Rechtskräftige Gerichtsurteile in Nachbarschaftsstreits besagten zum Beispiel, dass eine Luft-Wasser-Wärmepumpe aus der Abstandsfläche wieder entfernt werden musste (OLG Frankfurt vom 26. Februar 2013 – 25 U 162/12). Ein anderes Urteil legte dem Betreiber die Pflicht auf, per Gutachten nachzuweisen, dass seine Anlage die Grenzwerte der TA Lärm einhält (Verwaltungsgericht Saarland vom 1. Februar 2012 – AZ. 5 K 1528/11). Die Kosten dafür musste er selbst tragen. Diese Fälle werden sich häufen, je mehr Luftwärmepumpen mit Außenaggregaten im Neubau Verbreitung finden, während zur selben Zeit die Baugrundstücke immer kleiner werden, benachbarte Bauherren also in immer engeren Verhältnissen zusammenleben müssen. Es ist nicht gerade ein Imagegewinn, wenn beklagt wird, dass es nicht mehr so ruhig sei wie zuvor, seitdem beim Nachbarn eine Luftwärmepumpe läuft.
Gefragt, weil günstig
Was macht den Reiz der Luft-Wasser-Wärmepumpen aus? Sie kosten weniger als Erdwärmepumpen mit Sonden, weil teure Tiefenbohrungen entfallen. Für Erdwärmepumpen mit Kollektoren muss man zwar bei Weitem nicht so tief gehen, dafür aber dann den Garten umgraben: Bei einem Standard-Einfamilienhaus (150 m2 Wohnfläche) können das 300 m2 notwendige Kollektorfläche sein. Das ist schon viel und nicht nur dann, wenn man bedenkt, dass viele Neubaugrundstücke heutzutage in der Größenordnung bei etwa 500 m2 liegen. Luftwärmepumpen sind damit nicht nur relativ günstig, sondern für die meisten Vor-Ort-Gegebenheiten auch technisch-administrativ unkompliziert umzusetzen (Stichwort: Bohrgenehmigung).
Alle Wärmepumpentypen legen derzeit in Deutschland zu. Laut Bundesverband Wärmepumpe (BWP) entscheidet sich bereits ein Drittel aller Bauherren von Ein- und Zweifamilienhäusern für eine Wärmepumpe. Sie liegen auf Platz zwei hinter den Gas-Brennwertfeuerungen. Interessant ist zu sehen, wie sich die Wärmepumpen anteilsmäßig auf die verschiedenen Typen verteilen. Laut BWP wurden im vergangenen Jahr 45 800 Luftwärmepumpen installiert. Ein Marktwachstum von 14,5 % gegenüber dem Vorjahr (2015: 40 000 Stück). Zwar verbuchen die erdgekoppelten Systeme prozentual gesehen höhere Marktzuwächse (21,8 %). Dennoch liegen sie mit 20 700 Geräten (2015: 17 000 Geräte) deutlich hinter den Luftwärmepumpen. Der BWP resümiert folglich: „Luftwärmepumpen beherrschten auch 2016 den Absatz mit 68,9 %.“
Alte Debatte verliert an Bedeutung
Vor diesem Hintergrund verliert die Debatte um die vergleichsweise niedrige Jahresarbeitszahl (JAZ) von Luft-Wasser-Wärmepumpen an Bedeutung. Dass die Leistungszahl COP und die JAZ wichtig sind, steht außer Frage. Die JAZ-Messlatte sollte mindestens bei 3,5 liegen, besser höher. Denn wie umweltfreundlich sind Wärmepumpen noch, wenn sie gegebenenfalls mit Strom aus fossilen Energien betrieben werden und gleichzeitig eine schlechte COP/JAZ aufweisen? Die staatliche Basisförderung für Luftwärmepumpen nach Bafa wird erst gezahlt beim Vorliegen einer JAZ von 3,5. Die Innovationsförderung erst bei 4,5. Ein Fingerzeig darauf, was gehen sollte.
Für die meisten Hausbesitzer in Deutschland fallen inzwischen lange Winter mit Temperaturen im Tiefkeller aus, in denen sie mit Strom heizen müssten, weil ihre Luftwärmepumpe praktisch den Dienst quitttiert. Und die wenigen Tage sind ein rein rechnerisches Kalkül. Das auch vor dem Hintergrund, dass die gesetzlichen Gebäudeeffizienzstandards anspruchsvoller werden und somit immer weniger geheizt werden muss. Stattdessen gewinnt an Bedeutung, wie das Gerät schalloptimal aufgestellt werden kann und folglich im Betrieb so wenig Geräusche entwickelt wie möglich.
Das Problem ist die Physik
Das Problem lässt sich beispielsweise anhand des Projektierungs- und Installationshandbuchs „Wärmepumpen für Heizen und Warmwasser“ von Glen Dimplex illustrieren. Es ist die Physik. Im Handbuch ist Folgendes zu lesen:
- Vorhandener Druck ist von der Schallausbreitung abhängig. Wenn er sich nicht ausbreiten kann, bleibt er vorhanden bzw. wird noch schlimmer. Das ist z. B. der Fall, wenn er auf Mauern oder Geländeformationen stößt und dann reflektiert.
- Zu beachten ist folglich auch das Material der Oberflächen in der Umgebung. Schallharte Reflexionsflächen sind z. B. Putz- und Glasfassaden oder Asphalt- und Steinoberflächen von Böden. Schallabsorbierend ist z. B. Rindenmulch.
Die 20 Seiten Empfehlungen des „Leitfadens Schall“ des BWP lassen sich im Kern summieren zu folgender Aussage: Wärmepumpen möglichst frei aufstellen, reflektierende, schallharte Flächen meiden.
Die entscheidenden Parameter für die schalloptimale Außenaufstellung eines LWWP-Aggregats sind also, dass der Schall sich ungehindert ausbreiten kann und nicht auf Hindernisse stößt. Und wenn er das doch tut, dann sollte die Reflexionsfläche möglichst weich sein, den Schall also schlucken können. Beides ist bei Grundstücken um die 400 m2 und Grenzabständen, die gerade mal die gesetzlich vorgeschriebenen drei Meter einhalten, eher nicht gegeben.
Arbeiten an der Quelle
Bei Luftwärmepumpen sind die beiden hauptsächlichen Geräuschquellen die Ventilatoren und die Verdichter. Strömungsgeräusche entstehen darüber hinaus durch das Ansaugen beziehungsweise Ausblasen der Luft. Die Hersteller setzen bei ihren Optimierungsbemühungen dort an. Viessmann beispielsweise führt in diesem Jahr eine Baureihe von Luftwärmepumpen in Split- (Vitocal 200-S und 222-S) und Monoblock-Bauweise (Vitocal 200-A) in den Markt ein. Laut Hersteller setzen die Geräte durch besonders leise Betriebsgeräusche neue Maßstäbe. Mit einem Schalldruckpegel im Nachtbetrieb von 35 dB(A) in 3 m Abstand seien es die leisesten Geräte dieser Bauart.
Eine andere Antwort ist die Frequenzverschiebung. Bei Viessmann heißt das Advanced Acoustic Design (AAD): Bei AAD wird das Frequenzspektrum so verschoben, dass tiefe Töne in einem Frequenzbereich liegen, der von der umgebenden Bausubstanz gedämpft wird.
Vaillant deutet an, dass das Unternehmen im selben Themenfeld arbeitet: „Es wird darauf geachtet, dass die Geräuschemissionen in einem Frequenzbereich liegen, für den das menschliche Gehör unempfindlich ist“, sagt dazu Jens Wichtermann, Unternehmenssprecher der Vaillant Group.
Die anderen Faktoren werden zeitgleich weiterentwickelt, wie Peter Kuhl, Gruppenleiter Wärmepumpen bei Buderus Deutschland, berichtet: „Neben den Punkten Frequenzband und wählbarer Funktion des schallreduzierten Betriebs innerhalb von Ruhezeiten nach der TA Lärm haben wir die Geräuschemissionen zum Beispiel durch eine Vergrößerung der Verdampferabmessung reduziert. Den Kompressor haben wir schallentkoppelt in der Außeneinheit montiert und das Gehäuse zusätzlich schallgedämmt.“ Sollte es trotzdem über die Planung zur Überschreitung der Grenzwerte nach TA Lärm kommen, biete man als einfache und kostengünstige Nachrüstlösung Schallschutzhauben an.
Enge Zusammenarbeit
Alle Hersteller bieten Tools in Form von Schallrechnern und weiteren Planungsunterlagen an, die auf den Werten und Vorgaben der TA Luft basieren. Planer und Installateure sind gefordert, in Zusammenarbeit mit den Herstellern und deren technischen Lösungen/Planungsleitfäden die optimale Vor-Ort-Lösung zu schaffen. Das ist spätestens zur rechtlichen Absicherung im Streitfall nötig, doch geht es für die Installation ja nicht nur um die drohende Perspektive, sondern vielmehr um das Mitwirken an den Voraussetzungen für ein gutes nachbarschaftliches Zusammenleben.
Info
COP und JAZ
Die Leistungszahl COP ist ein Prüfstandswert. Sie bildet somit nicht die Praxis ab, da sie sich nur auf die Wärmepumpe bezieht und nicht z. B. Verbraucherverhalten, Witterung/Klima beziehungsweise das gesamte Heizsystem einbezieht. Aussagekräftiger ist die Jahresarbeitszahl (JAZ). Die JAZ gibt das Verhältnis des Jahresertrags Heizenergie zur aufgewendeten Antriebs- und Hilfsenergie in einem Gesamtsystem an. Allerdings korrelieren COP und JAZ: Mit einem schlechten COP wird man zwar vielleicht eine bestmögliche JAZ erzielen, aber damit noch keine gute.
Laut Definition von dena, RWE und EEWärmeG muss eine Elektrowärmepumpe mindestens eine JAZ von 3,0 erreichen, um als energieeffizient bezeichnet werden zu können. „Nennenswert energieeffizient“ sind laut dieser Definition Jahresarbeitszahlen über 3,5. Niedrige Außentemperaturen machen den Luftwärmepumpen mehr zu schaffen als den Erdwärmepumpen, da sie die Wärme aus der Luft ziehen, die im Winter deutlich kälter sein kann als ein gefrorener Boden. Zudem sind die Temperaturschwankungen größer. Mit sinkenden Außentemperaturen geht die Effizienz runter, also gerade in der Zeit, in der die Wärmepumpe die höchste Effizienz erbringen soll, weil sie dann am meisten arbeiten muss.
Autor
Dittmar Koop ist Dipl.-Ing. der Raum- und Stadtplanung (TU). Seit 2004 arbeitet er als freiberuflicher Fachjournalist für erneuerbare Energien. Seine Schwerpunkte sind Bioenergie, Photovoltaik und die Solarthermie. E-Mail: info@dittmar-koop.de