Generell besteht in Trinkwasserinstallationen das Risiko von Verkeimungen, wenn die definierten Betriebsbedingungen nicht eingehalten werden. Besondere Gefahren für die Gesundheit gehen von Legionellen und Pseudomonaden aus. Diese Bakterien vermehren sich besonders bei Wassertemperaturen zwischen > 20 °C und < 55 °C. Drei methodische Grundsätze sind für eine hygienische Installation entscheidend, die jedoch nur im engen Austausch zwischen Architekt und Fachplaner, aber auch Fachhandwerker umzusetzen sind:
1. Eine Grundrissplanung mit Blick auf die Trinkwassergüte: Gerade im Neubau sollten Architekten die Fachplaner frühzeitig einbeziehen, damit vom Hausanschluss bis zur Entnahmestelle ein Rohrleitungsnetz mit möglichst kurzen Leitungsstrecken installiert werden kann. Zudem lassen sich so warm- und kaltgehende Rohrleitungen von Anfang an räumlich getrennt in zwei Schächten verlegen. Ist nur ein Installationsschacht vorgesehen, sollte der Fachplaner unbedingt Bedenken anmelden.
2. Die Planung einer hydraulisch einfachen und direkten Trinkwasserverteilung: Vermaschte Trinkwasserinstallationen bergen das Risiko von Stagnationsstrecken und Bereichen mit hohen Verweilzeiten mit negativen Folgen für die Trinkwassergüte.
3. Eine Rohrleitungsführung mit Blick auf die Temperaturhaltung des Trinkwassers: Planer und Fachhandwerker sollten im engen Austausch potenzielle Risiken für die Temperaturhaltung des Trinkwassers analysieren und die Installation konsequent auf den Erhalt der Trinkwassergüte ausrichten.
Gefahr erkannt …
Zu den Hintergründen: Ein besonderes Gefahrenpotenzial für die Verkeimung von Trinkwasser geht von einer dauerhaften Erwärmung von Trinkwasser kalt über 20 °C aus. Hygienisch optimal sind nach DVGW/VDI 6023 Kaltwassertemperaturen von maximal 20 °C. Es genügen jedoch schon kurze Teilstrecken mit hohen Dauertemperaturen, um das Wachstum von Pseudomonaden und sogar Legionellen zu fördern. Von diesen Keimnestern aus kann die gesamte Trinkwasserinstallation auch gegen die Fließrichtung kontaminiert werden.
Legionellen oberhalb des technischen Maßnahmenwertes der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) sind tatsächlich auch im Trinkwasser kalt immer häufiger zu finden. Dies zeigen Statusanalysen, die von der figawa – Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach e. V. in Auftrag gegeben wurden. Eine Sanierung ist in diesen Fällen äußerst aufwendig und kostspielig. So ist zum Beispiel eine temporäre Maßnahme wie die thermische Desinfektion im Trinkwasser kalt nicht durchführbar. Zu einer kritischen Erwärmung von Trinkwasser kalt kommt es, wenn:
Diese Gefahrenpotenziale lassen sich bauseitig durch eine optimierte Rohrleitungsführung reduzieren (Bild 1).
… Gefahr gebannt: unzureichender Wasseraustausch
Eine hygienisch ideale Rohrleitungsführung für Trinkwasser kalt ist auf der Etage die Reiheninstallation. Dabei werden alle Entnahmestellen über Doppelwandscheiben durchgeschliffen (Bild 2). Wenn möglich, sollte am Ende der Stockwerksleitung ein häufig genutzter Verbraucher wie ein WC installiert werden. Zudem bieten Reihenleitungen den Vorteil, dass im Fall einer Kontamination besser nachvollzogen werden kann, durch welche Rohrleitungsabschnitte das Wasser geflossen ist. Bei vermaschten Netzen mit sich immer wieder aufteilenden Strömen ist dies nicht möglich. Hier können lokale Kontaminationen schnell zu systemischen Kontaminationen werden.
Sind viele Entnahmestellen anzuschließen, ist eventuell eine Ringleitung zu empfehlen (nur im Trinkwasser kalt, Bild 3). In einer Ringleitung kann das WC als typischer Hauptverbraucher an einer beliebigen Stelle platziert werden (Bild 4). Ob auch für Trinkwasser warm eine Zirkulation erforderlich ist, sollte allerdings kritisch abgewogen werden (siehe Infokasten).
… Gefahr gebannt: Wärmeübergang am Armaturenkörper
Trinkwasser warm sollte am besten auch bei einer zentralen Erwärmung mit einer Reiheninstallation zu den Entnahmestellen geführt werden. Die Zirkulationsleitung an die Armaturen anzuschließen ist unbedingt zu vermeiden. Denn liegen an einer Entnahmearmatur ständig Temperaturen > 55 °C an, kommt es nachweislich über den Armaturenkörper zu einer hohen und vor allem schnellen Erwärmung der Anschlussseite von Trinkwasser kalt (Bild 5).
Wurde mit dem Bauherrn jedoch eine kurze Ausstoßzeit von Trinkwasser warm vereinbart, kann das Heranführen der Warmwasserzirkulation nahe an die Entnahmearmatur erforderlich sein. Nach DVGW-Arbeitsblatt W 551 sind hierbei Einzelzuleitungen mit Rohrleitungsvolumina von bis zu 3 l erlaubt. Ist beispielsweise die Komfortstufe III der Richtlinie VDI 6003 vereinbart, muss die maximale Temperatur für Trinkwasser warm nach zehn Sekunden an der Armatur anliegen. In diesem Fall ist aber zwischen Zirkulationsleitung und Wandscheibe eine Auskühlstrecke zu installieren, um den Wärmeübergang an der Armatur auf das Trinkwasser kalt zu verhindern (Bild 6).
… Gefahr gebannt: Wärmeabstrahlung der Rohrleitungen
Hohe Wärmelasten für Trinkwasser kalt entstehen auch dann, wenn bei der parallelen Rohrleitungsführung mit Trinkwasser warm die kaltgehenden Leitungen falsch positioniert werden. Zu berücksichtigen ist das physikalische Prinzip, dass Wärme immer nach oben steigt. Daher sollten bei der horizontalen Rohrführung die kaltgehenden Leitungen immer unterhalb der warmgehenden verlegt werden (Bild 7). Zusätzlich ist die Rohrleitung für Trinkwasser warm von oben an die Entnahmestelle zu führen und für Trinkwasser kalt von unten. Bei einer Rohrleitungsverlegung im Boden ist darauf zu achten, dass Kaltwasserleitungen und Heizungsleitungen sich nicht zu nahe kommen oder sogar kreuzen. Geeignete Hinweise zur Kombination von Trinkwasserleitungen kalt in Verbindung mit Fußbodenheizungen sind in der DIN CEN/TR 16 355:2012 hinterlegt.
Auch wenn aus energetischer Sicht Kaltwasserleitungen nicht gedämmt werden müssen, ist es aus hygienischer Sicht sinnvoll. Dämmungen können die Erwärmung von Trinkwasser kalt zwar nicht verhindern, jedoch verlangsamen. Generell geht man dazu über, Warmwasserleitungen nicht zu dämmen, wenn sie als Reiheninstallation in ungedämmten Vorwänden verlegt sind. Die Überlegung ist hier, dass nach einer Wasserentnahme der besonders hygienekritische Temperaturbereich zwischen 50 °C und 25 °C aufgrund der fehlenden Dämmung schneller durchschritten wird.
Fazit
Bauseitig kann allein schon durch eine vorausschauende Rohrleitungsführung der Wärmeübergang von Trinkwasser warm auf Trinkwasser kalt deutlich reduziert werden. Eine wesentliche Rolle spielt dabei, die Entnahmestellen so anzuschließen, dass bei einem bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasserinstallation ein regelmäßiger Wasseraustausch in allen Leitungsabschnitten gewährleistet ist. Das Durchschleifen der Entnahmestellen über Doppelwandscheiben in Form einer Reihen- oder Ringleitung ist dafür die beste Basis.
Zudem erfolgt der Wasserwechsel umso schneller, je geringer das Volumen in der Trinkwasserinstallation ist. Daher ist eine einfache Netzarchitektur mit nachvollziehbarer Hydraulik für den Erhalt der Trinkwassergüte am besten. Auch sind Rohrleitungssysteme mit geringen Widerstandsbeiwerten (Zeta-Werten) zu bevorzugen. Denn Rohrleitungssysteme mit geringen Druckverlusten lassen sich vielfach kleiner dimensionieren. Das unterstützt den schnellen Wasserwechsel in den Rohrleitungen zusätzlich.
Info
Komfort kontra Kosten
Trinkwasser warm auf der Etage als Reiheninstallation oder Zirkulation? Die Entscheidung, Entnahmestellen mit Trinkwasser warm in Reihe oder über eine Zirkulationsleitung mit Auskühlstrecke anzuschließen, um kurze Ausstoßzeiten zu erreichen, sollte sorgfältig abgewogen werden. Denn die Reihenleitung für Warmwasser bringt verschiedene Kostenvorteile. So entfallen beispielsweise der Einbau und die Einregulierung eines zusätzlichen Zirkulationsventils. Zudem kann bei einer Reihenleitung in den Bädern auf eine 100-%-Dämmung der Rohrleitungen für Trinkwasser warm verzichtet werden, während sie bei Zirkulationsleitungen unter dem Aspekt der Energieeinsparung vorgeschrieben ist. Im Geschosswohnungsbau oder bei einem Hotelbau mit 100 Zimmern summieren sich hierfür die Montage- und Materialkosten beträchtlich.
Auch im späteren Betrieb sind Reiheninstallationen wirtschaftlicher, da Zirkulationsventile jedes halbe Jahr inspiziert werden müssen.
In einem größeren Objekt sind die Aufwendungen dafür unter Umständen beträchtlich. Unter diesen Kostenaspekten sollten die einzuhaltenden Ausstoßzeiten mit dem Bauherrn diskutiert und vertraglich vereinbart werden.