Das Jahr 2015 bedeutete für Deutschland in vielerlei Hinsicht ein Rekordjahr. Unter anderem schien die Sonne so häufig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Letztes Jahr kamen 100 000 Solarthermieanlagen hinzu, um damit Wasser zu erwärmen oder die Heizung zu unterstützen. Das berichtet der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar). Inzwischen wärmen rund zwei Millionen Anlagen via Sonne deutsche Häuser.
2016 weitete nun die Regierung ihr Marktanreizprogramm zur Nutzung erneuerbarer Energien aus. Ein Herzstück darin ist eben jene lange Zeit von der Politik vernachlässigte Solarthermie. Gerade die reine Warmwasserbereitung ist nun schon in der Basisförderung enthalten. Bauherren, die ohnehin über einen Wechsel ihrer Heizung nachdenken müssen, kommen weiterhin in den Genuss von staatlichen Geldern, wenn sie eine Solarthermieanlage mit einbauen. Dennoch hat es die Solarthermie derzeit nicht leicht. Ein Grund sind die fallenden Ölpreise.
Schulungen für Handwerker
Für die Warmwasserbereitung können richtig dimensionierte Systeme mehr als die Hälfte des jährlichen Energiebedarfs für das Warmwasser abdecken, von Mai bis September sogar zu 100 %. Eine Einbindung in den Heizkreis bedeutet einen finanziell deutlich höheren Aufwand, spart aber auch mehr ein. Zu dieser Lösung greifen etwa ein Viertel aller Bauherren.
Die Hersteller bieten sowohl Komplettsysteme als auch Einzelkomponenten an, die miteinander oder mit vorhandenen Geräten kombiniert werden können. Je nach Hersteller sind etwa 4 bis 15 % aller verkauften Heizungssysteme Kompakthybride. Handwerker, die noch keine Erfahrung mit der Installation eines Kombisystems (Trinkwassererwärmung und Heizungsunterstützung) haben, können dies erlernen. Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie bietet dazu entsprechende Schulungen an, die Hersteller ebenso. Auf ihren Webseiten finden sich in aller Regel auch die kompletten Montageanleitungen für die jeweiligen Systeme.
Rechnet sich das?
Doch sollte man seinen Kunden überhaupt eine Solarthermieanlage empfehlen? Dazu folgende Rechnung: Ein Brennwert-Gaskessel kostet inklusive Installation um die 6000 Euro. Soll die Heizung noch solar unterstützt werden, kann sich die Ursprungssumme für die Heizungsanlage mehr als verdoppeln. Dennoch sollte sich das rentieren. Kommt ein neuer Heizkessel allein gegenüber seinem Niedertemperatur-Pendant schon auf eine Einsparung von gut 15 % an Brennstoffen, schafft eine ins Heizsystem eingebundene Solarthermieanlage nochmal so viel. Bei einem ohnehin anstehenden Heizungswechsel ist es also durchaus sinnvoll, über die Einkopplung von Solarthermie nachzudenken. Denn dann wären 30 % weniger an Heizkosten zu zahlen als gegenüber der Technik vor 20 Jahren.
Eine Solaranlage zur Heizungsunterstützung kostet rund 10 000 Euro. Durch die Förderung des Bundes reduziert sich diese Summe auf 6400 Euro. Die Einsparung durch die Solaranlage beträgt rund 20 %. Bei einem Wärmebedarf eines unsanierten Einfamilienhauses von 30 000 kWh je Jahr würden also 6000 kWh oder 420 Euro nach derzeitigen Gaspreisen eingespart. Die Amortisationszeit läge bei 14 Jahren. Bei steigenden Energiepreisen verkürzt sich dieser Zeitraum.
Auch für den Handwerker ergibt sich ein Mehrwert. Denn das Auftragsvolumen und ein möglicher Wartungsvertrag fallen umfangreicher aus als bei einem reinen Kesseltausch. Dennoch sind die Investitionen keine geringen und manch Hauseigentümer schreckt davor zurück. Hier können die erwähnten Fördergelder in der Argumentationsarbeit helfen.
Deckungsgrad wichtig
Wesentlich für zufriedene Kunden ist aber auch eine optimal eingerichtete Anlage. Und dabei ist der Deckungsgrad entscheidend, also der Anteil der Warmwassererzeugung oder Wärmegewinnung, der nur mit Solarthermie über das Jahr gesehen abgedeckt werden soll. Er sollte maximal 50 % betragen, da bei einer höheren Auslegung im Sommer die überschüssig produzierte Solarwärme nicht abgeführt werden kann. Für diesen Deckungsgrad reichen bei der Warmwasserbereitung 1 bis 1,3 m² Kollektorfläche und 60 bis 80 l Pufferspeicher je Person aus.
Bei der Unterstützung der Heizung benötigt man das Zwei- bis Zweieinhalbfache an Kollektorfläche und Pufferspeicher, empfiehlt der Bundesindustrieverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). „Wir setzen im Durchschnitt für die Warmwasserbereitung 5 m2 Kollektorfläche an, bei der Heizungsunterstützung ist es das Doppelte“, rechnet Vaillant-Sprecher Jens Wichtermann ganz pragmatisch. Der Pufferspeicher sollte hier zudem anders ausgelegt werden: 50 l sind je Person zu veranschlagen und nochmals 50 l je Quadratmeter Kollektorfläche. Damit vermeidet man die Gefahr, den Puffer zu groß oder zu klein auszulegen. Denn beides sorgt für deutliche Verluste.
Flach- oder Röhrenkollektor?
Bleibt noch die Frage: Flachkollektor oder Vakuumröhre? Letztere sind etwas effizienter, erstere dagegen etwas günstiger. „Allerdings gibt es gute Flachkollektoren, die besser sind als schlechte Röhrenkollektoren“, relativiert dies die österreichische Solarthermieexpertin Claudia Daniel. Im Schnitt sind Vakuumkollektoren rund 30 % effizienter. Das kann man mit einer kleineren Kollektorfläche oder einer höheren solaren Abdeckung nutzen.
Markt beschleunigt
Gerade ab diesem Jahr könnte sich der Markt für Hybridsysteme deutlich beleben. Denn durch die Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Heizungslabeling geht es Uralt-Brennern in deutschen Kellern endlich an den Kragen. Bei Ölheizungen ist ein immenser Modernisierungsbedarf vorhanden. Deren Anzahl in Ein- und Mehrfamilienhäusern verzeichnet seit gut 20 Jahren kaum Schwund. Laut Schornsteinfegerverband sind 41 % der 5,8 Millionen Heizungen 20 Jahre und älter, stammen also aus einer Zeit, in der Brennwerttechnik noch unbekannt war.
Die Steuerung optimieren
Doch auch ein Blick nach vorn lohnt sich, um zu erkennen, wohin die Reise mit der Solarthermie führen kann. Zwar sind sowohl Flachkollektoren als auch Vakuumröhren technisch weitgehend ausgereizt. Doch ausgefeilte Steuerungen ermöglichen es, sie optimaler arbeiten zu lassen. So berechnet die Solar inside von Junkers, wann die Sonne anstatt der konventionellen Heizung genutzt werden kann. Damit kann der Brennwertkessel sowohl die Sonneneinstrahlung gegen die Heizlast rechnen als auch die Nachheizung des Warmwasserreservoirs der Solaranlage überlassen. Andere Hersteller haben ähnliche Systeme im Angebot.
Doch es schlummern noch weitere Potenziale. „Das bessere Zusammenspiel von Solarthermie mit Wärmepumpen auch im Hinblick auf verschiedene Stromlösungen mittels Photovoltaik, Windstrom oder dem Lastmanagement im Regelenergiemarkt sind für die Zukunft vielversprechend“, sieht Consolar-Geschäftsführer Andreas Siegemund mehr als nur warmes Wasser.
Nachgefragt
Wann ist eine Solarthermieanlage wirtschaftlich?
Cornelia Daniel, Betreiberin des Vergleichsportals Dachgold.at, über Kennziffern zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen
„Der wichtigste Wert zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist jener für die Erträge in der Übergangszeit. Leider wird dieser Wert nirgends erfasst. Die wichtigste Zahl ist derzeit der sogenannte ACO (Annual collector output), welcher für drei Bezugsstandorte bei drei verschiedenen Temperaturniveaus (25°, 50°, 75°) erhoben wird. Theoretisch kann man das in der Solar-Keymark-Datenbank nachschlagen. Zumindest der Jahresertrag von Würzburg bei 50° sollte verpflichtend auf jedem Kollektor vermerkt sein, analog dem STC-Wert bei der Photovoltaik.
Die besten Röhrenkollektoren am Standort Würzburg bei 50° liegen zwischen 500 bis 670 kWh/m2 und die besten Flachkollektoren zwischen 450 bis 570 kWh/m2. Dabei wird klar, dass die klare Trennung zwischen Röhren- und Flachkollektoren nicht mehr zeitgemäß ist. Es gibt gute Flachkollektoren, die besser sind als schlechte Röhrenkollektoren. Deshalb sind die Werte so wichtig.
Wer eine Solarthermieanlage installieren möchte, sollte auf die Regelung und den Pufferspeicher achten. Die sind ebenso wichtig wie der Kollektor. Mittlerweile gibt es Systeme, die witterungsgeführt sind und auch Fehler in der Anlage selbst erkennen. Bei der Installation sollte immer auf einen hohen solaren Deckungsgrad geachtet werden. Viele Installateure haben aber Angst vor großen Kollektorflächen, weil sie im Sommer überhitzen könnten. Hier wäre noch viel Druck vom Kunden nötig. Wenn ich eine Anlage baue, will ich auf jeden Fall 50 % solaren Deckungsgrad. In der Vergangenheit war es aber meist üblich, kleine Warmwasseranlagen zu machen, die gerade mal 10 % des Verbrauchs abdecken.“
www.ecoquent-positions.com/die-besten-solarkollektor-liste
www.ecoquent-positions.com/wie-findet-man-den-kollektorertrag-der-solaranlage-kwh
TIPP
Fördermöglichkeiten für Solarthermie
KfW und BAFA: Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt (MAP)
Zuschüsse von bis zu 50 % der förderfähigen Kosten, abhängig von Art und Umfang des Vorhabens
Förderfähig: Solarkollektoranlagen
Kombinierbar mit APEE
BAFA: Anreizprogramm Energieeffizienz (APEE)
20-prozentiger Zuschuss in Höhe des MAP-Zuschusses und einmaliger Investitionszuschuss von 600 Euro
Förderfähig: Solarkollektoranlagen, Optimierung der gesamten Heizungsanlage
Beispielrechnung MAP und APEE
Solarthermieanlage mit Kesseltausch: Basisförderung 2000 Euro, Kesselbonus 500 Euro, darauf Zuschuss von 20 % (APEE) = 3000 Euro
KfW-Programm Energieeffizient Sanieren – Investitionszuschuss
Bezuschussung des Kaufs eines energetisch sanierten Gebäudes oder einer Eigentumswohnung und der Sanierung zum KfW-Effizienzhaus sowie von Einzelmaßnahmen an Wohngebäuden
Bezuschussung bei Einzelmaßnahmen: 10 % der förderfähigen Kosten, maximal 5000 Euro pro Wohneinheit
INFO
Vor- und Nachteile Flachkollektoren und Vakuumröhren
Autor
Frank Urbansky ist freier Journalist und Mitglied der Energieblogger, 04158 Leipzig, Telefon (01 71) 5 25 32 79, urbansky@enwipo.de