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Fachgerecht sanieren

Inhalt

Ein Mangel in einer Trinkwasser-Installation kann auf verschiedenen Wegen erkannt werden. Beispielsweise durch einen positiven Untersuchungsbefund oder durch eine systemorientierte Inspektion der Anlage. Aber auch Beschwerden der Nutzer oder im schlimmsten Fall Erkrankungsfälle, die mit dem Gebrauch von Trinkwasser im Zusammenhang stehen könnten, bringen die Mängel ans Licht. Unabhängig von rechtlichen Verpflichtungen zur Gefährdungsanalyse, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, durch eine präventiv veranlasste („systemorientierte“) Gefährdungsanalyse, bestehende Schwachstellen einer Trinkwasser-Installation frühzeitig zu erkennen. Insbesondere bei der Übernahme oder der Bewertung von Immobilien kann eine systemorientierte Gefährdungsanalyse sinnvoll sein. Dabei hilft eine Gefährdungsanalyse nicht nur, Gesundheitsgefährdungen und unnötige Haftungsrisiken zu vermeiden, sondern trägt zu kalkulierbaren Budgets zum Betrieb und zur Instandhaltung einer Anlage bei, damit Mängel frühzeitig behoben werden können oder gar nicht erst entstehen. In diesem Sinne sollte jede Anlage über einen vollständigen Instandhaltungsplan nach VDI/DVGW 6023 verfügen.

Ein Mangel kann in der Nichteinhaltung der Anforderungen der Trinkwasserverordnung bestehen, kann aber auch eine ästhetische Veränderung des Trinkwassers sein (z. B. schwarze Biofilme, Änderungen in Geruch und Geschmack, Rost, Kleinlebewesen etc. (Bild 1). In bestehenden Trinkwasser-Installationen mit verzinkten Stahlleitungen im Warmwasserbereich kann es beispielsweise durch Korrosion bereits nach kurzen Stagnationszeiten zu einer Verfärbung des Trinkwassers kommen (Bild 2).

Regelwerke als Handlungsleitfaden

Wie eine mikrobiologische Kontamination durch z. B. Legionellen oder Pseudomonas aeruginosa, beseitigt werden kann, wird im DVGW-Arbeitsblatt W  556 beschrieben. Wichtige Hinweise zur Sanierung einer Anlage bei einer Kontamination mit Legionellen sind aber auch dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 zu entnehmen. Zur Instandsetzung von Trinkwasser-Installationen, die durch Korrosion oder Steinbildung geschädigt sind, liegt aktuell der Entwurf des neuen DVGW-Arbeitsblatts W 558 vor und generelle Vorgaben zu Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen bei mikrobiologischen oder chemischen Verunreinigungen sind dem DVGW-Arbeitsblatt W 557 zu entnehmen. Diese Regelwerke zeigen praxistauglich auf, welche Maßnahmen jeweils geeignet sind, um die Mängel zu beseitigen, welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen und welche Maßnahmen entsprechend nicht geeignet sind. So wird im DVGW W 556 (A) klar definiert, dass z. B. eine Ozon-Desinfektion in Trinkwasser-Installationen nicht geeignet ist.

Allerdings sind diese Regelwerke nicht immer ganz widerspruchsfrei: Im DVGW W 551 (A) wird beispielsweise unter den Sofortmaßnahmen bei einer Legionellen-Kontamination von > 10 000 KBE/100 ml noch immer die thermische Desinfektion aufgeführt. W 556 und W 557 machen jedoch andere Aussagen: Desinfektionsmaßnahmen – egal ob chemisch oder thermisch – zählen laut W 556 (A) nicht zu den möglichen Sofortmaßnahmen, da eine Desinfektion immer gewisse Informationen voraussetzt, wie detaillierte Kenntnisse über die verbauten Materialien, über das Vorhandensein von Stagnationsbereichen und über Vorschädigungen. In der Regel kann eine Desinfektion nur mit einigem technischem und organisatorischem Aufwand durchgeführt werden, der eine gewisse Zeit an Vorplanung nötig macht und einen sofort greifenden Schutz der Verbraucher ausschließt. Bei einer solchen Desinfektionsmaßnahme kann es sich also, wenn überhaupt, nur um eine „betriebserhaltende“ Maßnahme im Rahmen einer Sanierung handeln. Maßnahmen, die einen sofortigen Schutz der Nutzer gewährleisten, sind ausschließlich Nutzungseinschränkungen (Duschverbot) und die Absicherung von Entnahmestellen durch endständige Sterilfilter.

Keine Einzelmaßnahmen

Im DVGW-Arbeitsblatt W 556 heißt es einleitend: „Auf der Grundlage der Gefährdungsanalyse hat der Betreiber Maßnahmen zur hygienisch-technischen Sanierung der Trinkwasser-Installation einzuleiten. Dabei sind sowohl technische Aspekte der Trinkwasser-Installation als auch gesundheitliche Aspekte der Nutzer sowie mögliche Übertragungswege zu berücksichtigen.“ Der Begriff der Sanierung ist jedoch nach W 557 klar definiert als die Gesamtheit der „Betriebs- und bautechnischen Maßnahmen zur Wiederherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebs einer Trinkwasser-Installation im Sinne der Trinkwasserverordnung, die über eine Reinigung und/oder Desinfektion hinausgehen, wobei Reinigung und Desinfektion Bestandteile einer Sanierung sein können“.

Bereits durch diese Definition ist klargestellt, dass eine „Heißspülung“, die Installation einer Desinfektionsanlage, eine thermische oder ein chemische Trinkwasser-Desinfektion keine Sanierung einer kontaminierten Trinkwasser-Installation darstellen.

Bestimmungsgemäßen Betrieb wiederherstellen

Das Ziel eines Sanierungsplans, basierend auf einer fundierten Ursachenermittlung, muss immer die dauerhafte Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit sein, das heißt eine Trinkwasser-Installation so instand zu setzen, dass hinterher ein bestimmungsgemäßer Betrieb nach den Anforderungen der Trinkwasserverordnung möglich ist.

Eine regelmäßige, fachgerechte Instandhaltung ist dabei die Voraussetzung für einen hygienisch unbedenklichen, bestimmungsgemäßen Betrieb einer Trinkwasser-Installation. Ein bestimmungsgemäßer Betrieb liegt nach W 557 (A) dann vor, wenn

  • die Trinkwasser-Installation, wie bei der Planung zugrunde gelegt, betrieben wird,
  • bedenkliche Stagnation in der gesamten Trinkwasser-Installation vermieden wird (u. a. regelmäßige Wasserentnahme),
  • die Temperaturen für kaltes und erwärmtes Trinkwasser eingehalten werden
  • die Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers nach DIN EN 806-5, DIN EN 1717 und DIN 1988-100
  • sowie die Instandhaltungsintervalle, insbesondere die Wartungsintervalle, eingehalten werden.

Unabhängig von der Größe der Trinkwasser-Installation sollte vor Beginn einer Sanierung geprüft werden, ob tatsächlich eine umfangreiche Sanierung oder vielleicht doch eher eine Neuinstallation sinnvoll ist. In jedem Fall sind jedoch die Meldepflichten nach TrinkwV 2001 zu beachten! Bei einer lokalen Kontamination durch Stagnation, weil vielleicht ein Mieter nicht alle seine Entnahmestellen in der Wohnung nutzt, ist allerdings keine umfangreiche Sanierung oder Neuinstallation nötig (Bild 3).

Bei jeder beabsichtigten Maßnahme sollte vorher immer die Auswirkung auf das Gesamtsystem bedacht werden. Wird z. B. als betriebstechnische Maßnahme die bisherige „Energiespar“-Temperatur des Trinkwassererwärmers von bislang 48 °C auf die notwendigen 60 °C angehoben, könnte das zum einen zu einer unbeabsichtigten Erwärmung des Kaltwassers in den Schächten der Steigleitungen führen, beispielsweise durch unzureichende Dämmung oder mangelnden Wasseraustausch. Zum anderen könnte die Erhöhung der Temperatur im Speicher auch zu einem reduzierten Wasserwechsel führen, da die Bewohner immer mit der gleichen Temperatur duschen. Höhere Temperaturen im Speicher führen dann dazu, dass zur Temperatureinstellung eben weniger Warmwasser genutzt wird und damit plötzlich der Speicher überdimensioniert ist.

Mikrobiologische Kontamination

Der Einsatz bakteriendichter Filter („Hygienefilter“, Ultrafilter, „Sterilfilter“ u.ä.) kann nach W 556 nur übergangsweise den Weiterbetrieb an ausgewählten endständigen Entnahmestellen während des Sanierungszeitraumes ermöglichen. Mit Ausnahme von Hochrisikobereichen in Krankenhäusern sollten bakteriendichte Filter nur vorübergehend bis zur Wiederherstellung mikrobiell einwandfreier Verhältnisse installiert werden (Bild 4).

Aus Gründen des unmittelbaren Gesundheitsschutzes, wenn beispielsweise eine Anlage weiter betrieben werden muss, ein teilweises Duschverbot nicht möglich ist und Entnahmestellen auch nicht mit Sterilfiltern gesichert werden können, kann es notwendig sein, vor und/oder während einer technischen Sanierung eine zeitlich befristete kontinuierliche Desinfektion des Trinkwassers vorzunehmen. Es ist dabei aber nicht auszuschließen, dass es durch eine Trinkwasserdesinfektion zu potenziellen Schädigungen der nachgeschalteten Rohrleitungen und Bauteile kommen kann. In keinem Fall ersetzt jedoch eine Desinfektion die Sanierung einer Trinkwasser-Installation. Auch ist der Einsatz einer permanenten Trinkwasser-Desinfektion zur Energieeinsparung (Absenkung der Temperatur im Warmwasser aufgrund vermeintlicher Sicherheit durch Desinfektionsmittel) nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht zulässig und damit ein klarer Verstoß gegen die TrinkwV 2001.

Ablauf der Sanierung

Der Ablauf einer Sanierung gliedert sich sinnvoller Weise wie folgt:

  1. Identifizierung von Kontaminationsquellen und -ursachen, z. B. im Rahmen der weitergehenden Untersuchung und der Gefährdungsanalyse
  2. Erforderliche bauliche Maßnahmen (Rückbau von Tot- und Stagnationsstrecken, Austausch oder Instandsetzung von Bauteilen oder Apparaten)
  3. Reinigung des Systems und Austrag aller mobilisierbarer Ablagerungen (Sediment, Biofilm) und gegebenenfalls einmalige Anlagen-Desinfektion des Systems/der betroffenen Bereiche
  4. Nachhaltige Beseitigung der Kontaminationsursachen (systemisch/lokal) durch die Umsetzung eines Sanierungskonzepts auf Grundlage der Gefährdungsanalyse
  5. Sicherstellung eines dauerhaft bestimmungsgemäßen Betriebs
  6. Wiederkehrende Überprüfung der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen (Nachuntersuchungen nach DVGW W 551 (A)) (Bild 5).

Eine Reinigung zu Beginn einer Sanierung durchzuführen, kann bei höheren Kontaminationen auch eine kurzfristige Verbesserung der Beprobungsergebnisse bringen, was für die eigentliche Sanierung ein Zeitgewinn sein kann. Reinigung und/oder Desinfektion sind aber als eigentliche Maßnahme im Rahmen der Sanierung nur nachhaltig wirksam, wenn die Maßnahmen jeden Bereich und Abschnitt einer Trinkwasser-Installation erreichen können. Bevor Maßnahmen zur Reinigung und Desinfektion in Angriff genommen werden können, müssen also sämtliche Stagnations- und Totleitungen entfernt werden.

DVGW W 551 (A) unterscheidet bei den Maßnahmen zur Sanierung die betriebstechnischen, bautechnischen und verfahrenstechnischen Maßnahmen, wobei heute auch noch die organisatorischen Maßnahmen (Probenahmeschema, Spül-, Instandhaltungs- oder Hygienepläne) dazugehören.

Unter den betriebstechnischen Maßnahmen werden alle Stell-, Steuer- und Regelvorgänge an Komponenten und Einrichtungen des Systems mit dem Ziel der Anlagenoptimierung zusammengefasst. Hierzu zählen u. a. die Erhöhung der Sollwert-Einstellung an Trinkwassererwärmungsanlagen oder die Optimierung von Pumpenlaufzeiten in der Zirkulation). Die betriebstechnischen Maßnahmen können am einfachsten und schnellsten durchgeführt werden, da hierzu gewöhnlich keine Eingriffe in das System notwendig sind.

Mit bautechnischen Maßnahmen sind alle technischen Eingriffe in das gesamte System oder einzelne Anlagenteile bezeichnet, um die Trinkwasser-Installation den aktuell geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik anzupassen. Zu den bautechnischen Maßnahmen kann die Reduzierung des Speicherwasser-Volumens gehören, die Erhöhung der Dämmstärke, die Nachrüstung geeigneter Regelventile zum hydraulischen Abgleich in der Zirkulation, Rückbau stagnierender Leitungen (und die entsprechende Neuberechnung der verbleibenden Verteilleitungen) usw.

Nach DVGW W 551 müssen Altanlagen im Bestand nach der Optimierung durch bau- und betriebstechnische Maßnahmen hinsichtlich der Betriebsbedingungen wie eine Neuanlage betrieben werden (Mindesttemperatur am Austritt des Trinkwassererwärmers 60 °C, maximal 5 K Auskühlung bis zum Wiedereintritt der Zirkulation, das heißt Mindesttemperatur von 55 °C an jeder Stelle des Trinkwassersystems, Pumpenlaufzeiten,…). Das kann in den meisten Fällen nur erreicht werden, wenn auch in Bestandsgebäuden ein korrekter hydraulischer Abgleich gewährleistet und gegebenenfalls nachträglich realisiert ist.

Als verfahrenstechnische Maßnahme ist die Anlagendesinfektion eine einmalige Maßnahme, die eine Trinkwasser-Installation insgesamt bis zur Entnahmestelle des Verbrauchers erfasst. Eine wesentliche Voraussetzung für die Wirkung eines Desinfektionsmittels ist, dass es in ausreichender Konzentration in ausnahmslos alle kontaminierten Bereiche der Trinkwasser-Installation gelangt. Vor Beginn einer Desinfektion sollte deshalb geprüft werden, ob oder gegebenenfalls durch welche Maßnahmen dies gesichert werden kann. Eine Dosierung bestimmter Desinfektionsmittel, wie Natriumhypochlorit, ist beispielsweise nur dann überhaupt sinnvoll, wenn die Temperatur im Trinkwasser (warm) nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und auch kurzfristig nicht erhöht werden kann (z. B. bei unzureichender Leistung des Trinkwassererwärmers oder bei unzureichender Dämmung). Bei einer Temperatur von > 30 °C muss mit einem täglichen Verlust an wirksamem Chlor einer Natriumhypochloritlösung von bis zu 5,6 g/l freiem Chlor gerechnet werden. Zu den verfahrenstechnischen Maßnahmen gehört jedoch auch die Reinigung eines Systems oder die thermische Desinfektion.

Tatsache ist, dass niemals eine einzelne Maßnahme alleine zielführend sein kann. Ein Sanierungserfolg benötigt immer die sinnvolle, individuelle Kombination verschiedener Sanierungsmaßnahmen.

Reinigung des Systems

Nachdem Stagnationsbereiche entfernt wurden, soll nach W 556 und [E] W 558 ein erster vorbereitender Schritt bei Sanierungen die Reinigung, insbesondere die Spülung der auffälligen Bereiche einer Trinkwasser-Installation sein. Eine thermische oder chemische Anlagendesinfektion kann als abschließende Maßnahme erforderlich werden. Hierbei ist nach DVGW-Arbeitsblatt W 557 vorzugehen. Die Reinigung ist nur eine vorbereitende Maßnahme, um die Wirksamkeit von thermischer oder chemischer Desinfektion zu erhöhen bzw. sicherzustellen. Ohne Ablagerungen oder Biofilm zu entfernen, würde bei einer thermischen Desinfektion ein idealer Nährboden für nachströmende Bakterien in der Rohrleitung verbleiben, was schnell zu einem erneuten Aufkeimen führen kann. Ein chemisches Desinfektions- oder Oxidationsmittel würde sich zunächst an der Oberfläche des Biofilms abreagieren; die Desinfektionsmittel würden aufgezehrt, Konzentration an Reaktionsstoffen würde ansteigen und in endständigen Bereichen der Installation wäre eventuell gar kein wirksames Desinfektionsmittel mehr verfügbar.

Reinigungsverfahren werden nach [E] W 558 auch zur Instandsetzung von Trinkwasser-Installationen eingesetzt, die durch Beläge verengt und/oder durch Innenkorrosion angegriffen sind. Die Korrosionsprodukte und Beläge in den betroffenen Rohrleitungen werden mechanisch und/oder chemisch entfernt. Doch jedes Verfahren hat seine spezifischen Vor- und Nachteile: An vorgeschädigten Bereichen können durch eine Reinigung Durchbrüche der Rohrwandung freigelegt oder erst hervorgerufen werden und je nach Werkstoff können ohne weitere Korrosionsschutzmaßnahmen nach Entfernen der Beläge Korrosionsschäden auftreten, da schützende Deckschichten je nach Verfahren ebenfalls entfernt werden (Bild 6).

Bei einer chemischen Reinigung der Rohrleitungen sollten niemals organische Säuren (z. B. Zitronen-, Peressig- oder Essigsäure) für die Reinigung eingesetzt werden, da in der Trinkwasser-Installation verbleibende Reste zu einer Aufkeimung führen können.

Um in bestehenden Rohrleitungen Inkrustationen, Ablagerungen oder Biofilme zu entfernen, ist ein Spülen mit Wasser und Luft erforderlich, damit eine erhöhte Reinigungsleistung erzielt wird. Die raumdeckende turbulente Strömung bewirkt örtlich hohe, abrasive Kräfte zum Mobilisieren von Ablagerungen. Gegenüber dem einfachen Spülen mit Wasser reduziert sich der Wasserbedarf erheblich. Das Verfahren basiert dabei auf einer kontrollierten, impulsartigen Zugabe komprimierter, technisch reiner Luft innerhalb eines definierten Reinigungsabschnitts, um über Scher- und Schleppkräfte mit hohen Geschwindigkeiten von 10–20 m/s auch anhaftende Verunreinigungen und Biofilm zu mobilisieren und auszutragen. Im Gegensatz zum Spülen mit Wasser stellen diese Arbeiten hohe verfahrens- und sicherheitstechnische Anforderungen und müssen daher von geschulten Fachfirmen ausgeführt werden (Bild 7).

Verfahrenstechnische Maßnahmen

Nach den betriebs- und bautechnischen Maßnahmen und nachdem die Installation durch eine geeignete Reinigung vorbereitet wurde, kann gegebenenfalls eine einmalige Anlagendesinfektion die abschließende Maßnahme einer Sanierung bilden. Ziel einer Anlagendesinfektion ist es, die Trinkwasser-Installation nach einer technischen Sanierung in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen, der dann einen bestimmungsgemäßen Gebrauch ermöglicht.

Prinzipiell ist bei der Desinfektion aber zu unterscheiden zwischen der Anlagendesinfektion und der Trinkwasserdesinfektion: Die Anlagendesinfektion ist im Gegensatz zur Trinkwasserdesinfektion eine diskontinuierliche (einmalige) Maßnahme, die eine Trinkwasser-Installation insgesamt oder einen kontaminierten Bereich bis zur Entnahmestelle des Verbrauchers erfasst. Eine Trinkwasserdesinfektion ist dagegen eine kontinuierliche (länger andauernde) Maßnahme, bei der lediglich die im Trinkwasser vorhandenen Mikroorganismen reduziert werden sollen und hat kaum bis gar keine Auswirkungen auf die Installation selbst. Eine Anlagendesinfektion ist nur nachhaltig, wenn die Ursachen der Kontamination beseitigt sind. Eine Anlagendesinfektion kann sowohl chemisch als auch thermisch erfolgen, abhängig vom jeweiligen System, der Art der Kontamination, den verbauten Materialien usw. Die UV-Desinfektion ist zwar ebenfalls ein zugelassenes Desinfektionsverfahren, da es der Reduzierung bzw. Abtötung und Inaktivierung von Mikroorganismen dient, jedoch kann eine UV-Desinfektion alleine nicht als Sanierungsmaßnahme angewandt werden, sondern ist im Sanierungsfall nur in Kombination mit einem weiteren Desinfektionsverfahren geeignet („Aachener Konzept“). Nach einer thermischen bzw. chemischen Desinfektion kann eine z. B. permanente UV-Bestrahlung zur Legionellenverminderung bzw. zur Verlängerung notwendiger Desinfektionsintervalle eingesetzt werden.

Thermische Desinfektion

Sobald nach der Aufheizphase eine Temperatur von  70 °C am Wiedereintritt der Zirkulation am Trinkwassererwärmer erreicht ist, muss aus jeder einzelnen Entnahmestelle mindestens 70 °C heißes Wasser über länger als drei Minuten auslaufen. Gegebenenfalls müssen zur Temperaturhaltung die Entnahmestellen nacheinander geöffnet und einzeln thermisch desinfiziert werden. Dabei sind die Wassertemperaturen während der Entnahme zu überwachen. Temperatur und Zeitdauer sind unbedingt einzuhalten. Wird die Temperatur von 70 °C an einer Entnahmestelle unterschritten, ist die Maßnahme an dieser Stelle abzubrechen. Nach dem erneuten Aufheizen des gesamten Systems und Wiedererreichen der geforderten Temperatur ist die Maßnahme für den betreffenden Abschnitt insgesamt zu wiederholen.

Häufig ist leider festzustellen, dass durchgeführte „thermische Desinfektionen“ gar nicht erst den Vorgaben der einschlägigen Regelwerke entsprechen. Sie haben eher den Charakter einer „Heißspülung“, da oftmals lediglich die Solltemperatur des Trinkwassererwärmers erhöht wird und die Zapfstellen gespült werden. Werden dann diese erhöhten Temperaturen über einen längeren Zeitraum beibehalten, kann das beispielsweise in Installationen aus verzinkten Eisenwerkstoffen zu erheblichen Korrosionsschäden und damit zu einem wirtschaftlichen Totalschaden der gesamten Trinkwasseranlage führen.

Bei einer periodischen, temporären Temperaturerhöhung im Trinkwassererwärmer mit oder ohne Zirkulationssystem (z. B. „Legionellenschaltung“ oder „Legionellenschleuse“) handelt es sich gemäß DVGW W 551 und W 557 (A) nicht um eine thermische Desinfektion, da nicht alle Anlagenteile erfasst werden (z. B. Entnahmearmaturen). Werden nicht alle Anlagenteile für mindestens drei Minuten mit 70 °C beaufschlagt, kann es nach Abschluss der Maßnahme sehr schnell zu einer Wiederverkeimung aus den nicht-desinfizierten Bereichen kommen. Eine solche Maßnahme ist daher nicht zielführend.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Desinfektion

Während einer Desinfektion der Anlage steht dem Verbraucher kein Trinkwasser aus der Trinkwasser-Installation zur Verfügung, da das durchfließende Wasser entweder mit Desinfektionschemikalien versetzt ist oder eine extrem hohe Temperatur mit dem Risiko von Verbrühungen aufweist. Durch geeignete Vorkehrungen (organisatorisch oder technisch) muss sichergestellt sein, dass aus der behandelten Anlage kein Wasser als Trinkwasser entnommen werden kann. Gegebenenfalls muss Trinkwasser anderweitig bereitgestellt werden.

Bei der chemischen Anlagendesinfektion ist zudem eine geeignete Sicherungseinrichtung nach DIN EN 1717 und DIN 1988-100 gegenüber der öffentlichen Trinkwasserversorgung einzubauen. Für die Durchführung einer Anlagendesinfektion muss zudem ausreichend Personal eingeplant werden, das entsprechend einzuweisen ist und für das gegebenenfalls geeignete Arbeitsschutzmittel bereitzustellen sind.

Jede Anlagendesinfektion belastet dabei die Werkstoffe und Bauteile der Trinkwasser-Installation, sodass es zu einer vorzeitigen Alterung der Materialien oder unmittelbaren Schädigungen der Trinkwasser-Installation kommen kann. Eine regelmäßige, präventive Wiederholung der Anlagendesinfektion zur Verhinderung von Kontaminationen ist daher auf keinen Fall zu empfehlen.

Die jeweilige Reinigungs- oder Desinfektionsmaßnahme ist mit allen relevanten Begleitumständen vollständig zu dokumentieren. Entsprechende Formblätter sind im Anhang zum DVGW W 557 (A) verfügbar und sollten – vollständig ausgefüllt und durch den Fachbetrieb unterschrieben – dem Auftraggeber nach Abschluss der Arbeiten übergeben werden. Nach einer Anlagendesinfektion ist die mikrobiologische Beschaffenheit des Wassers durch eine Untersuchungsstelle nach Trinkwasserverordnung zu überprüfen. Auch diese Untersuchungsergebnisse zur Dokumentation des Erfolgs der Maßnahme sind dem Auftraggeber zur Ablage im Betriebsbuch zu übergeben.

Chemische Desinfektion

Die für eine Desinfektion des Trinkwassers zugelassenen Desinfektionsmittel und -verfahren sind in der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren gemäß § 11 TrinkwV 2001 aufgeführt. Die in dieser Liste aufgeführten Bedingungen (u. a. zulässige minimale und maximale Konzentrationen von Desinfektionsmitteln, Untersuchungsumfang, Untersuchungshäufigkeit, Nebenproduktkonzentrationen) müssen entsprechend der Trinkwasserverordnung an jeder Entnahmestelle der Trinkwasser-Installation eingehalten werden. Die Messungen hierzu müssen mindestens täglich erfolgen; die Ergebnisse sind zu protokollieren. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 11 und der damit verbundenen Liste des Umweltbundesamts ist einer der wenigen unmittelbaren Straftatbestände nach Trinkwasserverordnung (Bild 8). Am Ende der Einwirkzeit muss die eingesetzte Desinfektionschemikalie noch nachweisbar sein.

Unzulässige Maßnahmen

Einige technische Maßnahmen gehören entschieden nicht zu den Sanierungsmaßnahmen, da die Anwendung verschiedener Bauteile und Verfahren, die mitunter aggressiv am Markt beworben werden, nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gar nicht zulässig ist. Ein solches Verfahren, das teilweise kontrovers diskutiert wird, ist die Rohrinnenbeschichtung in Trinkwasser-Installationen. Dass die Innenbeschichtung von Trinkwasser-Rohrleitungen mit Epoxidharz oder mit keramischen Stoffen auf Epoxidharz-Basis weder eine regelkonforme Lösung zur Sanierung, noch zur Schadensprävention darstellt, darin herrscht in Sachverständigenkreisen Übereinstimmung. Gleichwohl rühren die Hersteller dieser Verfahren weiterhin kräftig die Werbetrommel. So argumentieren die Hersteller dieser Beschichtungsverfahren nicht nur mit Sanierungskosten „weit über 50 % günstiger“. Auch sei das „alte Rohr wie von einem Metallpanzer geschützt“. Das Beschichtungsmaterial sei „gesundheitlich vollkommen unbedenklich, die meisten Konservendosen seien mit diesem Material beschichtet“. Nicht zuletzt seien die sanierten Rohrleitungen angeblich „so dauerhaft wie die heutigen Kunststoff-Rohre“ (Bild 9).

Mehrere aktuelle Gerichtsurteile kommen allerdings zu dem Schluss, dass die Innenbeschichtung mit Epoxidharz im Trinkwasserbereich nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. So heißt es unter anderem in der Urteilsbegründung des Landgerichts Mannheim (Urteil vom 23.10.2014 Az.: 3 O 17/14): „In den vergangenen Jahren ist es zu einer intensiven Diskussion über die Eignung des Harzes aus hygienischer Sicht gekommen. Im Rahmen der Diskussion wurde geltend gemacht, dass Epoxidharz-Komponenten, wie die Stoffe Bisphenol A (BPA) und Epichlorhydrin, gesundheitsschädlich sind und bei der Benutzung von Trinkwasserleitungen freigesetzt werden können“. Nicht nur das bei dieser Methode eingesetzte Material ist kritisch zu betrachten. Auch das Verfahren an sich ist fragwürdig, da gültige Richtlinien zur Umsetzung, Prüfung und Qualifizierung fehlen.

Zum Abschluss

Sowohl nach Reinigungs- als auch nach Desinfektionsmaßnahmen sind zum Nachweis des Erfolgs der Maßnahme und entsprechend zur Dokumentation einer mikrobiologisch einwandfreien Trinkwasserbeschaffenheit an repräsentativen Entnahmestellen Untersuchungen erforderlich. Wurde eine chemische Anlagendesinfektion durchgeführt, ist durch Messungen vor der mikrobiologischen Probennahme zu belegen, dass die Desinfektionslösung aus der Trinkwasser-Installation vollständig ausgespült wurde und die Beprobung unter „realen Bedingungen“ erfolgt. Nach einer thermischen Desinfektion ist die Betriebstemperatur durch Messung an repräsentativen Entnahmestellen nachzuweisen und zu dokumentieren (auch im Trinkwasser (kalt)!).

Werden bei den drei notwendigen Nachuntersuchungen nach 1 Woche, nach 3 Monaten und nach 6 Monaten die Grenzwerte, Anforderungen und der technische Maßnahmenwert der Trinkwasserverordnung eingehalten, kann die sanierte Trinkwasser-Installation wieder in bestimmungsgemäßen Betrieb genommen werden. Ein Sanierungserfolg kann also erst nach Vorlage der einwandfreien Nachuntersuchungsergebnisse festgestellt werden.

Literatur

  • Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001) in der Neufassung der Trinkwasserverordnung vom 10. März 2016
  • Arnd Bürschgens: Legionellen in Trinkwasser-Installationen, Gefährdungsanalyse und Sanierung, Beuth Verlag, Januar 2016
  • DVGW-Arbeitsblatt W 551 Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen
  • DVGW-Arbeitsblatt W 556 Hygienisch-mikrobielle Auffälligkeiten in Trinkwasser-Installationen; Methodik und Maßnahmen zu deren Behebung
  • DVGW-Arbeitsblatt W 557 Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen
  • DVGW-Arbeitsblatt W 558 (Entwurf) Instandsetzung von Trinkwasser-Installationen

Autor

Arnd Bürschgens ist Sachverständiger für Trinkwasserhygiene, Referent nach VDI/DVGW 6023/D und beteiligt sich aktiv an der Regelwerksarbeit des DIN, VDI und DVGW. Zudem ist er Vorsitzender im Richtlinien-Ausschuss VDI 3810 Blatt 2 und Mitglied im DIN-Normenausschuss Trinkwasser-Installation. E-Mail: arnd.buerschgens@sv-buerschgens.de