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Nachhaltige Wasserkonzepte

Energiekonzepte und Energiebilanzen sind spätestens seit Einführung der Energieeinsparverordnung 2002 Standard. Der Heizwärmebedarf für Wohngebäude hat sich seitdem nahezu halbiert. Die Energieeffizienz von Gebäuden ist ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesregierung. Aufgrund der hohen Luftdichtigkeit zur Reduzierung der Lüftungs-Wärmeverluste von Gebäuden kommt heute keine Neubau- und energetische Sanierungsmaßnahme mehr ohne Lüftungskonzept aus. In der anderen Jahreshälfte allerdings steigt der Kühlbedarf von Gebäuden stetig! Die energetische Bewertung von Klimaanlagen zur Kältebereitstellung, inklusive Optimierungsvorschläge ist mittlerweile in der EnEV verankert.

Unerfasste Wärmeverluste

Heizung, Lüftung und Kühlung dominieren neben der Qualität der thermischen Hülle die Energiekonzepte zur energetischen Nachweisführung und Bewertung von Wohn- und Nicht-Wohngebäuden. Der Trinkwasser-Wärmebedarf ist dabei eine nach EnEV pauschalisierte Nebenerscheinung, hat sich aber in der Praxis konträr zum Raumwärmebedarf entwickelt und bildet heute die thermo-dynamische Hauptlast in Wohngebäuden. Der energetische Aufwand zur einwandfreien Bereitstellung der Trink-Warmwasserversorgung hat sich zu einem bedeutenden Lastfaktor entwickelt und verlangt eine separate Betrachtung, wie sie in einem ganzheitlichen Wasserkonzept dargestellt wird.

Die Bewertung der Energieeffizienz erfolgt allgemein anerkannt in etablierten Energiebilanzen, welche sämtliche Energieströme und primärenergetische Aufwendungen in einer Bilanz darstellen. Die Wärmemengen des Abwassers jedoch, die deutlich mehr als die Hälfte der Bereitstellung betragen, werden bislang nicht als Wärmeverluste erfasst! Grund genug, jenen Pauschalwert von 12,5 kWh/m² im Jahr einmal näher zu betrachten.

Dezentralisierung von Versorgungsstrukturen

Aus der Erkenntnis einer zukunftsfähigen Energieversorgung: Energie solle dort erzeugt werden, wo sie benötigt wird, sollte auch Wasser als Informations- und Energieträger dort gereinigt werden, wo es verunreinigt wird. Das würde direkt zur Wärmerückgewinnung aus dezentralem Grauwasser-Recycling und der daraus resultierenden CO2-Reduktion führen. Dezentralisierung ist, unabhängig vom Einsatz regenerativer Energien, mit einem Höchstmaß an Effizienz und geringstmöglichen Belastungen der Umwelt durch den Verzicht auf kostenintensive Infrastrukturmaßnahmen gekoppelt und bedeutet demnach auch eine umfassende Reduzierung von Risikofaktoren.

Bilanzierung der Wasserwirtschaft

In Anbetracht der Tatsache, dass Wasser nicht nur global, sondern auch sehr regional ein wesentlicher Umwelt- und Klimafaktor ist, sollte eine Bilanzierung der Wasserläufe als Bestandteil eines nachhaltigen Wasserkonzepts bei keinem Bauvorhaben fehlen. Die Methodik der Bilanzierung ist ein probates Mittel für die transparente Nachweisführung in der Darstellung von Verbräuchen und Bedarfen. Sämtliche Wasserarten werden dabei entsprechend ihrer Nutzung und den daraus resultierenden Lasten definiert und sowohl quantitativ als auch qualitativ in Nutzungs- und Lastprofilen erfasst und dargestellt. Konzeptionell besteht ein Wasserkonzept aus folgenden zwei Kerninhalten:

  • externe Wasserwirtschaft
  • interne Wasserwirtschaft

Erst nachdem die externe mit der internen Wasserwirtschaft systemisch zu einer ganzheitlichen Wasserwirtschaft zusammengefügt ist, erschließt sich daraus eine detaillierte Gesamt-Wasserbilanz, woraus die Energie- und Ressourceneffizienz nicht nur durch die Verwendung, sondern auch die dezentrale Bewirtschaftung in und um das Gebäude dargestellt wird. Diese bilden die ganzheitliche Grundlage für eine seriöse Nachhaltigkeitsbewertung sowie Ökobilanzierung und Darstellung von Energieflüssen und den Umgang mit der Ressource Wasser.

Die systemische Verknüpfung erlaubt darüber hinaus, etwaige Defizite der beiden Wasserwirtschaften auszugleichen und Optimierungsmaßnahmen zu betreiben. Beispielsweise können Überschüsse aus dem Grauwasserrecycling der internen Wasserwirtschaft der externen Wasserwirtschaft gutgeschrieben werden, Wärmerückgewinnung aus Grauwasser oder die Nutzung feuchter Abluft als Wärmequelle wirken sich entscheidend auf die Energiebilanz aus. Dies ist umso bedeutender, da seit 1. Januar 2016 die primärenergetischen Verschärfungen der EnEV (minus 25 %) wirksam sind.

Externe Wasserwirtschaft

Versiegelungen im Umraum sind auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren und Störungen der natürlichen Wasserkreisläufe sind auszugleichen. Niederschlagswasser von Dachflächen wird dezentral bewirtschaftet bzw. gebäudenah dem natürlichen Wasserhaushalt zugeführt. Mit der Einführung von Niederschlagswasser in öffentliche Kanalsysteme beginnt die Störung des natürlichen Wasserkreislaufes mit den mannigfach bekannten Auswirkungen auf Mikro- und Makroklima. Dies bedeutet keineswegs auf Betriebswasser für Nicht-Trinkwasser-Anwendungen im Gebäude zu verzichten. Ein gebäudezentrales Grauwasserrecycling vermag in Wohngebäuden sämtliche Nicht-Trinkwasserbedarfe abzudecken.

Regenwasser als Energiequelle

Ein dezentrales Regenwassermanagement erschließt beispielsweise Maßnahmen zur Kühlung von Gebäuden mit Regenwasser als Wärmesenke. Dafür sind geringe Mengen notwendig, die beispielsweise in einer Zisterne als Wärme- bzw. Kältereservoir vorgehalten werden können, regelmäßig regenerieren oder mit zeitnah anfallendem Klarwasser aus dem Grauwasserrecycling unterstützt werden. Dies ermöglicht beispielsweise auch dann eine passive Flächenkühlung im Haus, wenn keine Heizungs-Wärmepumpe vorgesehen ist. Eine derartige Wärmesenkenanlage kann vollständig vom SHK-Handwerk errichtet und gewartet werden.

Kühloptionen mit Regenwasser sind eine klimarelevante Alternative zu konventionellen Klimageräten. Sie nutzen dieses natürliche Wärmeträger-Medium sowohl für das Heizungskonzept (passive und aktive Kühlsysteme) als auch für das Lüftungskonzept (adiabate Kühlung usw.) als regenerativen Energieträger. Keineswegs unbegründet rief im Juli 2015 die Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung (fbr) in einer Resolution „… die Gesetzgeber in Bund und Ländern auf, die Einsparung von fossilen Energieträgern durch den Einsatz von Regenwasser zur Kühlung und Grauwasser zur Wärmerückgewinnung im Hochbau als einen Beitrag zum Klimaschutz in die Programme der Energieeinspar- und Klimaschutzförderung mit aufzunehmen und als eigene Maßnahme zur Energieeinsparung zu fördern“.

Regenerative Energien und deren systemische Integration in das Bauwerk sind ein entscheidender Beitrag für Energieeffizienz und dezentralen Klimaschutz. Das Errichten eines Bauwerks wird durch seine energetischen Rückkopplungen zu einem Klimafaktor, der sich regional, national und global auswirkt.

Interne Wasserwirtschaft

Die interne Wasserwirtschaft umfasst die hygienische Trinkwasserversorgung mit dem Lebensmittel Trinkwasser zur Nahrungsmittelzubereitung in Küche und Hauswirtschaft sowie in Duschbädern und Badezimmern zur Körperreinigung. Ebenso umfasst die interne Wasserwirtschaft aber auch Betriebswasser (Nicht-Trinkwasser) welches für Toiletten- und Urinalspülung sowie für Reinigungswasser, Heiz- und Kühlwasser genutzt wird. Trinkwasser und Betriebswasser werden nach Festlegung der Ausstattung und Kenntnis der spezifischen Nutzungsprofile ermittelt.

Analog zur Wasserversorgung von Wohngebäuden steht auf der anderen Seite der Bilanz die Entsorgung nahezu genau dieser Wassermengen. Der Trinkwasseranteil, der direkt dem menschlichen Verzehr zugeführt wird, ist verhältnismäßig gering und kann an dieser Stelle vernachlässigt werden. Nahezu die gesamte Menge des in das Gebäude eingeführten Wassers wird entsprechend der Nutzung als Abwasser aus dem Gebäude geführt. Doch was genau ist Abwasser? In Wohngebäuden handelt es sich bei Abwasser um Schmutzwasser, welches entsprechend seiner Nutzung als Grau- oder Schwarzwasser bezeichnet wird. Der Großteil der Energieaufwendungen zur Bereitstellung von Warmwasser wird auf diese Weise ungenutzt mit entsorgt.

Diese Wärmeverluste werden in einer Wasserbilanz detailliert sichtbar, indem nicht nur der energetische Bereitstellungsaufwand einerseits, sondern auch der Rückgewinnungsanteil andererseits aufgezeigt wird. Auf diese Weise sollten in der Nachweisführung u. a. auch erneuerbare Wärmeanteile entsprechend dem EEWärmeG wirksam werden können, da wesentliche Energieströme „erneuert“ im Gebäude zur weiteren Nutzung verweilen.

Warmwasserversorgung

Die Warmwasserversorgung von Gebäuden hat sich in den letzten Jahren deutlich von der herkömmlichen Zentralheizungsanlage emanzipiert. Während der Heizwärmebedarf sich schon mehr als halbiert hat, bleibt der Energiebedarf für die Bereitstellung von Warmwasser allerdings konstant, Tendenz steigend. Die letzte verbleibende Gemeinsamkeit von Trinkwassererwärmung und Raumheizung ist lediglich das Medium Wasser und der Energiefaktor Wärme. Als Betriebswasser wird es im geschlossenen Heiz- und Kühlsystem aufgrund seiner hervorragenden thermischen Eigenschaften als Wärmeträger und Wärmespeichermedium genutzt.

Der Energiebedarf für die Trinkwassererwärmung ist aufgrund der besonderen Anforderungen wie temporäre Spitzenlasten, Gleichzeitigkeitsfaktoren sowie der Trinkwasserhygiene ungleich lastdynamischer als der Energieaufwand zur Abdeckung des Heizwärmebedarfs. Eine Bilanzierung der Wasserwirtschaft zeigt neben der Differenzierung von Schwarz- und Grauwasser auch den Anteil der Grauwassermengen, welche eben jenen Energiebedarf als Warmwasser benötigt, der keinesfalls eine untergeordnete Position einnimmt. Verwunderlich ist, warum die Wärmerückgewinnung aus Grauwasser bislang noch kein Standard ist. Die Wärmerückgewinnungspotenziale und CO2-Reduktionen sind immens, aber werden bislang kaum nennenswert genutzt. Grauwasser als Abwasser zu entsorgen, entspricht einem Höchstmaß an Energieverschwendung, die in Zeiten von Energiekonzepten, Energiebilanzen und Klimaschutzzielen nicht nachvollziehbar ist.

Absehbar ist, dass die dezentrale Grauwassernutzung nicht mehr lange ein Nischendasein fristen wird. Denn mit dem Klarwasser aus dem gebäudezentralen Grauwasserrecycling kann der gesamte Betriebswasserbedarf von Wohngebäuden mühelos gedeckt werden. Darüber hinaus könnten öffentliche Infrastrukturen wie Kanalnetz und Kläranlagen entlastet werden. Auf Investitionen im zentralen Kläranlagenbau könnte verzichtet werden, die im ländlichen Bereich im Kontext des demografischen Wandels ohnehin meist sehr fragwürdig sind.

Fazit

Die Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen Wasserkonzepten für Wohngebäude kann das SHK-Handwerk vorantreiben und sich dabei in einem zukunftsrelevanten Betätigungsfeld etablieren. Eine erweiterte Beratungskompetenz birgt Potenziale fachhandwerklicher Qualität, um den kommenden Herausforderungen im Umgang mit der Ressource Wasser nachhaltig gerecht zu werden. In der nächsten SBZ-Ausgabe wird das Thema Schmutzwasser und die Differenzierung von Schwarz- und Grauwasser behandelt.

Literatur

  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG) „Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts vom 31. Juli 2009“
  • Verordnung zum Schutz des Grundwassers (Grundwasser-Verordnung – GrwV) vom 9.11.2010
  • Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung – AbwV) in der Fassung der Bekanntgabe 17. Juni 2004
  • Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer (Oberflächengewässer-Verordnung OGwV) vom 20 Juli 2011
  • VDI 2070 „Betriebswassermanagement für Gebäude und Liegenschaften“
  • DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12 056
  • Hartmann, Frank „Baubiologische Haustechnik“ VDE-Verlag, Berlin ISBN 378-3-8007-3494-8

Autor

Frank Hartmann ist Gas-Wasser-Installateur, Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Er ist zudem Gründer vom Forum Wohnenergie für energieeffizientes Bauen und Renovieren, 97509 Zeilitzheim, Telefon (0 93 81) 71 68 31, hartmann@forum-wohnenergie.de