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Interview

Das passende System finden

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SBZ: Trinkwasserleitungen gelten als die Lebensadern eines Hauses oder eines Gebäudes. Wie können diese über ihren gesamten Lebenszyklus – quasi von der Wiege bis zur Bahre – sicher, langlebig und hygienisch einwandfrei betrieben werden?

Peter Reichert: Da kann ich nur pauschal antworten, um nicht alle Punkte zur Erfüllung einer sicheren Betriebsweise aufzählen zu müssen. Es gilt der Grundsatz, dass Trinkwasserinstallationen über den gesamten Lebenszyklus sicher und hygienisch einwandfrei betrieben werden können, wenn sie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant, gebaut und betrieben werden. In dem Regelwerk TRWI „Technische Regeln Trinkwasser-Installation“ zählen insbesondere die Normenreihen DIN EN 1717 und DIN EN 806 in Verbindung mit dem nationalen Ergänzungsregelwerk DIN 1988. Neben DIN-­EN- und DIN-Normen gibt es noch weitere Regelwerke, die ebenfalls bei Planung, Ausführung und Betrieb in den Gesamtkomplex TRWI gehören, wie z. B. DVGW W 551, W 557 und VDI/DVGW 6023.

SBZ: Gibt es eine Reihenfolge, welche Faktoren am meisten störenden Einfluss auf einen bestimmungsgemäßen Betrieb eines Trinkwassersystems nehmen?

Reichert: Schauen wir uns hierzu die Definition des bestimmungsgemäßen Betriebs an, dann haben wir die beiden größten Störfaktoren. Definition nach DIN 1988-200: „Betrieb der Trinkwasser-Installation mit regelmäßiger Kontrolle auf Funktion sowie die Durchführung der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen für den betriebssicheren Zustand unter Einhaltung der zur Planung und Errichtung zugrunde gelegten Betriebsbedingungen.“ Meines Erachtens ist der Störfaktor Nr. 1 die Tatsache, dass sich in der Praxis die geplanten Betriebsbedingungen nicht einstellen, was im schlimmsten Fall zu einer mikrobiellen oder sonstigen Belastung des Trinkwassers führen kann. In der Verkettung der Abhilfemaßnahmen steht dann oft eine chemische oder thermische Desinfektion der Anlage, die negative Auswirkungen auf die Lebensdauer des Systems haben kann. Als Störfaktor Nr. 2 sehe ich die mangelnde Wartung von Trinkwasserinstallationen. In DIN EN 806-5 sind im normativen Anhang A die Inspektions- und Wartungsintervalle für die Bauteile in Trinkwasserinstallationen angegeben, die leider in der Mehrzahl der Fälle nicht durchgeführt werden. Mit Blick auf die mir bekannten Schadensfälle würde ich als dritten Punkt die oftmals fehlerhafte Ausführung von Fix- und Gleitpunkten zur Steuerung der thermischen Längendehnung nennen.

SBZ: Wie wichtig ist die Qualität des Rohrwerkstoffs und der Verbindungstechnik in diesem Kontext?

Reichert: Im Kontext der bestimmungsgemäßen Betriebsweise spielen der Rohrwerkstoff und die Verbindungstechnik eine untergeordnete Rolle, da die gängigen Systeme die zur Zertifizierung erforderlichen Zulassungsprüfungen im Hinblick auf die mechanischen, korrosionstechnischen und trinkwasserhygienischen Anforderungen erfüllt haben.

SBZ: Warum eigentlich hat sich bis heute nicht ein Werkstoff bzw. ein Rohrsystem als „das beste“ durchgesetzt?

Reichert: Nicht alle Trinkwassersysteme sind für jeden Anwendungsfall gleichermaßen geeignet. Man muss das konkrete Projekt und die dazugehörende Aufgabenstellung betrachten. So sind Trinkwasserinstallationen in Großprojekten nicht mit Installationen in Einfamilienhäusern vergleichbar. Zur Auswahl des geeigneten Systems muss die Peripherie mitbetrachtet werden. Folgende Fragen ­können helfen, das passende System zur Er­füllung der gestellten Anforderungen zu finden:

  • Welche Rohrdimensionen und welches Fittingsortiment stehen zur Verfügung?
  • Welche Softwarelösungen zur Rohrnetzberechnung gibt es?
  • Wie wird der Brandschutz realisiert?
  • Gibt es geeignete Schallschutznachweise?
  • Wie wird die thermische Längendehnung gesteuert?
  • Wie hoch ist der Befestigungsaufwand im Hinblick auf Schellenabstände und Realisierung von Fixpunkten?
  • Wie gut ist die Verfügbarkeit?
  • Welche Ersatzteilsicherheit bietet der Rohrhersteller?
  • SBZ: Braucht die Gebäudetechnik wirklich so viele unterschiedliche Produkte und Systeme mit ihren unterschiedlichen Merkmalen?

    Reichert: Aus technischer Sicht vermutlich nicht, doch in unserer Form der Marktwirtschaft entscheidet der Markt über seinen Mechanismus von Angebot und Nachfrage über die Vielzahl von verfügbaren Produkt- und Systemlösungen. Es gibt glücklicherweise keine Instanz, die bezüglich der Vielfalt regulierend eingreift. Ich begrüße es, dass eine Vielzahl von Systemanbietern im Wettbewerb um die beste technische Lösung steht. Nicht zuletzt daraus werden Innovationen geboren.

    SBZ: Was macht den Erfolg der Pressverbindungstechnik bei den Verarbeitern aus?

    Reichert: Wenn wir uns die Evo­lutionsschritte Schrauben/Löten – Klemmen – Pressen – Stecken anschauen, stellen wir fest, dass das Installationshandwerk beim Pressen innegehalten bzw. noch nicht mehrheitlich den Schritt zum Stecken vollzogen hat. Es ist offenbar ein Hauptbedürfnis des Verarbeiters, eine Rohrverbindung mit einem Kraft ausübenden Werkzeug herzustellen. Der Fachmann möchte sozusagen den Kraftschluss selbst herstellen und nicht in die Hände der Produktlösung legen.

    SBZ: Nach der radialen, axialen und raxialen Pressverbindungstechnik bereichert nun die laterale (seitliche, die Seite betreffende) Pressverbindung die ­SHK-Branche. Welche Kriterien waren ausschlaggebend für diese Entwicklung?

    Reichert: In zahlreichen Interviews und Kundengesprächen wurde uns als Störquelle der notwendige Platzbedarf für die Pressverbindung genannt, da sowohl bei der radialen als auch bei der axialen Pressverbindungstechnik das Presswerkzeug die Verbindungsstelle umschließen muss. Dieses Platzproblem löst die Lateralverpressung, da die Pressbacke seitlich an der Verbindungsstelle angesetzt wird. Bei Geberit FlowFit kann zudem die Pressstelle in die gewünschte Position gedreht werden. Die Lateralverpressung ist nicht gänzlich neu, sie kommt nun eben in die Haustechnik. Im Maschinen- und Anlagenbau hat sich diese Verbindungstechnik in vielen hydraulischen Anwendungen bewährt.

    SBZ: In welchen Bereichen sehen Sie die größten Vorteile der lateralen Pressverbindung?

    Reichert: Überall dort, wo der Installateur in beengten Bausituationen Rohrverbindungen herstellen muss, wie z. B. in Schächten, Kanälen, im Bereich von Deckenaussparungen oder auch in Vorwandinstallationen, wo es zwischen Profilen und Einbauelementen eng hergeht.

    SBZ: Ist es denkbar, dass es in Zukunft die laterale Pressverbindung auch für Rohrleitungen aus Metall geben wird?

    Reichert: Für ausschließlich metallene Komponenten, also Rohr und Fitting aus Metall, sehe ich diese Entwicklung eher nicht, da diese Verbindungstechnik eine bestimmte Elastizität und Verformbarkeit der Komponenten voraussetzt.

    SBZ: Herr Reichert, wir danken für das Gespräch.

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