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Sanitärtechnik auf den Punkt gebracht

Inhalt

Vom Wolkenbruch bis zur Rückstausicherung, vom Gründach bis zu neu entwickelten Bauformen der Regenrückhaltung: Der Beamer im Audimax der Fachhochschule brachte zunächst in verschiedenen Kurzvorträgen das Neueste zum Fachbereich Entwässerungstechnik auf die Leinwand.

Alte Regenschreiber sind überfordert

Starkregenereignisse werden vom Deutschen Wetterdienst (DWD) registriert, begutachtet und alle paar Jahre auf den neuesten Stand gebracht und als Kostra-Daten herausgegeben – zuletzt durch einen neuen Datensatz im Dezember 2022. Zur Dimensionierung beispielsweise von Rinnen, Rohren und Rigolen bilden die DWD-Daten die Zahlenbasis, nach der sich die Fachleute in ihren Berechnungen richten. Und hier offenbarte sich ein Datenmangel in den letzten Jahren.

Viele betagte Regenschreiber hätten keine präzisen Informationen über die Intensität von 5-Minuten-Starkregen liefern können, weil sie dafür nicht konstruiert waren, erläuterte Thomas Junghänel vom DWD. Deshalb hätten neue Geräte beschafft werden müssen. Gerade solche kurzzeitigen Wolkenbrüche seien es, die Probleme machten. Bislang habe man noch zu wenige Erfahrungen sammeln können. Das Know-how in der Entwässerungstechnik ist darauf jedoch angewiesen. Sei es bei innen liegenden Rinnen, Fallrohren, Grundleitungen oder bei Überläufen auf benachbarte Grundstücke. Letzteres macht die DIN 1986 Teil 100 neuerdings in Kombination mit einem Überflutungsnachweis möglich – um nur ein wichtiges Beispiel aus etlichen Neuerungen zu nennen.

Antworten auf Flut und Dürre finden

Statt überschüssige Regenmengen möglichst passend dimensioniert vom Gebäude oder Grundstück abzuleiten, geht es beim Gründach um Gegensätzliches: Niederschläge sollen möglichst dort gute Dienste leisten, wo sie fallen. Passend bepflanzte Dach-Areale in dicht bebauten Stadtteilen gewinnen nicht nur ein gutes Stück Natur zurück. Denn sind sie gemäß neuester Technik als sogenannte Retentionsflächen angelegt, erfüllen sie nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Regenrückhaltung. Es wird mehr daraus: Eng bebaute Viertel mit überwiegend versiegelten Grundstücken profitieren davon, dass auf renaturierten (Dach-)Flächen ein kühlender Effekt durch Verdunstung entstehen kann und somit günstige klimatische Bedingungen gefördert werden. Das zeigt sich vor allem in Dürreperioden, in denen sich Wohnquartiere auf belastende Weise aufheizen.

Welche Maßnahmen gegensteuern können und wie sie fachgerecht gebaut werden müssen, dazu mangelt es in manchem Bauamt an nötiger Expertise. Für manchen Planer und/oder SHK-Unternehmer, der diesen Bereich der Gebäudetechnik bereits abdeckt, könnten sich daher interessante Möglichkeiten ergeben, um für Dach und Fassade beratend tätig zu werden.

Retentionsfläche baut auf Know-how

Rainer Pieper machte in seinem Vortrag anschaulich, dass beim Bau einer Retentionsfläche gute Absicht allein nicht ausreicht und vielleicht auch nur kurzzeitig Erfolg hat. Denn bei Dürre und Dauerregen komme es auf den passend abgestimmten Aufbau des Gründaches an. Mag man sich als Laie mehr um die Bewässerung bei Trockenheit Gedanken machen, so könne Staunässe und eine daraus entstehende Vermoosung ebenso zerstörend auf das botanische Konzept wirken, wie seine Schadenfotos zeigten.

Als Mitglied im Normenausschuss AK 16 Retention kündigte er an, dass inzwischen wichtige Berechnungsgrundlagen erstellt wurden und damit die Voraussetzung geschaffen sei, um die Retentionsentwässerung zukünftig in eine weitere Novellierung der DIN 1986-100 aufnehmen zu können.

Wenn der Ablauf versagt

Die Entwässerungsnorm DIN 1986-100 gilt in der aktuellen Fassung seit 2016. Hier werden zusammen mit den europäischen Normen DIN EN 12056 sowie DIN EN 1253 die Grundlagen für Planung und Ausführung von Entwässerungsanlagen in Gebäuden und auf Grundstücken gelegt. Prof. Carsten Bäcker (FH Münster/Burgsteinfurt) machte auf wichtige Punkte aufmerksam, die unter bestimmten Betriebsbedingungen zu Problemen in der Entwässerung führen.

Im Fokus stand beispielsweise eine etwaige Geruchsbelästigung an einem Bodenablauf mit reduzierter Sperrwasserhöhe von nur 50 mm – im Sanierungsfall wird diese Baugröße häufig verwendet, weil eine geringe Einbauhöhe zu berücksichtigen ist. Gut möglich ist, dass der Ablauf einwandfrei funktioniert, in einem anderen Fall und unter anderen Bedingungen jedoch leergesaugt wird und somit Kanalgase freisetzt.

Als Ursache dafür konnten umfangreiche Tests nachweisen, wann beispielsweise ein zu großer Volumenstrom eine Überlastung der Fallleitung bewirkt – vor allem dann, wenn an erforderlicher Stelle keine Entlastungsleitung für die nötige Entspannung im Entwässerungssystem sorgen kann. Die häufige Folge: Es entsteht ein beträchtlicher Unterdruck, der einen Ablauf – vor allem mit reduzierter Sperrwassermenge – leersaugen kann. Für solche Fälle gibt es durchaus Lösungen durch eine geeignete andere Bauform, wie Prof. Bäcker in seinen Charts deutlich machte.

TrinkwV in aktueller Fassung

Die im vergangenen Jahr in Kraft getretene aktualisierte Trinkwasserverordnung (TrinkwV) sei zwar von ursprünglich 25 Paragrafen und fünf Anlagen zu nunmehr 72 Paragrafen und sieben Anlagen erheblich gewachsen, doch insgesamt sei die Verordnung durch eine neue Struktur übersichtlicher geworden, urteilte Dr. Ulrich Borchers. Als bedeutsam stellte er heraus, dass die Risikobewertung der Trinkwasserinstallation zunächst einmal Aufgabe für das Umweltbundesamt ist (Frist: bis Anfang 2029) und nicht für den einzelnen Betreiber.

Doch bei seinem Schnelldurchgang durch die Highlights der TrinkwV war ihm wichtig zu betonen, dass auch jetzt noch bei manchem Betreiber Unwissenheit in Sachen Trinkwasserhygiene vorherrsche. Längst nicht bei jedem Betreiber sei das Arbeitsblatt W551 zu einem Begriff mit Signalwirkung geworden.

In zehn Punkten listete er auf, welche zentralen Pflichten vom Betreiber einer häuslichen Trinkwasseranlage zu erfüllen sind, damit für Nutzer Trinkwasser in hygienisch einwandfreier Qualität aus der Armatur fließen kann. Mit einem unüberhörbaren Raunen reagierten die Zuhörer auf seinen Appell: „Als Betreiber muss man nicht nur an den einwandfreien Zustand des Trinkwassers glauben, man muss sich auch davon überzeugen!“

Keine Entwarnung bei Kontaminationen

Was einem Sanitärprofi wie eine Selbstverständlichkeit erscheinen mag, dass ein Betreiber seinen Pflichten gemäß TrinkwV nachzukommen hat, geht jedoch Borchers‘ Ausführungen zufolge an der Realität vorbei. Denn seiner Kenntnis nach würden jedes Jahr durch eine Legionellenerkrankung mehr Menschen sterben als im Straßenverkehr. Auch habe die Rate an alarmierenden Befunden im Trinkwasser oberhalb des technischen Maßnahmewertes in den letzten zehn bis 15 Jahren nicht abgenommen.

Seine Einschätzung der Lage unterstrich er mit der Warnung: „Eine Legionelle lässt sich vom Stamm her mittlerweile so exakt bestimmen, dass sich eine Rückverfolgbarkeit durchführen lässt. So könnte ein Betreiber ein massives Problem bekommen, wenn eine Infektion tödlich verlaufen ist.“

Risiken entstehen eher durch Stagnation

Probleme in der Trinkwasserinstallation seien eher nicht mehr systemisch bedingt, sondern endständig. An Bedeutung zugenommen hätten kritische Stagnationszeiten, beurteilte Prof. Carsten Bäcker die allgemeine Lage. Er ging in einem weiteren Vortrag auf Betriebsrisiken von Trinkwasserinstallationen ein und zeigte beispielhaft anhand umfangreicher Messergebnisse in einem Hotel mit einem sechstägigen Zimmerleerstand, wo hohe bzw. sehr hohe Betriebsrisiken durch Stagnation festgestellt wurden.

Könne man durch Umbaumaßnahmen von Stichleitungen zu Reihenleitungen wechseln und am Ende eines Strangs ein WC mit Hygienespülung anschließen, ließe sich ein Optimum für die Durchströmung der Stockwerksinstallation erreichen. In einem zweiteiligen Fachbeitrag (SBZ 3-2024 und 4-2024) geht Prof. Bäcker mit weiteren Autoren detailliert auf vorteilhafte Anschlussbedingungen in der Trinkwasserinstallation ein.

Ende von Blei im Trinkwasser ist besiegelt

Der Grenzwert für Blei wurde inzwischen endgültig verschärft (Frist: Anfang 2026) und auf 5 Mikrogramm pro Liter abgesenkt. Für die Sanitärbranche ist damit klar, dass eine Verwendung von Komponenten jeglicher Art riskant wird, selbst wenn sie nur noch minimale Bleianteile aufweisen sollten. Für die Installationstechnik folgt daraus die Konsequenz: Jeder Installateur auf der Baustelle sollte dafür sensibilisiert sein, dass nur Werkstoffe verwendet werden, die vom Umweltbundesamt (UBA) für die Verwendung in häuslichen Trinkwasseranlagen zugelassen sind.

„Mit 5 Mikrogramm pro Liter wird der Grenzwert für Blei so niedrig, dass wahrscheinlich bei bestehenden Anlagen jedes Messingteil detektiert wird!“ Thorsten Rabe, Technischer Referent beim Fachverband SHK Mecklenburg-Vorpommern, hat in seiner Beratung und durch seine Expertise als Sachverständiger umfangreiche Erfahrungen sammeln können und legte mit einer weiteren Prognose nach: „Liegt ein Bauvorhaben weniger als fünf Jahre zurück und wird auf Blei hin beprobt, dann tickt die Bombe im System!“

In seinem Beitrag über praktische Erfahrungen zur TrinkwV brachte er sein Selbstverständnis als Sanitärprofi zum Ausdruck und traf im Publikum auf breite Zustimmung: „Es geht längst nicht nur darum, das zu begutachten und zu bemängeln, was in der Gebäudetechnik verbesserungswürdig ist oder bereits Schaden verursacht hat. Vielmehr sehe ich es als meine Aufgabe an zu kommunizieren, wie die Lösung für den bestimmungsgemäßen Gebrauch aussieht und in die Tat umgesetzt werden kann.“(TD)

Thorsten Rabe, Technischer Referent beim Fachverband SHK Mecklenburg-Vorpommern, ging in seinem Vortrag auf Erfahrungen zur TrinkwV ein. Bei Trinkwasserbeprobungen auf Blei prognostiziert er Messergebnisse, die den verschärften Grenzwert nicht einhalten werden.

Bild: SBZ / Dietrich

Thorsten Rabe, Technischer Referent beim Fachverband SHK Mecklenburg-Vorpommern, ging in seinem Vortrag auf Erfahrungen zur TrinkwV ein. Bei Trinkwasserbeprobungen auf Blei prognostiziert er Messergebnisse, die den verschärften Grenzwert nicht einhalten werden.

Mehr Infos zu den Themen

Die Tagung auf dem Campus der Fachhochschule Münster/Burgsteinfurt hatte am 1. Februar 2023 insgesamt acht Sanitärthemen im Programm. Die zugehörigen Charts hat der Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt zum Download bereitgestellt. Dazu in einer Suchmaschine folgende Begriffe eingeben: 23. Sanitärtechnisches Symposium