 K kann mit keinem der untersuchten Strahlregler erreicht werden. Mit sinkendem Durchfluss bzw. höherem Druckverlust nehmen die Temperaturschwankungen zu. Bei dem Strahlregler Typ Z konnten Temperaturschwankungen von > 20 K festgestellt werden, sodass die Auslauftemperatur der maximalen Warmwassertemperatur von 60 °C entspricht.
Kennzeichnende Größe für die Sensitivität einer Armatur gegenüber Druckschwankungen ist der Staudruck im Mischkanal, verursacht z. B. durch Wassersparstrahlregler oder -brausen. Je geringer der Staudruck bzw. je höher der Druckverlust im Regelorgan, desto geringer die Temperaturschwankungen. Der Einsatz dynamischer Strahlregler – sogenannter Durchflussmengenbegrenzer (DMB) – anstelle statischer Varianten ermöglicht eine Drosselung des Volumenstroms auf einen konstanten Wert.
Dies kann jedoch dazu führen, dass bei zusätzlicher Wasserentnahme im Kaltwasserstrang ein Überströmen von Warmwasser in die Kaltwassereinzelzuleitung erfolgt, sofern kein Rückflussverhinderer eingebaut ist. Warmwasser fließt in den Kaltwasseranschluss, die Auslauftemperatur entspricht somit der maximalen Warmwassertemperatur. Neben der Nichteinhaltung der Anforderungen aus der DIN EN 1717 [6] bezogen auf eine zu installierende Sicherungseinrichtung zwischen den Flüssigkeitskategorien 1 (Kaltwasser) und 2 (Warmwasser) führt ein Überströmen zu unzulässigen Temperaturen im Kaltwasser. Temperaturen im mikrobiologischen Wachstumsbereich (20 bis 55 °C [7,8]) erhöhen signifikant das Kontaminationsrisiko (z. B. mit Legionella spec.).
Sofortmaßnahmen zur Reduzierung von Temperaturschwankungen
Zur Reduktion der Sensitivität von Entnahmearmaturen gegenüber Druckschwankungen können gezielte Sofortmaßnahmen ergriffen werden, die eine Stabilisierung der Betriebsbedingungen unterstützen. Eine zentrale Maßnahme ist die Senkung des Staudrucks im Mischkanal, die durch verschiedene Ansätze realisiert werden kann. Zum einen kann der Einsatz druckverlustarmer Brausen und Strahlregler (Bsp.: Typ D) dazu beitragen, den Druckverlust zu minimieren und die Temperaturschwankungen zu reduzieren. Zum anderen führt eine Drosselung des Volumenstroms im Regelorgan, in der Kartusche oder in den Einzelanschlussleitungen von Kalt- und Warmwasser zu einer Optimierung der Druckverhältnisse (Bild C).
Eine weitere wirksame Sofortmaßnahme zur Stabilisierung der Druckverhältnisse kann eine Erhöhung des Anlagendrucks sein, vorausgesetzt, der maximal zulässige Ruhedruck von 5000 hPa an den Entnahmestellen wird nicht überschritten. Um die Druckerhöhung technisch umsetzen zu können, ist sicherzustellen, dass der Eingangsdruck des Druckminderers größer ist als der gewünschte Ausgangsdruck. Bild D zeigt die Temperaturschwankungen in Abhängigkeit vom Druckniveau.
Eine Nachrüstung mit Druckminderern (Verbrauchsleitungen ohne Zirkulation) bietet die Möglichkeit, Druckschwankungen im vorgeschalteten Netz bis zur eingestellten Differenz am Druckminderer zu kompensieren. Beispielsweise kann bei einer Differenz von 1000 hPa zwischen Ein- und Ausgangsdruck des Druckminderers eine Druckschwankung im vorgeschalteten Verteilnetz von bis zu 1000 hPa ohne Auswirkungen auf nachgeschaltete Entnahmestellen ausgeglichen werden.
Zusätzlich kann der Einbau von Thermostatarmaturen eine wirksame Maßnahme sein, um Temperaturschwankungen zu reduzieren. Dabei ist sicherzustellen, dass die eingesetzten Armaturen eine hohe Regelgüte aufweisen und eine geringe Neigung zur Verkalkung besitzen, um die langfristige Funktionsfähigkeit zu gewährleisten.
Anforderungen an die Planung
Die beschriebenen Sofortmaßnahmen bieten eine effektive Möglichkeit, bestehende Anlagen kurzfristig zu optimieren und die Auswirkungen von Temperatur- und Druckschwankungen zu minimieren. Für eine langfristige und nachhaltige Sicherstellung der Betriebssicherheit und des Nutzerkomforts ist jedoch eine fundierte Planung unerlässlich.
Die Dimensionierung von Trinkwasser-Installationen muss auf Basis der DIN 1988-300 [10] erfolgen, wobei reale Kennwerte der verwendeten Armaturen in die Rohrleitungsdimensionierung einzubeziehen sind. Kurze Fließwege, beispielsweise durch eine symmetrische Einspeisung und eine optimierte Rohrleitungsverteilung, tragen entscheidend zur Minimierung von Druck- und Temperaturschwankungen bei (Bild E).
Spitzenverbraucher sollten nicht endständig im Verteilnetz angeordnet werden, um den gemeinsamen Fließweg bei parallelen Entnahmevorgängen zu reduzieren. Da der Einfluss paralleler Entnahmen im Bereich der Stockwerksinstallation am größten ist, sind die Stockwerksverteilleitungen mit möglichst geringen Druckverlusten zu konzipieren. Bei einer Strömungsteilerinstallation (Ringleitungen mit Venturidüsen) kann durch die beidseitige Versorgung der Entnahmestellen die Druckverluständerung im gemeinsamen Fließweg deutlich reduziert werden. Dementsprechend ist das Druck- bzw. Temperaturschwankungsrisiko bei dieser Installationsvariante am geringsten. Bild F zeigt den Einfluss der Installationsvarianten auf die Druckschwankungen.
Ein statischer Abgleich der Strang- und Verteilleitungen für Kalt- und Warmwasser kann eine sinnvolle Alternative zur Durchflussreduzierung an hydraulisch günstigen Entnahmestellen darstellen. Gemäß DIN EN 806-2 (9.3.2) [11] sind an Entnahmestellen mit besonderer Beachtung der Auslauftemperaturen – wie in Seniorenwohnheimen – thermostatische Mischventile oder -batterien mit einer Begrenzung der maximalen Wassertemperatur erforderlich, um das Verbrühungsrisiko zu reduzieren.
In Regionen mit mittlerem bis hartem Wasserhärtebereich muss jedoch langfristig mit einer Funktionseinschränkung dieser Thermostate gerechnet werden. Wartungsarbeiten sollten daher von Fachinstallateuren strikt nach den Herstellervorgaben durchgeführt werden, da unsachgemäße Wartung das Risiko einer mikrobiellen Kontamination, beispielsweise durch Pseudomonas aeruginosa oder Escherichia coli, erhöhen kann. Alternativ bietet sich ein regelmäßiger Austausch der Armaturen an.
Eine Druckerhöhungsanlage sollte bautechnisch vorgesehen, jedoch nicht angeschlossen werden, sofern keine verlässlichen Angaben des Wasserversorgungsunternehmens vorliegen oder der angegebene Druck im Grenzbereich liegt.
Fazit
Temperaturschwankungen sind das Ergebnis eines veränderten Mischungsverhältnisses aufgrund von Druckschwankungen. Große Temperaturschwankungen stellen eine Verbrühungsgefahr für den Nutzer dar und sind ein deutlicher Mangel einer Trinkwasser-Installation. Geringe Druckschwankungen durch natürliche Entnahmevorgänge sind normal und nicht zu vermeiden.
Das Ausmaß der Druckschwankungen kann durch konstruktive Maßnahmen reduziert werden. Das Verteilkonzept, die Stockwerksinstallation und das Druckniveau haben maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der Druckschwankungen. Kurze Fließwege (z. B. durch symmetrische Einspeisung), geringere Druckverluste in der Stockwerksinstallation (z. B. durch Ring- und Strömungsteilerinstallation) und ein hohes Druckniveau reduzieren das Druckschwankungspotenzial der Trinkwasser-Installation. Unabhängig von der Ausführung der Trinkwasser-Installation können Druckschwankungen zudem durch eine falsch dimensionierte Druckerhöhungsanlage, einen defekten Druckminderer und einen schwankenden Versorgungsdruck verursacht werden.
Marktübliche Wasserspareinrichtungen wie z. B. durchsatzreduzierte Strahlregler oder Wassersparbrausen erhöhen die Sensitivität der Entnahmearmaturen gegenüber Druckschwankungen. Alternative Wasserspartechniken, die den Volumenstrom bereits im Regelorgan (Kartusche) oder vorgeschaltet im Armaturenanschluss (z. B. mittels DMB) oder in der Einzelzuleitung drosseln, sind zu bevorzugen. Als Sofortmaßnahme zur Minderung von Temperaturschwankungen können auslaufseitig durchsatzstarke Strahlregler eingesetzt werden. Ziel dieser Sofortmaßnahme ist die Senkung des Staudrucks im Mischkanal.
Literatur
[1] DIN EN 1111: Sanitärarmaturen – Thermostatische Mischer (PN 10) – Allgemeine technische Spezifikation, Oktober 2017
[2] SVGW-Merkblatt W10006 d: Druck- und Temperaturschwankungen, Februar 2016
[3] VDI 6003: Trinkwassererwärmungsanlagen – Komfortkriterien und Anforderungsstufen für Planung, Bewertung und Einsatz, August 2018
[4] Müller, Lukas: Projektierung und Inbetriebnahme eines Versuchsstandes zur Ermittlung hydraulischer Parameter von Entnahmearmaturen, 2016 (Bachelorarbeit) / Vortrag auf dem 17. Sanitärtechnischen Symposium Steinfurt, 2017, online verfügbar unter: www.bit.ly/vortrag_mueller
[5] Harker, Bernd: Untersuchungen zur Reduzierung von Temperaturschwankungen in Trinkwasser-Installationen, 2021 (Masterarbeit) / Vortrag auf dem 21. Sanitärtechnischen Symposium Steinfurt, 2022, online verfügbar unter: www.bit.ly/vortrag_harker
[6] DIN EN 1717: Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherungseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen; Technische Regel des DVGW, August 2011
[7] DIN 1988-200: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe; Technische Regel des DVGW, Mai 2012
[8] DVGW-Information Wasser Nr. 74: Hinweise zur Durchführung von Probennahmen aus der Trinkwasser-Installation für die Untersuchung auf Legionellen, Januar 2012
[9] Hansa Metallwerke AG: Hansamix – Montage- und Bedienungsanleitung, online verfügbar unter: www.bit.ly/hansa_anleitung
[10] DIN 1988-300: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 300: Ermittlung der Rohrdurchmesser; Technische Regel des DVGW, 2012
[11] DIN EN 806-2: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 2: Planung, Juni 2005
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